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Ende 2008, als sich am weltökonomischen Horizont die auf die Bankenkrise folgende negative Wirtschaftsentwicklung abzeichnete, schnürte die schwarz-rote Koalition in Berlin ein 430 Milliarden schweres Rettungspaket für die Banken im Bundesgebiet. Ein Teil des Budgets diente in Form von Finanzspritzen dazu die Eigenkapitalseite der Institute zu erhöhen, der andere Teil wurde als Bürgschaften vergeben.
Ziel war es, das Vertrauen der Banken untereinander wiederherzustellen und die Banken zu unterstützen, die sich im internationalen Finanzhandel verspekuliert hatten – auch um die Einlagen der vielen privaten Anleger zu schützen. Heute, auf den Tag genau ein Jahr nach der Pleite der Lehman-Bank, sieht die Situation jedoch schon wieder so aus, daß die Banken handeln, zocken und spekulieren als wäre nie etwas gewesen und das Vertrauen in der Öffentlichkeit hat schwer gelitten. Mehr noch. Banker werden als „Bankster“ bezeichnet, in nahezu jeder Wirtschaftssendung im TV wird den Instituten Lug und Betrug vorgeworfen und heutzutage hat man mehr Angst dem Bankberater als vor nächtlichen Überfällen oder Terrorismus. Ein öffentlicher Hype und viel Lärm um nichts, mag man meinen, jedoch steckt wohl doch mehr dahinter als man denkt.
Grundsätzlich muß man sagen, daß Banken wichtig für unser System der freien Marktwirtschaft sind. Nur durch deren Möglichkeit Geldströme anzustoßen und am Laufen zu halten kann das System unserer Wirtschaft existieren. Sie regeln in Abhängigkeit von der Zentralbank die Zinsen und somit die Sparquote und geben Geld durch ihre Kreditvergabe einen Preis. Dadurch funktioniert Unternehmertum mitsamt der Verantwortung für das eigene Handeln.
Man sieht also, Banken sind notwendige Institutionen und es ist auch wichtig, daß diese ihre Zinsen und ihre Kreditpolitik in gewissem Maße frei gestalten können. Gefährlich für die Volkswirtschaft wird es jedoch dann, wenn dieser zentrale Knotenpunkt der Wirtschaft aufgrund des Fehlverhaltens einiger nicht mehr so funktioniert wie er soll. Profitwahn und Spekulationsblasen dürfen nicht die Macht gegeben werden, ganze Volkswirtschaften an den Rand des Abgrundes zu bringen. Aus diesem Grund sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel auch berechtigt davon, daß die Banken einen Sonderfall in der sozialen Marktwirtschaft darstellen. Daher war ihnen auch – vollkommen zurecht – mit Staatsbürgschaften und Geldern zu helfen.
Aber gerade diese Sonderstellung nutzen die Banken derzeit schamlos aus. Gelder und Bürgschaften der Bundesrepublik werden genutzt um zunächst eigene Lücken zu schließen oder um damit wieder ihre Spekulationen von neuem zu beginnen. Und Zeitschriften wie die renommierte Wirtschaftswoche warnen vor den Bankern, die keinen „Lernprozeß“ erfahren haben und geben Tips wie man sich vor Banken und Bankangestellten schützt, als wären sie eine ansteckende Seuche (Wirtschaftswoche Nr. 29, 2009).
Gerne sonnen sich aber auch die Volksbanken und Sparkassen im Lichte derer, die keine Staatshilfen annehmen mußten und begründen dies mit ihren lokal verwurzelten Geschäftsphilosophien. Doch berichtet nicht nur das Nachrichtenmagazin Fokus auf seiner Homepage davon, daß auch und gerade diese beiden Banken keinen Grund haben, sich auf die Seite der Guten zu stellen. Denn freudig senkten auch sie, sich am Leitzins orientierend, die Guthabenzinsen in großen Schritten. Genau umgekehrt verhalten sie sich jedoch, wenn es um die Dispo- oder Überziehungszinsen geht. In schamloser, fast schon unverschämter Art und Weise bedient man sich hier auf Kosten der Kleinen. Eine unschöne Abkassierer-Mentalität unter dem Deckmäntelchen der regionalen Entwicklung.
Je mehr man sich somit über die Bankenlandschaft informiert, desto mehr gewinnt man den Eindruck, daß Banken nichts gelernt haben. Kaum ist der erste Schock überwunden, werden wieder Risikogeschäfte getätigt, Fonds gefüttert und Sicherheitsversprechen gebrochen. Und die geläuterten Institute, die in der Krise versprachen, sich von nun an wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren zu wollen und Privat- und Kleinkunden zu Diensten zu sein, möchten davon heute nichts mehr hören. Am 14.09.2009 sprach auch Wirtschaftsminister zu Guttenberg das Thema Kreditvergabe der Banken an. Er führte den Gedanken so aus, daß Banken von kleinen Unternehmen wegen einiger hunderttausend Euro einen fundierten Business-Plan einfordern würden, bei Großkonzernen, die einige Millionen benötigen, genügt ein bebildertes Heftchen, das man nicht einmal den eigenen Kindern zum einschlafen antun würde. Und genau hierin liegt das Problem der Geldinstitute. Vergessen sind die schockstarren Gesichter, heute tragen Banker ihre Nasen höher denn je. Und hätten doch eher Grund in Sack und Asche zu gehen.
In der letzten Ausgabe der SWR-Sendung „Zur Sache Baden-Württemberg“ wurde eben dieses unbelehrbar arrogante Verhalten der Banken treffend kritisiert. Das ganze am Beispiel des Unternehmers Fridolin Mannuss, der sich mit Maschinenexporten nach Osteuropa eine eigene Firma aufgebaut hatte. Krisenbedingt benötigte er jedoch zum Erhalt seiner Liquidität einen verhältnismäßig kleinen Kredit. Jedoch die Bank duckte sich weg, bewertete auf einmal die als Sicherheit gestellten Maschinen und Gebäude deutlich herunter und verweigerte einen Kredit. Dies führte dazu, daß der Betrieb die Arbeit einstellen und Insolvenz anmelden mußte. Und als sich der Unternehmer dann in seiner Not an den Bereichsleiter einer staatlichen Förderbank wandte, mußte er sich anhören, daß es den Banken nur deshalb so schlecht ginge, weil es „solche Unternehmer“ wie den Zitierten Herrn Mannuss gäbe. Selbstverständlich leugnet die Bank heute das Zitat.
Das Beispiel zeigt jedoch deutlich, daß die Banken noch immer die Lage vollkommen verkennen und nicht einsehen wollen, daß sie allein die Gesamtschuld für die aktuelle Krise tragen – ganz egal ob sie nun Staatsgelder angenommen haben oder nicht. Sie fahren mit ihrer fehlgeleiteten Mentalität fort als wäre nichts gewesen. Aber wahrscheinlich ist es wohl so, daß man, wenn man in hohen Glaspalästen sitzt und gewohnt ist, daß jeder der eintritt dankbar einen Bückling macht, eben den Blick für die Realität verliert. Etwas mehr Anstand und Realitätsnähe sei den Banken angeraten.
Wer nun aber denkt, der Fall des Herrn Mannuss sei ein Einzelfall, der irrt leider sehr. Auch ich hatte einige Erfahrungen, die mir die Tricks und die Hochnäsigkeit der „Bankster“ vor Augen führten. Einmal, es dürfte Anfang 2007 gewesen sein, saß ich im Rahmen eines Projekts mit zwei weiteren Personen in einer kleinen Filiale einer Kreissparkasse im Raum Stuttgart. Mir gegenüber der Bankberater Herr A. und sein Abteilungsleiter, Herr V. Im Rahmen des Gesprächs viel von Seiten des Herrn V. die Aussage, daß für den Kredit eine Rückversicherung seitens der Bürgschaftsbank erwarte, aber daß die Kreissparkasse den Kredit auch ohne Bürgschaftsbank „stemmen“ würde. Nach ein paar Wochen kam ich im Rahmen des Projekts noch einmal auf diese Aussage zurück. Komischerweise erinnerten sich jedoch weder Herr A. noch Herr V. an dieses Versprechen. Daß just in diesem Moment Herr A. puderrot wurde und auch Herr V. sein charakteristisches Lächeln für einen Moment verlor, hatte leider keine gerichtliche Aussagekraft. Mehr noch aber als tausend Worte zeigte mir diese eigene Erfahrung, daß offensichtliches Lügen und Manipulieren als übliche Taktik sogar bis in die kleine Filiale einer Kreissparkasse eines Vorortes meiner Heimatstadt Stuttgart vorgedrungen ist. Der Bankberater „ist kein Berater mehr, er ist ein profitorientierter Verkäufer“ (Wirtschaftswoche Nr. 29, 2009) der - mit gewaltigem Druck von oben - dem Bankkunden so viele Produkte wie möglich andrehen soll. Mit der Wahrheit wird es dabei nicht so ernst genommen. Im schlimmsten Fall hat der Kunde eben bei der Beratung nicht aufgepaßt. Am 30.09.2009 wird Herr V. übrigens in den Ruhestand entlassen, doch ob es seine Nachfolger mit der Wahrheit genauer nehmen, das darf bezweifelt werden.
Sie sehen, liebe Leser, die Bankenkrise hat noch eines geschafft. Sie hat aus einem rationalen Sektor einen emotionalen Gemacht. Banktransaktionen werden heute mehr denn je mehr aus dem Bauch entschieden als durch pure Ratio. Das Mißtrauen gegen den anzugtragenden Bankberater auf der anderen Seite des Tisches, der einem lächelnd einen Vertrag zur Unterschrift reicht, ist größer denn je. Der Niedergang eines Berufstandes geht einher mit ungezügelter Profitsucht, totalem Moralverlust und offensichtlicher Unbelehrbarkeit. Dies geht sogar so weit, daß selbst Liberalste der Liberalen einer gesetzlichen Sonderstellung und damit einer Regulierung von Banken offen gegenüberstehen.
Und noch eines zum Fall von „Zur Sache Baden-Württemberg“. Das zu geringe Bewerten von Sicherheiten ist im übrigen eine weit verbreitete Maßnahme um Ablehnungsgründe in einem Kreditvergabeverfahren zu finden, bzw. um sich noch mehr Sicherheiten einzuverleiben. Meistens verlangen Banken deutlich mehr Sicherheiten als die Kreditsumme beträgt. Ein perfides Ausnutzen der Position des Stärkeren – und Dank des noch bestehenden Hausbankmodells staatlich gestützt.
Aus diesem Grund formuliere ich auch meinen Appell unabhängig von meiner Parteizugehörigkeit und den Aussagen die diese hierbei macht. Wenn wir in Deutschland die Wirtschaft wieder beleben, Vertrauen in der Bevölkerung zurückgewinnen und unser Land im weltweiten Wettbewerb wieder nach vorne bringen wollen, dann dürfen wir uns nicht auf die Moralvorstellungen der Banker verlassen, die ja erst die gesamte Weltwirtschaft an den Rand der Selbstauflösung manövriert haben. National können Banken über schärfere gesetzliche Regelungen und Steuern kontrolliert werden. Für internationale Kontrollen kann Deutschland spürbare Steuern für Transaktionen einführen und sich auf europäischer oder bilateraler Ebene mit anderen Staaten über entsprechende Abkommen zur Bankenregulierung verständigen. Auch die Vereinten Nationen (UNO) und die Welthandelsorganisation (WTO) sind hierbei zwingen einzubeziehen und auf eine Linie zu bringen. Und was die Lügen, die Hochnäsigkeit und die völlig verkehrten Moralvorstellungen einiger Banker angeht, so sei den Bankkunden die Gewißheit gegeben, daß es damit ein baldiges Ende haben dürfte, sobald sich die Banken strengeren Regeln unterwerfen müssen. Regeln die von Menschen für Menschen gemacht sind, die ihre Rolle in den Instituten zum eigenen Vorteil mißbrauchen. Denn Banker sind nämlich auch nur Menschen wie Sie und ich.
Meine Vorschläge für die notwendige Regulierung der Aktivitäten von Banken sind auf einen Blick*:
Die Verursacher der Krise müssen auch zur Lösung derselben beitragen. Dies kann über speziell für Banken einzurichtende Abgaben oder Steuern geschehen, z.B. über die Besteuerung von Transaktionsgeschäften.
Die Bankenaufsicht muß weiter ermächtigt werden und zu einem ernstzunehmenden Instrument werden, die Machtposition der Banken auszugleichen.
Es muß Banken ein gewisser Korridor um den Leitzins der Europäischen Zentralbank herum gegeben werden, der ca. bei fünf bis sechs Prozentpunkten als maximale Abweichung vorsieht. So sollte ein Dispozins von 11,0% für gewerbliche Kunden, wie ihn zum heutigen Stichtag die Kreissparkasse Waiblingen bei einem Leitzins der EZB von aktuell 1,00% verlangt, als grob sittenwidrig angesehen werden. So sollte die betreffende Bank mit spürbaren Strafzahlungen zur Rückkehr zu einer moralischen und anständigen Arbeitsweise gezwungen werden, wenn sie es aufgrund ihrer offensichtlichen Abkassierer-Mentalität nicht selbst für nötig erachtet.
Die Stellung von Sicherheiten sollte unbürokratisch und ohne großen Zeitverlust durch die Bankenaufsicht geprüft werden können. Versucht eine Bank, sich durch das Abwerten von Sicherheiten eine stärkere Machtposition zu verschaffen, ist sie wie unter Punkt 3 vorgeschlagen, empfindlich spürbar zu sanktionieren.
Für die Verbesserung der Kreditvergabe an den Mittelstand muß das Hausbankmodell fallen. Es sollte möglich sein, sich direkt an die KfW oder andere Förderbanken der Länder oder des Bundes zu wenden, ohne daß eine Bank dies verhindern oder sich dazwischenschalten kann.
Es muß eine internationale Charta für wirtschaftliches Handeln geben, die von der WTO und der UNO gestützt wird. Ziel muß es sein, den „gesetzfreien“ Raum des Devisen- und Finanzhandels zu eliminieren und Grundregeln zu definieren, die von möglichst allen Staaten mitgetragen werden.
Politische Priorität muß die Liquidität der Unternehmen in Deutschland haben. Kommen die Banken, aus welchen Beweggründen auch immer, dieser Aufgabe nicht nach, dann müssen Sie, insofern alle marktkonformen Mittel scheitern, gesetzlich auf die Spur gebracht werden.
Nur wenn es uns gelingt, aus der Krise zu lernen und die Sonderrolle der Banken klar in Grenzen zu definieren, können wir die soziale Marktwirtschaft gesund erhalten und Vertrauen in der Bevölkerung und den Unternehmen (vor allem des Mittelstandes) wiedergewinnen. Vieles davon bedarf einer internationalen Grundlage. Einiges davon können und müssen wir jedoch national umsetzten. Denn nur so können wir Bankmanagern, Risikoinvestoren und hochnäsigen Lügnern wie den in den obigen Beispielen geschilderten Bankmitarbeitern ihre Grenzen aufzeigen.
Es geht hierbei nicht um eine Generalabrechnung mit den Instituten. Die Mehrzahl der Bankangestellten ist rechtschaffen und von der Krise selbst betroffen. Diesen gilt mein Mitgefühl wie allen anderen Betroffenen ebenso. Auch möchte niemand die Banken in ihrer wettbewerbsmäßigen Freiheit zu beschneiden. Es geht mir lediglich darum, ein Machtgleichgewicht herzustellen, das es uns wieder erlaubt, fair und gemeinsam zu leben und zu handeln.
Früher gab es einmal Grundsätze wie Moral und Ehrlichkeit. Seitdem es durch die Bank weg skrupellose Bankmanager an der Spitze oder arrogante Wahrheitsvermeider wie den oben zitierten Herrn V. am unteren Ende der Bankenhierarchie gibt, müssen eben Gesetze und (Straf-)Steuern die verlorengegangenen Werte ersetzen.
Eigentlich ist das schon sehr traurig, daß man sich so den Banken nähern muß. Aber was für andere Subjekte im volkswirtschaftlichen Kreislauf gilt, für Privathaushalte oder mittelständische Unternehmen, das selbe sollte auch für Banken gelten. Gleiches Recht für alle, Freiheit innerhalb rechtlicher und moralischer Grenzen sowie fairer und offener Umgang miteinander. Mehr wird nicht verlangt.
Ich persönlich hoffe sehr, daß wir alle aus der Krise gelernt haben und auch weiter lernen werden. Denn erst wenn wir Werte und Moral wieder in unser Handeln einbeziehen, dann benötigen wir auch wieder weniger Gesetze und Regeln. Und das gilt nicht nur für die Banken, sondern für alle Bereiche des menschlichen Lebens.
Daß ich die Hoffnung und den Kampf gegen die Abkassierer noch nicht aufgegeben habe, sehen Sie daran, daß ich diesen Blog geschrieben habe. Vielleicht nützt er ja etwas.
In diesem Sinne,
Ihr
Bastian C. Atzger
http://www.bastian-atzger.de/index.html (Archiv-Version vom 15.10.2010)Hier bei Allmy zur Info reingesetzt von :
Delon.