passato schrieb:Aber ab 1714 wurde Katalonien zwangsverheiratet. Da kann man dann nicht mehr von einem fairen Vertrag sprechen. Ihre Kultur wurde unterdrueckt, am schlimmsten unter Franko. Das sie dann zunaechst mal dem geringeren Uebel zugestimmt haben ist ja verstaendlich, zumal sie zu dem Zeitpunkt noch gar nicht voellig handlungsfaehig organisiert waren. Aber der Deal wurde ihnen prinzipiell aufgezwungen. Da kann man dann nicht wirklich ueber Verlaesslichkeit oder nicht debattieren.
Das war vor mehr als 300 Jahren, dass Katalonien Teil Spaniens wurde.
Wie weit will man denn zurückgehen, um auf irgendwelche alten Schulden oder in der Rückschau Ungerechtigkeiten zu stoßen, woraus man Berechtigungen zu einem gegenwärtigen Handeln ableitet? Niemand, der heute noch lebt, hat damit etwas zu tun.
Und auch die Franco-Diktatur ist mehr als 40 Jahre her. Seit dieser Zeit gab es keine gewaltsame Unterdrückung mehr.
passato schrieb:Wohl nicht mehr so stark wie noch in den 70gern, aber es gibt immer noch Spanier die sie hispanisieren wollen. Und wer soll diese Kriterien denn beurteilen, ausser die Betroffenen selbst in einem Votum?
Was die Katalanen tun, beträfe auch die Länder auf unterschiedliche Weise. Sie müssten ihre Beziehungen zu Spanien neu ausrichten und zu Katalonien. Sie müssten damit rechnen, dass sich Minderheiten in ihren eigenen Staaten einfach lossagen wollen, was die staatliche Existenz gefährdet und die Gefahr reihenweise kleiner Staaten erhöht, die untereinander konkurrieren und streiten.
Auch auf internationaler Ebene würde die EU bedeutend an Gewicht verlieren.
Wenn die katalanischen Separatisten Unterstützung fordern, hat man auch das Recht, zu überlegen, ob sie diese verdienen.
passato schrieb:das ist typische Legendenbildung und Panikmache. Ein Totschlagargument dass immer in solchen Faellen herhalten muss aber zu nichts anderem dient als der Erhaltung der eigenen Pfruende.
Es ist kein Totschlagargument, sondern eine reale Bedrohung der EU. Ich plädiere für stabile, geordnete Staaten und eine stabile, geordnete EU.
j.t. schrieb:Nein, weil Deutschland eben selbst dann immer noch kein Initiator wäre, sondern weiterhin Katalonien. Hab Ich doch bereits geschrieben.
Es ist unerheblich, ob Deutschland Initiator einer Unabhängigkeitsbestrebung ist. Wenn Deutschland sich einmischt und auf die Seite der katalanischen Separatisten stellt, greift es damit die territoriale Integrität des spanischen Staates an.
j.t. schrieb:Ich finde, dass Deine Analogie irgendwie hinkt, da, anders als Gebäudewände, staatliche Grenzen keine Konstanten sind. Ich gehe aber mal mit Dir mit und präzisiere mal Deine Analogie, so dass Wir dann eine detaillierte Betrachtungsweise haben und ggf. nicht von falschen Annahmen ausgehen, wie "Der Hausbesitze...zufällig...greift die ,,territoriale Integrität..."
Die Analogie soll zeigen, dass sich ein völlig Fremder nicht einfach in die Angelegenheiten dieses Hauses einzumischen hat.
Es ist nicht meine Sache, ob A, der im Haus von B lebt, ein eigenes Haus bekommen soll oder nicht.
Das ist ganz allein eine Angelegenheit von A und B, die müssen sich darüber einigen oder auch nicht.
j.t. schrieb:Dann würde es nur bedeuten, dass es business as usual ist, weil eben nach dem Standpunkt auch Deutschland die territoriale Integrität der Ukraine verletzt hat, als sie die Maidanführung supportete, dass Deutschland sogar jetzt immer noch die territoriale Integrität Syriens verletzt, indem es dort militärisch ohne die Erlaubnis des Zentralstaates interveniert,...
Das sehe ich tatsächlich so.
Und mittlerweile hat sich ja auch erwiesen, dass die Protestler beim berüchtigten Euromaidan keineswegs nur freundliche, europaliebende, pazifistische Demokraten waren. Einigen ging es tatsächlich um eine engere Anbindung an Westeuropa und da sagte man willkürlich:,,Ja wenn die unbedingt Mitglied in unserer schönen Europafamilie werden wollen, gerne...". Und verhielt sich dementsprechend.
Man freute sich außerdem, Russland wieder ein Stück Einflussbereich nehmen zu können.
Anderen, starken rechtsextremen Kräften, ging es darum, die Gelegenheit für eigene Machtzwecke auszunutzen.
Poroschenko und Co., die nach Absetzung der gewählten ukrainischen Regierung an die Macht kamen, waren mindestens genauso linke Betrüger und rücksichtslose Machtmenschen, wie Viktor Janukowitsch. Von den rechtsextremen Freikorps und Milizen gar nicht zu reden.
Solche Leute hat Deutschland letztlich unterstützt.
Und auch in Syrien hat Deutschland meiner Ansicht nach wenig bis nichts verloren.
Auch hier hat man vorschnell gehofft:,,Geil, ein Auftstand gegen Assad, jetzt könnte es ein demokratisches Syrien nach unserem Vorbild geben" und sich relativ schnell mindestens indirekt auf die Seite des bunten Straußes an ,,Rebellen" gestellt.
Bald zeigte sich: diese ,,Rebellen" waren durchaus nicht alles aufrechte Demokraten und Verteidiger der Menschenrechte, starke und maßgebliche Akteure wollten die Gelegenheit nutzen, einen neuen islamischen Gottesstaat zu schaffen. Der IS entstand aus ISIS und davor Al-Nusra.
j.t. schrieb:Wie willst Du sonst die Pflichten des UN-Pakts einhalten? Da steht doch unmissverständlich:
Im Völkerrecht steht auch unmissverständlich, dass die Souveränität und territoriale Integrität eines bestehenden Staates zu achten sind.
j.t. schrieb:Es ist nicht widersprüchlich, sondern Du interpretierst das Verbot bzgl. der territorialen Integrität falsch.
Tue ich nicht
:DDu aber ignorierst Souveränität, territoriale Integrität (beide auch Teil des Völkerrechts, mit dem du emsig wedelst) sowie nationales spanisches Recht.
j.t. schrieb:Die Kosovaren dann auch nicht. Wir müssen daher unbedingt Kosovo wieder an die Serben zurückgeben und die Richter des IGH mal unter die Fittiche nehmen
Wir müssen überhaupt nichts zurückgeben, Kosovo steht nicht unter deutscher Herrschaft. Deutschland hat keine Verantwortung für dieses Land.
j.t. schrieb: Und wenn das Völkerrecht über dem Nationalrecht steht
Hat niemand behauptet!
Aber sicher, du tust nichts anderes. Ein ums andere Mal ziehst du das Völkerrecht hervor, wenn man darauf verweist, dass das katalanische Unabhängigkeitsreferendum illegal war, das spanische Recht keine Unabhängigkeit vorsieht, wohl aber den Artikel 155, der dem Staat erlaubt, gegen einseitige Unabhängigkeitserklärungen angemessen vorzugehen.
Du ziehst das Völkerrecht hervor, verweist darauf, was da drin stünde und forderst dann, dass die Unabhängigkeit Kataloniens anerkannt, ja sogar unterstützt werden müsse.
Also stellst du das Völkerrecht über spanisches Recht.
j.t. schrieb:Nein! Müssen sie nicht! Du hast es immer noch nicht verstanden. Es wäre ideal, aber nun mal kein Muss, da es vollkommen unterschiedliche Rechtsbereiche sind.
Doch, müssen sie. Denn
sowohl Völkerrecht
als auch spanisches Recht besitzen Geltung in Spanien.
Sie widersprechen sich aber in den gleichen Angelegenheiten. Das Völkerrecht erlaubt Unabhängigkeit eines Volkes oder einer Region, das spanische Recht nicht. Beide sind gültig. Beide sagen was anderes. Was jetzt?
Sie müssen sich arrangieren oder ein Recht muss über das andere gestellt werden.
j.t. schrieb:Aus subjektiver Sicht ist es ja verständlich, was Du sagst, aber eben nicht formal richtig, da das eben gerade Cherrypicking ist, indem Du dann entscheidest was aus der Verfassung Dir nicht passt und dann deswegen diese zu missachten sei.
Ich betreib kein Cherrypicking, denke ich. Jedenfalls nicht mehr, als du
:Dj.t. schrieb:Leider doch, weil Du eben selektiv Interpretierst wann und was Dir genehm ist und nach einem solchen Vorgehen dann ebenso bzgl. der spanischen Verfassung geurteilt werden müsste.
Du machst doch nichts anderes. Du weist immer wieder auf den gleichen Inhalt im Völkerrecht hin und leitest daraus die unbedingt zu akzeptierende Berechtigung der Unabhängigkeit ab. Und du interpretierst auch die Geschichte mit den Briten und den Schotten sowie den Serben und den Kosovaren willkürlich in deinem Sinne.
Ich weise darauf hin, dass im Völkerrecht selbst UND im spanischen Recht mehr GEGEN die Akzeptanz zumindest einseitiger, nicht-abgesprochener Unabhängigkeitserklärungen spricht, als dafür.
Das Völkerrecht enthält auch Passagen zur territorialen Integrität und zur staatlichen Souveränität, die von ausländischen Kräften nicht ohne sehr gute Gründe, am besten mit dem Hintergrund eines UN-Mandats und in außergewöhnlichen Situationen angetastet werden dürfen. Das spanische Recht verbietet ebenfalls Unabhängigkeitserklärungen, mindestens einseitige, nicht-abgesprochene.
3:1 für Spanien, könnte man sagen.
Und du kannst einfach nicht Schottlang und Großbritannien anführen und behaupten, dass die Katalanen ein Recht auf ihr Unabhängigkeitsreferendum hatten, weil es den Schotten von Großbritannien ja auch erlaubt wurde, ein solches abzuhalten.
Man kann hier keine Analogien ziehen, weil die Erlaubnis von einem fremden Land, Großbritannien, für SEINE Bürger erteilt wurde.
Spanien ist nicht daran gebunden, was Großbritannien tut.
Denkst du etwa, Spanien müsse auch aus der EU austreten, weil GB das ja vorhat? Macht doch auch keinen Sinn.
Und die Sache mit Serben und Kosovaren kann ebenfalls nicht als Beispiel herhalten, weil dort eine außergewöhnliche Situation vorlag, die sich aufgrund des tief verwurzelten, ethnisch und religiös bedingten und blutigen Hasses nicht anders lösen ließ. Wie man das auf dem Papier darstellen will, um beispielsweise Serbien nicht ganz schlecht aussehen zu lassen, ist eine andere Sache.
Eine solche außergewöhnliche Situation liegt nicht vor bei Katalonien und Spanien.
j.t. schrieb:Der IS = islamischer Staat ist de facto ein Staat das sämtliche Merkmal eines solchen erfüllt. Man muss ihn aber natürlich nicht als solchen anerkennen. Es gibt viele Staaten die manche anerkennen und manche eben nicht. Ich will da eigentlich auch gar nicht so weit abschweifen, aber der IS hat zumindest eine Verwaltungsstruktur und kann sich nicht nur selbst (unabhängig) verteidigen, sondern auch regieren.
Der IS war und ist eine Terrororganisation. War mal mächtig, ist immer noch gefährlich, hatte zeitweise ein pseudo-staatliches Gebilde geschaffen und unter seiner Kontrolle. Ein pseudo-staatliches Gebilde, das von KEINEM bestehenden Staat anerkannt wurde.
Die IS-Truppen konnten ihr Gebiet lediglich mit brutaler Gewalt regieren, weil der anerkannte Staat Irak zu schwach war, die Kontrolle auszuüben. Nur, weil man Staat spielt, ist man nicht auch Staat.
j.t. schrieb: Hab Ich bereits geschrieben, Zitat: "Bei den Briten gab es einen gegenseitigen Konsens über die Abstimmung."
Mein Einwand mit Schottland war die Widerlegung auf Deine These: "Kein Staat würde sich freiwillig dem Völkerrecht unterwerfen, wenn er damit komplett seine Unabhängigkeit und territoriale Integrität mit allem drum und dran aufgeben müsste"
Die Briten haben genau das gemacht, was Du abstreitest. Sie sind freiwillig (oder wurden sie gezwungen und wenn ja, von wem?) das Risiko eingegangen ein Teilgebiet zu verlieren.
Du lagst also wieder falsch
Nein, du liegst falsch. Du ziehst einfache, aber unzulässige Analogien und willst darauf hinaus, dass Spanien den Katalanen ein Unabhängigkeitsreferendum hätte erlauben MÜSSEN, nicht ,,sollen",
weil Großbritannien den Schotten ein Unabhängigkeitsreferendum erlaubte. Und das macht keinen Sinn, weil die Entscheider 2 souveräne Regierungen zweier verschiedener souveräner Länder sind.
j.t. schrieb:Und Großbritannien ist Teil der EU, somit gehört Großbritannien der EU. D'accord?
Großbritannien gehört nicht der EU, denn es ist ein souveränes, anerkanntes Land. Die EU aber ein Club und kein Land.
j.t. schrieb:OK, ist ja nur deine Sicht, nicht die des Völkerrechts!
Wurden eigentlich die Briten unterdrückt?
Von wem denn? Von Heinrich VIII.? Ich versteh nicht, worauf du hinauswillst
:D