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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

57 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Kommunismus, Anarchismus, Marxismus ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 15:41
Mit Kommunismus oder Sozialismus assoziiert man im Allgemeinen autoritär bis totalitäre Staaten, wie die Sowjetunion oder Nordkorea, denkt an Stalin'sche Säuberungen, Gulags und schlimmste Repressionsmechanismen, ähnlich derer der NS-Diktatur.

Umfassende Kontroll- und Überwachungsapparate, Massenorganisationen, Propaganda und erhebliche Beeinträchtigung bishin zur Aufhebung der Grundrechte sind keine speziellen Merkmale des Sozialismus oder des Kommunismus. Sie sind Merkmale des Totalitarimus und einige (oder alle) Merkmale finden sich auch in totalitären Regimes, die sich laut Eigenverständnis nicht dem Sozialismus zugehörig fühlen oder fühlten, sondern von der Wirtschaftsform her dem Kapitalismus zuzuordnen sind, etwa die Pinochet-Diktatur in Chile, die südkoreanischen Militärdiktaturen unter Park Chung-hee und Chun Doo-hwan oder auch der aktuelle saudi-arabische absolutistische Staat.

Die totalitären Staaten des Ostblocks, die VR China, Nordkorea (welches offiziell sogar die Juche-Ideologie des Staatsgründers als dem Marxismus-Leninismus vorrangig betrachtet) und alle anderen totalitären Staaten unter der Führung einer marxistisch-leninistischen Partei sind im ursprünglichen marxistischen Sinne nicht einmal mehr als sozialistisch zu bezeichnen. Der "linke" Flügel des Marxismus bezeichnet die Wirtschafts- und Gesellschaftsform von Staaten unter der Führung einer leninistischen "Avantgardepartei" als "Staatskapitalismus" und schon früh hat sich eine linke Opposition gegen Lenin ergeben, so etwa durch Rosa Luxemburg oder den niederländischen Rätekommunisten Anton Pannekoek.

Neben der totalitären Bevormundung des Menschen und desen totaler Kontrolle im marxistisch-leninistischen Einparteienstaat ist auch das Wirtschaftssystem der Zentralverwaltungswirtschaft alles andere als sozialistisch, sondern im Prinzip staatskapitalistisch. Dazu eine genauere Ausführung von Pannekoek aus "5 Thesen über den Kampf der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus" (Mai 1947):
Gleichzeitig vollzieht sich in den meisten Ländern ein Prozeß, die organisierte Staatsmacht einzusetzen, um die Kontrolle der Schlüsselindustrien in die Hände zu bekommen, als Beginn der "Planwirtschaft".[...] Im staatskapitalistischen Rußland beherrscht die Bürokratie kollektiv die Produktionsmittel und unterdrückt diktatorisch die ausgebeuteten Massen.

Der Sozialismus, der als Ziel des Arbeitskampfes dargestellt wird, ist tatsächlich lediglich die Organisierung der Produktion durch den Staat. Er ist Staatssozialismus, Leitung der Produktion durch Staatsbeamte, Herrschaft der Direktoren, der Intelligenz und der Kader in der Fabrik.

In der sozialistischen Wirtschaft bildet dieser Apparat eine gut organisierte Bürokratie, die als Beherrscherin des Produktionsprozesses fungiert. Der Apparat verfügt vollständig über die Produktion und bestimmt, welchen Anteil davon die Arbeiter in Form von Lohn erhalten; den Rest behält sie für die allgemeinen Bedürfnisse und für ihre eigenen ein.
Sozialismus ist daher laut Pannekoek weder durch eine leninistische Kaderpartei, noch durch staatliche Bevormundung und staatliche Planvorgaben, die die Eigeninitiative der Arbeiter auf der untersten Ebene genauso beschränken, wie die kapitalistischen Vorgaben zur Mehrung von Kapital bzw. der Anhäufung von Mehrwert, zu erreichen.
Es ist Aufgabe der Arbeiterklasse, sich von der Ausbeutung zu befreien. Dieses Ziel wird und kann nicht durch eine neue Führungsgruppe, die die Bourgeoisie ersetzt, erreicht werden. Dies kann nur dadurch erreicht werden, daß die Arbeiter selbst Herren über die Produktion werden.

"Arbeiter als Herren der Produktion" drückt an erster Stelle aus, daß in jeder Fabrik, in jedem Unternehmen die Organisation der Arbeit das Werk der Arbeiter sein muß. Anstatt durch einen Direktor und dessen Aufpasser reglementiert zu werden, werden die Produktionsabläufe durch die Gesamtheit der Arbeiter bestimmt. Diese alle Arbeiter, Spezialisten, Techniker umfassende Gesamtheit, also alle, die an der Produktion teilnehmen, bestimmt in Versammlungen über alles, was sie bei der gemeinsamen Arbeit betrifft. Diejenigen, die eine Arbeit erfolgreich durchführen sollen, müssen auch über sie die Leitung haben, die Verantwortung übernehmen in den Grenzen der Gesamtheit. Diese Regelung kann auf alle Zweige der Produktion angewendet werden. Sie setzt voraus, daß die Arbeiter ihre eigenen Organe schaffen, um die vereinzelten Unternehmer zu einer Einheit planvoller Produktion zusammenzuschließen. Diese Organe sind die Arbeiterräte. Arbeiterräte sind Gremien von Delegierten, Beauftragten der verschiedenen Fabriken oder Abteilungen großer Unternehmen, als Wortführer ihrer Absichten, Meinungen; um gemeinsame Probleme zu diskutieren, Beschlüsse zu fassen und ihren Auftraggebern Rechenschaft abzulegen.

Sie bestimmen die verschiedenen Regeln und legen sie fest; indem sie die verschiedenen Meinungen zu einer gemeinsamen Position vereinigen, verbinden sie untereinander die getrennten Einheiten, machen daraus ein gut organisiertes Ensemble. Sie bilden kein permanent leitendes Gremium. Alle können jederzeit von ihren Funktionen abberufen werden. Die ersten Ansätze der Arbeiterräte gab es in der russischen und deutschen Revolution (Sowjets und Arbeiterräte). Bei den künftigen Aufgaben der Arbeiterklasse müssen sie eine mehr und mehr wachsende Aufgabe erfüllen.
http://www.marxists.org/deutsch/archiv/pannekoek/1947/05/5thesen.htm

Wo wir uns sicherlich alle relativ darüber einig sind, dass abscheuliche Regimes, wie die des Stalinismus, auf das Schärfste zu verurteilen sind, und dass staatssozialistische Planwirtschaft bisher zu Misswirtschaft bzw. wirtschaftlichem Chaos geführt hat, stellt sich die Frage: Was ist mit kollektiver Selbstverwaltung?

Wenn allgemein der Staatssozialismus abgelehnt wird, warum wird nicht über einen "demokratischen Sozialismus" diskutiert? Welche Vor- und Nachteile kann eine kollektive Selbstverwaltung auf Basis eines demokratischen Sozialismus mit sich bringen?


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 15:49
Als Alternativen zum leninistischen Staatskapitalismus bieten unter anderem Anarchisten und Rätekommunisten Formen der kollektiven Selbstverwaltung. Mehr dazu:

Wikipedia: Kollektive Selbstverwaltung
Wikipedia: Arbeiterselbstverwaltung


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 15:55
Böser Lenin, guter Marx?

Dann zitiere ich mal aus dem Kommunistischen Manifest:
Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d.h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren.

Es kann dies natürlich zunächst nur geschehen vermittelst despotischer Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die bürgerlichen Produktionsverhältnisse, durch Maßregeln also, die ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen, die aber im Lauf der Bewegung über sich selbst hinaustreiben und als Mittel zur Umwälzung der ganzen Produktionsweise unvermeidlich sind.

Diese Maßregeln werden natürlich je nach den verschiedenen Ländern verschieden sein.

Für die fortgeschrittensten Länder werden jedoch die folgenden ziemlich allgemein in Anwendung kommen können:

1. Expropriation des Grundeigentums und Verwendung der Grundrente zu Staatsausgaben.
2. Starke Progressivsteuer.
3. Abschaffung des Erbrechts.
4. Konfiskation des Eigentums aller Emigranten und Rebellen.
5. Zentralisation des Kredits in den Händen des Staats durch eine Nationalbank mit Staatskapital und ausschließlichem Monopol.
6. Zentralisation des Transportwesens in den Händen des Staats.
7. Vermehrung der Nationalfabriken, Produktionsinstrumente, Urbarmachung und Verbesserung aller Ländereien nach einem gemeinschaftlichen Plan.
8. Gleicher Arbeitszwang für alle, Errichtung industrieller Armeen, besonders für den Ackerbau.
9. Vereinigung des Betriebs von Ackerbau und Industrie, Hinwirken auf die allmähliche Beseitigung des Unterschieds von Stadt und Land.
10. Öffentliche und unentgeltliche Erziehung aller Kinder. Beseitigung der Fabrikarbeit der Kinder in ihrer heutigen Form. Vereinigung der Erziehung mit der materiellen Produktion usw.
http://www.mlwerke.de/me/me04/me04_459.htm

Ceausescu und Kim Il Sung waren ziemlich eng am Text, würde ich mal sagen.


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 19:38
@voidol

Das ist ein durchaus berechtigter Einwand, allerdings bedeutete die Verstaatlichung der Betriebe nicht gleich deren Vergesellschaftung, die unter anderem in Das Kapital beschriebene kapitalistische Produktionsweise bzw. die bürgerlichen Produktionsverhältnisse wurden demnach nicht abgeschafft, die Autorität des Unternehmers lediglich auf die Autorität des Staates übertragen.

Aber völlig unabhängig von den Stellen, in der sich Marx selbst widerspricht und den autoritären Charakter bei Marx' "Diktatur des Proletariats" außer Acht lassend: Was spricht denn nun gegen einen Sozialismus eben ohne diese autoritären Mechanismen?

Um noch einmal Pannekoek zu zitieren:
Die Entwicklung zum Staatskapitalismus - in Westeuropa vielfach unter dem Namen Sozialismus propagiert - bedeutet nicht Befreiung der Arbeiterklasse sondern größere Unfreiheit. Was die Arbeiterklasse in ihrem Kampfe erstrebt, Freiheit und Sicherheit, Meister Sein über das eigene Leben, ist nur möglich durch Herrschaft über die Produktionsmittel. Staatssozialismus ist nicht Herrschaft der Arbeiter, sondern der Staatsorgane über die Produktionsmittel. Wenn zugleich demokratisch, bedeutet er, daß die Arbeiter selbst ihre Herren wählen dürfen. Direkte Verfügungsgewalt der Arbeiter über die Produktion bedeutet dagegen, daß die Belegschaften die Betriebe dirigieren und von unten auf die höheren und zentralen Organisationen aufbauen. Das ist es, was als System der Arbeiterräte bezeichnet wird.



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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 19:48
https://www.youtube.com/watch?v=Z8-Dsjyi39U

Sehr sehenswert. Klärt auf was solche sozialistischen Gedankenspielchen anrichten können. Nebenbei mal reinsehen.


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 19:52
@Puschelhasi

Diese dreiteilige Stalindoku habe ich mir schon einmal irgendwann angeschaut. (Achja, wo du schon so lange Videos hier reinstellst, hast du dir mittlerweile mal Zeit genommen "Die Utopie leben" anzuschauen? ;) ).

Das Video ist jedenfalls keine hinreichende Antwort auf meine Fragen, zumal ich im Ausgangspost klar zwischen Marxismus-Leninismus und demokratischem Sozialismus (sei es in Form der kollektiven Selbstverwaltung oder in Form des Rätekommunismus) abgegrenzt habe.


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 20:11
Pannekoek hatte den unglaublichen historischen Vorteil, seine Ideen niemals zu realisieren müssen. Ich kritisiere die sozialistischen Länder wegen alles, nur eines wäre mir nie in den Sinn gekommen, sie kapitalistisch zu nennen.

Was Pannekoek in deinen Zitaten vorschlägt (ich kenne sein Werk nicht), erscheint mir eine 1:1-Umlegung eines bestehenden kapitalistischen Systems zu sein, nur dass die Arbeiterschaft als Privateigentümer auftritt und nicht ein Einzelner oder eine Investorengruppe.

Wie eine Gesamtgesellschaft strukturiert sein soll, finde ich bei ihm nicht dargelegt.

Gesellschaften sowjetischen Musters gingen da viel weiter:

- jedes Produktionsmittel war Gemeineigentum
- Gemeineigentum bedeutet: es gehört der gesamten Gesellschaft
- Produktion und Verteilung wurden gesellschaftlich festgelegt und geregelt
- der Mehrwert verblieb nicht im Betrieb, er ging an die Gesellschaft

Von der Theorie perfekt, in der Praxis jedoch eine Katastrophe. Gorbatschow wollte noch durchsetzen, dass Betriebe ohne den Umweg über die Plankommission wirtschaften können. Aber dieses "ein wenig schwanger"-Konzept ging nicht durch, man hatte die Schnauze voll von gesellschaftlichen Experimenten und wollte das "Richtige".

Auch revolutionstheoretisch weiß ich nicht, wie Pannekoek sich eine Umstrukturierung vorstellt. Straßenkampf der Arbeiter um jeden einzelnen Betrieb?

Die Revolutionstheorie von Marx und Engels waren einfacher: wir erobern die Staatsmacht und der Rest ergibt sich dann via Parteibeschlüssen, Gesetzen, Erlässen sowie durch den Schutz durch Polizei und Militär.

Lenin brauchte ein paar Leute, um putschen zu können (der Sturm der Massen auf den Winterpalast ist eine Eisenstein-Erfindung) plus die Unterstützung einiger Militärabteilungen. Sehr effizient.

Nur dann gingen die "Fehler" los. Nach dem Putsch der Bolschewiki wollten diese die Alleinherrschaft und hebelten alle Konkurrenten aus. Die Chance einer pluralistischen Sowjetunion war vertan bzw. war gar nicht gewollt.


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 20:13
Zitat von kulamkulam schrieb:Was spricht denn nun gegen einen Sozialismus eben ohne diese autoritären Mechanismen?
Nichts !

Denn das, was @Puschelhasi gepostet hat, liegt hinter der Abgrenzung !


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 20:18
@kulam

Ich denke die menschliche Natur spricht gegen diese Experimente, und auch der Verfall der Substanz die ja quasi genutzt wird bei solchen Experimenten.

Wenn jemand ohne vorher die Fabriken und Mittel anderer zu stehlen und deren Privatbesitz zu rauben so eine Nummer fährt und das irgendwo mit freiwilligen dann soll er das so lange machen wie er lustig ist.


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 20:34
Aehnliche Bestrebungen gibts ja auch schon laengere Zeit. Dieser Lande.

z.B. die Mitarbeiterkapitalbeteiligung, oder die Mitarbeiter-Erfolgsbeteiligung
Das Motiv dahinter ist das engagiertere einbringen der Mitarbeiter - von sich aus. Sowie eine Leistungs-, Wert-, Produktions- u. Kapitalsteigerung, was natuerlich auch den Mitarbeitern zugute kommt.
Das muss jedoch genausowenig vor einer moeglichen Insolvenz schuetzen, wie die kollektive Selbstverwaltung, ein Beispiel waere hier: Wikipedia: Photo Porst
Wobei hier natuerlich unterschiedliche Faktoren reinspielten.

Leider sind die meisten Dinge, welche man dazu finden koennte, Kosten- oder Anmeldungspflichtig.

http://books.google.de/books?id=B21QRjy-EI4C&pg=PA143&lpg=PA143&dq=The+firm+in+Illyria:market+syndicalism&source=bl&ots=yc2O9uvN9m&sig=P6QNNPjjKIDsImaM68YF55z_Op0&hl=de&ei=sDJ1TeHGPMbLswaBwpmEDg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=7&ved=0CFMQ6AEwBg#v=onepage&q&f=false


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

07.03.2011 um 20:42
Pleite 2002...naja Halbwertzeiten bis zur totalen Pleite liegen offenbar immer bei einigen wenigen Jahren.


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

08.03.2011 um 20:15
@voidol

Rätekommunisten, wie etwa Pannekoek, sind in ihrem Selbstverständnis noch immer Marxisten. Die Gesamtgesellschaft ist also nach marxistischem Vorbid strukturiert, es handelt sich jedoch um eine andere Auslegung etwa des Begriffes "Gemeineigentum" (und die Staatsform richtet sich nach den Prinzipien der Rätedemokratie und soll keine von einer Avantgardepartei geführte "Volksdemokratie" sein). Die Verstaatlichung jedes Produktionsmittels bedeutet nicht etwa die Überführung der Produktionsmittel in die Hand der Allgemeinheit sondern in die Hand des Staates, der Mehrwert existiert in diesem Staatskapitalismus ebenso, wie im Privatkapitalismus, er geht jedoch nicht an den Unternehmer, sondern an den Staat und dessen Funktionäre.

Dennoch nimmt auch bei Pannekoek der Staat eine Rolle wie von Marx beschrieben ein, in der der Staat in einer Übergangsphase die Überführung des Privateigentums in Gemeineigentum (nicht jedoch Staatseigentum, wie oben beschrieben) koordiniert.

Eine genauere Ausführung zu der Abgrenzung des Staatskapitalismus vom Sozialismus findet sich natürlich auch im Anarchismus, dessen Kern nicht allzu verschieden vom Rätekommunismus ist. Folgender Text des Anarchosyndikalisten Augustin Souchy bringt die Zusammenhänge in meinen Augen auf den Punkt:
Worin unterscheidet sich der Sozialismus vom Kapitalismus? Die Sowjetunion ist nicht weniger kapitalistisch als die Vereinigten Staaten. Kapital wird in beiden Ländern akkumuliert, hier von Einzelpersonen oder Gruppen, dort vom Staate und seiner Bürokratie. In letzterer herrscht der Staatskapitalismus, in ersterer der Privatkapitalismus. Was man sonst darüber sagen möge, ist Sophistik, Demagogie oder Schönrederei. Die Sowjetunion als sozialistisch hinzustellen, ist Betrug. Das Ideal des Sozialismus ist unvereinbar mit Knechtung und Ausbeutung wie sie in der Sowjetunion ausgeübt werden.
Die zwei großen Wirtschaftssysteme der Gegenwart sind Privatwirtschaft und Staatswirtschaft. Dass die Staatswirtschaft unter allen Umständen vorzugswürdiger sei als die Privatwirtschaft, ist eine propagandistische Zwecklüge. Damit soll nicht gesagt sein, dass der Privatkapitalismus an sich gut ist. Selbst ohne Wirtschaftskrisen und ohne imperialistische Kriege ist das private Ausbeutungswesen ein gesellschaftliches Übel. Doch das Grundübel, die Ausbeutung, ist auch im Staatskapitalismus nicht abgeschafft.
Ein drittes Wirtschaftssystem ist der Kollektivismus oder vom Volke selbst eingeführte Sozialismus ohne Dazwischentreten des Staates. Er ist heute noch ein Ideengebilde, doch in Spanien war man während des Bürgerkrieges auf dem Wege, ihn einzuführen. In kurzer Zeit – in anderthalb Jahren – war man erstaunenswert weit auf dem Wege zu seiner Verwirklichung gekommen. Was man in Spanien verwirklichte, war ein syndikalistischer Gewerkschaftssozialismus, ein System ohne Ausbeutung und ohne soziale Ungerechtigkeiten.
In der freiheitlichen Kollektivwirtschaft wird die Lohnknechtschaft durch gerechte Verteilung des Arbeitsertrages ersetzt. An die Stelle des Privat- oder Staatseigentümers tritt das Betriebskollektiv, die Gewerkschaft, der Industrieverband und letzten Endes der gewerkschaftliche Landesbund. Dass ein solches System praktisch durchführbar ist, das haben die spanischen Syndikalisten gezeigt. Der freiheitliche Kollektivismus garantiert die Freiheit, wirkt belebend auf die Initiative und ebnet damit dem Fortschritt den Weg. Die syndikalistische Kollektivwirtschaft ist keine staatliche Planwirtschaft. Geplant wird nur, was den Konsumenten zum Nutzen gereicht. Was die Konsumgenossenschaft für den Konsumenten ist, das ist die syndikalistische Kollektive für den Produzenten. Sie beseitigt die Ausbeutung und den Staatszwang.
Die während des Spanischen Bürgerkriegs errichteten Kollektive waren wirtschaftliche Arbeitsgemeinschaften ohne Privateigentum. Der kollektive Betrieb gehörte den Arbeitern und Angestellten, war aber nicht ihr Privateigentum im Sinne der heutigen Gesetzgebung. Das Kollektiv hatte kein Recht, die Fabrik oder Werkstatt im Ganzen oder einzelne Teile davon zu verkaufen oder sonstwie zu veräußern. Trotzdem aber war das Kollektiv nicht identisch mit dem volkseigenen Betrieb in der Ostzone Deutschlands. Der rechtliche Garant des Kollektivs war nicht der Staat, sondern die CNT, d.h. der Landesarbeitsbund. Doch auch dieser hatte nicht das Recht, durch seinen Vorstand nach Gutdünken zu verfügen. Alles musste durch die Arbeiter selbst auf Konferenzen und Kongressen entschieden werden. Diese neue Ordnung war flexibel. Im Betriebe bestimmten die Arbeiter und Angestellten.



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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

08.03.2011 um 20:19
@Puschelhasi
Zitat von PuschelhasiPuschelhasi schrieb:Pleite 2002...naja Halbwertzeiten bis zur totalen Pleite liegen offenbar immer bei einigen wenigen Jahren.
An der Insolvenz eines einzigen kollektivwirtschaftlichen Betriebes machst du das Scheitern jedes Betriebes dieser Art fest? Dieser, wie viele andere Betriebe dieser Art, muss sich innerhalb der marktwirtschaftlichen Konkurrenz, die selbstverständlich mehr nicht-kollektivwirtschaftliche Betriebe enthält, behaupten.

Es gibt noch zahlreiche andere ähnlich strukturierte Betriebe:
Wikipedia: List of worker cooperatives

Oder um einmal einen speziellen herauszugreifen, der noch nicht Pleite ist. ;)
http://www.isthmuseng.com/company/worker-owned-cooperative/


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

08.03.2011 um 20:21
@kulam

Münchner Räterepublik

Die Münchner oder Bayerische Räterepublik vom 7. April bis zu ihrer gewaltsamen Niederschlagung am 2. Mai 1919 war nach den sich überschlagenden Ereignissen der Novemberrevolution in Bayern ab dem 7. November 1918 und der Ermordung des ersten Ministerpräsidenten der bayerischen Republik Kurt Eisner am 21. Februar 1919 im engeren Sinn die Bezeichnung für die zweite Revolutionsphase in München. Sie gilt als der kurzlebige Versuch, nach Ende des Ersten Weltkriegs einen sozialistischen Staat in Form einer Rätedemokratie in dem aus dem vormaligen Königreich Bayern entstandenen „Freistaat“ (der bayerischen Republik) zu schaffen.

Diese Räterepublik gilt als ein nachwirkender, relativ eigenständiger Teil der das ganze Deutsche Reich umfassenden Novemberrevolution. Nach dem bayerischen König waren auch alle weiteren Monarchen und regierenden Fürsten der deutschen Teilstaaten einschließlich des deutschen Kaisers Wilhelm II. gestürzt worden.

Die der Novemberrevolution folgende Entwicklung führte nach bürgerkriegsähnlichen Kämpfen zwischen Vertretern des Parlamentarismus und der Rätedemokratie bis Mitte 1919 zur Gründung der Weimarer Republik mit parlamentarisch-pluralistischen Strukturen im Reich und den deutschen Ländern, wobei sich Bayern in dieser ersten deutschen Republik nach der blutigen Niederschlagung der Revolution (zuletzt der Räterepublik in München) auf Seiten der Gegner der Revolution zu einer Hochburg konservativ-nationalistischer Kreise und einer „Brutstätte“ des Nationalsozialismus entwickelte.[1][2]Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Einleitender Überblick
1.1 Chronik
2 Vorgeschichte
3 Die verschiedenen Interessengruppen
4 Ende der Monarchie (Novemberrevolution)
4.1 Massenkundgebung auf der Theresienwiese
4.2 Marsch zu den Kasernen; Flucht des Königs
4.3 Übernahme der Regierung
4.4 Haltung der Öffentlichkeit
4.5 Politik der Revolutionsregierung unter Eisner
5 Wahlen, Mord an Eisner
5.1 Verschiedene Regierungsbildungen – Rätekongress contra Parlament
6 Räterepublik der Schwabinger Literaten: „Räterepublik Baiern“
7 Kommunistische Räterepublik
7.1 Ende der Räterepublik
8 Nach der Räterepublik
9 Literatur
10 Filme
11 Weblinks
12 Quellennachweise

Einleitender Überblick [Bearbeiten]

Am Ende des Ersten Weltkriegs kam es angesichts der sich spätestens ab Ende September 1918 abzeichnenden Kriegsniederlage und der aus der Unterversorgung resultierenden Not zur Novemberrevolution im Deutschen Reich. Die Revolution breitete sich innerhalb weniger Tage ausgehend vom Matrosenaufstand in Wilhelmshaven und Kiel im gesamten Reich aus und erfasste auch das Königreich Bayern und dessen Hauptstadt München – noch vor der Reichshauptstadt Berlin.

Briefmarke der Bayerischen Republik – mit dem nachträglichen Aufdruck „Volksstaat Bayern“ – nach der Absetzung des abgebildeten Königs Ludwig III.

Als erster deutscher Monarch wurde am 7. November 1918 der bayerische König Ludwig III. abgesetzt. Damit wurde das mindestens seit 919 (es gibt unterschiedliche Anfangsdaten) in Bayern etwa 1.000 Jahre existierende und seit 1180 herrschende Adelsgeschlecht der Wittelsbacher gestürzt. Kurt Eisner von der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) rief den Freien Volksstaat Bayern aus und wurde vom Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat zum ersten Ministerpräsidenten der bayerischen Republik gewählt.

Am 12. Januar 1919 fand nach einem neuen allgemeinen Wahlrecht die Wahl zu einem verfassunggebenden Landtag statt, bei der die USPD eine Niederlage hinnehmen musste.

Nachdem Eisner am 21. Februar 1919 kurz vor seiner geplanten Rücktrittserklärung von dem Attentäter Anton Graf von Arco auf Valley ermordet worden war, wurde die Landtagssitzung nach Tumulten, die zwei weitere Todesopfer zur Folge hatten, vertagt. Als provisorische Regierung konstituierte sich ein „Zentralrat der bayerischen Republik“ unter Ernst Niekisch (SPD, später USPD). In der Folgezeit spitzten sich die Machtkämpfe zwischen Anhängern des Rätesystems und des pluralistischen Parlamentarismus zu.

Am 17. März wurde Johannes Hoffmann (SPD) als Vertreter einer pluralistisch-parlamentarischen Demokratie vom Landtag zum Ministerpräsidenten Bayerns gewählt. Gegen dessen Regierung kam es am 7. April zur Bildung der Räterepublik, die sich in zwei Phasen aufteilen lässt: Die erste war in ihrer Führung dominiert von pazifistischen und anarchistischen Intellektuellen, die zweite von Anhängern und Mitgliedern der Kommunistischen Partei Deutschlands.

Ab Mitte April griffen vom inzwischen nach Bamberg ausgewichenen Kabinett Hoffmann zu Hilfe gerufene Freikorpseinheiten, vereinzelt auch als Weiße Truppen bezeichnet, die Verteidiger der Räterepublik an und eroberten zusammen mit aus Berlin entsandten Reichswehrverbänden München bis zum 2. Mai 1919 zurück. Im Laufe der Kämpfe kam es auf beiden Seiten zu Grausamkeiten, bei denen hunderte Menschen starben, in der Mehrzahl als Opfer der Freikorps.

Bestimmte Entwicklungen im Revolutionsverlauf, zum Beispiel das Vorgehen der SPD-Spitze mit ihrem Rückgriff auf reaktionäre und republikfeindliche militärische und paramilitärischer Verbände zur Niederschlagung der Räterepublik, begünstigten nationalistische Kräfte in Bayern. In den 1920er Jahren wurde Bayern zur „Ordnungszelle“ des Deutschen Reiches. Hier begann auch die politische Karriere des späteren Diktators Adolf Hitler, der 1923 in München mit einigen Anhängern den vorerst noch erfolglosen „Hitlerputsch“ durchführte.
Chronik [Bearbeiten]

1918
29. Oktober – 3. November: Die Meuterei von Besatzungen der Hochseeflotte in Wilhelmshaven und der sich daran anschließende Kieler Matrosenaufstand lösen innerhalb weniger Tage reichsweit die Novemberrevolution aus.
7./8. November: Die Revolution erreicht München. König Ludwig III. wird abgesetzt. Kurt Eisner (USPD) ruft im Mathäser-Bräu die Republik aus und verkündet den Freien Volksstaat Bayern. Der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat wählt ihn zum Ministerpräsidenten Bayerns.
9. November: In Berlin wird zuerst von Philipp Scheidemann eine (parlamentarische) „deutsche Republik“, kurz darauf von Karl Liebknecht eine „sozialistische Republik“ für ganz Deutschland ausgerufen, nachdem die (zu dem Zeitpunkt noch unzutreffende) Abdankung des Kaisers proklamiert worden war.
11. November: Vertreter der Alliierten und des Deutschen Reiches unterzeichnen einen Waffenstillstand, der das Ende des Ersten Weltkriegs bedeutet.
12. November: Der König von Bayern entbindet in der Anifer Erklärung die Beamten vom Treueid auf seine Person, nachdem er eine Abdankung verweigert hat.[3]

1919
Januar: Spartakusaufstand in Berlin, in dessen Verlauf die führenden Gründer der KPD, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, am 15. Januar von Freikorpssoldaten ermordet werden.
10. Januar bis 4. Februar: Bremer Räterepublik

Die Ereignisse in Bayern, vor allem in München:
5. Januar: Das Kabinett Kurt Eisners verabschiedet ein „vorläufiges Staatsgrundgesetz für den Volksstaat Bayern“.
7. Januar: Etwa 4.000 arbeitslose Rüstungsarbeiter demonstrieren auf der Theresienwiese für eine höhere Arbeitslosenunterstützung. Die Schutzwache geht unter Maschinengewehrfeuer gegen die Menge vor.
11. Januar: In der Nacht werden nach einer Schießerei zwischen Militär und Linksradikalen zahlreiche Führer der Linken, darunter Eugen Leviné und Erich Mühsam verhaftet. Demonstranten erzwingen anderntags ihre Freilassung. Bei einer Kundgebung mit den beiden gibt es bei Schießereien sechs Tote.
12. Januar: Wahl zum verfassunggebenden Landtag, die von KPD und Anarchisten boykottiert wird. Die USPD, die mehrheitlich für eine Räterepublik steht, erhält landesweit lediglich 2,5% und unterliegt deutlich der SPD, der BVP, der DVP/DDP und dem BB.
16. Februar: Massendemonstration auf der Theresienwiese, bei der die Ausrufung einer Rätedemokratie gefordert wird
21. Februar und Folgetage: Eisner wird, kurz vor seiner geplanten Rücktrittserklärung, auf dem Weg zum Landtag von Anton Graf von Arco auf Valley, einem völkischen Rechtsextremisten, ermordet. Nach darauf sich anschließenden Tumulten im Landtag mit Schusswechseln und zwei weiteren Todesopfern wird die Landtagssitzung vertagt. In der Folge konstituiert sich ein provisorisch regierender Zentralrat der bayerischen Republik unter Ernst Niekisch (SPD). Der Generalstreik wird ausgerufen und über München der Belagerungszustand verhängt.
4. März: Der Rätekongress lehnt die Bildung einer Koalitionsregierung zwischen SPD, USPD und dem damals als liberal geltenden Bayerischen Bauernbund sowie die Einberufung des Landtags und Neuwahlen der Räte zunächst noch ab.
17. März: Johannes Hoffmann (SPD) wird vom bayerischen Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt. Die Auseinandersetzungen um die Frage „Räterepublik oder Parlamentarismus“ verschärfen sich.
21./22. März: Die Nachricht der Ausrufung einer sozialistischen Räterepublik in Ungarn unter Béla Kun gibt der Rätebewegung in Bayern neuen Auftrieb.
Münchner Räterepublik im engeren Sinn
7. April: Der Zentralrat und der Revolutionäre Arbeiterrat rufen die Räterepublik aus.
7. April bis 13. April: Erste Phase der Münchner Räterepublik unter Führung eines von linken Intellektuellen und Anarchisten dominierten „Zentralrats“. Das Kabinett Hoffmann flieht aus München nach Bamberg. Die USPD tritt aus der Koalition aus.
13. April: Ein mit Billigung der Bamberger Regierung angezettelter Putschversuch von Militärs gegen die Räterepublik wird bei Straßenkämpfen in München von Rotgardisten unter Rudolf Egelhofer (KPD) niedergeschlagen. Kommunisten setzen darauf den Zentralrat ab und übertragen die Regierung einem „Vollzugsrat“ unter Eugen Leviné und Max Levien. Gustav Landauer und Ernst Toller erkennen den Vollzugsrat an und beteiligen sich zunächst auch an der zweiten Phase der Räterepublik.
14. April: Ankündigung des Einsatzes von Freikorpseinheiten gegen die Räterepublik durch die Regierung Hoffmann.
15. April: Zunächst erfolgreiche Verteidigung der Räterepublik gegen den Versuch der Freikorps München einzukesseln.
16. April: Nach Ablehnung seines Kulturprogramms erklärt Gustav Landauer, resignierend über die Vorstellungen der KPD, seinen Rückzug aus der Politik für die kommunistische Räterepublik. – Am selben Tag gelingt es Einheiten der „Roten Armee“ unter dem Kommando Ernst Tollers, die in Dachau stehenden Freikorpsverbände zu schlagen und sie zunächst zum Rückzug zu zwingen. Auf Seiten der Freikorps fallen vier Offiziere, 50 Mann werden gefangengenommen, vier Geschütze gehen verloren. Die Rote Armee verliert acht Mann.
17. April: Reichswehrminister Gustav Noske beschließt den Einsatz von Reichswehrverbänden gegen München.
26. April: Ein Matrosenkommando verhaftet mehrere Mitglieder der völkischen Thule-Gesellschaft und andere Personen. Ernst Toller befreit einen Teil der Geiseln.
27. April: Nach Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten um Eugen Leviné und anderen linken Revolutionären um Ernst Toller, unter anderem über die Frage, ob angesichts der aussichtslos erscheinenden Lage Verhandlungen mit der Regierung Hoffmann aufgenommen werden sollten, tritt der Aktionsausschuss unter Leviné zurück und wird als Provisorium unter Toller neu gewählt. Verhandlungsversuche mit der Bamberger Regierung scheitern jedoch. Diese fordert die bedingungslose Kapitulation.
28. April: Erneute Wahl eines Aktionsausschusses, dem weder Toller noch Kommunisten angehören.
30. April: Bei heftigen Kämpfen in den Vororten Münchens kommt es zu grausamen Massakern der Freikorps an Angehörigen der „Roten Armee“ der Räterepublik und unbeteiligten Zivilisten. Rotgardisten töten darauf zehn gefangen gehaltene Geiseln, vor allem Mitglieder der rechtsextremistischen Thule-Gesellschaft.
1. Mai: Die Regierungstruppen und Freikorps erreichen München. Gustav Landauer wird von Freikorps verhaftet und am darauffolgenden Tag im Gefängnis von München-Stadelheim misshandelt und ermordet.
2./3. Mai: Reichswehr und Freikorps nehmen München ein und beenden gewaltsam die Räterepublik.

Nachwirkungen:
Mai/Juni: Die meisten führenden Mitglieder der Münchner Räterepublik werden von Standgerichten nach Hochverratsprozessen zu langen Haftstrafen (Ernst Toller: 5 Jahre; Erich Mühsam: 15 Jahre) – oder zum Tode verurteilt (Hinrichtung Eugen Levinés am 5. Juni). Einzig Max Levien gelingt die Flucht - er wurde 1937 im Zuge von Stalins Säuberungen in der Sowjetunion hingerichtet. Über 2.000 vermutete oder tatsächliche Anhänger der Räterepublik verloren ihr Leben oder wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Dagegen begnadigte man Graf Arco, den zunächst zum Tode verurteilten Mörder Kurt Eisners, zu einer Haftstrafe und entließ ihn bereits 1924 aus dem Gefängnis.
31. Mai: Neubildung der Koalitionsregierung weiterhin unter dem Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann (SPD) – nun unter Einbeziehung bürgerlich-konservativer Parteien, auch der BVP.
14. August: Unterzeichnung der Bamberger Verfassung für Bayern, die am 15. September in Kraft tritt.
1. Dezember: Der Kriegszustand über München wird aufgehoben.
Vorgeschichte [Bearbeiten]

Bayern war zu Beginn des Ersten Weltkriegs eine Monarchie, hatte seit 1819 ein Parlament mit allerdings noch beschränkter Macht. Bayern war relativ wenig industrialisiert und hatte damit auch keine große Masse von Proletariern. Dies änderte sich teilweise durch die im Krieg angesiedelten Werke. Durch die Versorgungsengpässe und das Massensterben im Weltkrieg wuchs aber die Unzufriedenheit der deutschen Bevölkerung mit der Regierung. Weder im Reich noch in Bayern kam es zu einer schon seit längerem geforderten Demokratisierung. Im September 1917 hatte die SPD, die in Bayern revolutionäre Bestrebungen verwarf, einen entsprechenden Antrag (Auer-Süssheim Antrag) im bayerischen Landtag gestellt, in dem die wesentlichen Forderungen der bayerischen SPD enthalten waren, unter anderem: Abschaffung der privilegierten ersten Kammer des Landtags („Kammer der Reichsräte“, in der nur der Adel vertreten war), sowie die Aufhebung des Adelsstandes insgesamt, ein allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht, mehr Rechte für den Landtag und Trennung von Kirche und Staat.[4] Dieser Antrag war aber am Widerstand von Zentrum, Bauernbund und den Liberalen gescheitert.

Bei den reichsweiten Januarstreiks von 1918 wurden in Bayern, ebenso wie in vielen anderen Orten des Deutschen Reiches, ein Verständigungsfriede und weiterhin Demokratisierungen gefordert. Nach der Niederschlagung dieser Streikwelle wurde Kurt Eisner aufgrund seiner Beteiligung an ihrer Organisation in München verhaftet. Er wurde erst am 14. Oktober 1918 wieder freigelassen, als er von der USPD für eine Nachwahl um ein Reichstagsmandat aufgestellt wurde. Die USPD hatte sich für ihn entschieden, da der Kandidat der SPD Erhard Auer nicht zu schlagen war und sie so der Regierung vorwerfen konnten, sie behindere durch die Inhaftierung eines bisher keines Verbrechen verurteilten Mannes die Wahl. Die Regierung entließ ihn daraufhin, da sie dachte die USPD in einem Wahlverfahren besser überwachen zu können.[5]

Zum Ende des Krieges wurde das Deutsche Reich de facto nicht vom Kaiser oder seiner Regierung, sondern von der Obersten Heeresleitung (OHL) unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff in der Art einer Militärdiktatur regiert.

In weiten Kreisen der bayerischen Bevölkerung wurde die Politik des preußischen Obrigkeitsstaats als eine der Hauptursachen für den Krieg betrachtet. Dem bayerischen König Ludwig III. wurde vorgeworfen nur ein Parteigänger des Kaisers zu sein. Dadurch verlor der schon zuvor unbeliebte König, der sich nach Ansicht der Bevölkerung 1913 zu Unrecht vom Prinzregenten zum König gemacht hatte, nach dem Eingeständnis der Kriegsniederlage durch die Oberste Heeresleitung (OHL) die letzte Autorität und Loyalität in Bayern.

Die OHL hatte erst Ende September 1918 die deutsche Niederlage im Weltkrieg offiziell eingestanden, obwohl sie die Lage schon im August als aussichtslos eingestuft hatte. Ende Oktober sollte die Hochseeflotte trotzdem noch zu einer aussichtslosen Entscheidungsschlacht auslaufen. Die Matrosen weigerten sich, sich so kurz vor dem ersehnten Kriegsende auf eine Selbstmordmission zu begeben.

Am 29. Oktober meuterte im norddeutschen Wilhelmshaven die Besatzung der Kriegsflotte und wenig später kam es in Kiel zum offenen Aufstand der Matrosen, die die Stadt bis zum 3. November in ihre Gewalt brachten. Während des Aufstands wurden Soldaten- und Arbeiterräte gebildet. Der Erfolg der Matrosen breitete sich in kurzer Zeit in ganz Deutschland aus und führte zur Novemberrevolution.

In Bayern kam es noch zu einem letzten Versuch, die Monarchie mit einer Verfassungsreform zu retten. Regierung und Parlament einigten sich am 2. November 1918 auf ein Abkommen zur Einführung des Verhältniswahlrechts, eine Reform der ersten Kammer des Landtags und die Überprüfung von Standesvorrechten. Am 7. November wurde die Regierung umgebildet und erstmals Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten daran beteiligt. Das Abkommen zur Parlamentarisierung wurde am 6. November von der 2. Kammer gebilligt und sollte am 8. November von der 1. Kammer verabschiedet werden. Aber diese Reformen kamen zu spät. Sie wurden durch die sich überstürzenden Ereignisse der Revolution überrollt.
Die verschiedenen Interessengruppen [Bearbeiten]

Die drei bestimmenden politischen Parteien der Revolution, sowohl im Reich als auch in Bayern, waren die MSPD (oder SPD), die USPD und der Spartakusbund, bzw. ab Anfang 1919 die KPD. Speziell in Bayern spielten außerdem der Bayerische Bauernbund und, relativ unabhängig von der Parteienlandschaft, eine Fraktion linksintellektueller, teilweise anarchistischer Schriftsteller und anderer Kulturschaffender, die eher antiautoritäre und undogmatische Vorstellungen von Sozialismus vertraten, eine wichtige Rolle.
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD, damals auch unter dem Kürzel MSPD für Mehrheits-SPD firmierend) war eher gemäßigt; reichsweit hatte sie eine parlamentarische Demokratie zum Ziel. Sie wollte keine Revolution, sondern Reformen, ihre Maximalforderungen[4] von 1917 findet man im Auer-Süssheim-Antrag (siehe oben). Im Rahmen der Burgfriedenspolitik hatte sie den Krieg unterstützt. An der Revolutionsregierung beteiligte sich die SPD vor allem mit der Absicht, die Kontrolle zu behalten und die Revolution in parlamentarische Bahnen zu lenken. Erhard Auer und Johannes Hoffmann waren zu dieser Zeit die führenden Köpfe der bayerischen SPD. Spätestens ab Mitte März 1919, als Hoffmann vom Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt geworden war, wandte sich die Parteiführung zunehmend offen von der nach links abdriftenden Revolution in München und einigen anderen Städten Bayerns ab. Die SPD-Basis in München, aus der viele in den Räten organisiert waren, reagierte gespalten auf diese Entwicklung. Die von Hoffmann angeführte Regierung musste darauf nach Bamberg ausweichen und bekämpfte von dort aus die Räterepublik mit bewusst gewähltem Einsatz republikfeindlicher paramilitärischer Freikorps. Zu deren Verstärkung bat Hoffmann seinen Parteigenossen in Berlin, den Reichswehrminister Gustav Noske, um Unterstützung durch Reichswehrtruppen zur Niederschlagung der Räteherrschaft in München.
Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), in Bayern unter dem Vorsitz Kurt Eisners – nach seiner Ermordung Ernst Toller –, war die wesentliche Urheberpartei des Umsturzes in München und befürwortete größtenteils, zumindest für eine Übergangsphase, das Rätesystem. Reichsweit hatte sich die USPD 1917 von der damaligen SPD aus Protest gegen die kriegsbilligende Haltung der Mutterpartei abgespalten und die Beendigung des Krieges gefordert. Als Pazifist und Organisator des Münchner Munitionsarbeiterstreiks im Rahmen der deutschlandweiten Streikwelle im Januar 1918 war Kurt Eisner von Februar bis Oktober 1918 inhaftiert gewesen. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis setzte er sich an führender Stelle für die Revolution in Bayern ein und wurde zum ersten Ministerpräsidenten der bayerischen Republik. Allerdings betrachtete ein Großteil der linken Wähler nach dem Krieg die Spaltung der Sozialdemokratie in MSPD und USPD für überholt, und die praktische Politik Eisners als zu unklar, wechselhaft und schwankend. Sie wählten bei der Wahl für den verfassunggebenden Landtag mehrheitlich wieder die SPD (MSPD), sofern sie nicht dem Aufruf zum Wahlboykott der KPD und der Anarchisten gefolgt waren. Die USPD kam dabei nur auf 2,5 Prozent der Stimmen.
Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) wurde erst im Verlauf der Revolution um den Jahreswechsel 1918/19 reichsweit aus dem linken Flügel der USPD, dem Spartakusbund, und anderen linksrevolutionären Gruppierungen in Berlin gegründet. Sie kämpfte für das Rätesystem, die Sozialisierung von Betrieben und war internationalistisch orientiert. Seit der Oktoberrevolution 1917 in Russland und den Umbrüchen in den anderen Staaten Europas am Ende des Ersten Weltkriegs schien für sie die Weltrevolution begonnen zu haben. Eines der Gründungsmitglieder der KPD war Eugen Leviné. Geboren 1886 in Russland, im Alter von 3 Jahren mit seiner Mutter nach Deutschland immigriert, war er sowohl in seiner ursprünglichen als auch seiner neuen Heimat seit Beginn des 20. Jahrhunderts an linksrevolutionären Entwicklungen beteiligt. Leviné wurde von der Berliner KPD-Zentrale als Redakteur der Parteizeitung Die Rote Fahne nach München entsandt, um den kommunistischen Einfluss unter dem bayerischen Parteivorsitz von Max Levien auf die Räterepublik voranzutreiben. Die Wahl zum verfassunggebenden Landtag wurde von der KPD boykottiert. Nachdem sich die Kommunisten unter Levinés Führung an die Spitze der Räterepublik gesetzt hatten, nahm er Kontakt zu Lenin in Moskau auf, um sich der Unterstützung durch die russischen Bolschewiki, die seit der Oktoberrevolution von 1917 den ersten kommunistisch regierten Staat der Welt anführten, zu versichern.
Der Bayerische Bauernbund war zu jener Zeit eine mehrheitlich liberale und antiklerikale Partei, deren Mitglieder in einigen Räten vertreten waren. Die Partei erreichte bei der Wahl am 12. Januar 1919 neun Prozent der Stimmen und war auch in der Regierung Hoffmann vertreten. Einer ihrer revolutionären Protagonisten und Befürworter des Rätesystems war Ludwig Gandorfer. Nach Niederschlagung der Räterepublik schlug die Partei zunehmend eine konservative Richtung ein.
Relativ unabhängig von der politischen Parteienlandschaft spielten bei den Revolutionen auch Vertreter des kulturellen Lebens eine wichtige Rolle. Einige Intellektuelle wie der Nationalökonom Lujo Brentano, der Dirigent Bruno Walter, die Schriftsteller Gustav Landauer, Heinrich Mann und Rainer Maria Rilke bildeten den Rat der geistigen Arbeit. Öffentlich für die Räterepublik traten auch der volkstümliche sozialistische Literat Oskar Maria Graf und der legendenumwobene anarchistische Künstler Ret Marut (später als Schriftsteller weltweit bekannt geworden unter seinem Pseudonym B. Traven) in Erscheinung.
Weitere Vereinigungen waren der Allgemeine Studentenausschuss, der Rat der bildenden Künstler Münchens und der Aktionsausschuß revolutionärer Künstler.
Unter den Künstlern gab es jedoch auch bekannte Gegner der Revolution, beispielsweise Thomas Mann, aber auch er sah die Revolution als durch den fehlenden Widerstand legitimiert an.
Die erste Phase nach der offiziell ausgerufene Räterepublik vom 7. April bis 13. April 1919 war von Literaten wie dem Pazifisten Ernst Toller (USPD), oder den parteilosen Anarchisten Gustav Landauer und Erich Mühsam geprägt. Auch der Finanztheoretiker und Begründer der Freiwirtschaftslehre Silvio Gesell, dem Ernst Niekisch zuvor einen Sitz in der Sozialisierungskommission angeboten hatte, wurde als Finanzminister Mitglied in der Regierung der ersten Räterepublik, dem sogenannten „Zentralrat“. Als Sekretär im Finanzministerium wirkte der Mathematiker, Mediziner und Ökonom Theophil Christen.

Toller und Landauer beteiligten sich auch nach der Führungsübernahme durch die KPD, die die erste Phase der Räterepublik als Scheinräterepublik bezeichnet hatte, an der kommunistisch dominierten zweiten Phase der Räterepublik. Allerdings trat Landauer, enttäuscht von der Haltung und Politik der KPD-Führung, schon drei Tage nach der kommunistischen Revolution von seinen politischen Funktionen und Ämtern zurück.

Abgesehen von der SPD-Führung traten neben schon bestehenden konservativen und republikfeindlichen Parteien einige erst während der Revolution gegründete konservative und rechtsextreme Gruppierungen als strikte Gegner der linken Revolutionäre auf, die jedoch als politische Parteien bis zur Niederschlagung der Räterepublik nur eine marginale Rolle innehatten.
Am 12. November 1918 wurde die Bayerische Volkspartei (BVP) gegründet. Sie war ein Ableger der reichsweit organisierten Zentrumspartei und schürte im Wahlkampf die Furcht vor „den Bolschewisten“. Aus der Wahl zum verfassunggebenden Landtag am 12. Januar 1919 ging die vor allem von der ländlichen Bevölkerung gewählte BVP mit 35 % zwar vor der SPD (33 %) als stärkste Fraktion hervor, war jedoch noch nicht durchsetzungsfähig genug, um in die erste – parlamentarische – Koalitionsregierung (zwischen SPD, USPD und Bayerischem Bauernbund) zu gelangen. Die revolutionäre Situation ließ dies in den ersten Monaten des Jahres 1919 auch nicht sinnvoll erscheinen. Erst nach der Niederschlagung der Räterepublik wurde sie an der Regierung beteiligt. Später, 1921/22 und von 1924 bis 1933 stellte sie den bayerischen Ministerpräsidenten.
Ebenfalls während der Revolution, am 5. Januar 1919, wurde mit der Deutschen Arbeiterpartei eine völkisch-rechtsextreme und antisemitische Partei gegründet, die aber zunächst relativ bedeutungslos blieb. 1920 wurde sie in NSDAP umbenannt und gewann später eine zunehmend verhängnisvolle Bedeutung in der deutschen Geschichte.
Ende der Monarchie (Novemberrevolution) [Bearbeiten]
Massenkundgebung auf der Theresienwiese [Bearbeiten]

Am 7. November 1918, als sich die russische Oktoberrevolution zum ersten Mal jährte, veranstalteten die SPD, Gewerkschaften und die USPD eine gemeinsame Friedenskundgebung auf der Münchner Theresienwiese. Um den eingeleiteten Übergang zur parlamentarischen Monarchie in Bayern nicht zu gefährden, forderte König Ludwig III. die Polizei zur Zurückhaltung auf, obwohl Hinweise auf einen Umsturzversuch durch die USPD vorlagen.

Um 15 Uhr begann die Kundgebung auf der Theresienwiese mit etwa 60.000 Teilnehmern. An verschiedenen Stellen des Platzes sprachen zwölf Redner, unter anderem Erhard Auer, der Vorsitzende der bayerischen SPD, Ludwig Gandorfer, ein radikaler Vertreter des Bayerischen Bauernbundes, sowie Kurt Eisner. Einige Redner wollten die Leute beruhigen und wiesen auf die kommenden Reformen hin, andere forderten ein sozialistisches Rätesystem. Eisner, der Vorsitzende der USPD, hatte sich mit seinen Anhängern bereits zu Beginn der Kundgebung im Norden der Theresienwiese aufgestellt, um anschließend schnell und möglichst ohne aufgehalten zu werden, zu den Kasernen zu kommen. Nach den Reden wurde eine Resolution angenommen, in der ein sofortiger Friedensschluss, der Rücktritt des deutschen Kaisers, der Achtstundentag und eine Arbeitslosenversicherung gefordert wurde.

Im Anschluss an diese Kundgebung setzte sich der Hauptzug der Demonstration zum Friedensengel in Marsch. Dort löste sich der Zug nach einer Rede von Franz Schmitt, einem Landtagsabgeordneten der SPD, auf.

Die meisten Betriebe, Geschäfte und Ämter hatten an diesem Tag geschlossen, um ihren Angestellten die Möglichkeit zu geben, an der Kundgebung teilzunehmen.
Marsch zu den Kasernen; Flucht des Königs [Bearbeiten]

Ohne dass es zunächst weiter beachtet wurde, entfernten sich etwa 2.000 Demonstranten unter Führung von Kurt Eisner und Ludwig Gandorfer zuerst zur Kraftwagenkolonne der Kraftfahr-Ersatzabteilung in der Kazmairstraße. Die Behörden vertrauten auf die Münchner Garnisonstruppen und maßen der Aktion keine große Bedeutung bei. Die Kraftfahrer schlossen sich dem Demonstrationszug an, der nacheinander zur Ersatzkompanie des Münchner Landsturmbataillons, zur Marsfeldkaserne, Türkenkaserne und zu den Kasernen auf dem Oberwiesenfeld und an der Dachauer Straße marschierte. Auch dort schlossen sich jeweils viele Soldaten an. Kriegsmüdigkeit, die Überzeugungskraft der Revolutionäre oder die Teilnahme befreundeter Kameraden bildeten für die meist den unteren Mannschaftsgraden angehörenden Soldaten die Motivation, sich von der revolutionären Aufbruchstimmung mitreißen zu lassen.

Gegen 19 Uhr erschienen die ersten Demonstranten vor der königlichen Residenz. Philipp von Hellingrath, der bayerische Kriegsminister, musste eingestehen, dass in München keine Truppen mehr zur Verfügung standen um die Monarchie zu verteidigen. Mit auswärtiger Hilfe konnte nicht gerechnet werden, da Meldungen von Unruhen auch andernorts vorlagen. Angesichts der für den König prekären Situation wurde Ludwig III. von Otto Ritter von Dandl die Flucht empfohlen. Zusammen mit seiner schwerkranken Frau, drei Töchtern, dem Erbprinzen Albrecht und einem kleinen Hofstaat verließ der König München in Zivilkleidung. Die drei Mietautos mit den Flüchtenden hatten Schloss Wildenwart am Chiemsee zum Ziel.
Übernahme der Regierung [Bearbeiten]

Nachdem die Revolutionäre Einrichtungen wie den Hauptbahnhof, Gebäude der Regierung oder militärische Einrichtungen ohne Widerstand besetzt hatten, hielt Kurt Eisner eine Versammlung im Franziskaner-Bierkeller ab und nahm danach im Mathäserbräu an einer Massenveranstaltung teil. Dort wurde ein Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat gebildet. Zum Vorsitzenden wurde Franz Schmitt (SPD) gewählt.

Eisner verkündete in der ersten Stunde des 8. November den Freien Volksstaat Bayern als Freistaat.
Zwischenexkurs zu den Ereignissen in der Reichshauptstadt Berlin und im Reich:
Einen Tag später, am 9. November proklamierte in Berlin zuerst Philipp Scheidemann (SPD) eine (parlamentarisch-pluralistisch gedachte) „deutsche Republik“, und nur wenige Stunden nach ihm Karl Liebknecht vom Spartakusbund die „Freie Sozialistische Republik Deutschland“. Diese kurz nacheinander erfolgten Ausrufungen unterschiedlicher Republiksysteme für das deutsche Reich deuteten schon die neue innenpolitische Frontlinie zwischen den Anhängern der Rätedemokratie und denen des Parlamentarismus an.
Den meisten revolutionären Arbeitern und Soldaten war jedoch die Tragweite dieses Richtungskonfliktes zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich bewusst. Ihnen ging es zunächst vor allem um das Ende des Krieges und der Militärdiktatur. Auch die Unterschiede zwischen SPD, USPD und Spartakusbund (der knapp 2 Monate später in der KPD aufging) erschienen vielen angesichts der neuen Situation und dem greifbar nahen Ende des Weltkriegs als überholt. Die meisten Aufständischen, ob in Berlin, München oder anderswo, erwarteten eine baldige neue Einigkeit der verschiedenen Flügel der im Prinzip noch oder wieder als Einheit begriffenen Sozialdemokratie. Dass im Hintergrund jedoch die Fäden zur endgültigen Spaltung der ursprünglichen Sozialdemokratie schon gezogen waren, ahnten bis zum 9. November nur wenige. Die Spitze der Reichs-SPD (namentlich Friedrich Ebert) schuf durch einen geheimen Pakt zwischen dem neuen Chef der Obersten Heeresleitung Wilhelm Groener und der SPD-Reichsregierung am 10. November 1918 die Voraussetzungen für die spätere militärisch-gewaltsame Niederschlagung einer sozialistisch motivierten Fortsetzung der Revolution. Ebert machte Groener für die Unterstützung seiner Regierung durch die Reichswehr weitreichende Zugeständnisse in Bezug auf den Erhalt der alten Strukturen in Militär und Verwaltung.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Novemberrevolution in ganz Deutschland mit politischen Aufständen, beispielsweise in Kiel (Matrosenaufstand), Berlin, Bremen und Hamburg um sich gegriffen. Fast überall bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte. Ein bedeutendes Zentrum der Rätebewegung war München.
Der Untergang der Monarchie in Deutschland war spätestens seit dem 9. November nicht mehr aufzuhalten. Bis zum 23. November mussten alle regierenden Fürsten der deutschen Länder einschließlich Kaiser Wilhelm II. dem Bayerischen König folgen und abdanken.
Am 11. November kam es in Compiègne/Frankreich zum Waffenstillstand zwischen den Alliierten und dem Deutschen Reich. Für die Reichsregierung unterzeichnete der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger den Vertrag. Damit endete der erste Weltkrieg.

Auf Grund der Ereignisse in München kam es auch in anderen bayerischen Städten, zum Beispiel in Kaiserslautern (damals war die Pfalz bayerisch), Ingolstadt und Kempten, zur Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten, die vornehmlich mit Mitgliedern der SPD und USPD besetzt wurden.

Der bayerische Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat wählte eine Revolutionsregierung aus USPD und SPD mit Kurt Eisner (USPD) als Ministerpräsident und Außenminister, Erhard Auer (SPD) als Innenminister, Johannes Hoffmann (SPD) als Kultusminister, Edgar Jaffé (USPD) als Finanzminister und Albert Roßhaupter (SPD) als Militärminister.

Ein provisorischer Nationalrat, der sich aus Vertretern des Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrates, der Gewerkschaften, der Berufs- und Frauenverbände und den Fraktionen der SPD und des Bauernbundes im bayerischen Landtag zusammensetzte, trat an die Stelle des ehemaligen Landtags der Monarchie.

Am 12. November, einen Tag nach der Unterzeichnung des Waffenstillstands zwischen dem Deutschen Reich und den Alliierten der Entente, entband Ludwig III. die bayerischen Beamten vom Treueid auf seine Person, was im Grunde seiner Abdankung gleich kam, auch wenn er sich zu einer formellen Abdankungserklärung nicht bereit erklärte. Die Revolutionsregierung erlaubte dem ehemaligen König, sich in Bayern aufzuhalten. Als „Unterstützung“ erhielt er 600.000 Mark.
Haltung der Öffentlichkeit [Bearbeiten]

Die Stimmung der bayerischen Bevölkerung schwankte zwischen Hoffnung auf Demokratie und Mitbestimmung, vor allem bei den Arbeitern; – und Abneigung gegen die Revolution, insbesondere auf dem Land und im Bürgertum. Die Mehrheit verhielt sich abwartend und hatte weder eine euphorische noch eine ablehnende Haltung.

Die katholische und die evangelische Kirche standen auf der Seite der Monarchie und sahen in der Linken eine größere Gefahr für Deutschland als in der Rechten. Die Kirchen spielten allerdings für das Schicksal der Räterepublik kaum eine Rolle.

Die gesellschaftliche Struktur blieb trotz der Änderung der Staatsform erhalten. Die Beamten, zum Beispiel Gustav Ritter von Kahr, der Regierungspräsident von Oberbayern und spätere bayerische Diktator, behielten ihre Posten und Ämter.
Politik der Revolutionsregierung unter Eisner [Bearbeiten]

Da sich die Revolutionsregierung nur als Übergangsregierung betrachtete, kam es zu keinen tiefgreifenden Reformen. Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung waren die inhaltlichen Gegensätze zwischen der revolutionäreren USPD und der SPD, die die Revolution eindämmen wollte.

Mitte November 1918 wurde der Anarchist Gustav Landauer von Kurt Eisner nach München gerufen. Er sollte als Redner an der „Umbildung der Seelen“ mitarbeiten.

Nachdem Eisner nicht durchsetzen konnte, dass die Weimarer Verfassung der Zustimmung der Länder bedurfte, sprach er sich im Regierungsprogramm vom 15. November für einen gemeinsamen bayerisch-österreichischen Staat aus. Des Weiteren nahm er Kontakt zum tschechischen Staatspräsidenten bezüglich der Gründung einer Donauföderation auf. Die Föderation sollte vor allem von den Ländern gelenkt werden; der Plan scheiterte am Eingreifen der Reichsregierung. Die Verstaatlichung der Industrie wurde zurückgestellt, lediglich einige Forderungen der Gewerkschaften wie den Achtstundentag und eine bessere Unterstützung der Arbeitslosen setzte man um. Die monarchischen Beamten blieben wie im übrigen Deutschland im Amt.

Die Strukturen des kaiserlichen und königlichen Verwaltungsapparats und der Justiz blieben in ihrem Wesen ebenso unangetastet wie die kapitalträchtigen und wirtschaftlich mächtigen Banken, Versicherungsgesellschaften und Industrieunternehmen.

Eisner ernannte entsprechend den Reservatrechten Gesandte für Bern, Berlin, Wien und Prag. Um bessere Friedensbedingungen für Bayern zu erreichen, veröffentlichte er Berichte, die die Kriegsschuld Deutschlands belegen sollten und löste damit in weiten Kreisen eine Welle der Empörung aus.

Unter Kultusminister Johannes Hoffmann wurde eine Schulreform zur Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht durchgeführt. Diese Reform ging mit in das vorläufige Staatsgrundgesetz ein und behielt auch später Bestand.

Der Heraldiker Otto Hupp wurde beauftragt, ein neues Staatswappen zu gestalten.
Wahlen, Mord an Eisner [Bearbeiten]

Im Januar 1919 begann in ganz Deutschland mit Aufständen in Berlin (vgl. Spartakusaufstand) die zweite Phase der Revolution. Nachdem die Novemberrevolution bis dahin fast ohne Blutvergießen verlaufen war, eskalierte diese Phase vor allem durch das verstärkte Auftreten der von der SPD-Führung, namentlich von Reichswehrminister Gustav Noske rekrutierten republikfeindlichen, antirevolutionären Freikorps in einigen Regionen des deutschen Reichs zu bürgerkriegsähnlichen Situationen mit Tausenden von Todesopfern – vor allem unter den Arbeitern und revolutionären Soldaten.

In der bayerischen Regierung kam es zunehmend zur einer Kontroverse zwischen den Befürwortern des Rätesystems (USPD) und den Befürwortern einer starken Stellung des Parlaments (SPD). Die Vertreter des Parlamentarismus setzten sich durch, und der Einfluss der Räte sank zunächst im ganzen Land.

Am 4. Januar wurde ein vorläufiges Staatsgrundgesetz beschlossen. Es basierte auf der parlamentarischen Demokratie und enthielt keine Elemente des Rätesystems.

Auf Druck der SPD fanden am 12. Januar 1919 Wahlen zu einem verfassunggebenden Landtag statt, die von der KPD und ihren Anhängern sowie von Anarchisten boykottiert wurden. Bei diesen Wahlen galt erstmals das Verhältniswahlrecht und das Wahlrecht für Frauen.

Die Verlierer der Wahl waren mit dem Bayerischen Bauernbund (Stimmenanteil von 9 Prozent = 16 Mandate/Landtagssitze) und der USPD (2,5 Prozent = 3 Mandate) die Parteien der Revolution. – Gewinner waren die Bayerische Volkspartei, die Nachfolgepartei des Bayerischen Zentrums (35 Prozent = 66 Mandate) und die SPD (33 Prozent = 61 Mandate). Die Deutsche Volkspartei (DVP) bzw. in der Pfalz Deutsche Demokratische Partei (DDP) erhielten zusammen 14 Prozent (= 25 Mandate), die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) zusammen mit der pfälzischen Mittelpartei 6 Prozent (= 9 Mandate).

Gegen diese neuen parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse organisierten Gustav Landauer, Erich Mühsam und andere Befürworter einer Rätedemokratie am 16. Februar eine erneute Großdemonstration auf der Theresienwiese, auf der die Ausrufung eines Rätesystems gefordert wurde.

Eisner wurde am 21. Februar auf dem Weg zur konstituierenden Sitzung des Landtags, wo er den Rücktritt seines Kabinetts anbieten wollte, vom rechtsradikalen Anton Graf von Arco auf Valley ermordet. Eisner hatte sich die politische Rechte nicht nur aufgrund seiner politisch-ideologischen Grundhaltung, seiner Anerkennung der deutschen Kriegsschuld und seines Versuchs, die Sozialistische Internationale wiederzubeleben, zum Feind gemacht, sondern auch vor dem Hintergrund seiner jüdischen Herkunft oder als „Preuße“, was die vom verbreiteten Antisemitismus und nationalistischen Chauvinismus der (nicht nur) bayerischen Rechten genährten Vorurteile besonders angeheizt hatte. Dass er nicht nur Feinde hatte, kann man an der Teilnahme von ca. 100.000 Menschen bei seiner Beisetzung erkennen.[6]

Ein Mitglied des Revolutionären Arbeiterrats (RAR), der Metzger Alois Lindner, schoss zwei Stunden nach dem Attentat auf Eisner in einem spontanen Akt der Rache von der Zuschauertribüne des Landtags auf den SPD-Abgeordneten Erhard Auer und verletzte ihn schwer. Der Major Paul Ritter von Jahreiß versuchte, Lindner an der Flucht zu hindern, und wurde von ihm getötet. Während des folgenden Tumults erschoss ein unbekannter Täter den konservativen Abgeordneten Heinrich Osel. Als Reaktion vertagte sich der Landtag. Auer und der niedergeschossene Graf von Arco auf Valley wurden vom berühmten Arzt Ferdinand Sauerbruch behandelt.

Nach einem Aufruf der USPD kam es zum Generalstreik. Die Macht übernahm nun der „Zentralrat der Bayerischen Republik“ unter Ernst Niekisch (SPD, später USPD). Über München wurde der Belagerungszustand verhängt. Am 25. Februar lehnte der elfköpfige Bayerische Rätekongress aus Mitgliedern von USPD, SPD und KPD den Antrag von Erich Mühsam, die Räterepublik auszurufen, zunächst noch ab. Die bürgerliche Presse wurde zensiert, es kam zu einer Radikalisierung der bisher eher unblutigen Revolution und zu einer zunehmenden Verschärfung der Auseinandersetzung zwischen Vertretern des Rätesystems einerseits und des Parlamentarismus andererseits.
Verschiedene Regierungsbildungen – Rätekongress contra Parlament [Bearbeiten]

Der Rätekongress bildete am 1. März eine neue Regierung unter Martin Segitz, die aber von der Mehrheit des Landtags nicht anerkannt wurde.

Am 4. März lehnte der Rätekongress seinerseits noch eine Regierungsbildung durch den Landtag ab, wobei er allerdings in seiner Mehrheit die grundsätzliche Legitimität des Landtags anerkannte.

Am 17. März wählten die Landtagsabgeordneten gegen das Votum der radikalen Linken des Rätekongresses Johannes Hoffmann (SPD) zum neuen Ministerpräsidenten und bestätigten das vorläufige Staatsgrundgesetz.

Im neuen Kabinett, einer Koalitionsregierung zwischen SPD, USPD und Bayerischem Bauernbund, war Hoffmann zusätzlich Außenminister und Kultusminister, Martin Segitz (SPD) Innenminister, Ernst Schneppenhorst (SPD) Militärminister und Karl Neumaier (parteilos) Finanzminister. Der Regierung gehörten auch ein Mitglied des Bauernbundes und Mitglieder der USPD an. Es war eine Minderheitsregierung, die jedoch angesichts der unsicheren revolutionären Umstände von den meisten anderen bürgerlichen und konservativen Parteien des Landtags toleriert wurde. Es gelang dieser parlamentarischen Regierung aber nicht, die Spannungen zwischen Anhängern des Rätesystems und des Parlamentarismus abzubauen. Im Gegenteil wurde sie ihrerseits von der Basis der Rätebewegung zumindest in München nicht anerkannt und hatte dort im Grunde keinen Handlungsspielraum.

Am 22. März traf in München die Nachricht von der Ausrufung einer sozialistischen Räterepublik in Ungarn unter Béla Kun ein. Dies gab der Rätebewegung in Bayern neuen Auftrieb. Viele träumten von einer sozialistischen Achse Bayern-Österreich-Ungarn-Russland. Damit waren auch Hoffnungen verbunden, sich gegen die Berliner Reichsregierung, in der sich ein pluralistisches System durchgesetzt hatte, zu behaupten.

Nach einer neuerlichen Revolution floh das Kabinett Hoffmann und der Landtag nach Bamberg, wo sie ihre Arbeit fortsetzten. Diese Arbeit – ab 7./8. April ohne die Mitglieder der USPD, die nach offizieller Ausrufung der Räterepublik aus der Regierung austraten – war im folgenden Monat wesentlich geprägt von der Organisation des Kampfes gegen die nun folgende Räterepublik. Davon abgesehen, erließ sie am 24. April eine neue Gemeindeverfassung für Bayern.

Drei Wochen nach der Niederschlagung der Räterepublik legte die Regierung Hoffmann am 24. Mai dem Landtag einen Verfassungsentwurf (Bamberger Verfassung) vor. Bevor dieser Entwurf verabschiedet werden konnte, leitete ihn die Mehrheit der Abgeordneten zunächst an einen Ausschuss weiter.
Räterepublik der Schwabinger Literaten: „Räterepublik Baiern“ [Bearbeiten]

Am 7. April riefen der Literat Ernst Toller (seit Eisners Tod Vorsitzender der USPD), der parteilose anarchistische Poet und Schriftsteller Erich Mühsam, sowie der ebenfalls parteilose Philosoph und Theoretiker des Anarchismus Gustav Landauer die „Räterepublik Baiern“ aus. Den Vorsitz des neu gebildeten „Zentralrats“ übernahm zunächst Ernst Niekisch, den noch am ersten Tag Toller ablöste.

Unter anderem kündigte die Räteregierung an, die Presse zu sozialisieren, eine Rote Armee und ein Revolutionsgericht zu bilden. Sie wollte eine „brüderliche Verbindung“ mit dem russischen und ungarischen Volk aufnehmen und lehnte „jede Zusammenarbeit mit der verächtlichen [Reichs-]Regierung Ebert-Scheidemann-Noske-Erzberger“ ab.

Telegramm des revolutionären Zentralrates Bayern an das Bezirksamt Fürth, gezeichnet von Ernst Niekisch: „Die Ausrufung der Räterepublik erfolgt am 7. April mittags 12 Uhr …“. Der Arbeiter- und Soldatenrat Fürth sowie der seit 1914 amtierende Bürgermeister bestätigten die Anordnungen.

Aus der formell amtierenden Regierung Hoffmann traten die USPD-Minister und Karl Neumaier aus. Die restliche (parlamentarische) Regierung, die sich in München nicht mehr durchsetzen konnte, floh nach Bamberg.

Auch einige andere bayerische Städte wie beispielsweise Rosenheim, Kempten, Lindau, Regensburg, Fürth, Würzburg, Schweinfurt, Aschaffenburg und Hof schlossen sich offiziell der Räterepublik an.

Trotz ihrer im späteren Rückblick betrachteten Popularität aufgrund der ungewöhnlichen Ansammlung prominenter Kulturgrößen im Münchner Zentralrat hatte diese Räterepublik faktisch nur eine geringe Bedeutung, weil ihre Regierung in der Praxis fast keines der vielen sehr radikal klingenden Dekrete umsetzen konnte. Diese Regierung vertraute idealistisch auf die freie Entfaltung der Individuen und der Gesellschaft im neuen Bayern.

Ohne Instanzen zur Durchsetzung ihrer Macht – eine „Macht“, die aus einem oft anarchistisch geprägten Selbstverständnis ihrer Protagonisten heraus als „Herrschaft“ im Grunde abgelehnt wurde – verpufften ihre Entscheidungen, die auch für viele Anhänger der Räterepublik nicht nachvollziehbar waren. Außerdem lähmten Probleme mit der Lebensmittelversorgung und ein erneuter Generalstreik zusätzlich den Handlungsspielraum der neuen Räteregierung. Vor allem aufgrund ihrer Ineffektivität wurde sie bald abgelöst.

Die Anführer der noch relativ jungen KPD, die eine proletarische Revolution im Sinne der Oktoberrevolution der russischen Sowjets unter Führung der Kommunistischen Partei anstrebten, betrachteten den Zentralrat als eine Ansammlung kleinbürgerlicher Idealisten und bezeichneten deren Räterepublik als „Scheinräterepublik“.

Am 13. April (Palmsonntag) kam es unter der Führung von Heinrich Aschenbrenner, einem Kommandanten der zur Bamberger Regierung loyalen Republikanischen Schutzwehr, zu einem Putschversuch gegen die Räterepublik, bei dem einige Mitglieder des Zentralrats kurzfristig verhaftet wurden (sog. Palmsonntagsputsch). Die Aktion wurde von der sich im Aufbau befindenden „Roten Armee“ unter Soldatenrat Rudolf Egelhofer (KPD) (in einigen Quellen auch Rudolf Eglhofer), der als Matrose Ende Oktober 1918 schon am Kieler Aufstand beteiligt gewesen war, am selben Tag niedergeschlagen, wobei 17 Personen starben.
Kommunistische Räterepublik [Bearbeiten]

Revolutionäre Soldaten auf einer Patrouillenfahrt in München

Als Reaktion riefen im Hofbräuhaus die Betriebs- und Soldatenräte noch während der Kämpfe die Kommunistische Räterepublik aus. Die gesetzgebende und die vollziehende Gewalt wurden in dieser zweiten Phase der Räterepublik an einen Aktionsausschuss aus 15 Personen unter Führung von Eugen Leviné übertragen. Von diesem Aktionsausschuss wurde ein aus vier Personen bestehender Vollzugsrat gewählt, dem neben dem von der KPD-Zentrale in Berlin nach München entsandte Eugen Leviné auch Max Levien angehörte.

Ebenso wie Leviné stammte Levien ursprünglich aus Russland, wo beide an revolutionären Entwicklungen beteiligt gewesen waren. Obwohl sowohl Leviné als auch Levien schon lange vor dem Ersten Weltkrieg die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hatten, bildete ihre Herkunft für nationalkonservative und rechtsextreme Kreise einen willkommenen Anlass, die Angst vor einer „russischen Bolschewisierung“ Bayerns zu schüren, wobei ihre zusätzlich jüdische Herkunft eine von rassistischen und antisemitischen Vorurteilen geprägte Grundstimmung im entsprechenden Umfeld noch verstärkte.

Tatsächlich bildeten die bayerischen Räte in ihrer Gesamtheit jedoch eine äußerst heterogene Mischung, bei der sehr unterschiedliche Sozialismus-Vorstellungen vertreten wurden. Im Überblick betrachtet waren die Anhänger eines Rätemodells nach sowjetrussischem Vorbild an der Basis der von der KPD dominierten Räteregierung nur eine Minderheit.

Bei alledem war die kommunistische Räterepublik konsequenter in der praktischen Umsetzung ihrer Ziele als ihre unmittelbaren Vorgänger. Doch auch ihr war unter den denkbar ungünstigen Bedingungen der militärischen Bedrohung nur sehr wenig Zeit und Gelegenheit beschieden, ihre Vorstellungen umzusetzen.

Ernst Toller und Gustav Landauer erkannten den Aktionsausschuss an und beteiligten sich zunächst auch an der kommunistischen Räterepublik. Allerdings trat Landauer, nachdem sein Kulturprogramm von Leviné abgelehnt worden war, schon drei Tage später, enttäuscht und resignierend wegen Haltung und Politik der KPD-Führung, von allen seinen Posten und Ämtern in der Räterepublik zurück.

Die kommunistische Räteregierung verbot die gegen sie agitierende bürgerliche Presse. Lebensmittel und dringend benötigter Wohnraum, vor allem in Hotels, wurden beschlagnahmt, ein zehntägiger Generalstreik ausgerufen und anderes mehr.

Um die Räterepublik zu schützen, wurde die Rote Armee unter Stadtkommandant Rudolf Eglhofer zu einer Stärke von bis zu 6.000–10.000 Mann ausgebaut.[7] Ihm wurde Ernst Toller als stellvertretender Inhaber des militärischen Oberkommandos zur Seite gestellt. Die „Rote Armee“ war militärisch sowohl quantitativ als auch qualitativ, nicht zuletzt aufgrund des Mangels an Erfahrung in deren Mannschaft und Führung, den anrückenden Freikorps und Reichswehreinheiten deutlich unterlegen.

Dennoch gelang es am 16. April einigen Einheiten der Rotgardisten unter dem Kommando Tollers, bis Dachau vorgedrungene Freikorpsverbände zu besiegen und zunächst zurückzudrängen.

Ernst Toller war, bedingt durch seine Kriegserfahrungen, im Grunde ein überzeugter Pazifist. Er übernahm die Befehlsgewalt über die „Rote Armee“ nur ungern, jedoch mit der Einsicht der aus der Situation geborenen Notwendigkeit. Seine Erfahrungen und den gewissensbelastenden Zwiespalt zwischen gewaltablehnender Überzeugung und der Notwendigkeit der Verteidigung einer sozialen Revolution verarbeitete er später im expressionistischen Theaterstück Masse Mensch, das nach seiner späteren Verurteilung im Gefängnis entstand.

Die Räteregierung beabsichtigte, keinen eigenen Weg zu gehen, sondern die Revolution in Bayern zu einem Teil der internationalen Revolution unter Moskauer Führung zu machen – im Verbund mit der ungarischen Räterepublik und einer sich in Österreich zu dem Zeitpunkt scheinbar ebenfalls ankündigenden revolutionären Umgestaltung.

Leviné nahm Kontakt zu Russland auf, um sich der Unterstützung Lenins zu versichern. Der schickte ein knapp gehaltenes Telegramm, in dem er seine grundsätzliche inhaltliche Solidarität bekundete und konkrete Fragen stellte, beziehungsweise Vorschläge bezüglich der Umsetzung der proletarischen Machtergreifung unterbreitete. Da sich Russland selbst zwischen 1918 und 1922 in der schwierigen Situation eines Bürgerkriegs (vgl. Russischer Bürgerkrieg) befand, war die Erwartung einer praktischen Unterstützung der Münchner Räterepublik, etwa im Sinn von militärischer Hilfe, allerdings illusorisch.
Ende der Räterepublik [Bearbeiten]

Inzwischen verbreiteten die Revolutionsgegner Gerüchte über angebliche Gräueltaten der Revolutionäre in München, die zu einer massiven Gegenbewegung führten. Die ehemalige Regierung Hoffmann in Bamberg hetzte die Landbevölkerung gegen die „Diktatur der Russen und Juden“ in der Stadt auf, die angeblich die Frauen zu Gemeineigentum erklärt hätten. Eine Hungerblockade gegen die Münchner Räterepublik war die Folge.

Hoffmann und die Mehrheit des „Bamberger Landtags“ unterstützten die Bildung von rechtsextremen Freikorps zur gewaltsamen Niederschlagung der Räterepublik. Es gelang den „Bambergern“ aber nicht, ausreichend bayerische Truppen zu rekrutieren, die zum Kampf gegen ihre Landsleute in München bereit waren. Ministerpräsident Hoffmann (SPD) forderte deshalb von Reichswehrminister Gustav Noske (SPD) zusätzlich zu den Freikorps Reichswehrverbände aus Berlin an, die er nach der Niederlage der Freikorps in Dachau zugesagt bekam.

In der zweiten Aprilhälfte rückten zur „Reichsexekution“ etwa 35.000 Reichswehrsoldaten gegen München vor. Noske war von der Regierung in Berlin beauftragt und zeigte sich entschlossen, dem »Karneval des Wahnsinns« ein gnadenloses Ende zu bereiten. Die Leitung der Operationen übertrug er dem preußischen Generalleutnant Burghard von Oven. Mit dabei waren (ehemalige) Offiziere wie Franz von Epp, der bereits im Jahr 1900 bei der Niederschlagung des Boxeraufstandes im Kaiserreich China und 1904 an dem berüchtigten Massaker an den Hereros in Deutsch Süd-West-Afrika beteiligt gewesen war. Dem Freikorps Epps schloss sich auch der spätere Führer der SA Ernst Röhm an. Viele Soldaten trugen schon das Hakenkreuz am Helm, das Symbol des völkisch-nationalistischen Geheimbunds Thule-Gesellschaft, deren etwa 250 Münchner Mitglieder in verdeckten Aktionen gegen die Revolution aufgetreten waren.

Rotarmisten mit MG während des Kampfes um die Räterepublik

Die „Rote Armee“ konnte zwar anfängliche Gefechte gewinnen, doch die gegenrevolutionäre „weiße“ Armee aus preußischen und württembergischen Truppen sowie Freikorps besetzte am 20. April Augsburg, wo es daraufhin zu einem Generalstreik kam. Die Bamberger (eigentlich bereits abgesetzte) „Regierung“ verhängte am 25. April über München das Standrecht. Den Revolutionären gelang es nicht, ausländische Hilfe zu gewinnen oder den Münchner Erzbischof als Geisel zu nehmen.

In der Folge entstanden Spannungen im Aktionsausschuss zwischen Mitgliedern der USPD (Toller) und der KPD (Leviné). Beide Fraktionen erkannten, dass die Chancen einer erfolgreichen Verteidigung der Räterepublik nahezu aussichtslos waren. Wo die Leute um Toller aber auf Verhandlungen mit der „Regierung Hoffmann“ drängten, um sinnlose Opfer zu vermeiden, bestand die kommunistische Führung auf der Fortführung des Kampfes als historisches Signal für spätere revolutionäre Möglichkeiten. Eine Einigung war nicht möglich, jedoch konnte sich Toller zunächst durchsetzen. Am 27. April trat der Aktionsausschuss zurück, und wurde neu gewählt, diesmal ohne Kommunisten. Die gesuchten Verhandlungen mit Hoffmann scheiterten. Er war zu keinen Kompromissen bereit und bestand auf der bedingungslosen Kapitulation der Räterepublik.

Nachdem es beim Vormarsch der Freikorps auf München zu willkürlichen Erschießungen von, auch vermeintlichen, Anhängern der Räterepublik gekommen war, wurden am 30. April zehn im Münchner Luitpold-Gymnasium an der Müllerstraße (heute Albert Einstein-Gymnasium) festgehaltene Geiseln, die meisten von ihnen Mitglieder der rechtsextremistischen Thule-Gesellschaft, von Mitgliedern der „Roten Armee“ erschossen.

Gegenrevolutionäre Truppen rücken in München ein

Am 1. Mai 1919 schloss die „weiße“ Armee München ein und eroberte die Stadt bis zum darauffolgenden Tag vollständig. Damit endete die letzte Räteregierung sowohl in Bayern als auch in ganz Deutschland. Der Widerstand der übrig gebliebenen etwa 2000 Kämpfer der „Roten Armee“ war insgesamt schwach und blieb auf einige wenige Stellen beschränkt. In Kolbermoor im Landkreis Rosenheim konnten sich Anhänger der Räterepublik bis zum 3. Mai halten, der Vorsitzende des dortigen Rates Georg Schuhmann wurde am 4. Mai von Freikorpssoldaten ermordet.[8]

Der „Geiselmord“ vom 30. April im Luitpold-Gymnasium galt den Freikorps als Rechtfertigung für ihre nun folgende Terrorherrschaft in München, die weitaus mehr Menschenleben fordern sollte als die Kämpfe bis zum 3. Mai.

Die „Regierung Hoffmann“ kehrte einige Wochen später nach München zurück. Das Standrecht wurde am 1. August aufgehoben. Am 14. August wurde die „Bamberger Verfassung“ unterzeichnet, die am 15. September in Kraft trat. Der Kriegszustand endete am 1. Dezember 1919.
Nach der Räterepublik [Bearbeiten]

Angehörige der Freikorps und Regierungstruppen posieren mit einem gefangenen „Rotarmisten“

Während der Kämpfe bis zur Niederschlagung der Revolution wurden 606 Tote registriert, davon waren 233 Kämpfer der Roten Armee und 335 Zivilisten, die meist als vermeintliche Revolutionäre durch die Freikorps getötet worden waren. Die restlichen 38 Toten waren als Angehörige der konterrevolutionären Regierungstruppen/Freikorps gefallen. Die Dunkelziffer weiterer Todesopfer bis 3. Mai liegt hoch, es wurden teilweise bis zu 400 weitere Tote geschätzt, die wesentlich den Erschießungskommandos der Freikorps zum Opfer gefallen sein dürften. Unter anderem wurden 52 russische Kriegsgefangene von einem Freikorps in einer Kiesgrube bei Gräfelfing erschossen.

Gustav Landauer wurde am 2. Mai von Soldaten und Freikorps-Mitgliedern im Gefängnis Stadelheim durch Pistolenschüsse schwer verletzt und schließlich zu Tode getreten. Am 3. Mai wurde auch Kriegskommissar Rudolf Egelhofer ohne Gerichtsurteil ermordet.

Nach der Niederlage der Räterepublik wurden Hunderte auch aufgrund falscher und willkürlicher Denunziationen verhaftet und hingerichtet. Beispielsweise denunzierte ein Pfarrer aus München-Perlach zwölf Arbeiter, die dann von Freikorps-Soldaten ausgeplündert und am 5. Mai im Garten des Hofbräukellers ermordet wurden. Auch Adolf Hitler, zu jener Zeit in München kasernierter Soldat, denunzierte mehrere mit der Räterepublik sympathisierende Kameraden seines ehemaligen Regiments.

In den folgenden Wochen wurden über 2200 Unterstützer der Räterepublik von Standgerichten zum Tode oder zu Haftstrafen verurteilt. Max Levien war einer der wenigen revolutionären Anführer, denen die Flucht gelang. Eugen Leviné wurde des Hochverrats angeklagt und zum Tode verurteilt. Nach seiner Hinrichtung am 5. Juni 1919 kam es unter anderem in Berlin zu einem Generalstreik. Erich Mühsam wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt, jedoch nach 5 Jahren amnestiert, Toller zu fünf Jahren, die er vollständig absaß. Der Professor für Gesellschaftswissenschaft, Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie, Max Weber, der seit dem Sommersemester 1919 an der Münchner Universität lehrte, trat am 16. Juli 1919 im Strafprozess gegen Toller als Zeuge auf und bekräftigte die „absolute Lauterkeit“ eines radikalen „Gesinnungsethikers“; diese Zeugenaussage trug dazu bei, Ernst Toller, der stellvertretender Kommandeur der „Roten Armee“ gewesen war, vor dem Todesurteil zu bewahren.

Der auf beiden Seiten entstandene Hass vergiftete lange die politischen Verhältnisse. Die Tatsache, dass einige der führenden Personen der Räterepublik jüdischer Herkunft waren (Kurt Eisner, Ernst Toller, Gustav Landauer, Erich Mühsam, Max Levien und Eugen Leviné), lieferte den konservativen und vor allem rechtsextremistischen Kreisen den Vorwand, um allgemein gegen das Judentum (eine angebliche „jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung“) zu hetzen. Bei breiten Bevölkerungsschichten, in denen zumindest latent schon lange antisemitische Vorurteile vorherrschend waren, stießen sie dabei auf fruchtbaren Boden.

Das Trauma, die Wunden und die Folgen der Revolutionszeit, Hunger, Angst, viele Tote, Hass und die Dolchstoßlegende sowie die Versäumnisse der Revolution wie etwa eine (ausgebliebene) Demokratisierung der monarchistischen Justiz und Verwaltung waren ein schweres Erbe für die Demokratie in der Zeit der Weimarer Republik und begünstigten den Aufstieg der Nationalsozialisten, der in Bayern seinen Ausgang nahm.

Die juristische Aufarbeitung der Münchner Räterepublik nach ihrer Niederschlagung zeigte zum ersten Mal in großem Stil die politische Einseitigkeit der Justiz in der Weimarer Republik: Während politisch rechts motivierte Verbrechen gar nicht oder sehr milde bestraft wurden, wurden links motivierte Straftaten mit der vollen Härte des Gesetzes verfolgt.

Nach der Niederschlagung der Revolution machten die neuen rechten Machthaber Bayern zur rechtsextremen „Ordnungszelle“ in Deutschland. Der Freistaat galt zugleich als wichtiger Zufluchtsort für viele andernorts straffällig gewordene Rechtsextremisten, beispielsweise Mitgliedern der Terrorgruppierung Organisation Consul, die für mehrere politische Morde verantwortlich war, darunter auch an den Reichspolitikern Matthias Erzberger und Walther Rathenau.

Adolf Hitler war im April 1919 Vertrauensmann seiner Kompanie und wurde am 15. April zum Ersatzmann im „Bataillons Rat“ der Münchner Soldatenräte gewählt. Die Münchner Garnison stand seit November 1918 fest hinter der Revolution und dem radikalen Wandel zur Räterepublik. Hitler teilte in jenen Monaten offensichtlich die Ansichten der sozialistischen Regierung in einem gewissen Maße, auf jeden Fall äußerte er keine abweichende Meinung, andernfalls wäre er nicht als Vertrauensmann der Soldaten gewählt worden. Vermutlich trug er sogar die rote Armbinde der Revolution, wie alle Soldaten der Münchner Garnison, weswegen Hitler später wenig über diese Zeit verlauten ließ. Als Erklärungen sind opportunistische Erwägungen (Hinauszögerung der Demobilisierung) und/oder das seinerzeitige allgemeine „ideologische Durcheinander in den Köpfen“ denkbar. Unter den engeren Kameraden war Hitler spätestens seit Mitte April 1919 als Konterrevolutionär bekannt, wofür auch die Denunziation zweier Kollegen aus dem „Bataillons Rat“ bei einem Tribunal wenige Tage nach Niederschlagung der Räterepublik spricht.[9]

Am 9. November 1923 fand in München der Hitlerputsch statt. Der wurde zwar sehr schnell von regulärem Militär niedergeschlagen, aber später von der nationalsozialistischen Propaganda zum Heldenmythos verklärt. Hitler erkor darauf München zur „Hauptstadt der [nationalsozialistischen] Bewegung“

Siehe auch: Geschichte Bayerns
Literatur [Bearbeiten]
alphabetisch
Karl-Ludwig Ay: Die Entstehung einer Revolution. Die Volksstimmung in Bayern während des ersten Weltkrieges. Duncker & Humblot, Berlin 1968, (Beiträge zu einer historischen Strukturanalyse Bayerns im Industriezeitalter 1, ISSN 0720-7638), (Zugleich: München, Univ., Diss., 1968).
Karl Bosl (Hrsg.): Bayern im Umbruch. Die Revolution von 1918, ihre Voraussetzungen, ihr Verlauf und ihre Folgen.Oldenbourg, München u. a. 1969.
Helge Döhring: Damit in Bayern Frühling werde! Die syndikalistische Arbeiterbewegung in Südbayern von 1914 bis 1933. Verlag Edition AV, Lich/Hessen 2007, ISBN 978-3-936049-84-8
Tankred Dorst (Hrsg.): Die Münchner Räterepublik. Zeugnisse und Kommentar. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1966, (edition suhrkamp 178), (mit Zeitzeugenberichten und Originalzitaten u. a. von Rainer Maria Rilke, Gustav Landauer, Kurt Eisner, Erich Mühsam, Oskar Maria Graf, Ernst Toller, Lenin, Eugen Leviné)
Georg Escherich: Der Kommunismus in München. 5 Bände. Heimatland, München u. a. 1921
Richard Grunberger: Red Rising in Bavaria, Arthur Barker, London 1973 ISBN 0-213-16420-5
Rudolf Herz, Dirk Halfbrodt: Revolution und Fotografie.München 1918/19. Nishen u. a., Berlin 1988, ISBN 3-88940-027-2.
Peter Jakob Kock, Franz Menges, Manfred Tremel, Wolf Volker Weigand: Geschichte des modernen Bayern. 2. Auflage. Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 2000.
Ulrich Linse (Hrsg.): Gustav Landauer und die Revolutionszeit 1918–1919. Die politischen Reden, Schriften, Erlasse und Briefe Landauers aus der November-Revolution 1918/1919. Kramer, Berlin 1974, ISBN 3-87956-026-9.
Allan Mitchell: Revolution in Bayern 1918/1919. Die Eisner-Regierung und die Räterepublik. Beck, München 1967, (Dissertation, Cambridge Massachusetts).
Martin Müller-Aenis: Sozialdemokratie und Rätebewegung in der Provinz. Schwaben und Mittelfranken in der bayerischen Revolution 1918–1919. Oldenbourg, München 1986, ISBN 3-486-52931-5, (Zugleich: München, Univ., Diss., 1984).
Gerhard Schmolze (Hrsg.): Revolution und Räterepublik in München 1918/19 in Augenzeugenberichten. Karl Rauch Verlag, Düsseldorf 1969.
Michael Seligmann: Aufstand der Räte. Die erste bayerische Räterepublik vom 7. April 1919. 2 Bände. Trotzdem-Verlag, Grafenau-Döffingen 1989, ISBN 3-922209-77-7, (Reihe libertäre Wissenschaft 8).
Ernst Toller: Eine Jugend in Deutschland, Amsterdam 1933, Querido Verlag, Nachdruck Rowohlt Verlag 1963 (Autobiographie Ernst Tollers)
(Hörspielbearbeitung im BR-Hörspielpool zum download).
Hansjörg Viesel (Hrsg


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

08.03.2011 um 23:15
Letztlich war die alte BRD der bisher bestfunktionierende Sozialismus in der Weltgeschichte.
Leider (für uns hier Lebende) ändert sich das seit einigen Jahren (Jahrzehnten?) immer mehr in Richtung echter Kapitalismus.
Allerdings könnte auch argumentieren, unser alter, allgemeiner Wohlstand, beruhte auf der Ausbeutung von Menschen außerhalb unserer Grenzen.


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

09.03.2011 um 00:54
Zitat von passatpassat schrieb:unser alter, allgemeiner Wohlstand, beruhte auf der Ausbeutung von Menschen außerhalb unserer Grenzen.
Und Dank unserer Leistungsfähigkeit vollbringen wir das Kunststück das Neue zu tun ohne das Alte zu lassen.
Das Neue: Ausbeutung von Menschen innerhalb unserer Grenzen.
Und das, ohne dass Menschen außerhalb unserer Grenzen irgendwas davon hätten.

Unser bestehendes System ist einfach "leistungsfähiger" geworden.

Wenn das kein Fortschritt ist ...


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

09.03.2011 um 01:18
Einspruch, die DDR war ein Verbrechersystem:

Creation of the MfS

The MfS was founded on 8 February 1950. It was modeled on the Soviet MGB, and was regarded by the Soviet Union as an extremely loyal and effective partner. Wilhelm Zaisser was the first Minister of State Security of the GDR, and Erich Mielke his deputy. Zaisser, who tried to depose SED General Secretary Walter Ulbricht after the June 1953 uprising[2] was after this removed by Ulbricht and replaced by Ernst Wollweber. Wollweber resigned in 1957 after clashes with Ulbricht and Erich Honecker, and was succeeded by his deputy, Erich Mielke.

Also in 1957, Markus Wolf became head of the Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) (General Reconnaissance Administration), its foreign intelligence section. As intelligence chief, Wolf achieved great success in penetrating the government, political and business circles of West Germany with spies. The most influential case was that of Günter Guillaume which led to the downfall of West German Chancellor Willy Brandt in May 1974. In 1986, Wolf retired and was succeeded by Werner Grossmann.

Although Mielke's Stasi was superficially granted independence in 1957, until 1990 the KGB continued to maintain liaison officers in all eight main Stasi directorates, each with his own office inside the Stasi's Berlin compound, and in each of the fifteen Stasi district headquarters around East Germany.[3] Collaboration was so close that the KGB invited the Stasi to establish operational bases in Moscow and Leningrad to monitor visiting East German tourists and Mielke referred to the Stasi officers as "Chekists of the Soviet Union."[3] In 1978, Mielke formally granted KGB officers in East Germany the same rights and powers they enjoyed in the Soviet Union.[3]
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Organisation

The Ministry for State Security also included the following entities:
Main Administration for Reconnaissance: focused its efforts primarily upon West Germany and the North Atlantic Treaty Organization, but it also operated East German intelligence in all foreign countries.
Main Coordinating Administration of the Ministry for State Security: coordinated its work with Soviet intelligence agencies.
Main Department for Communications Security and Personnel Protection: provided personal security for the national leadership and maintained and operated an internal secure communications system for the government.
Administration for Security of Heavy Industry and Research and Main Administration for Security of the Economy: protection against sabotage or espionage.
Main Administration for Struggle Against Suspicious Persons: was charged with the surveillance of foreigners — particularly from the West — legally traveling or residing within the country. This included the diplomatic community, tourists, and official guests.
Division of Garbage Analysis: was responsible for analyzing garbage for any suspect western foods and/or materials.
Administration 12: was responsible for the surveillance of mail and telephone communications.
Administration 2000: was responsible for the reliability of National People's Army (NVA) personnel. Admin 2000 operated a secret, unofficial network of informants within the NVA.
Penal System: to facilitate its mission of enforcing the political security of East Germany, the Stasi operated its own penal system, distinct from that of the Ministry of the Interior. This system comprised prison camps for political, as opposed to criminal, offenders.
Felix Dzerzhinsky Guards Regiment: the armed force at disposal of the ministry, named for the founder of the Cheka, the Bolshevik secret police. The members of this regiment, who served at least 3 years, were responsible for protecting high government and party buildings and personnel. The regiment was composed of six motorized rifle battalions, one artillery battalion, and one training battalion. Its equipment included PSZH-IV armored personnel carriers, 120mm mortars, 85mm and 100mm antitank guns, ZU-23 antiaircraft guns, and helicopters. A Swiss source reported in 1986 that the troops of the Ministry of State Security also had commando units similar to the Soviet Union's Spetsnaz forces. These East German units were said to wear the uniform of the airborne troops, although with the violet collar patch of the Ministry for State Security rather than the orange one of paratroopers. They also wore the sleeve stripe of the Felix Dzerzhinsky Guards Regiment.[4]
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Stasi operations

Stasi quiet camera that could take pictures through a 1mm hole in a wall
Further information: Eastern Bloc politics

Between 1950 and 1989, the Stasi employed a total of 274,000 persons in an effort to root out the class enemy.[5][6] In 1989, the Stasi employed 91,015 persons full time, including 2,000 fully employed unofficial collaborators, 13,073 soldiers and 2,232 officers of GDR army,[7] along with 173,081 unofficial informants inside GDR[8] and 1,553 informants in West Germany.[9] In terms of the identity of inoffizielle Mitarbeiter (IMs) Stasi informants, by 1995, 174,000 had been identified, which approximated 2.5% of East Germany's population between the ages of 18 and 60.[5] 10,000 IMs were under 18 years of age.[5]

While these calculations were from official records, according to the federal commissioner in charge of the Stasi archives in Berlin, because many such records were destroyed, there were likely closer to 500,000 Stasi informers.[5] A former Stasi colonel who served in the counterintelligence directorate estimated that the figure could be as high as 2 million if occasional informants were included.[5]

Stasi efforts with one agent per 166 citizens dwarfed, for example, the Nazi Gestapo, which employed only 40,000 officials to watch a population of 80 million (one officer per 2,000 citizens) and the Soviet KGB, which employed 480,000 full time agents to oversee a nation of 280 million residents (one agent per 583 citizens).[10] When informants were included, the Stasi had one spy per 66 citizens of East Germany.[10] When part-time informer adults were included, the figures reach approximately one spy per 6.5 citizens.[10]

Full-time officers were posted to all major industrial plants (the extensiveness of any surveillance largely depended on how valuable a product was to the economy)[6] and one tenant in every apartment building was designated as a watchdog reporting to an area representative of the Volkspolizei (Vopo).[10] Spies reported every relative or friend that stayed the night at another's apartment.[10] Tiny holes were bored in apartment and hotel room walls through which Stasi agents filmed citizens with special video cameras.[10] Similarly, schools, universities, and hospitals were extensively infiltrated.[10] After the mid-1950s, Stasi executions were carried out in strict secrecy, and usually were accomplished with a guillotine and, in later years, by a single pistol shot to the neck.[11] In most instances, the relatives of the executed were not informed of either the sentence or the execution.[11]

The Stasi had formal categorizations of each type of informant, and had official guidelines on how to extract information from, and control, those who they came into contact with.[12] The roles of informants ranged from those already in some way involved in state security (such as the police and the armed services) to those in the oppositionalist movements (such as dissidents in the arts and the Protestant Church).[13] Information gathered about the latter groups was frequently used to divide or discredit members.[14] Informants were made to feel important, given material or social incentives, and were imbued with a sense of adventure, and only around 7.7%, according to official figures, were coerced into cooperating. A significant proportion of those informing were members of the SED; to employ some form of blackmail, however, was not uncommon.[13]

The Stasi's ranks swelled considerably after Eastern Bloc countries signed the 1975 Helsinki accords, which Erich Honecker viewed as a grave threat to his regime because they contained language binding signatories to respect "human and basic rights, including freedom of thought, conscience, religion, and conviction."[15] The number of IMs peaked at around 180,000 in this year, having slowly risen from 20,000-30,000 in the early 1950s, and reaching 100,000 for the first time in 1968, in response to Ostpolitik and protests worldwide.[16] The Stasi also acted as a proxy for KGB to conduct activities in other Eastern Bloc countries, such as Poland, where the Soviets were despised.[17]
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End of the MfS

Recruitment of informants became increasingly difficult towards the end of the GDR's existence, and after 1986, there was a negative turnover rate of IMs. This had a significant impact on the Stasi's ability to survey the population, in a period of growing unrest, and knowledge of the MfS's activities became more widespread.[18] The Stasi had been tasked during this period with preventing the country's economic difficulties becoming a political problem, through suppression of the very worst problems the state faced, but it failed to do so.[6] On 7 November 1989, in response to the rapidly changing political and social situation in the GDR in late 1989, Erich Mielke resigned. On 17 November 1989, the Council of Ministers (Ministerrat der DDR) renamed the MfS as the "Office for National Security" (Amt für Nationale Sicherheit - AfNS), which was headed by Generalleutnant Wolfgang Schwanitz. On 8 December 1989, GDR Prime Minister Hans Modrow directed the dissolution of the AfNS, which was confirmed by a decision of the Ministerrat on 14 December 1989.

As part of this decision, the Ministerrat originally called for the evolution of the AfNS into two separate organizations: a new foreign intelligence service (Nachrichtendienst der DDR) and an "Office for the Protection of the Constitution of the GDR" (Verfassungsschutz der DDR), along the lines of the West German Bundesamt für Verfassungsschutz, however, the public reaction was extremely negative, and under pressure from the "Round Table" (Runden Tisch), the government dropped the creation of the Verfassungsschutz der DDR and directed the immediate dissolution of the AfNS on 13 January 1990. Certain functions of the AfNS reasonably related to law enforcement were handed over to the GDR Ministry of Internal Affairs. The same ministry also took guardianship of remaining AfNS facilities.
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Domestic influence

Statue of workers and Police officer in front of the Stasi archives, Mitte district, Berlin. The officer has been egged.

The MfS infiltrated almost every aspect of GDR life. In the mid-1980s, a network of IMs began growing in both German states; by the time East Germany collapsed in 1989, the MfS employed 91,015 employees and 173,081 informants.[19] About one of every 63 East Germans collaborated with the MfS – one of the most extensive police infiltrations of a society in history. In 2007 an article in BBC stated that "Some calculations have concluded that in East Germany there was one informer to every seven citizens."[20] Additionally, MfS agents infiltrated and undermined West Germany's government and spy agencies.

Minister Mielke and Stasi generals singing

The MfS monitored political behavior among GDR citizens, and is known to have used torture and intimidation to mute dissent. During the Peaceful Revolution of 1989, MfS offices were overrun by enraged citizens, but not before the MfS destroyed a number of documents (approximately 5%).[21] When the remaining files were published for review, many people learned that their friends, colleagues, spouses, and relatives had regularly filed reports with the MfS. These wounds on society have not yet entirely healed.

In 1999, an article in Der Spiegel alleged that the MfS intentionally irradiated political prisoners with high-dose radiation, possibly to provoke cancer in them.[22]
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International influence
See also: Hauptverwaltung Aufklärung

Other files (the Rosenholz Files), which contained the names of East German spies abroad, led American spy agencies to capture them. After German reunification, it was revealed that the MfS had secretly aided left-wing terrorists such as the Red Army Faction, even though no part of the RAF had ever been ideologically aligned with the GDR.

Directorate X was responsible for disinformation. Rolf Wagenbreth, director of disinformation operations, stated "Our friends in Moscow call it ‘dezinformatsiya'. Our enemies in America call it ‘active measures,’ and I, dear friends, call it ‘my favorite pastime'".

Operations and suspected operations included:
Red Army Faction - A terrorist organization.
Murder of Benno Ohnesorg - The murder which triggered protests in West Germany was done by a Stasi agent.[23]
Operation INFEKTION - Stasi helped the KGB to spread HIV/AIDS disinformation.[24]
Sandoz chemical spill - The KGB allegedly ordered the Stasi to sabotage the chemical factory.[25][26][27]
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The MfS files after the end of the SED regime
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Storming the Stasi headquarters

As the GDR began to fall, the Stasi did as well. This meant a loss of their power. The Stasi felt that if they were to lose power, then the files with incriminating evidence would be discovered. They took desperate measures and began to destroy the extensive files that they had kept, both by hand and with the use of a shredder.

Citizens protesting/invading the Stasi building in Berlin; the sign accuses the Stasi and SED of being Nazistic dictators.

When these activities became known, protest erupted in front of the Stasi headquarters.[28] In the evening of 15 January 1990, a large crowd of people formed outside the gates in order to stop the destruction of personal files. In their minds, this information should have been available to them and also have been used to punish those who had taken part in Stasi actions. The large group of protesters grew and grew until they were able to overcome the police and gain entry into the complex. The protestors became violent and destructive as they smashed doors and windows, threw furniture, and trampled portraits of Erich Honecker, leader of the GDR. Among the destructive public were officers working for the West German government, as well as former MfS collaborators seeking to destroy documents. One explanation postulated as to why the Stasi did not open fire was for fear of hitting their own colleagues. As the people continued their violence, these undercover men proceeded into the file room and acquired many files that would become of great importance to catching ex-Stasi members.
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Controversy of the MfS files

With the German Reunification on 3 October 1990 a new government agency was founded called the Office of the Federal Commissioner Preserving the Records of the Ministry for State Security of the GDR (BStU).[29] There was a debate about what should happen to the files, whether they should be opened to the people or kept closed.

Those who opposed opening the files cited privacy as a reason. They felt that the information in the files would lead to negative feelings about former Stasi members, and, in turn, cause violence. Pastor Rainer Eppelmann, who became Minister of Defense and Disarmament after March 1990, felt that new political freedoms for former Stasi members would be jeopardized by acts of revenge. Prime Minister Lothar de Maiziere even went so far as to predict murder. They also argued against the use of the files to capture former Stasi members and prosecute them, arguing that not all former members were criminals and should not be punished solely for being a member. There were also some who believed that everyone was guilty of something. Peter Michael Diestel, the Minister of Interior, opined that these files could not be used to determine innocence and guilt, claiming that "there were only two types of individuals who were truly innocent in this system, the newborn and the alcoholic." Other opinions, such as the one of West German Interior Minister Wolfgang Schäuble, believed in putting the Stasi behind them and working on German reunification.

Others argued that everyone should have the right to see their own file, and that the files should be opened to investigate former Stasi members and prosecute them, as well as not allow them to hold office. Opening the files would also help clear up some of the rumors that were floating around. Some also believed that politicians involved with the Stasi should be investigated.

The fate of the files was finally decided under the Unification Treaty between the GDR and Federal Republic of Germany (FRG). This treaty took the Volkskammer law further and allowed more access and use of the files. Along with the decision to keep the files in a central location in the East, they also decided who could see and use the files, allowing people to see their own files.

In 1992, following a declassification ruling by the German government, the MfS files were opened, leading people to look for their files. Timothy Garton Ash, an English historian, after reading his file, wrote The File: A Personal History while completing his dissertation research in East Berlin.[30]

Between the years 1990 and 1993, over two million individuals, mostly GDR citizens, requested to see their own files. The ruling also gave people the ability to make duplicates of their documents. Another big issue was how the media could use and benefit from the documents. It was decided that the media could obtain files as long as they were depersonalized and not regarding an individual under the age of 18 or a former Stasi member. This ruling not only gave the media access to the files, but also gave schools access.
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Tracking down former Stasi informers with the files

Even though groups of this sort were active in the community, those who were tracking down ex-members were, as well. Many of these hunters succeeded in catching ex-Stasi; however, charges could not be made for merely being a member. The person in question would have had to participate in an illegal act, not just be a registered Stasi member. Among the high-profile individuals who were arrested and tried were Erich Mielke, Third Minister of State Security of the GDR, and Erich Honecker, head of state for the GDR. Mielke was given six years for the murder of two policemen in 1931. Honecker was charged with authorizing the killing of would-be escapees on the East-West frontier and the Berlin Wall. During his trial, he went through cancer treatment. Due to the fact that he was nearing death, Honecker was allowed to spend his final time in Chile. He died in May 1994.
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Reassembling the destroyed files

Document shredding is described in Stasiland. Some of it is very easy due to the amount of archives and the failure of shredding machines (in some cases "shredding" meant tearing paper in two by hand and documents could be recovered easily). In 1995, the BStU began reassembling the shredded documents; 13 years later the three dozen archivists commissioned to the projects had only reassembled 327 bags; they are now using computer-assisted data recovery to reassemble the remaining 16,000 bags – estimated at 45 million pages. It is estimated that this task may be completed at a cost of 30 million dollars.[31]

The CIA acquired some MfS records during the looting of the MfS archives. The Federal Republic of Germany has asked for their return and received some in April 2000.[32] See also Rosenholz files.
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Alleged assassinations

MfS has been accused of a number of assassinations against political dissidents and other people both inside and outside the country. Examples include the East German football player Lutz Eigendorf and the Swedish journalist Cats Falck.

In September 2003, a 53-year-old man from Berlin, named as "Jürgen G" in a press release from the German Prosecutor-General, was arrested on suspicions of having been a member of a death squad that carried out a number of assassinations on orders from the East German government from 1976 to 1987.[33][34] The man was eventually released for lack of evidence.[35]
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Museum in the old headquarters

MfS HQ in Lichtenberg

The Anti-Stalinist Action Normannenstraße (ASTAK), an association founded by former GDR Citizens' Committees, has transformed the former headquarters of the MfS into a museum. It is divided into three floors:
Ground floor

The ground floor has been kept as it used to be. The decor is original, with many statues and flags.
Between the ground and first (upper) floor:
Surveillance technology and MfS symbols: Some of the tools that the MfS used to track down their opponents. During an interview the seats were covered with a cotton cloth to collect the perspiration of the victim. The cloth was placed in a glass jar, which was annotated with the victim's name, and archived. Other common ways that the scents would be collected is through breaking into a home and taking parts of garments. The most common garment taken was underpants, because of how close the garment is to the skin. The MfS would then use trained dogs to track down the person using this scent. Other tools shown here include a tie-camera, cigarette box camera, and an AK-47 hidden in luggage.
Display gallery of Directorate VII. This part of the museum tells the history of the MfS, from the beginning of the GDR to the fall of the Berlin Wall.
First (upper) floor
Mielke's offices. The decor is 60s furniture. There is a reception room with a TV set in the cafeteria.
Office of Colonel Heinz Volpert
Lounge for drivers and bodyguards
Office of Major-General Hans Carlsohn, director of the secretariat
Secretariat
The Cafeteria
Kitchen
The Minister’s Workroom
The Conference Room with a giant map of Germany on a wall—one of the most impressive rooms.
The cloakroom
Second (upper) floor
Repression - Rebellion - Self-Liberation from 1945 to 1989

Photo gallery:


Kitchen


Surveillance


Secretariat


Prison
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Society for Legal and Humanitarian Support

Ex-MfS officers continue to be politically active via the Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung e. V. (Society for Legal and Humanitarian Support) (GRH). Former high-ranking officers and employees of the MfS, including the last MfS director, Wolfgang Schwanitz, make up the majority of the organization's members, and it receives support from the German Communist Party, among others.

Impetus for the establishment of the GRH was provided by the criminal charges filed against the Stasi in the early 1990s. The GRH, decrying the charges as "victor's justice", called for them to be dropped. Today the group provides an alternative if somewhat utopian voice in the public debate on the GDR legacy. It calls for the closure of the museum in Hohenschönhausen and can be a vocal presence at memorial services and public events. In March 2006 in Berlin, GRH members disrupted a museum event; a political scandal ensued when the Berlin Senator (Minister) of Culture refused to confront them.[36]

Behind the scenes, the GRH also exerts pressure on people and institutions promoting opposing viewpoints. For example, in March 2006, the Berlin Senator for Education received a letter from a GRH member and former Stasi officer attacking the Museum for promoting "falsehoods, anticommunist agitation and psychological terror against minors."[37] Similar letters have also been received by schools organizing field trips to the museum.[38]
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Alleged informantsVic Allen [39]
Richard Clements [39]
Gwyneth Edwards [40]
Football club Dynamo Dresden had more than 18 agents [41]
Ingo Steuer, figure skater and now trainer [42] Robin Pearson (Lecturer at the University of Hull) [43]
John Roper, Baron Roper of Thorney Island [44]
Bernd Runge, CEO of Phillips de Pury auction house [45]
Holm Singer,[46][47]

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In the arts

The 2006 German film Das Leben der Anderen (The Lives of Others) involves the monitoring of the cultural scene of East Berlin by agents of the MfS.

The Legend of Rita (Die Stille nach dem Schuß), a 2000 film directed by Volker Schlöndorff, dwells heavily on the relationship between the MfS and the general population of East Germany. The second-most prominent character is the MfS "control" for the title character.

Stasiland is a 2004 best-selling book by Anna Funder. It was awarded the Samuel Johnson Prize in 2004.
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See also
Verfassungsschutz
Mass surveillance
Stasiland
Felix Dzerzhinsky Watch Regiment
Stasi 2.0
Werner Teske
Telephone tapping in the Eastern Bloc
Eastern Bloc politics
Economic and Industrial Espionage


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

09.03.2011 um 19:14
@Puschelhasi

Ich frage mich, was du mit diesen unkommentierten oder mit einem Einzeiler kommentierten ellenlangen kopierten Texten erreichen willst. Diese historischen Tatsachen sind bekannt, es geht hier jedoch vielmehr um Differenzierung und weiteren Alternativen. Auf folgenden Beitrag von mir hast du zudem noch keine konkrete Antwort abgeliefert:
zino schrieb:
Pleite 2002...naja Halbwertzeiten bis zur totalen Pleite liegen offenbar immer bei einigen wenigen Jahren.



An der Insolvenz eines einzigen kollektivwirtschaftlichen Betriebes machst du das Scheitern jedes Betriebes dieser Art fest? Dieser, wie viele andere Betriebe dieser Art, muss sich innerhalb der marktwirtschaftlichen Konkurrenz, die selbstverständlich mehr nicht-kollektivwirtschaftliche Betriebe enthält, behaupten.

Es gibt noch zahlreiche andere ähnlich strukturierte Betriebe:
Wikipedia: List of worker cooperatives

Oder um einmal einen speziellen herauszugreifen, der noch nicht Pleite ist.
http://www.isthmuseng.com/company/worker-owned-cooperative/



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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

09.03.2011 um 19:17
Ich denke das sind alles Einzelfälle, eine Volkswirtschaft funktioniert so jedenfalls nie.

Ich rate zum Genuss dieses Filmes:

https://www.youtube.com/watch?v=lzdXd0bY8Vo

Aufschlussreich, besonders zu den Motivationsmethoden der Arbeiter und Bauern-Paradiese.
@kulam


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Staatskapitalismus und Sozialismus - eine Abgrenzung

09.03.2011 um 19:24
Zitat von PuschelhasiPuschelhasi schrieb:Ich denke das sind alles Einzelfälle, eine Volkswirtschaft funktioniert so jedenfalls nie.
Und warum nicht? Kannst du das genauer ausführen?
Im Zeitalter des Feudalismus wurde auch eine funktionierende bürgerliche Marktwirtschaft angezweifelt, ebenso wie im Zeitalter der Sklavenhaltung die Abschaffung der Sklaverei von den Sklavenhaltern vehement abgelehnt wurde.
Zitat von PuschelhasiPuschelhasi schrieb:Aufschlussreich, besonders zu den Motivationsmethoden der Arbeiter und Bauern-Paradiese.
Das Leben der Anderen ist ein hervorragender Film. Bestätigt mich nur in der im Eingangspost beschriebenen Abgrenzung.


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