Der nächste Krieg der USA wird gegen den Iran sein
02.11.2007 um 17:54Der eskalierende Kurdenkonflikt vergiftet das gesellschaftliche Klima der Türkei
Von Gerd Höhler
Eigentlich sollte die Fahrt von Izmir an der türkischen Ägäisküste bis ans andere Ende Anatoliens gehen, nach Mardin. Aber schon nach einem Fünftel der Strecke, in Afyon, nahm die Reise ein jähes Ende: Eine Gruppe von Rechtsextremisten griff den Überlandbus mit Steinen und Eisenstangen an. Fast alle Scheiben gingen zu Bruch. Dem Fahrer gelang es gerade noch, sich und seine überwiegend kurdischen Fahrgäste in Sicherheit zu bringen. So etwa komme jetzt häufiger vor, berichtet ein Sprecher des Reiseunternehmens Dilmenler: Linienbusse, die die Kurdenregion anfahren, seien bereits mehrfach angegriffen worden.
Seit der Kurdenkonflikt wieder eskaliert, rollt eine Welle des Nationalismus über die Türkei hinweg. Zum Nationalfeiertag, der am Montag gefeiert wurde, ertrank das Land, in dem die roten Nationalflagge ohnehin allgegenwärtig ist, in einem Meer von Fahnen. Seit kurdische Rebellen am vorvergangenen Wochenende bei einem Überfall zwölf Soldaten töteten und acht weitere verschleppten, gingen Hunderttausende Menschen auf die Straßen. Die Flaggenfabrikanten fahren Sonderschichten: Mehr als sechs Millionen Fahnen wurden in einer Woche verkauft. Die Tankstellenkette Petrol Ofisi verschenkte an ihren Zapfsäulen allein am Nationalfeiertag eine halbe Million türkische Flaggen.
Aber der Zorn, den viele Türken über die jüngsten Angriffe der PKK empfinden, manifestiert sich nicht nur in patriotischen Aufwallungen und Demonstrationszügen. Während sich die Verbündeten Ankaras noch fieberhaft darum bemühen, einen türkischen Einmarsch im Nordirak abzuwenden, droht die Türkei selbst zum Kriegsschauplatz zu werden: Im westtürkischen Bursa fielen Schüsse in einem überwiegend von Kurden besuchten Kaffeehaus, drei Menschen wurden verletzt. Eine Gruppe junger Schläger, die den ultra-nationalistischen "Grauen Wölfen" zugerechnet wird, verwüstete einen kurdischen Wochenmarkt.
Ebenfalls in Bursa plünderte der Mob mehrere Geschäfte der Supermarktkette "Saypa" – sie gehört einer kurdischen Familie. Firmenchef Necati Sayli ließ jetzt seine Filialen mit türkischen Nationalflaggen drapieren. So hofft er sich vor weiteren Angriffen zu schützen.
Der Hass auf die PKK vergiftet zusehends das Klima zwischen Türken und Kurden. Zu spüren bekommen die Progromstimmung auch die Politiker der pro-kurdischen Partei DTP, die seit den jüngsten Wahlen mit 20 Abgeordneten im Parlament sitzt. Die DTP gilt vielen Türken als politischer Arm der verbotenen PKK. Im Istanbuler Stadtteil Fatih stürmten Nationalisten das DTP-Gebäude, steckten die Möbel in Brand und zerschlugen die Fensterscheiben. Auch in anderen Landesteilen gehen jetzt DTP-Büros in Flammen auf, fürchten Kurdenpolitiker um ihr Leben.
Die Hatz auf Kurden macht vielen Zeitungskommentatoren bereits Angst: Er sei selbst jungen Türken begegnet, die bereits Listen über kurdische Familien in ihrer Nachbarschaft anlegten, berichtete erschrocken der Kolumnist Cüneyt Ülsever. Viele Unternehmen begännen, kurdische Beschäftige zu entlassen, schreibt Ahmet Hakan in der Zeitung Hürriyet. "Tod den Kurden" hätten Demonstranten in der Touristenhochburg Antalya gerufen, meldete entsetzt der Kommtator Abdullah Muratoglu in der Zeitung Yeni Safak.
Murat Yetkin, Leitartikler der liberalen Zeitung Radikal, fürchtet "eine Bedrohung für den inneren Frieden". Andere Kommentatoren sehen bereits die Gefahr eines Bürgerkrieges heraufziehen.
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=f25a465aa1f4c9e49dc411b79f866215&em_cnt=123
Und das auch wieder mal im Namen des Islam
Von Gerd Höhler
Eigentlich sollte die Fahrt von Izmir an der türkischen Ägäisküste bis ans andere Ende Anatoliens gehen, nach Mardin. Aber schon nach einem Fünftel der Strecke, in Afyon, nahm die Reise ein jähes Ende: Eine Gruppe von Rechtsextremisten griff den Überlandbus mit Steinen und Eisenstangen an. Fast alle Scheiben gingen zu Bruch. Dem Fahrer gelang es gerade noch, sich und seine überwiegend kurdischen Fahrgäste in Sicherheit zu bringen. So etwa komme jetzt häufiger vor, berichtet ein Sprecher des Reiseunternehmens Dilmenler: Linienbusse, die die Kurdenregion anfahren, seien bereits mehrfach angegriffen worden.
Seit der Kurdenkonflikt wieder eskaliert, rollt eine Welle des Nationalismus über die Türkei hinweg. Zum Nationalfeiertag, der am Montag gefeiert wurde, ertrank das Land, in dem die roten Nationalflagge ohnehin allgegenwärtig ist, in einem Meer von Fahnen. Seit kurdische Rebellen am vorvergangenen Wochenende bei einem Überfall zwölf Soldaten töteten und acht weitere verschleppten, gingen Hunderttausende Menschen auf die Straßen. Die Flaggenfabrikanten fahren Sonderschichten: Mehr als sechs Millionen Fahnen wurden in einer Woche verkauft. Die Tankstellenkette Petrol Ofisi verschenkte an ihren Zapfsäulen allein am Nationalfeiertag eine halbe Million türkische Flaggen.
Aber der Zorn, den viele Türken über die jüngsten Angriffe der PKK empfinden, manifestiert sich nicht nur in patriotischen Aufwallungen und Demonstrationszügen. Während sich die Verbündeten Ankaras noch fieberhaft darum bemühen, einen türkischen Einmarsch im Nordirak abzuwenden, droht die Türkei selbst zum Kriegsschauplatz zu werden: Im westtürkischen Bursa fielen Schüsse in einem überwiegend von Kurden besuchten Kaffeehaus, drei Menschen wurden verletzt. Eine Gruppe junger Schläger, die den ultra-nationalistischen "Grauen Wölfen" zugerechnet wird, verwüstete einen kurdischen Wochenmarkt.
Ebenfalls in Bursa plünderte der Mob mehrere Geschäfte der Supermarktkette "Saypa" – sie gehört einer kurdischen Familie. Firmenchef Necati Sayli ließ jetzt seine Filialen mit türkischen Nationalflaggen drapieren. So hofft er sich vor weiteren Angriffen zu schützen.
Der Hass auf die PKK vergiftet zusehends das Klima zwischen Türken und Kurden. Zu spüren bekommen die Progromstimmung auch die Politiker der pro-kurdischen Partei DTP, die seit den jüngsten Wahlen mit 20 Abgeordneten im Parlament sitzt. Die DTP gilt vielen Türken als politischer Arm der verbotenen PKK. Im Istanbuler Stadtteil Fatih stürmten Nationalisten das DTP-Gebäude, steckten die Möbel in Brand und zerschlugen die Fensterscheiben. Auch in anderen Landesteilen gehen jetzt DTP-Büros in Flammen auf, fürchten Kurdenpolitiker um ihr Leben.
Die Hatz auf Kurden macht vielen Zeitungskommentatoren bereits Angst: Er sei selbst jungen Türken begegnet, die bereits Listen über kurdische Familien in ihrer Nachbarschaft anlegten, berichtete erschrocken der Kolumnist Cüneyt Ülsever. Viele Unternehmen begännen, kurdische Beschäftige zu entlassen, schreibt Ahmet Hakan in der Zeitung Hürriyet. "Tod den Kurden" hätten Demonstranten in der Touristenhochburg Antalya gerufen, meldete entsetzt der Kommtator Abdullah Muratoglu in der Zeitung Yeni Safak.
Murat Yetkin, Leitartikler der liberalen Zeitung Radikal, fürchtet "eine Bedrohung für den inneren Frieden". Andere Kommentatoren sehen bereits die Gefahr eines Bürgerkrieges heraufziehen.
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=f25a465aa1f4c9e49dc411b79f866215&em_cnt=123
Und das auch wieder mal im Namen des Islam