wer glaubt noch an die Wirtschaft/Politikmärchen?
22.10.2006 um 13:43hier mal nur ein paar beispiele, würde mich freuen wenn ihr noch mehr artikel postenkönntet, oder eure eigende meinung zusammen fassen könntet.
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Wem gehört Deutschland?
Die Profiteure der Staatsverschuldung
aus dem TV-Magazin PANORAMA NDR 18.4.2002
Rezept fürStaatsverschuldung: Man nehme eine Billion Euro (das allein sind 1.000 Milliarden), packenoch einmal 226 Milliarden Euro drauf und füge weitere 737 Millionen Euro hinzu. Dasergibt eine dreizehnstellige Zahl: 1.226.737.000.000 Euro. So unvorstellbar hoch istDeutschlands Schuldenberg, der übrigens pro Sekunde um weitere 1.300 Euro wächst.
Seit Jahrzehnten tritt jeder neue deutsche Finanzminister mit dem Versprechen an,"den Haushalt zu konsolidieren", also zu sparen - und dreht stattdessen einfach weiter ander Schuldenschraube. Und jetzt muss Deutschland immer neue Kredite aufnehmen, nur um dieZinsen und Zinseszinsen für die alten Schulden zu begleichen.
Eine Republik aufPump: schlecht für die Bürger, aber gut für die Banken. Denn die verdienen prächtig ander Staatsverschuldung, zum Beispiel Deutsche Bank, Dresdner Bank, Bayerische Hypo, dieamerikanische Bank Morgan Stanley und viele andere Kreditinstitute. Ihnen gehörtDeutschland.
*
Anmoderation Anja Reschke:
Beim BaukonzernHolzmann war's im März so weit, das Luft- und Raumfahrtunternehmen Dornier, derPapierkonzern Herlitz und der Medienmogul Kirch folgten im April. Alle mussten Insolvenzanmelden. 2002 - das Jahr der Rekordpleiten. Wer betroffen ist, ist verzweifelt, wernicht betroffen ist, ist froh, es nicht zu sein. Dabei sind wir eigentlich alleverschuldet, und zwar heillos, mit einer unvorstellbar hohen Summe von 1 Billion Euro -das sind ganz nebenbei bemerkt schon mal Tausend Milliarden. Dann noch weitere 226Milliarden obendrauf und noch ein paar Millionen hinterher. Denn die BundesrepublikDeutschland selbst steht am tiefsten in der Kreide. Aber bei wem eigentlich? Das ist einwohlgehütetes Geheimnis. Wer wissen will, wem diese Republik eigentlich wirklich gehört,tut sich schwer. Meine Kollegen sind der deutschen Schuldenspur gefolgt.
Kommentar:
Hans Eichel hat es eilig: In zwei Jahren will er Schluss machenmit der Schuldenpolitik seiner Vorgänger. Der Sparkommissar im Wettlauf gegen die rasendeStaatsverschuldung. 10.000, 11.000, 12.000, 13.000 Euro. In den wenigen Sekunden, dieEichel morgens bis in sein Büro braucht, hat Deutschland schon wieder 80.000 EuroSchulden mehr. Deutschlands Schulden, eine unvorstellbare Summe: 1.226 Milliarden undviele Millionen Euro. Und sie tickt unbarmherzig weiter, die Schuldenuhr, die derSteuerzahlerbund aufgestellt hat.
O-Ton Hans Eichel:
(Bundesfinanzminister)
"Da tickt eine Zeitbombe, und das heißt, wir haben durch Schulden in derVergangenheit einen Großteil unserer Zukunft verfrühstückt. Und deswegen können wir sonicht weitermachen."
Kommentar:
Eine Nobeladresse im FrankfurterNorden. Hier sitzen die Leute, die Deutschlands Schulden managen. So effizient wiemöglich Geld für den Bund beschaffen, die Aufgabe der Elitetruppe in der BundesrepublikDeutschland Finanzagentur GmbH. Ganze sieben Händler jonglieren hier mit denStaatsmilliarden. Hat der Bund etwa am Morgen zu wenig Geld, um seine Rechnungen zubezahlen, wird das kurzerhand besorgt: Schnellverschuldung.
O-Ton ThomasWeinberg:
(Chefhändler, Finanzagentur)
"Heute konkret war es zum Beispielso, dass wir eine Summe von etwa vier Milliarden Euro im Markt aufnehmen mussten.
Interviewer:
"Also, die Bundesrepublik Deutschland braucht heute vierMilliarden Euro."
Thomas Weinberg:
"Wir rufen an, und wenn derKontrahent eben grade dieses Volumen zur Verfügung hat, dann versuchen wir uns auf einenZinssatz zu einigen. Und dann ist das Geschäft gemacht, und das Geld fließt in unsereKassen."
Kommentar:
Geräuschlos und diskret werden Milliarden fürDeutschland besorgt. Auch die schwindelerregenden Schuldensummen, die die Agentur auf demMarkt hin und her verschiebt, sind hier Alltag.
O-Ton Gerhard Schleif:
(Geschäftsführer, Finanzagentur)
"An diese Zahlen gewöhnt man sich, ob dadrei Nullen mehr dranhängen oder drei Nullen weniger, das geht in Fleisch und Blut über,das lässt einen nicht mehr schlecht schlafen."
Kommentar:
Auch nichtder Handel mit Schatzanweisungen, den langfristigen Schuldscheinen der Republik. DerStaat als Schuldner ist so begehrt, dass die Banken sich überbieten, um ihm Geld zuleihen.
O-Ton Gerhard Schleif:
"Wir haben heute zum Beispielsechsmonatige Schatzanweisungen des Bundes verauktioniert. Das heißt. Wir bieten dieeiner bestimmten Bankengruppe an. Und wir wollten eigentlich fünf Milliarden aufnehmen,und die Banken haben uns Gebote für 17,3 Milliarden eingereicht."
Kommentar:
Denn für sie kann der Staat nicht genug Schulden machen: Die Banken - Profiteureder Verschuldung. Für jeden Kredit kassieren sie Zinsen und Provisionen, jedes Jahr zigMilliarden Euro. Ein Bombengeschäft und ganz diskret abgewickelt.
Kein Wunder,dass die Liste der Gläubigerbanken nicht unbedingt an die Öffentlichkeit soll. Denn ihnengehört Deutschland. Ganz oben die Deutsche Bank, dann Morgan Stanley, Dresdner Bank,Merrill Lynch - die Crème de la Crème der internationalen Hochfinanz. Kreditsummen undZinsgewinne werden gehandelt wie Staatsgeheimnisse, Interviewanfragen zwecklos. DieDeutsche Bank: kein Kommentar. Die Dresdner Bank: kein Kommentar. Die Commerzbank: keinKommentar. Die Banken kassieren, Eichel zahlt, der Steuerzahler haftet.
O-TonHans Eichel:
(Bundesfinanzminister)
"Das machen wir jetzt seit über dreißigJahren, zahlen auch nichts zurück. Wenn ein Kredit fällig wird, wird ein neueraufgenommen, um den alten abzulösen."
Kommentar:
Die Chronik derSchuldenmacher:
1971. Der letzte Aufstand der Anständigen. BundesfinanzministerMöller tritt zurück. Der Grund: In zwei Amtsjahren ganze drei Milliarden Euro neueSchulden. Der Neue hält es nur ein Jahr aus. Karl Schiller sagte damals, er könne keinePolitik machen unter dem Motto "Nach mir die Sintflut". Rücktritt wegen zwei MilliardenNeuverschuldung.
1972. Der Nachfolger hatte weniger Skrupel: FinanzministerHelmut Schmidt machte fünf Milliarden Euro Schulden - und wurde Kanzler. DieGesamtschulden von Bund, Ländern und Gemeinden damals: 91 Milliarden Euro.
1974. Mit ihm ging die Schuldenparty richtig los: Hans Apel. Sorglos und unbekümmertder Aufbruch in den Schuldenstaat. Finanzminister Apels Bilanz nach vier Jahren: 33,5Milliarden Euro Neuverschuldung.
1978. Hans Matthöfer, der nächsteFinanzminister, sorgt für noch verrücktere Schuldenrekorde. 56 Milliarden Euro Miese.Sein Kanzler: Helmut Schmidt. Und die CDU versprach, alles besser zu machen
Wahlspot:
"Lassen Sie uns den SPD-Staat stoppen."
O-Ton GerhardStoltenberg:
"Mit der hemmungslosen Schuldenmacherei der RegierungSchmidt/Genscher kann es so nicht weitergehen."
Kommentar:
CDU-Wahlsieg: Stoltenberg war nun selbst Kassenwart. Vorher große Worte und dann dochwieder neue Schulden: 75 Milliarden.
1989. Theo Waigel und die deutsche Einheit- natürlich kreditfinanziert. Die Schulden explodierten: Waigels Horrorbilanz: 428Milliarden Euro neue Schulden.
1998 standen Bund, Länder und Gemeinden mit über1,1 Billionen Euro in der Kreide. Heute sind es schon wieder 100 Milliarden mehr. Undauch in diesem Jahr macht Hans Eichel wieder neue Schulden: rund 21 Milliarden Euro nurfür den Bundeshaushalt.
Bad Homburg, eine Idylle. Hier wird über EichelsSchulden Buch geführt, in der Bundeswertpapierverwaltung. Schuldenverwaltung hieß dieBehörde bis vor kurzem, doch das klang zu negativ. Überhaupt war früher vieles anders:Die Schulden wurden noch mit Tinte in dicke Folianten eingetragen. Das Schuldbuch auseiner Zeit, als die Staatsverschuldung noch zwischen zwei Buchdeckel passte. Heute istder horrenden Schuldensumme nur noch mit Großrechnern beizukommen. Das Schuldbuch 2002 -eine Computerdatei. Und die Post an die Gläubiger muss schneller produziert werden, ummit der Verschuldung Schritt zu halten. Schuldscheinquittungen im Sekundentakt. Auch inBad Homburg sind Deutschlands Schulden grauer Alltag.
O-Ton Knut Kage:
(Präsident, Bundeswertpapier-Verwaltung)
"Wir streben keine höhereBundesschuld an, etwa um Arbeitsplätze hier zu halten. Wir haben genug andere Aufgaben.Wir wollen ordentlich und flexibel weiterarbeiten."
Kommentar:
Ordentlich und flexibel in die Pleite. Viel Zeit bleibt Eichel nicht, um die Wendenoch zu schaffen. Denn so bankrott ist der Staat: 752 Milliarden Euro hat sich allein derBund seit 1980 geliehen. Das Geld wurde komplett gefressen von den 903 Milliarden EuroZinsen, die er für diese Kredite zahlen musste.
O-Ton Wolfgang Kitterer:
(Schuldenexperte Universität Köln)
"Die Schulden werden immer höher sein,auf Dauer, als das, was man sich durch Kredite erkauft hat. Das heißt, es ist ja jetztauch schon festzustellen, dass die Defizite, die man macht, auf Dauer nicht ausreichenkönnen, um die Zinslast abzudecken. Was bedeutet das wiederum? Dass man zusätzlicheZinslasten wiederum über Steuern finanzieren muss. Also resultiert aus derStaatsverschuldung letztlich nur eine höhere Steuerlast. Man hat niemandem etwas Gutesgetan, es sei denn den Wertpapierhaltern."
Kommentar:
Eichel, derSchuldenkiller? Tatsächlich ist sein Sparprogramm nur ein ganz bescheidener Anfang. Denndas ist Deutschlands Schuldenberg: 1.200 Milliarden Euro. Was Eichel einsparen will, istlediglich die Neuverschuldung - derzeit ganze 42 Milliarden. Vom Abbau des gigantischenSchuldenberges ist noch gar nicht die Rede.
Jetzt hat Eichel versprochen,spätestens 2006 keinen Cent neue Schulden mehr zu machen. Doch ein Hintertürchen hältauch er sich noch offen.
O-Ton Interviewer:
"Sie legen Ihre Handdafür ins Feuer, dass es 2006 eine Null gibt?"
Hans Eichel:
"Wirsetzen alles daran. Alles, was wir tun können, tun wir. Was Sie nie im Griff haben, istdie Weltkonjunkturentwicklung. Wenn es eine große Rezession gibt, sieht natürlich dieWelt anders aus."
Kommentar.
Der Schuldenuhr ist die Konjunktur egal,sie tickt unerbittlich weiter.
O-Ton Friedrich Halstenberg (ehem.Finanzminister NRW):
"Es ist auch durchaus möglich, dass wir unsereStaatsfinanzen ganz zu Grund richten. Noch ein, zwei Jahrzehnte weiter in dieser Musik,dann gibt es einen anderen Staat."
Bericht: Jochen Graebert, Max von Klitzing,Stephan Stuchlik
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Wem gehört Deutschland?
Die Profiteure der Staatsverschuldung
aus dem TV-Magazin PANORAMA NDR 18.4.2002
Rezept fürStaatsverschuldung: Man nehme eine Billion Euro (das allein sind 1.000 Milliarden), packenoch einmal 226 Milliarden Euro drauf und füge weitere 737 Millionen Euro hinzu. Dasergibt eine dreizehnstellige Zahl: 1.226.737.000.000 Euro. So unvorstellbar hoch istDeutschlands Schuldenberg, der übrigens pro Sekunde um weitere 1.300 Euro wächst.
Seit Jahrzehnten tritt jeder neue deutsche Finanzminister mit dem Versprechen an,"den Haushalt zu konsolidieren", also zu sparen - und dreht stattdessen einfach weiter ander Schuldenschraube. Und jetzt muss Deutschland immer neue Kredite aufnehmen, nur um dieZinsen und Zinseszinsen für die alten Schulden zu begleichen.
Eine Republik aufPump: schlecht für die Bürger, aber gut für die Banken. Denn die verdienen prächtig ander Staatsverschuldung, zum Beispiel Deutsche Bank, Dresdner Bank, Bayerische Hypo, dieamerikanische Bank Morgan Stanley und viele andere Kreditinstitute. Ihnen gehörtDeutschland.
*
Anmoderation Anja Reschke:
Beim BaukonzernHolzmann war's im März so weit, das Luft- und Raumfahrtunternehmen Dornier, derPapierkonzern Herlitz und der Medienmogul Kirch folgten im April. Alle mussten Insolvenzanmelden. 2002 - das Jahr der Rekordpleiten. Wer betroffen ist, ist verzweifelt, wernicht betroffen ist, ist froh, es nicht zu sein. Dabei sind wir eigentlich alleverschuldet, und zwar heillos, mit einer unvorstellbar hohen Summe von 1 Billion Euro -das sind ganz nebenbei bemerkt schon mal Tausend Milliarden. Dann noch weitere 226Milliarden obendrauf und noch ein paar Millionen hinterher. Denn die BundesrepublikDeutschland selbst steht am tiefsten in der Kreide. Aber bei wem eigentlich? Das ist einwohlgehütetes Geheimnis. Wer wissen will, wem diese Republik eigentlich wirklich gehört,tut sich schwer. Meine Kollegen sind der deutschen Schuldenspur gefolgt.
Kommentar:
Hans Eichel hat es eilig: In zwei Jahren will er Schluss machenmit der Schuldenpolitik seiner Vorgänger. Der Sparkommissar im Wettlauf gegen die rasendeStaatsverschuldung. 10.000, 11.000, 12.000, 13.000 Euro. In den wenigen Sekunden, dieEichel morgens bis in sein Büro braucht, hat Deutschland schon wieder 80.000 EuroSchulden mehr. Deutschlands Schulden, eine unvorstellbare Summe: 1.226 Milliarden undviele Millionen Euro. Und sie tickt unbarmherzig weiter, die Schuldenuhr, die derSteuerzahlerbund aufgestellt hat.
O-Ton Hans Eichel:
(Bundesfinanzminister)
"Da tickt eine Zeitbombe, und das heißt, wir haben durch Schulden in derVergangenheit einen Großteil unserer Zukunft verfrühstückt. Und deswegen können wir sonicht weitermachen."
Kommentar:
Eine Nobeladresse im FrankfurterNorden. Hier sitzen die Leute, die Deutschlands Schulden managen. So effizient wiemöglich Geld für den Bund beschaffen, die Aufgabe der Elitetruppe in der BundesrepublikDeutschland Finanzagentur GmbH. Ganze sieben Händler jonglieren hier mit denStaatsmilliarden. Hat der Bund etwa am Morgen zu wenig Geld, um seine Rechnungen zubezahlen, wird das kurzerhand besorgt: Schnellverschuldung.
O-Ton ThomasWeinberg:
(Chefhändler, Finanzagentur)
"Heute konkret war es zum Beispielso, dass wir eine Summe von etwa vier Milliarden Euro im Markt aufnehmen mussten.
Interviewer:
"Also, die Bundesrepublik Deutschland braucht heute vierMilliarden Euro."
Thomas Weinberg:
"Wir rufen an, und wenn derKontrahent eben grade dieses Volumen zur Verfügung hat, dann versuchen wir uns auf einenZinssatz zu einigen. Und dann ist das Geschäft gemacht, und das Geld fließt in unsereKassen."
Kommentar:
Geräuschlos und diskret werden Milliarden fürDeutschland besorgt. Auch die schwindelerregenden Schuldensummen, die die Agentur auf demMarkt hin und her verschiebt, sind hier Alltag.
O-Ton Gerhard Schleif:
(Geschäftsführer, Finanzagentur)
"An diese Zahlen gewöhnt man sich, ob dadrei Nullen mehr dranhängen oder drei Nullen weniger, das geht in Fleisch und Blut über,das lässt einen nicht mehr schlecht schlafen."
Kommentar:
Auch nichtder Handel mit Schatzanweisungen, den langfristigen Schuldscheinen der Republik. DerStaat als Schuldner ist so begehrt, dass die Banken sich überbieten, um ihm Geld zuleihen.
O-Ton Gerhard Schleif:
"Wir haben heute zum Beispielsechsmonatige Schatzanweisungen des Bundes verauktioniert. Das heißt. Wir bieten dieeiner bestimmten Bankengruppe an. Und wir wollten eigentlich fünf Milliarden aufnehmen,und die Banken haben uns Gebote für 17,3 Milliarden eingereicht."
Kommentar:
Denn für sie kann der Staat nicht genug Schulden machen: Die Banken - Profiteureder Verschuldung. Für jeden Kredit kassieren sie Zinsen und Provisionen, jedes Jahr zigMilliarden Euro. Ein Bombengeschäft und ganz diskret abgewickelt.
Kein Wunder,dass die Liste der Gläubigerbanken nicht unbedingt an die Öffentlichkeit soll. Denn ihnengehört Deutschland. Ganz oben die Deutsche Bank, dann Morgan Stanley, Dresdner Bank,Merrill Lynch - die Crème de la Crème der internationalen Hochfinanz. Kreditsummen undZinsgewinne werden gehandelt wie Staatsgeheimnisse, Interviewanfragen zwecklos. DieDeutsche Bank: kein Kommentar. Die Dresdner Bank: kein Kommentar. Die Commerzbank: keinKommentar. Die Banken kassieren, Eichel zahlt, der Steuerzahler haftet.
O-TonHans Eichel:
(Bundesfinanzminister)
"Das machen wir jetzt seit über dreißigJahren, zahlen auch nichts zurück. Wenn ein Kredit fällig wird, wird ein neueraufgenommen, um den alten abzulösen."
Kommentar:
Die Chronik derSchuldenmacher:
1971. Der letzte Aufstand der Anständigen. BundesfinanzministerMöller tritt zurück. Der Grund: In zwei Amtsjahren ganze drei Milliarden Euro neueSchulden. Der Neue hält es nur ein Jahr aus. Karl Schiller sagte damals, er könne keinePolitik machen unter dem Motto "Nach mir die Sintflut". Rücktritt wegen zwei MilliardenNeuverschuldung.
1972. Der Nachfolger hatte weniger Skrupel: FinanzministerHelmut Schmidt machte fünf Milliarden Euro Schulden - und wurde Kanzler. DieGesamtschulden von Bund, Ländern und Gemeinden damals: 91 Milliarden Euro.
1974. Mit ihm ging die Schuldenparty richtig los: Hans Apel. Sorglos und unbekümmertder Aufbruch in den Schuldenstaat. Finanzminister Apels Bilanz nach vier Jahren: 33,5Milliarden Euro Neuverschuldung.
1978. Hans Matthöfer, der nächsteFinanzminister, sorgt für noch verrücktere Schuldenrekorde. 56 Milliarden Euro Miese.Sein Kanzler: Helmut Schmidt. Und die CDU versprach, alles besser zu machen
Wahlspot:
"Lassen Sie uns den SPD-Staat stoppen."
O-Ton GerhardStoltenberg:
"Mit der hemmungslosen Schuldenmacherei der RegierungSchmidt/Genscher kann es so nicht weitergehen."
Kommentar:
CDU-Wahlsieg: Stoltenberg war nun selbst Kassenwart. Vorher große Worte und dann dochwieder neue Schulden: 75 Milliarden.
1989. Theo Waigel und die deutsche Einheit- natürlich kreditfinanziert. Die Schulden explodierten: Waigels Horrorbilanz: 428Milliarden Euro neue Schulden.
1998 standen Bund, Länder und Gemeinden mit über1,1 Billionen Euro in der Kreide. Heute sind es schon wieder 100 Milliarden mehr. Undauch in diesem Jahr macht Hans Eichel wieder neue Schulden: rund 21 Milliarden Euro nurfür den Bundeshaushalt.
Bad Homburg, eine Idylle. Hier wird über EichelsSchulden Buch geführt, in der Bundeswertpapierverwaltung. Schuldenverwaltung hieß dieBehörde bis vor kurzem, doch das klang zu negativ. Überhaupt war früher vieles anders:Die Schulden wurden noch mit Tinte in dicke Folianten eingetragen. Das Schuldbuch auseiner Zeit, als die Staatsverschuldung noch zwischen zwei Buchdeckel passte. Heute istder horrenden Schuldensumme nur noch mit Großrechnern beizukommen. Das Schuldbuch 2002 -eine Computerdatei. Und die Post an die Gläubiger muss schneller produziert werden, ummit der Verschuldung Schritt zu halten. Schuldscheinquittungen im Sekundentakt. Auch inBad Homburg sind Deutschlands Schulden grauer Alltag.
O-Ton Knut Kage:
(Präsident, Bundeswertpapier-Verwaltung)
"Wir streben keine höhereBundesschuld an, etwa um Arbeitsplätze hier zu halten. Wir haben genug andere Aufgaben.Wir wollen ordentlich und flexibel weiterarbeiten."
Kommentar:
Ordentlich und flexibel in die Pleite. Viel Zeit bleibt Eichel nicht, um die Wendenoch zu schaffen. Denn so bankrott ist der Staat: 752 Milliarden Euro hat sich allein derBund seit 1980 geliehen. Das Geld wurde komplett gefressen von den 903 Milliarden EuroZinsen, die er für diese Kredite zahlen musste.
O-Ton Wolfgang Kitterer:
(Schuldenexperte Universität Köln)
"Die Schulden werden immer höher sein,auf Dauer, als das, was man sich durch Kredite erkauft hat. Das heißt, es ist ja jetztauch schon festzustellen, dass die Defizite, die man macht, auf Dauer nicht ausreichenkönnen, um die Zinslast abzudecken. Was bedeutet das wiederum? Dass man zusätzlicheZinslasten wiederum über Steuern finanzieren muss. Also resultiert aus derStaatsverschuldung letztlich nur eine höhere Steuerlast. Man hat niemandem etwas Gutesgetan, es sei denn den Wertpapierhaltern."
Kommentar:
Eichel, derSchuldenkiller? Tatsächlich ist sein Sparprogramm nur ein ganz bescheidener Anfang. Denndas ist Deutschlands Schuldenberg: 1.200 Milliarden Euro. Was Eichel einsparen will, istlediglich die Neuverschuldung - derzeit ganze 42 Milliarden. Vom Abbau des gigantischenSchuldenberges ist noch gar nicht die Rede.
Jetzt hat Eichel versprochen,spätestens 2006 keinen Cent neue Schulden mehr zu machen. Doch ein Hintertürchen hältauch er sich noch offen.
O-Ton Interviewer:
"Sie legen Ihre Handdafür ins Feuer, dass es 2006 eine Null gibt?"
Hans Eichel:
"Wirsetzen alles daran. Alles, was wir tun können, tun wir. Was Sie nie im Griff haben, istdie Weltkonjunkturentwicklung. Wenn es eine große Rezession gibt, sieht natürlich dieWelt anders aus."
Kommentar.
Der Schuldenuhr ist die Konjunktur egal,sie tickt unerbittlich weiter.
O-Ton Friedrich Halstenberg (ehem.Finanzminister NRW):
"Es ist auch durchaus möglich, dass wir unsereStaatsfinanzen ganz zu Grund richten. Noch ein, zwei Jahrzehnte weiter in dieser Musik,dann gibt es einen anderen Staat."
Bericht: Jochen Graebert, Max von Klitzing,Stephan Stuchlik
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