Und die 10% Ethanol zerfressen die Schläuche und Dichtungen, die zwar Ölresistent/Benzinfest sind, aber nicht mit Alkohol klarkommen? Wie geil.DAS ist genau der Punkt, denn in Wirklichkeit ist es eher andersrum. Zu diesem Thema gibt es diverse Gutachten und Listen über Materialverträglichkeiten, die durchgehend das heute handelsübliche Benzin als weitaus schädlicher für die üblicherweise im Automobil- und Maschinenbau verwendeten Leitungs- und Dichtungsmaterialien ausweisen, als Ethanol.
Wobei meine Frage dazu ist, warum man nicht gleich zum dichteren und verträglicheren Propanol mit ordentlichem Brennwert greift.
Nachdem der denkende Bürger, vor allem auch mit Blick auf Brasilien, allmählich hinter das nicht vorhandene Geheimnis um den den ach-so-schädlichen Ethanolsprit gekommen war, warf die Industriemafia kürzlich das Märchen von der Alkoholatbildung in den Raum. Aus Ethanol entstünden demnach Alkoholate, die allein schon aufgrund ihres pH-Wertes allerlei Leitungen zerfressen würden.
Richtig: Wir sollen jetzt ganz furchtbar viel Angst bekommen und fleißig neue Autos kaufen, die dann "natürlich" Ethanolsprit vertragen.
Der Fehler an der Alkoholattheorie ist leider, dass nirgendwo in einem handelsüblichen Auto die zur Bildung von Alkoholaten nötigen Reaktionspartner und Rahmenbedingungen zu finden sind. Zum Schieflachen.
Hier eine Liste, die es kurz und knapp ohne langen Text zusammenfasst:
http://www.e85.biz/media/archive1/Material_E85_Benzin.pdf (Archiv-Version vom 20.02.2011)Bei der schlechteren Verträglichkeit von Ethanol mit (reinem!) Aluminium darf man gern darüber nachdenken, wo unlegiertes Aluminium im Auto vorkommt (nämlich nirgends) und wo Aluminiumlegierungen langfristig in den direkten Kontakt mit flüssigem Ethanolsprit kommen können (nämlich nirgends).
So, und jetzt genug der Theorie.
Ich arbeite seit Jahren in der chemischen Industrie, und zwar in einem Betrieb, der aus Hunderttausenden von Litern Ethanol und Propanol allerlei Desinfektionsmittel, Reiniger und Kosmetika herstellt.
Die dort verwendeten Produktionsmaschinen mit ihren Behältern, Leitungen und Dichtungen unterscheiden sich dabei ebensowenig von den im Automobilbau an entsprechender Stelle verwendeten Materialien, wie die für die Fertigprodukte verwendeten Gebinde.
Das alles funktioniert problemlos, die Maschinen laufen teilweise bereits seit über 20 Jahren annähernd störungsfrei.
Ich selbst habe mich (als Autonarr) erstmal grundsätzlich gefreut, endlich E85 auch in Deutschland tanken bzw. mischen zu können, wobei mir reines Ethanol grundsätzlich noch lieber wäre.
Die Anpassung daran erfolgt grundsätzlich über das Verdichtungsverhältnis des Motors, an nächster Stelle über den Zündzeitpunkt (der sich mit Klopfregelung ohnehin selbst einstellt) und zuletzt über den Durchsatz der Einspritzdüsen (wichtig, falls man noch Methanol, Aceton und/oder Wasser zumischen will, vielleicht sogar Nitromethan -> Dragster-Sprit).
Einen passenden Motor kann man sich mit etwas Geschick und Zugang zu entsprechenden Maschinen durchaus selbst bauen - oder eben einen Basismotor wählen, der deutlich über 10:1 verdichtet. Möglich sind bei Alkoholmischungen sogar Verdichtungsverhältnisse über 12:1, was ja eigentlich eine klassische Grenze zwischen sinnvoller Energieausnutzung und übermäßiger Hitzebelastung des Motors darstellt. Bei 12,2:1 ist übrigens unser geliebtes Super Plus allmählich überfordert und reagiert mit unkontrollierter Verbrennung ("Klopfen"), wenn man es mit leistungsmäßig vernünftigem Zündzeitpunkt fahren will. Habe ich alles schon ausprobiert.
Hat das Motormanagement keine Klopfregelung, kann man entweder eine solche zusammen mit einem vernünftig programmierbaren, bezahlbaren Steuergerät nachrüsten (-> vems.hu), oder einfach in einer Versuchsreihe auf dem Prüfstand bzw. einer freien Straße den Zündzeitpunkt von Hand sukzessive immer weiter vorstellen, bis Klopfen auftritt und/oder der Motor nicht mehr richtig anspringt bzw. im unteren Drehzahlbereich unsauber läuft.
Un dieser Stelle noch einmal: Alkoholmischungen und Autogas sind grundsätzlich "klopffester", als jedes heute handelsübliche Benzin und vertragen damit sehr viel "schärfere" Arbeitsbedingungen, die den Leistungsnachteil durch geringeren Brennwert bei weitem kompensieren können.
Übertreibt man dies, wie z.B. bei Dragstern oder richtig heftigen Turbomotoren üblich, kann man zur Kühlung Wasser zumischen bzw. zusätzlich einspritzen, oder einfach das Basisgemisch "überfetten", was natürlich den Verbrauch sinnlos nach oben treibt (war bei einigen klassischen Flugmotoren üblich).
Ich selbst fahre seit zwei Jahren regelmäßig ein E85/Benzin-Gemisch in meinem 19 Jahre alten Alltagsauto und konnte bislang keine Schäden und Nachteile feststellen. Der Motor ist bislang völlig serienmäßig, erreicht aber leider das nötige Verdichtungsverhältnis für reinen Ethanolbetrieb nicht ganz. Übertreibe ich das Mischungsverhältnis zugunsten von E85, springt der Wagen bei strenger Kälte etwas schlechter an und ruckelt manchmal im Teillastbereich, wozu man natürlich auch den veränderten Zündzeitpunkt betrachten muss. Mischungsverhälnisse bis ca. 40% E85 sind in der Regel problemlos. Wesentlich mehr verbraucht er dabei nicht und spürbar weniger Leistung hat er auch nicht. Ach ja: Honda, aber das hat hiermit eigentlich wenig zu tun.
Mein Zweitwagen und Sommerspaßauto, ein alter BMW 635, kam mit E85-Mischungen von 30 % schon überhaupt nicht mehr zurecht und lief wie ein Sack Nüsse. Klar, denn sein Motor erreicht (zerlegt, ausgelitert, nachgerechnet) nicht mal das ab Werk angegebene, viel zu niedrige Verdichtungsverhältnis (auf Normalbenzin ausgelegt) und den Zündzeitpunkt der völlig idiotisch aufgebauten Motronic 1.2 kann man auch nicht ohne elektronische Eingriffe verstellen.
Eigentlich liegt der Reiz nun darin, den ganzen Murks zu entsorgen und einen "g'scheiten" Motor samt -management aufzubauen, der dennoch die klassische Optik beibehält und rein äußerlich zu diesem Wagen gehört, aber das würde jetzt hier im Detail zu weit führen.