@kanuni"...Franzose, Engländer etc. Außerdem ließen die alles zu. Wenn man deine Sichtweise hernimmt, sind die genauso schuldig. Nicht einen Deut weniger!"
Tja, das ist wohl das grosse Versäumnis des 20. Jahrhunderts, dass die Siegermächte des 1. WK so wenig mit militärischer Macht auf die Einhaltung der Vertragsbedingungen gepocht haben. Ein paar Tausend tote Deutsche 1933 hätten vielleicht ein paar Millionen tote Europäer ab 1939 verhindert, und "wir" könnten heute noch an der Masurischen Seeplatte hocken.
Aber es waren eben nicht diese Staaten, die am 1. September 1939 Polen überfallen haben, sondern dieser hier, der in der Nachfolge des verzockten Pleite-Reiches steht, ob er nun will oder nicht.
@TopicAber bitte: Geht doch rüber!
02.08.2007 19:31
WAZ: Deutsche arbeiten in Polen: Und was, wenn keiner mehr zu uns kommt? - Leitartikel von Stefan Schulte
Essen (ots) - Diese Klage kennt jeder: Auf deutschen Baustellen wird alles gesprochen, nur kein Deutsch. Dafür wird seit einigen Monaten, welch Ironie, auf polnischen Baustellen deutsch gesprochen. Wer sich nun schüttelt und im falschen Film wähnt, dem sei zunächst versichert: Weder haben sich osteuropäische Arbeiter über Nacht kollektiv aus Deutschland verabschiedet, noch kann von einer Abwanderung deutscher Fachkräfte nach Polen als einem Massenphänom die Rede sein. Dennoch zeugt der junge, zarte Trend von einer erstaunlichen Bewegung auf dem europäischen Arbeitsmarkt.
Die gut ausgebildeten Polen wandern nach Irland, Großbritannien und Skandinavien, viele Ingenieure selbst ins bauwütige Russland aus und verdienen dort ein Vielfaches. Weil die Arbeit sonst liegen bleiben würde, müssen die polnischen Auftraggeber, sei es der Staat oder Privatinvestoren, höhere Preise bezahlen. Und weil gerade in Ostdeutschland die deutschen Löhne längst nicht mehr die höchsten sind, verdienen plötzlich deutsche Arbeiter und Unternehmer in Polen gutes Geld.
Was noch vor wenigen Jahren unvorstellbar schien, ist nun ein starkes Indiz dafür, dass sich die Angleichung der Lebensverhältnisse schneller vollzieht, als sich das die meisten vorstellen konnten oder wollten. Das kann man toll finden (neue Märkte) oder ganz schlimm (sind wir Deutschen die neuen Billiglöhner?). Ändern kann man es nicht mehr.
Das ist zwar eine banale Erkenntnis, aber längst nicht bei jedem angekommen. Wie sonst wäre die Phantomdebatte zu erklären, die sich derzeit die Großkoalitionäre in Berlin leisten? SPD und Union streiten über die Beschränkungen, die in Deutschland für alle Bürger der neuen EU-Länder noch bis 2009 gelten. Teile der SPD wollen die Schranken vorher abbauen, damit mehr Fachkräfte nach Deutschland kommen. Unions-Fraktionschef Kauder will das Land sogar bis 2011 vor Billiglöhnern abschotten.
Und was, wenn gar keiner kommt? Abgesehen davon, dass Kauder bewusst und populistisch alte Überfremdungs-Ängste schürt, gehen beide Vorstellungen an der Realität vorbei. Weil es anderswo mehr zu verdienen gibt, wird eine Öffnung weder Fachkräfte noch Billiglöhner in Scharen anlocken. Worüber nachzudenken mehr lohnte, wäre deshalb, warum andere Länder längst attraktiver sind als Deutschland. Wer vom europäischen Binnenmarkt profitieren will, muss sich ihm auch öffnen. Großbritannien und Irland haben es als erste getan.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung