nullname schrieb:Können so viel irren? Vielleicht ist ja doch etwas daran.
Schön dass du es endlich auch erkennst. Der Alltagsrassismus ist aber nicht erst seit heute erweiesen, das war auch schon vor 10 Jahren nicht anders. Im auch heute noch weit verbreiteten deutschen Rassismus schwingt eine Angst vor dem Vergleich mit dem "Anderen", dem "Fremden" mit, der zumindest teilweise auch aus einem Minderwertigkeitskomplex (besonders gegenüber Schwarzen) herrührt. Anders als andere Nationen taten sich die Deutschen schon immer schwer mit Menschen, die rein äußerlich nicht ähnlich wie sie selbst, also deutsch, aussahen. Woher das kommt, darüber kann man nur spekulieren, vielleicht bereits aus Zeiten der Germanen. Anders als bei den anderen europäischen Völkern galt bei uns – und gilt zumindest unterschwellig selbst in Zeiten der EU immer noch – das ius sanguinis, das Abstammungsrecht, vor dem ius solis, dem Ort, an dem man geboren wird. Deutscher war nicht, wer in Deutschland gerade lebte, sondern wer deutscher Abstammung war. Daher wurden ja auch nach dem 2. Weltkrieg alle möglichen Russlanddeutschen, die schon seit Generationen dort lebten und kein Wort Deutsch mehr sprachen, zurück in die BRD gelockt, während die Kinder türkischer Immigranten ("Gastarbeiter"), die in Deutschland geboren wurden, häufig Schwierigkeiten mit der Einbürgerung ausgesetzt waren und auch heute noch wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden.
Aber es ist viel, viel mehr. Kinder von türkischen Einwanderern aus der 3. Generation werden in Deutschland immer noch gegenüber "Abstammungsdeutschen" benachteiligt, und sei es auch bloß, weil sie ihren Nachnamen nicht von Kaleciklioglu zu Kalkbrenner umgewandelt haben, selbst diese Tradition will man ihnen noch nehmen. Und wenn ein Kaleciklioglu und ein Kalkbrenner sich um einen Job bewerben, bei dem Kaleciklioglu leicht bessere Noten aufweist als Kalkbrenner, wird doch Kalkbrenner genommen, allein schon wegen seines Namens. (Hierzu gibt es zahlreiche Nachweise.) Es ist ein tief verwurzelter Rassismus aus der Mitte der Gesellschaft, der, abgesehen von einer spezifisch antiislamischen Partei, wo der Prozentsatz entsprechend signifikant überhöht ist, quer durch alle Parteien von rechts bis links geht und bei der Linken und den Grünen genauso vorhanden ist wie bei der CSU und AfD. Man will sie nicht zu Freunden, hängt nicht in ihren Cliquen rum, interessiert sich nicht für sie, hält sie immer noch unausgesprochen für "Ausländer" und will sich vor allem nicht mit ihnen vergleichen.