"Was ist die syrische Opposition?
Der Krieg in Syrien zieht immer weitere Kreise. Großbritannien will sich nicht an einem militärischen Angriff beteiligen. Auch Russland lehnt einen Angriff ab. Aus Moskau heißt es, dass unklar ist, wer vor allem in der syrischen Opposition durch einen Eingriff von Außen gestärkt werden würde. Daniela Hannemann im Gespräch mit dem Experten Dr. Hans Krech, über die unterschiedlichen Gruppen und deren Einflussbereiche.
Herr Krech, sprechen wir über die Syrische Opposition, dann handelt es sich dabei nicht um eine Einheit, sondern um ganz verschiedene Gruppen, was können Sie uns dazu sagen, erst einmal ganz allgemein?
"Die ursprüngliche irakische al-Qaida Organisation hieß al-Qaida im Irak und ist 2004 entstanden, der Führer war Abu Musab al-Suri, hat gekämpft im Irak und hatte seine Basen aber auf syrischem Gebiet. Das heißt die eigentlichen Ausbildungscamps waren im Grenzgebiet zwischen Irak und Syrien und das ist über sehr viele Jahre lang gut gegangen.
Als 2006 die irakische al-Qaida Regionalorganisation ihren Zenit erreicht hat, mit etwa 16.000 Kämpfern, haben sie sich umbenannt in „islamischer Staat Irak“, weil sie glaubten, dass es ihnen gelingen könnte, die Amerikaner zu vertreiben und den gesamten Irak zu kontrollieren. Unterstützt wurden Sie durch das Assad Regime in Syrien, z.B. logistisch. Es hat eine Symbiose gegeben, zu dem sich das Assad Regime niemals öffentlich bekannt hätte und das auch nicht getan hat. Die Irakische Regierung wollte immer, dass die Syrische Regierung die Unterstützung der al-Qaida Gruppierung, die aber damals natürlich nur im Irak gekämpft haben, einstellt, die Kämpfer ausweist oder festnehmen lässt, was die syrische Regierung nicht getan hat. Daraufhin hat dann die Irakische Regierung damit begonnen, die Grenze zu befestigen, also eine Mauer zu bauen, mehrere hundert Kilometer lang. Die al-Qaida Führung hat sich stillschweigend mit dem Assad Regime arrangiert gehabt und das hat sich aber geändert mit dem Tod von Osama bin Laden und dem Führungswechsel auf Aiman Az Zawahiri und mit den Revolutionen des "Arab Spring".
Al-Qaida hat versucht, in den Revolutionen des Arabischen Frühlings mehr Leute zu erreichen und wollte dies auch in Syrien. Das ging natürlich nicht, wenn man auf der Seite des Regimes ist und sich von ihm dulden lässt, und deshalb haben sie die Seiten gewechselt. Das ist die Geburtsstunde von al-Qaida in Syrien und eine große Abteilung davon ist die al-Nusra-Front. Um beide Organisationen nicht weiter zu brüskieren, hat man den Kämpfern erlaubt, sich auszusuchen, ob sie entweder für die al-Nusra-Front kämpfen oder für den „islamischen Staat Irak und in der Levante“. Alle Syrer sind bei der al-Nusra-Front geblieben und 80 Prozent der Ausländer haben sich dem „islamischen Staat Irak und in der Levante“ angeschlossen. Das sind die beiden großen al-Qaida Organisationen die gerade in Syrien kämpfen, wobei die Iraker ein bisschen stärker sind, und die al-Nusra-Front eher ein syrisches Gesicht hat."
Herr Krech, man hat immer wieder gehört, dass auch Katar Kämpfer in Syrien unterstützen würde und auch die Türkei. Wie sieht die Rolle dieser beiden Staaten aus?
"Die Kataris haben eine Gruppierung ehemaliger al-Qaida Kämpfer, die sich von al-Qaida getrennt haben, unterstützt, auch finanziell. Das ist natürlich ein Unterschied, ich denke das hätte ein Nato Staat niemals getan, es ist also eine interessante Frage, das Ergebnis ist offen. Man wird sehen, ob sie sich in Zukunft al-Qaida wieder annähern oder als Dschihadisten gegen das Assad Regime kämpfen werden - dafür haben sie von Katar Geld bekommen. Auch von der Türkei sind sie massiv unterstützt worden, ohne die Unterstützung der Türkei wären sie nie so weit gekommen. Außerdem gehören den Dschihadisten weitere mehrere 1.000 Kämpfer aus Lybien und weitere mehrere 100 Kämpfer aus anderen arabischen Staaten an.
Es gibt also zwei Tendenzen gegenwärtig in Syrien: Zum einen, die freie Syrische Armee, die den Hauptkampf trägt gegen die syrischen Regierungstruppen, die vor allem im Damaskus gekämpft haben und den täglichen Luftangriffen des Assad-Regimes ausgesetzt sind. Und dann gibt es die al-Qaida Organisationen. Die hatten eine andere Taktik gehabt, die vermutlich ein wenig cleverer war. Sie haben sich entgegen den Befehlen der freien Syrischen Armee in Aleppo festgesetzt in einer Großstadt, einer Millionenstadt, wo man aber im Grunde genommen nicht zerschlagen werden kann - das ist fast ausgeschlossen. Das heißt, die Mehrzahl der Einheiten der al-Nusra Front sind dort stationiert. Sie verfügen über moderne Waffen, tragbare Luftabwehrraketen, Panzerfäuste, Panzerabwehrlenkraketen, die haben einen eigenen Internet Zugang, haben sehr viel Geld und versuchen sich die Unterstützung der Bevölkerung zu kaufen. Sie verteilen beispielsweise kostenlos Brot. Die freie Syrische Armee hat dazu gar nicht das Geld, die können das gar nicht. Deshalb wird die Freie Syrische Armee zurück getrieben von den syrischen Streitkräften, während zur selben Zeit, im Hinterland und nicht in einer so exponierten Lage, die al-Qaida Einheiten versuchen, ihr Territorium zu erweitern und ihren eigenen Staat zu gründen, wann immer das auch sein soll."
http://german.ruvr.ru/2013_08_30/Was-ist-die-syrische-Opposition-9366/?from=menu (Archiv-Version vom 01.09.2013)