Kapitalismus - Die Ausgeburt der Hölle
06.08.2015 um 09:47Bevor das hier weiter mit Belangsoligkeit und dem üblichen "gefährlichen Halbwahrheiten" weiter geht, mal einpaar ernstzunehmende Gedanken von echten Ökonomen zum Thema.
Lohnt mal etwas tiefer einzusteigen:
Lohnt mal etwas tiefer einzusteigen:
Der gescheiterte Kapitalismushttps://www.freitag.de/autoren/the-guardian/der-gescheiterte-kapitalismus
-Gesellschaft
Die Botschaft des linken Ökonomen Thomas Piketty ist finster: Die Schere zwischen arm und reich droht uns zu zerstören
Auf einmal macht ein neuer Ökonom von sich reden, der nicht der politischen Rechten angehört. Auf der Konferenz des Institute of New Economic Thinking, die Anfang April in Toronto stattfand, wurde Thomas Pikettys Buch Capital in the Twenty-First Century bei jeder Veranstaltung, an der ich teilnahm, mindestens einmal erwähnt. Man muss in die 1970ern zu Milton Friedman zurückgehen, um einen Wirtschaftswissenschaftler zu finden, der einen solchen Einfluss ausübte.
Wie Friedman ist auch Piketty ein Kind seiner Zeit. An die Stelle der Inflationsangst der Siebziger sind heute Bedenken getreten, der Einfluss einer Schicht von Superreichen auf unsere Wirtschaft und Gesellschaft könnte zu groß geworden sein. Piketty hat keinen Zweifel daran, dass die immer weiter steigende Ungleichheit der Besitzverhältnisse ein Ausmaß erreicht hat, wo sie die Zukunft des Kapitalismus selbst bedroht. Er hat es sogar bewiesen.
Die überraschende These dürfte denjenigen missfallen, die glauben, die am Tauschwert orientierte Produktionsweise setzte die Ungleichheit der Lebens- und Einkommensverhältnisse voraus. Der Kapitalismus brauche eine ungleiche Verteilung des Reichtums als Anreiz für das Eingehen von Risiken und persönliche Anstrengung, lautet ihr wirtschaftsliberales Argument. Wenn der Staat versuche, die Marktwirtschaft mittels Steuern auf Vermögen, Kapital, Erbschaften und Eigentum zu regulieren, töte er damit die Gans, die die goldenen Eier legt.
Piketty zeigt anhand von Wirtschaftsdaten und Steuerlisten, die einen Zeitraum von 200 Jahren umfassen, dass das nicht stimmt. Das Kapital, so argumentiert er, ist blind. Sobald seine Rendite – in Form jeglicher Art von Reinvestitionen von Mietwohnungen bis hin zu einem neuen PKW-Werk – das Realwachstum von Löhnen und Produktion übersteigt, wie dies in der Geschichte (bis auf einige wenige Phase wie etwa 1910 bis 1940 ) stets der Fall war – wächst das Kapital schneller als die Wirtschaft. Die Ungleichheit der Vermögen steigt exponentiell.
Dieser Prozess wird durch Erbschaften und dem Phänomen überbezahlter „Super-Manager“, vor allem in den USA und Großbritannien, noch weiter verschärft. Die Bezahlung von Spitzenfunktioniären habe hier nichts mehr mit wahren Verdiensten zu tun – in Kerneuropa und Japan falle sie wesentlich geringer aus. Wichtig in Pikettys Denken ist die Erkenntnis, dass Vermögensunterschiede kein Naturgesetz darstellen. Eine Gesellschaft kann sie hinnehmen oder gegen sie vorgehen.
Die Ungleichheit der Vermögen ist in Europa und den USA ungefähr doppelt so groß wie die Ungleichheit der Einkommen: Die reichsten zehn Prozent besitzen zwischen 60 und 70 Prozent des Gesamtvermögens, aber nur 25 bi 35 Prozent der Gesamteinkommen. Diese Konzentration des Reichtums existierte allerdings bereits vor dem Ersten Weltkrieg und geht bis ins späte 19. Jahrhundert zurück, als das Glück zu erben das dominierende Element im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben darstellte. Es besteht eine beständige Wechselwirkung zwischen Vermögen und Einkommen: Ein großes Vermögen sorgt dafür, dass verdientes Einkommen durch unverdientes Kapitaleinkommen ergänzt wird und die Spirale der Ungleichheit weiter anheizt.
Die Verschwendung und die unglaublichen sozialen Spannungen des edwardianischen Englands, des Frankreichs der Belle Epoche und des Amerikas der robber barons, schienen für immer der Vergangenheit anzugehören. Doch Piketty zeigt, dass die Phase zwischen 1910 und 1950, in der die Ungleichheit verringert wurde, eine Ausnahme darstellt. Krieg und Depression installierten die Dynamik der Ungleichheit wieder und brachten gleichzeitig die Einsicht in die Notwenidgkeit, hohe Einkommen, und insbesondere Einkommen aus Vermögen, hoch zu besteuern, um den sozialen Frieden aufrecht zu erhalten. Heute ist der Prozess des blinden Kapitals, das sich in immer weniger Händen immer schneller vermehr, wieder im globalen Maßstab in Gang. Mit möglicherweise fatalen Folgen, wie Piketty schreibt.
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