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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

1.911 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: EU, Europa, Unabhängigkeit ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

30.03.2018 um 02:15
@futureman

Wenn nach Deinen Zahlen sowieso die Mehrheit der Katalanen gegen die Unabhängigkeit ist, dann wärest Du mit einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit einverstanden ?


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

30.03.2018 um 18:20
Hallo @passato
Zitat von passatopassato schrieb:...hier im Forum ist es trotzdem ueblich sich zu duzen.
Einverstanden, das ist kein Problem. Dann werde ich ab jetzt alle duzen :-)
Zitat von passatopassato schrieb:Es ist trivial zu sagen dass sich alle Menschen an irgendwelche Gesetzt halten muessen. Das ist aber hier ueberhapt nicht der Punkt. Der Punkt ist vielmehr von wem diese Gesetzte gemacht worden sind. Haben die Spanier die Gesetze gemacht sind die Katalanen eben nicht frei. Haben sie sie selber gemacht, sind sie freil So einfach ist das und alles andere sind Nebelkerzen.
Es freut mich, zu lesen, dass wir uns auch in diesem Punkt einig sind, denn bei der Abstimmung der aktuellen Verfassung von Spanien wählten 325 Abgeordnete des Kongresses dafür und 6 dagegen. Abgesehen davon gab es 14 Enthaltungen. Von den 6 Gegenstimmen kamen 5 aus dem Lager der AP (Alianza Popular: Das sind übrigens Abgeordnete der Vorgängerpartei der in Spanien regierenden Volkspartei PP von Mariano Rajoy, denen die neue Verfassung wohl zu liberal war) und eine von einem Abgeordneten der EE (Euskadiko Ezkerra, eine linke Partei des Baskenlandes). Keine einzige Gegenstimme kam von einem Abgeordnetem aus Katalonien. Unter den 14 Enthaltungen waren nur zwei Stimmen von Abgeordneten der katalanischen Partei ERC dabei. Die restlichen Enthaltungen kamen vor allem von der baskischen Nationalpartei PNV und erneut von der AP. D.h. von allen katalanischen Abgeordneten gab es nur 2 Enthaltungen. Die restlichen haben der Verfassung zugestimmt. Von einem Aufdrücken der Verfassung seitens Madrid kann also gar keine Rede sein, vor allem, wenn ironischerweise 5 der 6 Gegenstimmen aus dem Lager einer Partei kamen, dessen Nachfolger heute in der Zentralregierung in Madrid sitzen. Katalonien war übrigens auch einer der Regionen, in der die Verfassung die größte Zustimmung fand. Weiterhin wurde die Verfassung noch einem zweiten Wahlgang im Senat unterzogen, in dem es 226 Ja-Stimmen, 8 Enthaltungen und 5 Nein-Stimmen gab. Das ganze Vorgehen erinnert somit nicht an einem diktatorischen Aufzwingen der Nachfolger Francos, sondern es handelte sich um eine demokratische Abstimmung. Das kann man auch alles im Internet nachlesen (siehe z.B. Wikipedia: Constitución española de 1978).

Ich bin froh, dass die Katalanen also auch nach ihrer Definition frei sind.

Auch stammt die spanische Verfassung von 1978 nicht aus der Franco-Zeit, wie immer wieder fälschlicherweise behauptet wird, sondern sie wurde explizit neu ausgearbeitet. Unter den Mitgliedern des 7-köpfigen Komitees waren unter anderem auch zwei Katalanen, und zwar Miquel Roca i Junyent von der Partei CiU (der ursprünglichen Partei Puigdemonts) und Jordi Solé Tura (unter anderem Militant der kommunistischen Partei Spaniens). Auch das kann im Internet nachgelesen werden (siehe z.B. Wikipedia: Padres de la Constitución).

Als Vorbild der spanischen Verfassung stand übrigens die Verfassung der BRD, aber auch das scheinen wohl nur die wenigsten zu wissen.
Zitat von passatopassato schrieb:Der andere Punkt: deine Argumentation geht 100%ig am Thema vorbei. Hat damit Null Komma nix zu tun.
Schön, dass wir uns ebenfalls hier einig sind, denn der Kern des Problems ist nicht die fehlende Freiheit oder die Selbstbestimmung der Katalanen, sondern es ist eher von finanzieller Natur. Auch das sollte eigentlich jeder wissen, der sich ernsthaft mit diesem Problem auseinandergesetzt hat.

Es ist immer erstaunlich zu sehen, wieviel Unwissende in Themen mitreden, von denen sie eigentlich keine Ahnung haben und dabei nur im Internet kursierendes Mainstream-Geschwafel nachlabern.

Liebe Grüße,
Futureman


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

30.03.2018 um 18:21
Hallo @Warhead
Zitat von WarheadWarhead schrieb:Jedes neue Gesetz schafft eine neue Klasse Krimineller.
Umgekehrt greift hier die normative Kraft des Faktischen,so wird irgendwann die massenhafte Gesetzesübertretung ein Gesetz überflüssig machen,vor allem dann wenn das Gesetz selbst überflüssiger Schwachsinn oder pures Unrecht zum Nutzen einer marginalen Klasse ist
Das sind durchaus interessante Denkanstöße. Aber leider haben diese mit dem eigentlichen Konflikt in Katalonien nur sehr wenig zu tun. Wenn du das Bedürfnis hast, diese Punkte auszudiskutieren, schlage ich vor, eine explizite Diskussion zu diesem Thema zu eröffnen, denn das von dir angesprochene Problem ist von viel grundlegender Natur und geht weit über das Thema der Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien weit hinaus.

Liebe Grüße,
Futureman


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

30.03.2018 um 18:23
Hallo @schtabea
Zitat von schtabeaschtabea schrieb:Wenn nach Deinen Zahlen sowieso die Mehrheit der Katalanen gegen die Unabhängigkeit ist, dann wärest Du mit einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit einverstanden ?
Selbstverständlich bin ich für eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens. Aber eigentlich erübrigt sich deine Frage, denn das habe ich schon in einen vorherigen Beitrag erwähnt.

Was nicht vertretbar ist, ist das Verhalten der katalanischen Regierung der letzten Jahre, die sich über die Gesetzgebung gestellt hat, um fanatische ideologische Ziele zu verwirklichen, ohne sich um die grundlegenden Probleme Kataloniens zu kümmern. Dazu erinnere ich unter anderem an die Lage der Schulen und der medizinischen Versorgung in Katalonien (vor allen in den wenig noch übrig gebliebenen Krankenhäusern). Das, was in Katalonien und Spanien abgeht, ist ein Spiegelbild verantwortungsloser Politik, die an die Bedürfnisse der Bürger weit vorbei geht.

Liebe Grüße,
Futureman


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

30.03.2018 um 20:08
Zitat von futuremanfutureman schrieb:denn bei der Abstimmung der aktuellen Verfassung von Spanien wählten 325 Abgeordnete des Kongresses dafür und 6 dagegen
Die Argumentation ist etwa so wie zu sagen "der Enfuehrte hat doch zugestimmt dass der Enfuehrer seine Kreditkartennummer bekommt um sein Konto leerzuraeumen" und dabei zu vergessen zu erwaehnen dass er eine Pistole an die Schlaefe gedrueckt bekommen hatte.

Jetzt mal voellig objektiv betrachtet: Katalanien ist im Spanischen Erbfolgekrieg erobert worden und Spanien hat das Recht des Siegers ausgeuebt. Schoen und gut. Aber selbst Deutschland war totaler Verlierer eines Angriffskrieges und ist heute wieder souveraen, also warum nicht Katalonien? Bitte mal einen Grund dafuer nennen. Und zum Vergleich mit Portugal hast du dich bis heute geflissentlich nicht geaussert.

In der Franko Zeit ist die Katalanische Kultur vollkommen unterdrueckt worden, dass sie dann den erst besten Strohhalm ergriffen haben ist doch selbstverstaendlich. Dann jetzt zu argumentieren, sie haetten doch zugestimmt hat ein bisschen etwas zynisches an sich. Ein Enfuehrungsopfer wuerde auch allem zustimmen in der Hoffnung frei zu kommen.
Zitat von futuremanfutureman schrieb:denn der Kern des Problems ist nicht die fehlende Freiheit oder die Selbstbestimmung der Katalanen, sondern es ist eher von finanzieller Natur
Absolute Zustimmung, da sind wir uns ja mal 100% einig. Es geht den Spaniern einzig und allei darum, ihre fuer selbstversaendlich angesehenen Prfuende nicht zu verlieren. Der einzige Grund fuer den Konflikts ist reine Gier auf Spanischer Seite.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 12:06
Zitat von futuremanfutureman schrieb:Selbstverständlich bin ich für eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens. Aber eigentlich erübrigt sich deine Frage, denn das habe ich schon in einen vorherigen Beitrag erwähnt.
Auch die Katalanen sind für eine Volksabstimmung, also hängt die Befriedung und Lösung dieses Konfliktes allein an der spanischen Regierung.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 12:40
Zitat von WarheadWarhead schrieb:Es geht nicht um Nationalismus,es geht um Municipalismus,ganz im Sinne des Subcomandante Marcos,der hat schon den Anno 97 den Plan Municipal verlesen,die Freiheit der Regionen,in einem Staat,in diesem Sinne passt das ganz gut.
Nope, es geht klar um Katalanischen Nationalismus,

woher hast du den Unsinn das es da um eine "Revolution" gehen würde.

Die regen sich ählich wie die Bayern über das Solidaritätsprinzip auf, bzgl Steuern zahlen und Überschüsse abgeben.

quote=Warhead id=21763999]Ich hingegen finds viel amüösanter wenn Wirtschaftslibertäre einen starken Staat unteerstützen,eigentlich favorisiert ihr doch eher Nachtwächterstaaten wo selbst Polizei und Feuerwehr privat sind
[/quote]

Du bist ein bischen zu tief im 18 Jahrhundert.
Zitat von tarentaren schrieb:e kann die Freiheit nicht eingeschränkt sein wenn die Katalanen nicht frei über ihre Unabhängigkeit entscheiden dürfen, daher ist die Aussage widersprüchlich. Entweder sie dürfen frei über ihre Unabhängigkeit entscheiden oder ihre Freiheit ist definitiv eingeschränkt, da gibt es kein dazwischen.
Tja natürlich ist irgenwo Freiheit eingeschränkt. Wie sieht es denn mit den Reichsbürgern aus? Oder einem Stadtteil? Dürfen sich alle einfach mal so für Unabhängig erklären?

Dein Problem ist das wirkliche Freiheit in letzter Instanz Anarchie bzw Anomie bedeutet. Aber die wirst du wohl kaum gemeint haben.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 12:52
Skurril wird es , wenn wir uns einmal den Hauptvorwurf anschauen : Rebellion. Bis zu 30 Jahre Haft drohen Puigdemont dafür. Zur Erfüllung des Straftatbestands Rebellion bedarf es auch im spanischen Recht der Anwendung oder Androhung von Gewalt. Genau das hat er aber niemals getan ! Wird ihm auch nicht von von der spanischen Justiz vorgeworfen. Es wird ihm vorgeworfen, dass er in einer " aufgeheizten Stimmung " zu Demonstrationen aufgerufen hat. Es sei absehbar gewesen, dass es zu Gewalt kommen könnte.

An diesem Punkt wird es lächerlich : Bei sehr vielen Demonstrationen ist die Situation "aufgeheizt" , sonst würden die Menschen nicht auf die Straße gehen. Es gibt Demonstrationen in Deutschland, da weiß die Polizei mit 100iger Sicherheit, dass es Gewalt geben wird. Und trotzdem werden die Organisatoren nicht belangt. Weil nämlich das Demonstrationsrecht ein sehr hohes Recht ist in einer Demokratie. Also 30 Jahre Haft für Aufruf zu Demonstrationen !

An dieser Stelle wird deutlich : Puigdemont und die vielen bereits Inhaftierten sind politisch verfolgt. Er wird nicht verfolgt für das , was er getan hat (Aufruf zu Demonstrationen). Sondern für das, was er erreichen will (die staatliche Unabhängigkeit Kataloniens). Wäre er Gewerkschaftsführer und hätte zu Demonstrationen für Arbeiterrechte aufgerufen, bei denen es dann zu Ausschreitungen gekommen wäre, ihm wäre rein gar nichts passiert.

Er darf also auf gar keinen Fall wegen Rebellion ausgeliefert werden, denn dann beteiligt sich Deutschland an dieser politischen Verfolgung.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 13:35
Zitat von FedaykinFedaykin schrieb:Tja natürlich ist irgenwo Freiheit eingeschränkt. Wie sieht es denn mit den Reichsbürgern aus? Oder einem Stadtteil? Dürfen sich alle einfach mal so für Unabhängig erklären?
Nein , natürlich nicht. Nur hat Katalonien mehr Einwohner als Norwegen und Finnland, 20 mal mehr als Island und 200 mal mehr als Liechtenstein...... Und war schon mal unabhängig, hat eine eigene Sprache. Der Vergleich mit Reichsbürgern ist als etwas unpassend...

Schauen wir uns die Geschichte an : es hat immer Abspaltungen und Vereinigungen gegeben. Fast immer verbunden mit Gewalt und Blutvergießen. In Demokratien aber sollten wir in der Lage sein, Abspaltung und Vereinigung ohne Gewalt auf demokratische Weise zu lösen. Das kategorische Nein der spanischen Regierung kann da keine Lösung sein. Was schläfst Du vor ?


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 14:05
Zitat von schtabeaschtabea schrieb: Es wird ihm vorgeworfen, dass er in einer " aufgeheizten Stimmung " zu Demonstrationen aufgerufen hat. Es sei absehbar gewesen, dass es zu Gewalt kommen könnte.
und die veruntreuung von steuergeldern, für die nicht genehmigte volksabstimmung.

das ist ein hoher betrag gewesen. wenn der vorwurf vor gericht anerkannt werden sollte, wird ihn allein schon dieser anklagepunkt ein paar jahre kosten


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 14:11
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Zitat von schtabeaschtabea schrieb:natürlich nicht. Nur hat Katalonien mehr Einwohner als Norwegen und Finnland, 20 mal mehr als Island und 200 mal mehr als Liechtenstein...... Und war schon mal unabhängig, hat eine eigene Sprache. Der Vergleich mit Reichsbürgern ist als etwas unpassend...
Am Prinzip ändert das nix. Das Recht auf Sezeesion ist nicht zwingend von der Anzahl der leute abhängig

und naja vieles war mal Unabhängig, ist eben die Frage wann das war, und wir sollten uns nicht auf das 17 Jahrhundert berufen.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 16:29
Zitat von FedaykinFedaykin schrieb:schtabea schrieb:
Am Prinzip ändert das nix. Das Recht auf Sezeesion ist nicht zwingend von der Anzahl der leute abhängig
Also gibt es ein Recht auf Sezession. Und wovon ist es Deiner Meinung nach abhängig ?


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 16:36
Zitat von schtabeaschtabea schrieb:Also gibt es ein Recht auf Sezession. Und wovon ist es Deiner Meinung nach abhängig ?
Naja ein Recht, es gibt im Völkerrecht legale Wege zur Sezession. Und Abhängig? Hängt vom Fall zu Fall ab zb bei rigeroser Kulturelle Unterdrückung, Menschenrechtsverletzungen etc.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 19:52
Zitat von FedaykinFedaykin schrieb:
Naja ein Recht, es gibt im Völkerrecht legale Wege zur Sezession. Und Abhängig? Hängt vom Fall zu Fall ab zb bei rigeroser Kulturelle Unterdrückung, Menschenrechtsverletzungen etc.
Das heißt also, der bloße Wille zur Unabhängigkeit von 90 oder auch 99% der Bevölkerung einer Region wäre aus Deiner Sicht nicht ausreichend ?


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 20:24
Zitat von schtabeaschtabea schrieb:Das heißt also, der bloße Wille zur Unabhängigkeit von 90 oder auch 99% der Bevölkerung einer Region wäre aus Deiner Sicht nicht ausreichend ?
Nein, gemäß Völkerrecht nicht zwingend.

Wie erwähnt wenn 99% von Berlin Kreuzberg einen eigenen Staat bilden wollen ist das noch lange kein Recht oder legitimation

in Katalonien ist es ja mit viel Überschlag noch unter 50%.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

31.03.2018 um 20:46
Zitat von FedaykinFedaykin schrieb:Wie erwähnt wenn 99% von Berlin Kreuzberg einen eigenen Staat bilden wollen ist das noch lange kein Recht oder legitimation
Weil sich die Kreuzberger damit ein Stück Stadt aneignen würden.

(Sie könnten eine Mauer hochziehen und den "Nicht-Kreuzbegern", den Zutritt verweigern.)

Könnte man das so sehen?


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

01.04.2018 um 15:31
Hallo @passato,

Ich werde auf deine Punkte in mehreren Beiträgen eingehen, um die einzelnen Beiträge nicht zu lang werden zu lassen.
Zitat von passatopassato schrieb:Katalanien ist im Spanischen Erbfolgekrieg erobert worden und Spanien hat das Recht des Siegers ausgeuebt.
Da hast du wohl wieder nicht richtig im Geschichtsunterricht aufgepasst, denn diese Aussage ist so nicht ganz richtig, denn Katalonien gehörte sowohl vor dem Erbfolgekrieg als auch danach irgendwie zu Spanien. Vor dem Krieg, d.h. unter den Habsburgern, genoss Katalonien nur mehr staatliche Autonomie innerhalb des vereinten Spaniens, die es im Krieg verlor. (Eigentlich sollte es hier sogar nicht Katalonien heißen, sondern genauer das Königreich Aragón, dem unter anderem auch das Fürstentum Katalonien angehörte. Aber das tut im Grunde nichts zur Sache.) Da wir uns anscheinend mit der Situation nach dem Krieg einig sind, kommt hier nur die Karte, die die Situation von 1701, also vor dem Erbfolgekrieg, darstellt. Die hellgelbe Farbe stellt die spanischen Besitztümer vor dem Erbfolgrekrieg dar und man erkennt deutlich, dass das Königreich Aragón (samt Fürstentum Katalonien) vor dem Krieg schon irgendwie mit dazugehörte (Wikipedia: Datei:Europa 1701.svg).

Wie du sicherlich auch weist, gab es vor allem zwei Kandidaten, die nach dem kinderlosen Tod des spanischen Königs Karl II den spanischen Tron beanspruchten. Das waren Philipp von Anjou, ein Franzose aus dem Haus der Bourbonen, und Erzherzog Karl aus dem Hause Habsburg. Nachdem Tod Karls II wurde vorübergehend Philipp von Anjou als Philipp V König des gesamten vereinten Spaniens, denn mit dieser Entscheidung war auch das Königreich von Aragón (einschließlich den Katalanen) zunächst einverstanden. Allerdings entfachte im Königreich Aragón schon bald Widerstand gegen den neuen König, da man wohl Angst hatte, dass Phillip V aufgrund der zentralistischen Einstellung der französischen Bourbonen härter im Königreich Aragón durchgreifen würde und ihnen gewisse Rechte wegnehmen würde, die sie bisher im vereinten Spanien genossen. (Mit ihrer Angst sollten sie später übrigens auch nicht enttäuscht werden, aber dazu gleich etwas mehr.) Aus diesem Grund begann das gesamte Königreich Aragón sich für den Habsburger Erzherzog Karl einzusetzen. In diesem Sinne entschieden sich die Katalanen sozusagen für die Kontinuität ihrer Situation im vereinten Spanien, was im Grunde ihre bisherige Zufriedenheit zur Zugehörigkeit zu Spanien reflektierte. Oder in anderen Worten: Spanien (d.h. die Habsburger) war wohl das geringere Übel als Frankreich (d.h. die Bourbonen). Diese Entscheidung wurde natürlich von England und vor allem von Österreich begrüßt, denn mit einem Franzosen auf dem spanischen Tron wäre die Macht Frankreichs in Europa anscheinend zu groß geworden und so stolperte man in den Krieg.

Der Rest des Erbfolgekrieges lässt sich (was Katalonien betrifft) schnell zusammenfassen. Die Katalanen hatten sich leider für den „falschen Mann“ entschieden, denn der Franzose Philipp von Anjou gewann den Krieg. Das blieb natürlich nicht ohne Folgen für das gesamte Königreich Aragón, denn der neue spanische König Philip V griff hart durch, mit allen die im Erbfolgekrieg gegen ihm waren und den Kandidaten der Habsburger unterstützten. Darunter fielen logischerweise vor allem die Bewohner des Königreiches Aragón (einschließlich den Katalanen), aber auch im restlichen Spanien gab es Leute, die im Krieg den Habsburger unterstützten und jetzt z.B. das Land verlassen mussten. Diese Vertreibung wird in der spanischen Geschichtsforschung übrigens auch als „exilio austracista“ bezeichnet (siehe z.B. Wikipedia: Exilio austracista). Außerdem wurden unter der neuen zentralistischen Monarchie den einzelnen Königreichen und Fürstentümern auf spanischem Boden ihre Autonomierechte entnommen. Besonders zu leiden hatten darunter - abgesehen vom Königreich Mallorca - vor allem das Fürstentum Katalonien und das Königreich Valencia, da in diesen drei Regionen vorrangig katalanisch gesprochen wurde, eine Sprache die dort aus dem öffentlichen Leben verbannt wurde. Das und andere Repressionen kann man z.B. hier nachlesen Wikipedia: Represión borbónica en la Guerra de Sucesión Española.

Die Geschehnisse des spanischen Erbfolgekrieges sind natürlich noch viel komplizierter und verstrickter, denn es handelte sich um einen Konflikt über große Teile Europas, der sich sogar auf Gebiete Nord- und Südamerikas ausweitete.

Trotzdem hoffe ich, euch nicht zu viel gelangweilt zu haben, falls es überhaupt jemanden gibt, der bis hier gelesen hat ;-) Auch entschuldige ich mich für die Referenzen in spanischer Sprache, aber auf Deutsch habe ich so schnell nichts gefunden.


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

01.04.2018 um 15:33
Zitat von passatopassato schrieb:Und zum Vergleich mit Portugal hast du dich bis heute geflissentlich nicht geaussert.
@passato
Was soll diese belanglose Frage zu Portugal? Was hat das mit Katalonien zu tun? Muss ich mich dafür rechtfertigen, dass Portugal heute ein unabhängiges Land ist und Katalonien nicht? Auch Katalonien (oder zumindest das Königreich Aragón, in dem dem Fürstentum Katalonien eine besondere wirtschaftliche und politische Rolle zukam) hätte z.B. schon Anfang des 16. Jahrhunderts unabhängig werden können, als sich Fernando II von Aragón nach dem Tod seiner (Ex-)Gemahlin Isabella I von Kastilien im Jahr 1506 mit Germaine de Foix verheiratete. Wäre ihr gemeinsamer Sohn Prinz Johannes von Girona nicht sofort als Baby gestorben, wäre er höchstwahrscheinlich später zum König von Aragón gekrönt worden, womit sich das Königreich Aragón samt Katalonien aus den Zangen Kastiliens befreit hätte. So kam es aber leider nicht, denn nach dem Tod Fernandos II von Aragón wurde sein Enkel Karl V sowohl König von Kastilien, Aragón und Navarra. Aber das alles ist für dich als Experte in katalanischer und spanischer Geschichte bestimmt nichts Neues.

Was schlägst du vor? Sollen wir das Rad der Geschichte zurückdrehen, um dem kleinen Prinzen Johannes von Girona noch eine zweite Chance zu geben, König eines freien Kataloniens zu werden?


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

01.04.2018 um 15:34
Zitat von passatopassato schrieb:Aber selbst Deutschland war totaler Verlierer eines Angriffskrieges und ist heute wieder souveraen, also warum nicht Katalonien? Bitte mal einen Grund dafuer nennen.
@passato
Hast du meine Beiträge überhaupt gelesen? Habe ich irgendwann behauptet, dass Katalonien kein souveräner Staat werden kann?


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Katalonien auf dem Weg in die Unabhängigkeit?

01.04.2018 um 15:39
Zitat von passatopassato schrieb:Die Argumentation ist etwa so wie zu sagen "der Enfuehrte hat doch zugestimmt dass der Enfuehrer seine Kreditkartennummer bekommt um sein Konto leerzuraeumen" und dabei zu vergessen zu erwaehnen dass er eine Pistole an die Schlaefe gedrueckt bekommen hatte.
@passato
Das ist aber ein waghalsiger und abenteuerlicher Vergleich. Kannst du denn auch mit seriösen Quellen dokumentieren, dass die Abstimmung der spanischen Verfassung von 1978 unter solchen Bedingungen stattgefunden hat und die katalanischen Abgeordneten gezwungen wurden ihr zuzustimmen? Solange du es nicht kannst, ist deine Theorie nichts Weiteres als verschwörungstheoretisches Geschwurbel. Und warum stimmten ausgerechnet die Abgeordneten der AP (sozusagen die Nachfolger des Geistes Francos) gegen die neue Verfassung? Ich bitte auch hier um Aufklärung.

Um es noch ein wenig deutlicher zu machen, dass den Katalanen die heutige Verfassung und finanziellen Bedingungen keineswegs von Spanien aufgedrückt wurden, möchte ich noch gerne hinzufügen, dass der ehemalige Finanzminister Spaniens Jaime García Añoveros im Jahr 1980 dem katalanischen Präsident Jordi Pujol das sogenannte „concierto económico“ (ökonomische Konzert) angeboten hatte, dass es Katalonien ermöglicht hätte seine Finanzen eigenmächtig zu verwalten und somit Katalonien vom Beitrag zum spanischen Länderausgleich befreit hätte. Die katalanische Regierung hatte dieses Angebot der spanischen Regierung abgelehnt. Auch das ist dokumentiert und kann im Internet nachgelesen werden, wie z.B. im folgenden Artikel der katalanischen Zeitung elPeriódico https://www.elperiodico.cat/ca/politica/20170507/catalunya-rebuig-concert-economic-quota-basca-1980-6020846. Aber vielleicht hatte Jordi Pujol bei dieser Entscheidung ja auch eine Pistole im Nacken. Du kannst uns sicherlich auch in diesem Punkt weiterhelfen.

Damit sollte endgültig klargestellt sein, dass den Katalanen weder die spanische Verfassung noch ihre finanziellen Verpflichtungen von spanischen Faschisten aufgedrückt wurde.


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