collectivist schrieb:Die Rechten stehen auf Autoritarismus, Status Quo, Kapitalismus/autoritären Korporatismus, Patriarchiat, Nationalstaaterei. Wir hingegen bekämpfen das oben genannte
Ich bin auch PRO Status Quo, denn auch wenn jetzt alles aus den Fugen zu geraten scheint, ist es doch im Vergleich zu allen anderen Staatsformen, die es irgendwann irgendwo gab, immer noch der pure Luxus und das kann ich guten Gewissens behaupten, obwohl oder weil ich im Moment von Arbeitslosengeld leben muss.
Ich bin auch PRO Kapitalismus, weil es das einzige System ist, das tatsächlich funktioniert und im Gegensatz zu dem, was aus der linken Ecke kommt, keine Ideologie ist, sondern ein sozusagen evolviertes System. Niemand hat das bewusst und absichtlich installiert und den Leuten aufgezwungen oder untergejubelt (auch wenn das manche Linke anders sehen mögen), es hat sich eben aufgrund verschiedener Faktoren, unter anderem dem des Wesens des Menschen, so entwickelt, bis es zu dem geworden ist, was es heute ist.
Und in gewissem Rahmen bin ich auch PRO Nationalstaat. Ich war immer ein Fan der EU, aber ich sehe dort schon bedenkliche Tendenzen und solange ein derart komplexes Gebilde wie die EU nicht dazu in der Lage ist, diesen ausreichend schnell, konsequent und nachhaltig genug entgegenzuwirken, sind die Nationalstaaten die einzig realistische Handlungsoption.
Das sind 3 von 6 Punkten erfüllt um als Rechter zu gelten, also schon mal die Hälfte und siehe da, Halbfaschist wurde ich von den Linken auch schon mal genannt, weil ich ein paar rein hypothetische Überlegungen zu einem alternativen Gesellschaftsmodel angestellt habe. Das haben die aber auch nur gesagt, weil die wussten, dass sie, wenn sie mich Nazi oder Faschist genannt hätten, angezeigt worden wären.
Ich habe mich selbst immer als Verfassungspatrioten gesehen. Mir ist es eigentlich völlig egal, warum jemand aktiv wird, um die Freiheitlich Demokratische Grundordnung zu bekämpfen oder zu beseitigen. Staatsfeind ist Staatsfeind und es sind alle von unserer Verfassung gedeckten Mittel legitim gegen diesen vorzugehen und das sollte mMn auch mit aller Konsequenz geschehen, denn - wie gesagt - einen größeren Wohlstand, mehr Sicherheit und mehr Freiheit als bei uns heute hat es noch nie irgendwo gegeben.
Zu meinem Leidwesen beobachte ich jedoch an mir selbst eine zunehmende Radikalisierung. Das geschieht ganz von allein, und ich fühle mich auch ohnmächtig dagegen etwas zu tun, außer es so weit es geht ins Leere laufen zu lassen oder die Augen zu verschließen. Ich sehe, dass es Probleme gibt, die angesprochen und gelöst werden müssen. Dass es Missstände gibt und Entwicklungen, die, sollten sie ungebremst fortlaufen, eine Gefahr darstellen werden. Sowohl für den Staat, als auch für die Gesellschaft, als auch für mich persönlich.
Und, ich glaube es hat weiter oben schon jemand angedeutet, wenn ich für das Ansprechen gewisser Probleme und Risiken, in eine Ecke gestellt werde, und das immer und immer wieder geschieht, dann sind die Leute, die dafür verantwortlich sind, irgendwann Teil des Problems und nicht mehr Teil der Lösung.
Ängste verschwinden nicht, indem man sie heruntergespielt oder negiert und das manifestiert sich dann auch irgendwann, ob das jemandem nun in den Kram passt oder nicht.
Die Rechten sind die größeren Nutznießer davon. Zum Einen, weil sie sich besser organisieren und koordinieren, zum anderen, weil sie sich - zumindest vorgeblich - länger auf dem Boden der Rechtstaatlichkeit bewegen. Sie spielen ihren Feind, den Staat, gegen ihren anderen Feind, die Linke, effektiver gegeneinander aus. Das war so am Ende der Weimarer Republik und das wird genauso laufen, wenn die Radikalisierung in der Gesellschaft weiter zunimmt. Sie agieren politisch gesehen einfach geschickter als ihre extremistischen Pendants auf der Gegenseite.
Und was haben die Linken dem entgegenzusetzen? Mit Krawallbrüdern könnte ich leben. Mit weltfremden Spinnern und kommunistischen Ideologen auch. Mit Ostalgikern, Leuten, denen es in der DDR einfach besser ging, hätte ich auch kein Problem. WAS mich so dermaßen abstößt, das sind die Leute, die aus der SED kommen und für die die Wiedervereinigung eine persönliche Niederlage und permanente Demütigung ist. Die alles tun, um diesem Staat zu schaden und ihn zu destabilisieren, weil sie davon träumen, dass, wenn dieser Staat scheitert, sie ihren ranzigen 'real-existierenden Sozialismus' hier wieder einführen können. Das hat auch seinen Grund, warum ich da so empfindlich bin:
Ich bin etwas ländlich neben einem ehemaligen KZ aufgewachsen und das desensibilisiert einen schon ein bisschen, was das menschliche Leid angeht. Aber wenn man dann in Hohenschönhausen vor einem 93 Jahre alten Mann steht und der zu weinen anfängt, nachdem er einem die Folterkeller der Stasi gezeigt hat und erzählt, dass keiner der Täter von damals je belangt wurde und 90% von den Leuten, die dafür verantwortlich waren direkt von der SED in die PDS übertreten konnten usw. usf. dann horcht man schon mal auf.
Und wenn man dann an geeigneter Stelle mal welche von den Linken, ich sag mal 'Hintermännern', damit konfrontiert und dann nur zur Antwort kriegt 'Da war gar nichts. Da war niemand. Und die, die das behaupten, dass sie da drin so lange eingesperrt waren und gefoltert wurden, die lügen.', dann gerät man schon ein bisschen in einen Zwiespalt und fängt ein bisschen zu grübeln an.
Für mich hat der Mann nicht gelogen. Das ist jetzt über zehn Jahre her und ich kann einfach nicht anders als diesem Mann zu glauben.
Vielleicht lässt sich ja der ein oder andere Linke von seinen Vorbildern mal ein bisschen was von früher erzählen. Wie toll das alles war und warum genau das so spitze ist, was man da macht. Ich denke, wenn man nicht ganz dumm ist und nicht nur hört, was man hören will, dann kriegt man schon ein bisschen einen Fühler dafür wie es tatsächlich gewesen sein muss.
Denn wenn der Feind das bessere Kalkül hat, dann braucht man eben das bessere Gespür.