Die Toten der Bundeswehr bekommen ein Ehrenmal
31.07.2007 um 07:56Die Toten der Bundeswehr bekommen ein Ehrenmal - dort, wo man des Nazi-Aufstands gegen Hitler gedenkt
Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) mag den "Zeitgeist" nicht - "favorisiert" dieser seiner Auffassung nach doch "anderes" als Gehorsam, Treue und Pflichterfüllung. Daß sich auf der Basis der von Jung so hoch geschätzten Werte nicht nur eine Armee, sondern auch ein KZ problemlos führen ließe, ficht den Minister nicht an. Er will dem pazifistischen Spuk in Deutschland ein Ende bereiten; schließlich läßt der Mann kaum eine Gelegenheit aus, beiläufig zu erwähnen, daß er selbst gedient habe und stolz darauf sei.
Jüngster Ausdruck dieses Stolzes und des Kampfes gegen den "Zeitgeist" ist die Planung eines Ehrenmals für die Toten der Bundeswehr. Ein solches sei "überfällig", meint Jung und weiß sich dabei mit seinem ranghöchsten Offizier einig: Generalsinspekteur Wolfgang Schneiderhan zeigte sich vom jetzt vorliegenden Entwurfsmodell der militärischen Gedenkstätte gar "persönlich berührt", meldete der "Spiegel".
Der Vorschlag des Münchener Architekten und Fachhochschulprofessors Andreas Meck, der noch in diesem Herbst baulich umgesetzt werden soll, sieht die Errichtung einer 41 Meter langen, acht Meter breiten und zehn Meter hohen Weihehalle im Paradehof des Berliner Sitzes des Verteidigungsministeriums vor. Damit jedem Besucher des sogenannten Bendlerblocks gleich klar ist, worum es sich bei dem Monstrum handelt, erhält es eine Umhüllung aus Bronze, in die halbe "Erkennungsmarken" gestanzt sind. Ein solches Stück Blech trägt jeder Soldat um den Hals; im Falle seines Todes dient es zur Identifizierung der Leiche, was je nach Zustand derselben bitter nötig sein kann.
Im Innern des Ehrenmals findet der auf den Soldatentod eingestimmte Besucher einen gänzlich schwarzen Raum vor, in dessen Mitte ein Steinblock steht, der lediglich vom durch einen Schacht in der Decke einfallenden Tageslicht illuminiert wird - wie in der Neuen Wache, der "Zentralen Mahn- und Gedenkstätte" der Bundesrepublik, die Pietà von Käthe Kollwitz. Architekt Meck bezeichnet diesen Raum als "Cella" - in antiken Tempeln wurde so der Ort genannt, an dem die jeweilige Götterstatue aufgestellt war. Ein gerüttelt Maß an religiösem Pathos ist für die Legitimation von Krieg und militärischer Gewalt offensichtlich nach wie vor unabdingbar, auch wenn auf den Koppelschlössern der Bundeswehrsoldaten nicht mehr "Gott mit uns" steht, wie weiland bei der Wehrmacht.
Beim Verlassen des Ehrenmals geht der Besucher dann an einer goldschimmernden Wand vorbei, auf der folgende Inschrift zu lesen ist: "Den Toten unserer Bundeswehr. Für Frieden, Recht und Freiheit." Es sei die weltweite "Durchsetzung" dieser hehren Ziele, der der Dienst in der Bundeswehr gelte, schrieb Jung Ende Juni in der "Welt" - wie sich diese Aufgabenstellung mit dem grundgesetzlichen Auftrag der Landesverteidigung verträgt, erklärte er nicht. Dank seines Amtsvorgängers Peter Struck (SPD) ist mittlerweile allerdings allgemein bekannt, daß die Freiheit Deutschlands am Hindukusch und in anderen weit entfernten Regionen sonstwo auf der Welt verteidigt wird. Präzisierungen sind dem "Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr" zu entnehmen - hier wird "Freiheit" mit dem freien "Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen" resp. der Sicherung des "freien und ungehinderten Welthandel(s)" übersetzt.
Dieser "erweiterte Sicherheitsbegriff" wird von der überwiegenden Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages geteilt - ebenso wie die Auffassung, daß für die Freiheit der Unternehmer, das Recht auf Ausbeutung und den Frieden der westlichen Metropolen eben von Zeit zu Zeit Opfer, Menschenopfer, zu bringen sind. Nahezu einhellig begrüßten denn auch die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen die Idee des Ehrenmals und wollten lediglich die folgenden Fragen diskutiert wissen: Soll nur der in Auslandseinsätzen getöteten Bundeswehrangehörigen gedacht werden oder auch der Opfer aus den Reihen der Entwicklungshelfer, des Technischen Hilfswerks und der Polizei? Wie steht es um diejenigen Soldaten, die sich während ihrer Dienstzeit oder danach - vielleicht in Folge erlittener Traumata - das Leben nahmen? Werden die Toten namentlich genannt und wenn ja, wieviel Raum ist für künftige Opfer freizuhalten?
All das ist mittlerweile geklärt. Als "Inhaber der zentralen Befehls- und Kommandogewalt" sei er für die Angehörigen der Bundeswehr zuständig, nicht für Polizisten und zivile Aufbauhelfer, beschied Jung abschließend und schlug den Parlamentariern vor, doch über ein "gesondertes Ehrenmal" für die genannten Opfergruppen zu befinden. Gedacht wird fortan aller 2.600 Soldaten und Zivilangestellten der Bundeswehr, die seit der Wiederbewaffnung ums Leben kamen, also auch Unfallopfern und Selbstmördern; er wolle hier "keine Differenzierungen" vornehmen, so der Minister. Die Namen der Toten schließlich werden nach Rücksprache mit den Angehörigen in einer jederzeit aktualisierbaren elektronischen Datenbank erfaßt und - einem Vorschlag des Architekten Meck folgend - mittels Laser auf eine Gedenktafel projiziert: moderne Technik wider das Vergessen und leidige Platzprobleme.
Zuletzt erhitzte nur noch die Standortfrage die Gemüter. So äußerte beispielsweise der grüne Wehrexperte Alexander Bonde sein Unverständnis dafür, daß Jung das Ehrenmal unbedingt "im Hintergarten seines Ministeriums" sehen wolle; auch FDP-Generalsekretär Dirk Niebel wollte nicht, daß dieses "versteckt im Bendlerblock" steht. Mit den Worten "Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Daher muß das Denkmal seinen Platz am Reichstagsgebäude finden", brachte der SPD-Politiker Johannes Kahrs die Kritik an Jung auf den Punkt. Dem durchaus zutreffenden Argument, daß in letzter Konsequenz die Parlamentarier für jeden toten deutschen Soldaten seit 1955 verantwortlich sind, mochten sich auch mehrere Bundestagsabgeordnete aus den Reihen der CDU nicht verschließen und pflichteten Kahrs bei.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hingegen unterstützte Jung in der Standortfrage von Anfang an. Wie der Minister erachtet auch er den "Bendlerblock" als besonders geeignet für die Aufstellung des Ehrenmals, weil hier alljährlich am 20. Juli der Hitlerattentäter, jenem "guten Teil" der deutschen Wehrmacht, gedacht werde. Daß die Verschwörer um Claus Graf Schenk von Stauffenberg dem Nationalsozialismus keineswegs abhold und - bis sich die endgültige Niederlage abzeichnete - an so ziemlich allen Aggressionshandlungen und Verbrechen des "Dritten Reichs" beteiligt waren, unterschlug Thierse wohlweislich, als er dem "Deutschlandfunk" das zitierte Statement gab.
Der "Bendlerblock" erscheint ihm aber auch aus einem weiteren Grund als sinnvoller Standort für das Bundeswehr-Ehrenmal: In der Nähe des Reichstags befinde sich bereits das Holocaust-Mahnmal, andere Denkmäler - etwa für die von den Nazis ermordeten Sinti und Roma oder die Homosexuellen - seien in Planung, weshalb die Einrichtung eines weiteren Gedenkortes in diesem Bereich einer "Denkmalsinflation" Vorschub leiste.
Vor einer solchen kann nun allerdings wirklich nicht eindringlich genug gewarnt werden. Schließlich unterhält die Bundeswehr bereits für jeden Teil der Streitkräfte ein eigenes Ehrenmal:
- Auf dem Gelände der Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz, nahe dem Heeresführungskommando, befindet sich seit 1972 das "Ehrenmal des Heeres". Es stellt die liegende Gestalt eines jungen Soldaten mit Stahlhelm dar und trägt die Inschrift "Den Toten des Heeres"; darüber prangt ein Eisernes Kreuz. Wie das Kuratorium des Ehrenmals mitteilt, soll damit an "alle Toten des Heeres, auch an die im Dienst und Einsatz zu Tode gekommenen Angehörigen ... der Bundeswehr" erinnert werden.
???Im bayerischen Fürstenfeldbruck steht das "Ehrenmal der Luftwaffe". 1962 vom ersten Inspekteur der Bundesluftwaffe und vormaligen NS-General Josef Kammhuber eingeweiht, erinnert es seither mit Eisernem Kreuz und Lorbeerkranz nicht nur an alle "Toten der Luftwaffe", sondern auch an die der "Luftfahrt" allgemein - ein frühes Beispiel zivil-militärischen Gedenkens, wie es beispielsweise dem grünen Wehrpolitiker Winfried Nachtwei vorschwebt.
??In diesem Sinne vorbildhaft ist auch das "Ehrenmal der Marine" in Laboe unweit von Kiel. Es wurde am 30. Mai 1936, dem 20. Jahrestag der Seeschlacht im Skagerrak, von Adolf Hitler eingeweiht. Die ursprüngliche Inschrift lautete "Für deutsche Seemannsehr, für Deutschlands schwimmende Wehr, für beider Wiederkehr"; heute dient es laut Deutschem Marinebund als "Gedenkstätte für die Deutsche Marine und die Zivile Schiffahrt".
???In den aktuellen Operationsgebieten des deutschen Militärs wie Afghanistan, Kosovo und Bosnien haben die Soldaten ihren getöteten Kameraden bereits in eigener Regie Denkmäler gesetzt.
Verteidigungsminister Jung indes reicht das nicht. Bereits im Dezember 2005 stellte er sich anläßlich eines Besuchs im deutschen Heerlager von Kabul beim Anblick des dortigen Ehrenmals nach eigenem Bekunden diese Frage: "Was machen wir eigentlich in Deutschland für jene, die im Einsatz für die Bundeswehr ihr Leben gelassen haben?" Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten; kurz darauf begannen die Planungen für die zentrale militärische Gedenkstätte. Jetzt, so Jung in der "Welt", gelte "auch für die Bundeswehr in ihrer Gesamtheit" das, "was für die Teilstreitkräfte von Heer, Luftwaffe und Marine seit langem gilt", nämlich "einen Ort der Erinnerung an die Toten, der individuellen Trauer und des militärischen Zeremoniells zu haben".
Dem mochte sich auch die sich ansonsten gerne pazifistisch gerierende Linkspartei lange nicht verschließen. Mitte Juni kriegte sie dann gerade noch die Kurve: Statt eines Ehrenmals forderte der Vorsitzende ihrer Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, ein "Mahnmal", das sowohl an die toten deutschen Soldaten als auch an alle anderen Kriegstoten erinnert. Das aber gibt es schon, sogar mitten in Berlin: Die erwähnte Neue Wache dient - Helmut Kohl sei Dank - seit dem Ende der DDR nicht mehr dem Gedenken an die Opfer des deutschen Faschismus und Militarismus, sondern erinnert unterschiedslos an alle "Opfer des Krieges und der Gewaltherrschaft". Ob dazu auch die aktuell kriegführenden Soldaten der Bundeswehr und die ihrer Protektoratsherrschaft in Afghanistan oder im Kosovo zum Opfer Fallenden gehören, bleibt dem Betrachter überlassen.
Peer Heinelt schrieb in KONKRET 7/07 über das Bertelsmann-Ranking
Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) mag den "Zeitgeist" nicht - "favorisiert" dieser seiner Auffassung nach doch "anderes" als Gehorsam, Treue und Pflichterfüllung. Daß sich auf der Basis der von Jung so hoch geschätzten Werte nicht nur eine Armee, sondern auch ein KZ problemlos führen ließe, ficht den Minister nicht an. Er will dem pazifistischen Spuk in Deutschland ein Ende bereiten; schließlich läßt der Mann kaum eine Gelegenheit aus, beiläufig zu erwähnen, daß er selbst gedient habe und stolz darauf sei.
Jüngster Ausdruck dieses Stolzes und des Kampfes gegen den "Zeitgeist" ist die Planung eines Ehrenmals für die Toten der Bundeswehr. Ein solches sei "überfällig", meint Jung und weiß sich dabei mit seinem ranghöchsten Offizier einig: Generalsinspekteur Wolfgang Schneiderhan zeigte sich vom jetzt vorliegenden Entwurfsmodell der militärischen Gedenkstätte gar "persönlich berührt", meldete der "Spiegel".
Der Vorschlag des Münchener Architekten und Fachhochschulprofessors Andreas Meck, der noch in diesem Herbst baulich umgesetzt werden soll, sieht die Errichtung einer 41 Meter langen, acht Meter breiten und zehn Meter hohen Weihehalle im Paradehof des Berliner Sitzes des Verteidigungsministeriums vor. Damit jedem Besucher des sogenannten Bendlerblocks gleich klar ist, worum es sich bei dem Monstrum handelt, erhält es eine Umhüllung aus Bronze, in die halbe "Erkennungsmarken" gestanzt sind. Ein solches Stück Blech trägt jeder Soldat um den Hals; im Falle seines Todes dient es zur Identifizierung der Leiche, was je nach Zustand derselben bitter nötig sein kann.
Im Innern des Ehrenmals findet der auf den Soldatentod eingestimmte Besucher einen gänzlich schwarzen Raum vor, in dessen Mitte ein Steinblock steht, der lediglich vom durch einen Schacht in der Decke einfallenden Tageslicht illuminiert wird - wie in der Neuen Wache, der "Zentralen Mahn- und Gedenkstätte" der Bundesrepublik, die Pietà von Käthe Kollwitz. Architekt Meck bezeichnet diesen Raum als "Cella" - in antiken Tempeln wurde so der Ort genannt, an dem die jeweilige Götterstatue aufgestellt war. Ein gerüttelt Maß an religiösem Pathos ist für die Legitimation von Krieg und militärischer Gewalt offensichtlich nach wie vor unabdingbar, auch wenn auf den Koppelschlössern der Bundeswehrsoldaten nicht mehr "Gott mit uns" steht, wie weiland bei der Wehrmacht.
Beim Verlassen des Ehrenmals geht der Besucher dann an einer goldschimmernden Wand vorbei, auf der folgende Inschrift zu lesen ist: "Den Toten unserer Bundeswehr. Für Frieden, Recht und Freiheit." Es sei die weltweite "Durchsetzung" dieser hehren Ziele, der der Dienst in der Bundeswehr gelte, schrieb Jung Ende Juni in der "Welt" - wie sich diese Aufgabenstellung mit dem grundgesetzlichen Auftrag der Landesverteidigung verträgt, erklärte er nicht. Dank seines Amtsvorgängers Peter Struck (SPD) ist mittlerweile allerdings allgemein bekannt, daß die Freiheit Deutschlands am Hindukusch und in anderen weit entfernten Regionen sonstwo auf der Welt verteidigt wird. Präzisierungen sind dem "Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr" zu entnehmen - hier wird "Freiheit" mit dem freien "Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen" resp. der Sicherung des "freien und ungehinderten Welthandel(s)" übersetzt.
Dieser "erweiterte Sicherheitsbegriff" wird von der überwiegenden Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages geteilt - ebenso wie die Auffassung, daß für die Freiheit der Unternehmer, das Recht auf Ausbeutung und den Frieden der westlichen Metropolen eben von Zeit zu Zeit Opfer, Menschenopfer, zu bringen sind. Nahezu einhellig begrüßten denn auch die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen die Idee des Ehrenmals und wollten lediglich die folgenden Fragen diskutiert wissen: Soll nur der in Auslandseinsätzen getöteten Bundeswehrangehörigen gedacht werden oder auch der Opfer aus den Reihen der Entwicklungshelfer, des Technischen Hilfswerks und der Polizei? Wie steht es um diejenigen Soldaten, die sich während ihrer Dienstzeit oder danach - vielleicht in Folge erlittener Traumata - das Leben nahmen? Werden die Toten namentlich genannt und wenn ja, wieviel Raum ist für künftige Opfer freizuhalten?
All das ist mittlerweile geklärt. Als "Inhaber der zentralen Befehls- und Kommandogewalt" sei er für die Angehörigen der Bundeswehr zuständig, nicht für Polizisten und zivile Aufbauhelfer, beschied Jung abschließend und schlug den Parlamentariern vor, doch über ein "gesondertes Ehrenmal" für die genannten Opfergruppen zu befinden. Gedacht wird fortan aller 2.600 Soldaten und Zivilangestellten der Bundeswehr, die seit der Wiederbewaffnung ums Leben kamen, also auch Unfallopfern und Selbstmördern; er wolle hier "keine Differenzierungen" vornehmen, so der Minister. Die Namen der Toten schließlich werden nach Rücksprache mit den Angehörigen in einer jederzeit aktualisierbaren elektronischen Datenbank erfaßt und - einem Vorschlag des Architekten Meck folgend - mittels Laser auf eine Gedenktafel projiziert: moderne Technik wider das Vergessen und leidige Platzprobleme.
Zuletzt erhitzte nur noch die Standortfrage die Gemüter. So äußerte beispielsweise der grüne Wehrexperte Alexander Bonde sein Unverständnis dafür, daß Jung das Ehrenmal unbedingt "im Hintergarten seines Ministeriums" sehen wolle; auch FDP-Generalsekretär Dirk Niebel wollte nicht, daß dieses "versteckt im Bendlerblock" steht. Mit den Worten "Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Daher muß das Denkmal seinen Platz am Reichstagsgebäude finden", brachte der SPD-Politiker Johannes Kahrs die Kritik an Jung auf den Punkt. Dem durchaus zutreffenden Argument, daß in letzter Konsequenz die Parlamentarier für jeden toten deutschen Soldaten seit 1955 verantwortlich sind, mochten sich auch mehrere Bundestagsabgeordnete aus den Reihen der CDU nicht verschließen und pflichteten Kahrs bei.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hingegen unterstützte Jung in der Standortfrage von Anfang an. Wie der Minister erachtet auch er den "Bendlerblock" als besonders geeignet für die Aufstellung des Ehrenmals, weil hier alljährlich am 20. Juli der Hitlerattentäter, jenem "guten Teil" der deutschen Wehrmacht, gedacht werde. Daß die Verschwörer um Claus Graf Schenk von Stauffenberg dem Nationalsozialismus keineswegs abhold und - bis sich die endgültige Niederlage abzeichnete - an so ziemlich allen Aggressionshandlungen und Verbrechen des "Dritten Reichs" beteiligt waren, unterschlug Thierse wohlweislich, als er dem "Deutschlandfunk" das zitierte Statement gab.
Der "Bendlerblock" erscheint ihm aber auch aus einem weiteren Grund als sinnvoller Standort für das Bundeswehr-Ehrenmal: In der Nähe des Reichstags befinde sich bereits das Holocaust-Mahnmal, andere Denkmäler - etwa für die von den Nazis ermordeten Sinti und Roma oder die Homosexuellen - seien in Planung, weshalb die Einrichtung eines weiteren Gedenkortes in diesem Bereich einer "Denkmalsinflation" Vorschub leiste.
Vor einer solchen kann nun allerdings wirklich nicht eindringlich genug gewarnt werden. Schließlich unterhält die Bundeswehr bereits für jeden Teil der Streitkräfte ein eigenes Ehrenmal:
- Auf dem Gelände der Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz, nahe dem Heeresführungskommando, befindet sich seit 1972 das "Ehrenmal des Heeres". Es stellt die liegende Gestalt eines jungen Soldaten mit Stahlhelm dar und trägt die Inschrift "Den Toten des Heeres"; darüber prangt ein Eisernes Kreuz. Wie das Kuratorium des Ehrenmals mitteilt, soll damit an "alle Toten des Heeres, auch an die im Dienst und Einsatz zu Tode gekommenen Angehörigen ... der Bundeswehr" erinnert werden.
???Im bayerischen Fürstenfeldbruck steht das "Ehrenmal der Luftwaffe". 1962 vom ersten Inspekteur der Bundesluftwaffe und vormaligen NS-General Josef Kammhuber eingeweiht, erinnert es seither mit Eisernem Kreuz und Lorbeerkranz nicht nur an alle "Toten der Luftwaffe", sondern auch an die der "Luftfahrt" allgemein - ein frühes Beispiel zivil-militärischen Gedenkens, wie es beispielsweise dem grünen Wehrpolitiker Winfried Nachtwei vorschwebt.
??In diesem Sinne vorbildhaft ist auch das "Ehrenmal der Marine" in Laboe unweit von Kiel. Es wurde am 30. Mai 1936, dem 20. Jahrestag der Seeschlacht im Skagerrak, von Adolf Hitler eingeweiht. Die ursprüngliche Inschrift lautete "Für deutsche Seemannsehr, für Deutschlands schwimmende Wehr, für beider Wiederkehr"; heute dient es laut Deutschem Marinebund als "Gedenkstätte für die Deutsche Marine und die Zivile Schiffahrt".
???In den aktuellen Operationsgebieten des deutschen Militärs wie Afghanistan, Kosovo und Bosnien haben die Soldaten ihren getöteten Kameraden bereits in eigener Regie Denkmäler gesetzt.
Verteidigungsminister Jung indes reicht das nicht. Bereits im Dezember 2005 stellte er sich anläßlich eines Besuchs im deutschen Heerlager von Kabul beim Anblick des dortigen Ehrenmals nach eigenem Bekunden diese Frage: "Was machen wir eigentlich in Deutschland für jene, die im Einsatz für die Bundeswehr ihr Leben gelassen haben?" Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten; kurz darauf begannen die Planungen für die zentrale militärische Gedenkstätte. Jetzt, so Jung in der "Welt", gelte "auch für die Bundeswehr in ihrer Gesamtheit" das, "was für die Teilstreitkräfte von Heer, Luftwaffe und Marine seit langem gilt", nämlich "einen Ort der Erinnerung an die Toten, der individuellen Trauer und des militärischen Zeremoniells zu haben".
Dem mochte sich auch die sich ansonsten gerne pazifistisch gerierende Linkspartei lange nicht verschließen. Mitte Juni kriegte sie dann gerade noch die Kurve: Statt eines Ehrenmals forderte der Vorsitzende ihrer Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, ein "Mahnmal", das sowohl an die toten deutschen Soldaten als auch an alle anderen Kriegstoten erinnert. Das aber gibt es schon, sogar mitten in Berlin: Die erwähnte Neue Wache dient - Helmut Kohl sei Dank - seit dem Ende der DDR nicht mehr dem Gedenken an die Opfer des deutschen Faschismus und Militarismus, sondern erinnert unterschiedslos an alle "Opfer des Krieges und der Gewaltherrschaft". Ob dazu auch die aktuell kriegführenden Soldaten der Bundeswehr und die ihrer Protektoratsherrschaft in Afghanistan oder im Kosovo zum Opfer Fallenden gehören, bleibt dem Betrachter überlassen.
Peer Heinelt schrieb in KONKRET 7/07 über das Bertelsmann-Ranking