@asmo:
Eugen Sängers "Orbitalbomber" oder "Stratosphären-Gleiter" existierte 1938(also nicht in den zwanziger Jahren) lediglich als grobes Holzmodell in 1:20. Sänger warbis Kriegsende übrigens nicht in der Lage, die sich aus den hohen Geschwindigkeiten,Hitzephänomenen und statischen Belastungen ergebenden Probleme auch nur annäherndrechnerisch zu ermitteln. Es gab in Deutschland keine Metall-Legierungen, schon gar nichtFertigungstechniken, um so ein Projekt in die Tat umzusetzen. Ausser einer DenkschriftSängers aus dem Jahre 1944 über die theoretische Möglichkeit des Abwurfes einer 1.000kg-Bombe auf New York sind zu diesem Projekt keine auch nur halbwegs seriösen Detailsvorhanden.
Ob und in wie weit die Internet-Seite "Luft 46" vom Kollegen Johnsoneine verlässliche Quelle oder aber das Ergebnis überbordender Phantasie à la Ted Nomuras"Luftwaffe 1946"-Comics anzusehen ist, gilt unter Luftfahrthistorikern zu Ungunsten derSeite schon längst nicht mehr als umstritten.
Das "deutsche Wesen" oder die Frage,wer "die besseren Soldaten" hatte, hat herzlich wenig damit zu tun, dass derAusbildungsstand der Luftwaffen-Piloten in der zweiten Kriegshälfte katastrophal war. Esgingen mehr Piloten und Maschinen durch mangelnde Beherrschung oder technische Defekteverloren, als durch Feindeinwirkung. Dies übrigens nicht nur auf unerprobten Vögeln,sondern auf der guten alten Beule, der Bf 109 G-Reihe, sogar auf der relativ gutmütigenFw 190 A. Um das Thema nicht auszuwalzen, verweise ich einfach auf entsprechendePublikationen von Girbig, Jurleit oder Urbanke.
Die Luftwaffe verfügte übrigens übereine Vielzahl von Erholungsheimen für abgeflogene Piloten. Aus ihnen wurden kurz vorSchluss noch einige für den JV 44 rekrutiert. Die Verbreitung von Alkohol- undDrogenmissbrauch (meist Pervitin) und Suizid war unter Jagd- und Stukafliegernerschreckend hoch.
Posttraumatischer Stress ist eben kein Krankheitsbild derJetztzeit.
Die "Computersteuerung" der Flakbatterien von 1944/45 ist nicht malansatzweise mit der heutiger Luftabwehrsysteme vergleichbar. Auf Wunsch liefere ich gernLiteraturangaben zum Themenkomplex Flak.
In der Tat: Jagdflugzeuge und ungenutztabgestellte Bomber gab es 1944/45 genügend. Nur keine Piloten und erst recht keinenSprit. Cescotti (II./JG 301) schildert in seinen Erinnerungen anschaulich, wie sich dieGruppe ihren Sprit zusammenklauen musste.
Kann man bei einer Loss/Kill-Ratio von8 zu 5 für das Jahr 1944 (nur Reichsverteidigung/Westfront) von einer "Luftüberlegenheit"sprechen? Das halte ich doch für sehr vermessen.
Der von Dir auf 1945 datierteAngriff der Luftwaffe auf einen Pendeleinsatz der US-Luftwaffe ist nicht so ganz korrektbeschrieben. Hier die Fakten:
Am 21.6. 1944 greifen 114 B-17 und 70 P-51 dieRaffinierie Ruhland in Niederschlesien mit einigem Erfolg an und fliegen dann weiter indie UdSSR. Die Operation heisst "Frantic Joe". 73 B-17 landen in Poltawa, 41 in Mirgorod,die P-51 in Pirjatin. Als Fühlungshalter folgt ihnen eine He 177 der 2./(F.)100.
DasIV. Fliegerkorps (Generalleutnant Mäsler) fliegt mit zusammengekratzten ca. 200 He 111und Ju 88 der KG 3, 4, 53 und 55 Nachtangriffe auf die genannten Plätze. Ohne eigeneVerluste zerstören oder beschädigen sie durch Bombenabwurf und Bordwaffen-Beschuss amBoden 47 B-17, 14 P-51 und eine Jak-9. Die "Frantic Joe"-Operationen werden daraufhin amfolgenden Tage eingestellt. Damit blieb diese Aktion einmalig. Nix mit "Jäger verfolgen"und "vernichten im Landeanflug". Etwas gründlichere Recherche täte Deinen Beiträgengut.
Für die Me 262 gilt wie für die Kolbenmotor-Jäger: Flugzeuge zu Hauf, aberkeine Piloten, kein Sprit. Und gar eine "Vergeltungsbombardierung" der US-Ostküste 1945:Mit was denn? Mit den Papiertigern von Luft 46?
Die abgebildete Ar 234 "Blitz" warin der Tat ein leidlich funktionstüchtiger Strahlbomber, wurde aber mangels sinnvollererAufgaben hauptsächlich als Aufklärer - und das mit Erfolg - eingesetzt. Mit einerReichweite von höchstens 1600 km und einer bescheidenen Bombenlast von 2.000 kg wäre siefür eine strategische, ganz zu schweigen von einer transatlantischen Luftkriegsführungdenkbar ungeeignet gewesen.
Die mehrfach abgebildete Ar E 555 kannst Du Dir in1:72 von Revell (Art.Nr. 04367) über's Bett hängen. Ich habe noch zwei Kits davon, imHandel ist er nicht mehr erhältlich. Aber merke: Nicht alles, was sich in Polystyrol oderResin spritzen lässt, ist auch geflogen. Über eine Vielzahl von verschiedensten Entwürfenkam der Vogel nie hinaus. Dass die Boxart des Revell-Kits den Bomber über der Skyline vonNew York zeigt, ist künstlerische Freiheit, kein haltbarer Beweis.