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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

14.202 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wirtschaft, Armut, Kapitalismus ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 12:37
@Edengefühle

Deine Gegenüberstellung von Wirtschaftswissenschaften (meist pauschal mit der ‚Neoklassik‘ identifiziert) auf der einen und Soziologie auf der anderen Seite ist sehr schwarzweißmalerisch. In deinen Ausführungen klingt es so, als sei ‚die Soziologie‘ noch bei Marx oder anderweitig materialistisch orientiert. Die von euch Gesellschaftskritikern bevorzugten Gegenstände wie ‚soziale Ungleichheit‘ werden doch in der (heutigen) Soziologie weitaus differenzierter betrachtet. Nach meinem Eindruck werden in der zeitgenössischen Soziologie ökonomische Phänomene sehr häufig institutionalistisch erklärt. Wenn ihr Gesellschaftskritiker euch pauschal auf ‚die Soziologie‘ beruft (hier im Forum z.B. auch @paranomal ), höre ich bezeichnenderweise nie etwas von Max Weber, Niklas Luhmann, Robert K. Merton, Mark Granovetter, Hartmut Esser, Richard Scott oder den aktuellen Wirtschaftssoziologen. Warum? Weil diese die Komplexität und – daraus folgend – die weitgehende Nicht-Steuerbarkeit moderner Gesellschaften erkannt und damit den Grundpfeiler der Utopisten angesägt haben. Ich würde sagen, die meisten Wirtschaftssoziologen haben sich von Marx abgewandt – wenn die Soziologie überhaupt jemals übergreifend an ihm orientiert war. Marx hat sicherlich einen Kerngedanken gehabt, der retrospektiv als soziologisch anzuerkennen ist, nämlich dass soziale Prozesse sich verselbstständigen und sich abseits des Bewusstseins konkreter Einzelakteure vollziehen können. Aber er hat sich letztlich nur für Ökonomie interessiert und andere Gesellschaftsbereiche – wenn überhaupt – stets durch die materialistisch-ökonomistische Brille betrachtet. Heute würden viele Sozialwissenschaftler gerade die Einbettung der Wirtschaft in das übrige geistige Leben, z.B. ihre Beeinflussung durch die Kultur, berücksichtigen. Der Materialismus ist eine Sackgasse.

Und Marx‘ Analyse des sogenannten Kapitalismus krankt m.E. auch daran, dass er die Gewinnerwirtschaftung primär am Produktionsprozess festmacht, also so tut, als halte der Kapitalist den Gewinn schon in Händen, wenn er den Arbeiter ‚ausgebeutet‘ (bei Marx eigentlich: exploitiert) hat und über die fertigen Produkte verfügt. Dass der Gewinn erst da ist, wenn dem Kapitalisten die Produkte zu einem bestimmten Preis abgekauft werden, und dass dieser Schritt scheitern kann und faktisch immer wieder scheitert, wird meist vergessen. Und: Marx zeigt zwar, wie die Technisierung des Produktionsprozesses die Waren immer weiter verbilligt, zieht aber nicht den Schluss, dass genau hieraus ein allgemeiner Wohlstand erwächst (und eben keine Verelendung der Arbeiter, die ja zugleich die Konsumenten sind, ohne die wiederum der Kapitalist keinen Gewinn erwirtschaften kann), obwohl die Produktion privatwirtschaftlich organisiert ist. Dass der Kapitalismus prinzipiell unproblematisch ist, lässt sich im Grunde schon aus Marx‘ „Kapital“ selbst herauslesen: Dort wird ‚eingestanden‘, dass sich Kapital nur dadurch erzielen und akkumulieren lässt, dass massenhaft Gebrauchswerte produziert werden. Massenhaft Gebrauchswerte produzieren heißt: massenhaft Bedürfnisse befriedigen (= Wohlstand für alle). Genau genommen wiederholt Marx damit die These von Adam Smith, dass aus dem Egoismus des Einzelnen ein gesamtgesellschaftlicher Nutzen entstehen kann. Dass hierbei eventuell materielle Ungleichheit erzeugt wird, ist ein völlig anderer Punkt! Adam Smith und viele zeitgenössische Gerechtigkeitstheoretiker (z.B. John Rawls) sind diesbezüglich der Meinung, dass eine Ungleichverteilung moralisch akzeptabel (ja sogar geboten!) ist, wenn das zugrunde liegende System den jeweils (relativ) Ärmsten einen absoluten Wohlstand verschafft. Hier muss jeder selbst entscheiden, was ihm lieber ist: mehr Gleichheit auf einem niedrigeren als potenziell erreichbaren Niveau (Linke) oder ein höheres Wohlstandsniveau auch und gerade für die am schlechtesten Gestellten unter Inkaufnahme eines größeren Abstands zwischen Oben und Unten (Liberale). Dies ist jedoch eine normative Frage, die nicht wirtschaftstheoretisch geklärt werden kann!
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Marx hat sich mit ermüdender Pedanterie fast ausschließlich der Analyse der Lehre der Nationalökonomie gewidmet, ist praktisch jeden ihrer Aspekte durchgegangen, und war unglaublich vorsichtig mit alternierenden Gesellschaftsentwürfen.
Aus dem von dir Geschriebenen erhellt, dass die sogenannte ‚Neoklassik‘ und Marx denselben Makel haben: Beide argumentieren rein theoretisch. Wie du richtig schreibst, hat Marx die ökonomischen Theorien analysiert und regelrecht ‚auseinandergenommen‘, z.B. Widersprüche aufgedeckt. Aber kann er dadurch die Wahrheit entdecken und die Wirtschaft verstehen? Was es aus heutiger wissenschaftlicher Sicht braucht, um Theorien zu widerlegen, ist Empirie. Und der Mangel an Empirie bei gleichzeitigem dogmatischem Beharren auf theoretischen Grundsätzen ist das, was das linke Denken bis heute auszeichnet, ja geradezu konstituiert. Man greift sich zwar gerne den einen oder anderen empirischen Befund heraus, der ins Bild passt (allen voran den Verweis auf materielle Ungleichheit); man zieht jedoch niemals alternative Erklärungsmöglichkeiten in Betracht, ist also nicht wirklich an Erkenntnis interessiert. Wer Probleme lösen will, muss ihre Ursachen kennen. Was ist, wenn die Ursache der materiellen Ungleichheit nicht im Kapitalismus zu suchen, sondern systemunabhängig ist (und wie wir wissen, gibt es sie auch in nicht-kapitalistischen Systemen)? Was ist, wenn es nur eine Spielart des bei Merton beschriebenen Matthäus-Effekts ist, dass ‚die Reichen immer reicher‘ werden?


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 12:48
Zitat von EdengefühleEdengefühle schrieb:Wo kommt das "Mehr" der einen her? Erklär mal.
Die Annahme, dass die einen nur mehr haben können, wenn sie den anderen etwas wegnehmen, so dass diese dann weniger haben, beruht auf einer Verkennung des Umstands, dass die Wirtschaft grundsätzlich etwas Dynamisches ist. Die Linken betrachten die Wirtschaft wie einen Suppentopf, aus dem die einen sich zu viel herausnehmen, so dass die anderen hungern müssen. Auf diese Weise wird letztlich jegliches Armsein logischerweise auf die Schuld eines anderen zurückgeführt. Wirtschaft ist aber ein permanenter Austauschprozess – gewissermaßen das fortwährende Kochen der Suppe. Wir alle bieten etwas auf dem Markt an, und wir alle kaufen unseren Mitmenschen etwas ab (oder eben nicht); und dass der eine mehr hat als der andere, resultiert daraus, dass uns als Konsumenten das eine mehr wert ist als das andere. Sicher haben die Linken recht, wenn sie auf die unterschiedlichen Startbedingungen hinweisen, mit denen wir in diese Austauschprozesse eintreten; dadurch ist aber nicht die Dysfunktionalität des Austauschprozesses selbst belegt. Er ist der beste Modus, den wir bislang aus der historischen Erfahrung kennen. Und dass wir unterschiedliche Startbedingungen haben, ist nicht nur das Ergebnis vorheriger Markterfolge oder -misserfolge (oder eine späte Auswirkung krimineller Akte, wie Marx glaubt), sondern geht bisweilen auf nicht-wirtschaftliche Unterschiede zwischen Menschen zurück, die sich dann wirtschaftlich auswirken können. Hierbei spielt neben dem Talent (und der Frage, inwiefern meine Mitmenschen genau dieses Talent gerade nachfragen) nicht zuletzt das Glück eine entscheidende Rolle.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 13:37
Zitat von NashimaNashima schrieb:Kommt darauf an was du unter "mehr" verstehst. Wenn "mehr" gleich "Geld" bedeutet, dann ist strenggenommen der Besitzer nicht unbedingt der Erzeuger des Geldes, umgangssprachlich mag das anders sein.
Ne, Geld hab ich tatsächlich nich gemeint, sondern eben den Mehrwert, also der Wert, der entsteht, wenn man zB. aus Eisenerz Stahl macht.

Geld is ja prinzipiell auch gar nich knapp, man kann ja grundsätzlich unendlich viel davon e
Zitat von NashimaNashima schrieb:Ich würde sagen, dass so unser Geldsystem funktioniert, Kapitalismus ist eine spezifische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung welche sich nicht auf das wegnehmen von Geld reduzieren lässt.
Wie gesagt, es geht nich ums Geld, sondern um geschaffene Werte und wem diese gehören sollten.

mfg
kuno


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 13:51
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Das Wort Wirtschaftskreislauf ist Dir ein Begriff?
Das mit dem Wirtschaftskreislauf stimmt selbstverständlich, aber nur weil man die 3Mio. jetz nich für nen Jet ausgibt, sondern sie übers Jahr auf ein paar Hundert arme Menschen verteilt, verschwindet die Kohle ja auch nich mal eben aus dem Wirtschaftskreislauf, denn die Leute, die die Kohle bekommen geben die ja auch wieder aus.
Es werden dann zwar weniger Jets produziert, dafür eben mehr Wohnraum vermietet, mehr Nahrung, Kleidung oder andere Konsumgüter produziert, die so auch wieder einen Job haben.

Von daher is der Wirtschaftskreislauf kein gutes Argument dafür, warum es sinnvoll sein sollte Privatjets oder Yachten zu besitzen.

kuno


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 13:59
Zitat von kuno7kuno7 schrieb:Wie gesagt, es geht nich ums Geld, sondern um geschaffene Werte und wem diese gehören sollten.
Der Gewinn in deinem Beispiel ist demnach der Ertrag aus der Dienstleistung/Energie welche aus Eisenerz, Stahl herstellt. Damit besitze ich im Grunde keinen Mehrwert sondern Kapital was ich wiederum für Dienstleistungen anderer einsetzten kann, quasi eine Schuld. Der Mehrwert besitzt der neu erzeugte Stahl gegenüber dem Eisenerz.

Ich glaube aber nicht, dass man darauf die Funktion von Kapitalismus reduzieren kann. Kapitalismus ist nebst anderem auch Wettbewerb, Angebot und Nachfrage.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 14:02
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Wir alle bieten etwas auf dem Markt an, und wir alle kaufen unseren Mitmenschen etwas ab (oder eben nicht); und dass der eine mehr hat als der andere, resultiert daraus, dass uns als Konsumenten das eine mehr wert ist als das andere.
Was in diesem Bild der "Gesellschaft freier Produzenten" nie eingepreist wird, ist eben die Tatsache, dass die meisten eben nur ihre Arbeit anbieten können. Und eben diese Personen treten dann in ein Tauschverhältnis, dass zwar im Verständnis der bürgerlich-ökonomischen Logik einen Austausch von Äquivalenten darstellt, doch eigentlich nur die über das Gerede von Produktionsfaktoren verschleierte Vorbedingung für das kapitalbasierte Wirtschaften darstellt. Denn genau dort wird der Suppentopf ja immer weiter aufgefüllt - und zwar von denen, die den Wert durch ihre Arbeitskraft generieren.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 14:06
Zitat von kuno7kuno7 schrieb:Es werden dann zwar weniger Jets produziert, dafür eben mehr Wohnraum vermietet, mehr Nahrung, Kleidung oder andere Konsumgüter produziert, die so auch wieder einen Job haben.

Von daher is der Wirtschaftskreislauf kein gutes Argument dafür, warum es sinnvoll sein sollte Privatjets oder Yachten zu besitzen.
Aber die Menschen, die auf die eine oder andere Art arbeitenderweise an Produktion, Wartung, Start, Landung und Aufbewahrung beteilgit sind, wohnen doch auch und kaufne Lebensmittel etc.

Warum sollen die sämtlich Probleme dafür bekommen, das irgendwoanders Geldgeschenke verteilt werden? Die haben immerhin noch dafür gearbeitet.

Das macht den Privatjet für mich jetzt als Objekt nicht begehrenswerter, das gilt aber auch für viele andere Konsumgüter.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 14:20
Zitat von paranomalparanomal schrieb:Was in diesem Bild der "Gesellschaft freier Produzenten" nie eingepreist wird, ist eben die Tatsache, dass die meisten eben nur ihre Arbeit anbieten können
Steht jedem frei selbständig zu werden.

Ah ja das geht ja nur wenn man ihm einen fertigen Konzern dahinstellt.

Nun was halt die Leute davon ab ihre Fähigkeiten selbständig zu vermarkten?

Ist ja nicht so als liefe jedes Unternehmertum auf Kredit.

Das ganze mah noch in Jäger und Sammler Kulturen funktionieren wo die Ressourcen quasi frei waren.

Alternativ kann natürlich jeder als Unternehmen Dinge verteilen wie er will, spricht nichts dagegen sich einen Kollektivbetrieb zu basteln wo alle mitentscheiden.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 14:20
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:höre ich bezeichnenderweise nie etwas von Max Weber, Niklas Luhmann, Robert K. Merton, Mark Granovetter, Hartmut Esser, Richard Scott oder den aktuellen Wirtschaftssoziologen. Warum? Weil diese die Komplexität und – daraus folgend – die weitgehende Nicht-Steuerbarkeit moderner Gesellschaften erkannt und damit den Grundpfeiler der Utopisten angesägt haben.
Weitere Klassiker wie Max Weber und Durkheim (den du interessanterweise vergessen hast) wurden doch in den Aktualisierungen durch die Kritische Theorie längst in die marxistisch-ideologiekritische Perspektive integriert. Zudem stehen die anderen von dir genannten Autoren überhaupt nicht zwangsläufig im Widerspruch zu den strukturanalytischen Modellen von Marx, Althusser oder Bourdieu. Wer sich in der modernen Soziologie umschaut, wird dort nach wie vor eine Menge Autoren und Autorinnen aus dieser Denktradition antreffen, die sich mit ganz modernen Problemen von Informationsgesellschaften befassen. Die Prämisse, der Marxismus hätte es in seiner Kritik immer schon auf die Steuerung von Produktionsprozessen abgesehen, ist ein merkwürdiger Trugschluss, der mehr der Rezeption durch die österreichische Schule als den eigentlichen Ausgangstexten geschuldet ist. Im Fokus steht stattdessen der Umstand, dass nicht länger die Individuen die Austauschprozesse bestimmen, sondern die Austauschprozesse über die Individuen. Die Kritik richtet sich gegen die Verselbstständigung von ökonomischen Prozessen und den daraus hervorgegangenen kulturellen Phänomenen.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 14:26
Zitat von NashimaNashima schrieb:Der Gewinn in deinem Beispiel ist demnach der Ertrag aus der Dienstleistung/Energie welche aus Eisenerz, Stahl herstellt. Damit besitze ich im Grunde keinen Mehrwert sondern Kapital was ich wiederum für Dienstleistungen anderer einsetzten kann, quasi eine Schuld. Der Mehrwert besitzt der neu erzeugte Stahl gegenüber dem Eisenerz.
Du weichst meiner Frage aus. Die Frage war, wem der geschaffene Mehrwert gehören sollte bzw. ob dieser dem zusteht, der ihn geschaffen hat.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Aber die Menschen, die auf die eine oder andere Art arbeitenderweise an Produktion, Wartung, Start, Landung und Aufbewahrung beteilgit sind, wohnen doch auch und kaufne Lebensmittel etc.
Ja eben, den Wirtschaftskreislauf tangiert das grundsätzlich nich, es werden lediglich andere Wege genommen.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Warum sollen die sämtlich Probleme dafür bekommen, das irgendwoanders Geldgeschenke verteilt werden? Die haben immerhin noch dafür gearbeitet.
Dann arbeiten die eben woanders oder wieder andere haben Probleme, weil die keinen Job haben, wenn viele sich keine Konsumgüter leisten können.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Das macht den Privatjet für mich jetzt als Objekt nicht begehrenswerter, das gilt aber auch für viele andere Konsumgüter.
Darum gehts ja nich, sondern um das Argument „der Jet treibt den Wirtschaftskreislauf an“, denn genau das würden die Produkte und Dienstleistungen, für die das Geld alternativ ausgegeben würde ja ebenso tun.

mfg
kuno


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 14:30
Zitat von kuno7kuno7 schrieb:treibt den Wirtschaftskreislauf an“, denn genau das würden die Produkte und Dienstleistungen, für die das Geld alternativ ausgegeben würde ja ebenso tun
Das das nicht immer so ist, sieht man eigentlich so an Staaten die ihre Industrien verloren haben.

Oder anders, das Geld kann dann in anderen Systemen landen.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 14:32
Zitat von FedaykinFedaykin schrieb:Oder anders, das Geld kann dann in anderen Systemen landen.
Aber wenn die Kohle für nen Jet ausgegeben wird, kann dir das nich passieren?

kuno


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 14:40
@kuno7
Zitat von kuno7kuno7 schrieb:Dann arbeiten die eben woanders oder wieder andere haben Probleme, weil die keinen Job haben, wenn viele sich keine Konsumgüter leisten können.
Welche moralische Rechtfertigung soll es denn dafür geben, in ein System einzugreifen, um das Geld als Transfer an zB 200 zu verteilen, wissentlich, dass dadurch viele andere in eine vergleichbar schlechte Lage geraten?

Und das Geld für den Jet, das DU enteignet hast, kannst DU genau 1x als Transfer verteilen. Wenn die 3 Millionen alle sind, sind sie es.

Der Herr Jetbesitzer wird aber locker den KP in wenigen Jahren dazu bezahlen müssen für Wartung, Starts, Landungen etc. Und dann muss irgendwann mal ein neuer Jet her.

Es geht also darum, dauerhafte Arbeitsplätze einzustampfen, um einmalig Transfergeschenke zu machen.


Das ist nicht dasselbe.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 14:40
Zitat von kuno7kuno7 schrieb:Du weichst meiner Frage aus. Die Frage war, wem der geschaffene Mehrwert gehören sollte bzw. ob dieser dem zusteht, der ihn geschaffen hat.
Ich weiche nicht aus, aus meiner Sicht ist die Fragestellung falsch. Mehrwert bezieht sich auf Waren und ist nichts was ein Mensch extern besitzen kann.

Auf dein Stahlbeispiel bezogen, der Hersteller des Stahlbarrens Gibt dem Eisenerz einen Mehrwert. Er besitzt den Stahlbarren bis er ihn verkauft, danach besitzt der Käufer den Stahlbarren mit dem Mehrwert. Mehrwert ist immer auch ein Verhältnis, in diesem Fall das Verhältnis Stahl gegenüber Eisenerz.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 16:28
Zitat von kuno7kuno7 schrieb:Die Frage war, wem der geschaffene Mehrwert gehören sollte bzw. ob dieser dem zusteht, der ihn geschaffen hat.
Es ist in der Tat die Frage, was du unter "Mehrwert" verstehst. Das Produkt gehört demjenigen, der den Produktionsprozess (einschließlich der Arbeitskräfte) bezahlt. Jetzt muss derjenige das Produkt noch auf dem Markt gewinnbringend absetzen können, andernfalls hat er Pech gehabt. Soll das Produkt hingegen demjenigen gehören, der es "geschaffen hat" (ich nehme an, damit meinst du die Arbeitskräfte), kommt der Produktionsprozess (und mithin das Produkt) gar nicht erst zustande, denn das Motiv des Kapitalisten, den ganzen Zirkus zu veranstalten, liegt ja gerade darin, dass das Produkt nachher ihm gehört und er es gewinnbringend verkaufen kann.

Somit erübrigt sich deine Frage eigentlich; sie scheint mir den Vorstellungen der Arbeitswertlehre verhaftet, wonach allein durch das Fertigen des Produkts ein quantifizierbarer Wert entsteht, an dem man dann die Arbeitskräfte irgendwie beteiligen könnte. Aber beteiligt werden kann man ja nur an einem Geldbetrag, und den hat man erst nach einem (erfolgreichen) Verkauf zur Verfügung. Man kann das Fell nicht verteilen, bevor der Bär erlegt ist. Ob und zu welchem Preis das Produkt später verkauft werden kann, ist eine offene und nur höchst variabel zu beantwortende Frage. Der Verkauf erfolgt ja nach der Fertigung und nach der Bezahlung der Arbeiter. Er könnte misslingen oder suboptimal verlaufen, und der Kapitalist macht einen Verlust oder einen geringeren Gewinn als erhofft. Das ist sein Risiko.

Eine Beteiligung der Arbeiter könnte nur über eine nachträgliche Prämie im Erfolgsfall laufen (und so etwas gibt es ja auch). Hier taucht aber graduell wieder das Motivproblem auf: Je höher die Prämie, desto geringer der Gewinn für den Kapitalisten; wäre der Gewinn zu niedrig (oder würde dieser gar komplett als Prämie aufgeteilt), käme der ganze Prozess mangels Motiv überhaupt nicht zustande.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 16:42
Zitat von paranomalparanomal schrieb:Rationalheld schrieb:
Wir alle bieten etwas auf dem Markt an, und wir alle kaufen unseren Mitmenschen etwas ab (oder eben nicht); und dass der eine mehr hat als der andere, resultiert daraus, dass uns als Konsumenten das eine mehr wert ist als das andere.

Was in diesem Bild der "Gesellschaft freier Produzenten" nie eingepreist wird, ist eben die Tatsache, dass die meisten eben nur ihre Arbeit anbieten können. Und eben diese Personen treten dann in ein Tauschverhältnis, dass zwar im Verständnis der bürgerlich-ökonomischen Logik einen Austausch von Äquivalenten darstellt, doch eigentlich nur die über das Gerede von Produktionsfaktoren verschleierte Vorbedingung für das kapitalbasierte Wirtschaften darstellt. Denn genau dort wird der Suppentopf ja immer weiter aufgefüllt - und zwar von denen, die den Wert durch ihre Arbeitskraft generieren.
Das ist eine bloße Reproduktion dessen, was Marx sagt, ohne jede Reflexion. Du betest das herunter wie ein strenger Christ die Bibel. Dadurch ist die Wahrheitsfrage leider keineswegs geklärt (und es bestätigt meinen Dogmatismusvorwurf). Ich habe ausdrücklich geschrieben, dass wir mit unterschiedlichen Voraussetzungen in den Tauschprozess gehen. Das ist eine Binsenweisheit. Die Frage ist, inwiefern das schlimm (und gegebenenfalls vermeidbar ist).

Auf unsere heutige Situation bezogen lautet die entscheidende Frage doch: Inwiefern ist es denn problematisch, „dass die meisten nur ihre Arbeit anbieten können“, wenn sie dadurch ihren Wohlstand sichern können? Warum dieses vorwurfsvolle ‚Nur‘? Marx‘ Argument bestand ja darin, dass die Arbeiter trotz Arbeit auf einem absoluten Armutsniveau verharren. Das trifft auf unsere Gesellschaft nicht zu (weswegen das Konstrukt der relativen Armut geschaffen werden musste, um das System noch problematisieren zu können). Das Einzige, was die heutige Kapitalismuskritik noch zu beklagen hat, ist und bleibt somit die materielle Ungleichheit an sich – egal auf welchem absoluten Niveau diese sich bewegt. Das lockt aber niemanden hinter dem Ofen hervor, solange der einfache Arbeiter sich seine materiellen Wünsche erfüllen und Einkommensfortschritte machen kann, auch und gerade weil die wirtschaftlichen Verhältnisse so sind wie sie sind. Damit ist der größte moralische Vorwurf an den Kapitalismus gegenstandslos.

Und niemand muss sich in die abhängige Beschäftigung begeben, wenn er nicht will (und auch dies ist ein entscheidender Unterschied zur Marx-Epoche): a) Entweder ich bin clever und habe Ideen; dann gehe ich zur Bank und lasse mir mein eigenes Geschäft vorfinanzieren (ja, heute ist es kein Problem mehr, an die entsprechenden Produktionsmittel, z.B. einen Laptop, zu kommen; ich kann auch eine Genossenschaft mit anderen Wenigbesitzern gründen); b) oder mir fehlt das nötige kulturelle Kapital (wobei ich mir auch von diesem durchaus etwas aneignen kann, wenn ich will; wir alle lernen kostenlos Lesen, Schreiben und Rechnen), dann beantrage ich eben Transferleistungen. Was ich sagen will: Die von Marx zum Ausgangspunkt genommene Situation (Besitzende vs. Besitzlose, wobei die letzteren ihre Haut verkaufen müssen, um nicht zu verhungern), ist schlichtweg nicht mehr gegeben. Ich kann mir gut vorstellen, dass er sich, wenn er sich heute umblicken würde, revidieren und nicht den künstlichen Dramatisierungen seiner Nachbeter erliegen würde.
Zitat von paranomalparanomal schrieb:das kapitalbasierte Wirtschaften [...]. Denn genau dort wird der Suppentopf ja immer weiter aufgefüllt - und zwar von denen, die den Wert durch ihre Arbeitskraft generieren.
Eben. Der Suppentopf wird immer weiter aufgefüllt. Dies liefert die Grundlage für den (potenziell) immer weiter steigenden Wohlstand der Arbeiter. Wird der Suppentopf beim nicht-kapitalbasierten Wirtschaften auch aufgefüllt? Wenn ja, wie? Oder geht es wieder einmal nur um die gleiche(re) Verteilung eines nur mäßig gefüllten und sich nicht weiter füllenden Suppentopfs?


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 16:47
Zitat von paranomalparanomal schrieb:Weitere Klassiker wie Max Weber und Durkheim (den du interessanterweise vergessen hast) wurden doch in den Aktualisierungen durch die Kritische Theorie längst in die marxistisch-ideologiekritische Perspektive integriert. Zudem stehen die anderen von dir genannten Autoren überhaupt nicht zwangsläufig im Widerspruch zu den strukturanalytischen Modellen von Marx, Althusser oder Bourdieu. Wer sich in der modernen Soziologie umschaut, wird dort nach wie vor eine Menge Autoren und Autorinnen aus dieser Denktradition antreffen, die sich mit ganz modernen Problemen von Informationsgesellschaften befassen. Die Prämisse, der Marxismus hätte es in seiner Kritik immer schon auf die Steuerung von Produktionsprozessen abgesehen, ist ein merkwürdiger Trugschluss, der mehr der Rezeption durch die österreichische Schule als den eigentlichen Ausgangstexten geschuldet ist. Im Fokus steht stattdessen der Umstand, dass nicht länger die Individuen die Austauschprozesse bestimmen, sondern die Austauschprozesse über die Individuen. Die Kritik richtet sich gegen die Verselbstständigung von ökonomischen Prozessen und den daraus hervorgegangenen kulturellen Phänomenen.
Vielleicht ist ‚Steuerung‘ in der Tat zu eng gefasst. Was ich meinte, ist, dass die von mir genannten Autoren das Modell einer differenzierten Gesellschaft vertreten, die (auch analytisch!) nicht von einem zentralen Punkt aus überschaubar ist. Die marxistischen Autoren gehen dagegen stets von einer imaginären ‚Totalität‘ aus. Das ist sehr wohl ein unüberwindbarer Gegensatz. Die Kritische Theorie spricht (beispielsweise in der Kulturindustrie-Kritik) von allmächtigen Verfügenden, die eine passive Masse nach Belieben manipulieren. Das ist aus Sicht der modernen Soziologie (und Psychologie) nicht aufrechtzuerhalten und würde heute wohl als ‚Verschwörungsideologie‘ bezeichnet werden. Das Problem der Nicht-Steuerbarkeit tritt übrigens sehr wohl sofort auf, wenn man über konkrete Alternativen zur Marktwirtschaft nachzudenken beginnt. An diesem Punkt bricht die Diskussion mit Kapitalismuskritikern auch hier im Forum für gewöhnlich ab.

[Wo wird denn Max Weber in die marxistische Perspektive integriert? Ich kenne nur den von fundamentalen Missverständnissen durchzogenen Verriss von Herbert Marcuse. Gut – Webers Rede vom „stahlharten Gehäuse des Kapitalismus“ mag ganz gerne zitiert werden und ist mit Marx vereinbar. Aber weder in der Analyse noch in der Bewertung des Wirtschaftssystems folgt man Weber. Meines Wissens gilt er den Marxisten als Apologet des Kapitalismus, ergo als Teufel.]

Danke für die Ergänzung in Sachen des von mir durchaus geschätzten Durkheim. Wir sollten in der Tat einmal über sein interessantes Konzept der organischen Solidarität nachdenken. Was die Marxisten wollen, ist nämlich immer nur mechanische Solidarität im Sinne Durkheims: Sie versuchen ein archaisches Gemeinschaftsideal (das zwingend an überschaubare Kollektive gebunden ist) modernen Gesellschaften überzustülpen – die Quadratur des Kreises.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 16:59
Zitat von kuno7kuno7 schrieb:Aber wenn die Kohle für nen Jet ausgegeben wird, kann dir das nich passieren?
Auch.. aber sobald du dunge verbietest oder Kraft der Willkür beschlagnahmen willst ist es ziemlich sicher raus aus dem System.


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Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle

20.03.2023 um 17:40
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Welche moralische Rechtfertigung soll es denn dafür geben, in ein System einzugreifen, um das Geld als Transfer an zB 200 zu verteilen, wissentlich, dass dadurch viele andere in eine vergleichbar schlechte Lage geraten?
Braucht es denn eine? Falls ja, welche moralische Rechtfertigung haben denn die Milliardäre, die keinen Privatjet haben?
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Und das Geld für den Jet, das DU enteignet hast, kannst DU genau 1x als Transfer verteilen. Wenn die 3 Millionen alle sind, sind sie es.
Die 3Mios für den Jet kann der Milliardär auch nur genau einmal ausgeben, is also auch nich anders.
Mal davon abgesehen, dass ich nix vom enteignen gesagt hab.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Der Herr Jetbesitzer wird aber locker den KP in wenigen Jahren dazu bezahlen müssen für Wartung, Starts, Landungen etc. Und dann muss irgendwann mal ein neuer Jet her.
Auch dieses Geld könnte alternativ ebenso an Bedürftige gehen, m dem gleichen Impact für den Wirtschaftskreislauf.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Es geht also darum, dauerhafte Arbeitsplätze einzustampfen, um einmalig Transfergeschenke zu machen.
Wie ich ja gerade erklärt hab, is dies nich der Fall.
Zitat von NashimaNashima schrieb:Mehrwert bezieht sich auf Waren und ist nichts was ein Mensch extern besitzen kann.
Waren können nich von Menschen besessen werden? Das wirst du so kaum gemeint haben.
Und was soll „extern“ in dem Zusammenhang bedeuten?
Zitat von NashimaNashima schrieb:Auf dein Stahlbeispiel bezogen, der Hersteller des Stahlbarrens Gibt dem Eisenerz einen Mehrwert. Er besitzt den Stahlbarren bis er ihn verkauft
Is das denn so? Verkauft denn der Hersteller den Stahl oder der Besitzer? Oder sind
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Es ist in der Tat die Frage, was du unter "Mehrwert" verstehst. Das Produkt gehört demjenigen, der den Produktionsprozess (einschließlich der Arbeitskräfte) bezahlt.
Was ich darunter verstehe, hatte ich ja am Erz-Stahl Beispiel erklärt. Der Stahl is in der Regel mehr wert, als das Erz incl. des gesamten Produktionsaufwands. Diese Differenz meine ich mit Mehrwert.
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Soll das Produkt hingegen demjenigen gehören, der es "geschaffen hat" (ich nehme an, damit meinst du die Arbeitskräfte)
Nein, das meine ich eigentlich nich. Die Arbeitskräfte erzeugen ja nur einen Teil des Mehrwerts.
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Somit erübrigt sich deine Frage eigentlich
Das täte sie vielleicht, wenn deine Prämisse richtig wäre, was aber nich der Fall is.
Aber selbst dann fände ich die Frage durchaus legitim.
Zitat von FedaykinFedaykin schrieb:Auch.. aber sobald du dunge verbietest oder Kraft der Willkür beschlagnahmen willst ist es ziemlich sicher raus aus dem System.
Ich hatte ja nich vom Verbieten von irgendetwas geredet, weshalb dein Einwand eher überflüssig war.

kuno


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