Moderate Taliban gesucht
28.07.2007 um 21:49
Masud/Masood/Massoud, Ahmad Shah (1953-2001)
Der "Löwe vonPanjshir"
Verteidigungsminister 1992-96
Führer der Nordallianz1996-20
Ahmad Schah Masud
Geboren 1953 in Jangalak (Provinz Kapisa, in der auchdas Panjshirtal/Pandschirtal liegt, siehe Karte* [in extra Fenster]).
Seine Familie(Nawruzkhel) stammte aus Tajikistan.
10 Jahre Schulausbildung am Französischen"Lycée Istiqulal" in Kabul;
Inskription am Polytechnischen Institut in Kabul, brichtjedoch sein Studium nach dem ersten Semester ab.
Während seiner kurzen Studienzeitschließt er sich der "Jawanan-i-Müslüman"* (Moslembruderschaft [populäre Bezeichnung:"Ikhwani"])
1973 nach Daouds* Staatsstreich flieht er nach Pakistan und läßt sich wieauch Hikmatyar* von der Regierung Zulfiqar Ali Bhuttos in Peshawar zum Saboteurausbilden.
1975 Unter der Obhut des pakistanischen Geheimdienstes kehrt er mit demAuftrag nach Panjshir zurück, das Daoud-Regime zu destabilisieren. Gemeinsam mitHikmatyar versucht er einen Armeeputsch zu initiieren. Der Versuch mißlingt aufgrundmangelnder Unterstützung seitens der Zivilbevölkerung. Eine Reihe daran Beteiligter wirdfestgenommen, verurteilt und hingerichtet. Masud geht zurück nach Pakistan.
1978nach dem kommunistischen Staatsstreich verbündet Masud sich mit Burahanuddin Rabbani* undkehrt nach Afghanistan zurück. Mit Hilfe von Mawlawi Abdul Razaq von Nuristan etablierter seine Basis in Panjshir und sorgt für die entscheidende Niederlage der Regierungs- undSowjettruppen im Panjshir-Tal.
In Nuristan, im Nordosten von Afghanistan,Südflanke Hindukusch, war es bereits gegen Ende 1978 zu Revolten gekommen. Das Gebietblieb aber bis 1992 dank seiner Abgelegenheit von direkten Einwirkungen des Kriegesweitgehend verschont. Über Nuristan führten wichtige Verbindungs- und Versorgungswegezwischen Pakistan und dem Panjshir-Tal, die Masud nutzte.
1983 unterzeichnet er einenWaffenstillstand mit den Russen, der bis 1985 hält.
1985 etabliert er die Shura-iNazar-i-Shamal (Großer Rat im Norden) zur Überwachung militärischer und administrativerAngelegenheiten im Gebiet von Panjshir bis Badakhshan.
1989ff Nach dem Abzug dersowjetischen Truppen dehnt er seine militärische Kontrolle im Norden Afghanistans aus.Seine Machtbasis liegt in den Nordostprovinzen Parwan und Takhar.
Die Shura-i Nazar-iShamal wird nunmehr zu einer politisch-militärischen Allianz, der unterschiedliche undwechselnde Parteien und Personen aus dem Nordosten Afghanistans angehörten. [Sie wirdspäter zum Kern der Nordallianz]. welche unter Führung von General Fahim, dem Nachfolgervon Ahmad Shah Masud, und mit US-amerikanischer Hilfe im Spätherbst 2001 die Taliban ausKabul vertrieb. Die Shora-ye Nizar existiert heute noch informell als politischePlattform und pressure group der Panjshiri-Fraktion.
Anfang 1992 avanciert er mitHilfe des Iran zur Schlüsselfigur bei der Organisation der Nordallianz (Ittihad-i Samt-iShamal).
Im Frühjahr konspiriert die Jami'at-i-Islami mit Generalen der Hizb-i WatanMitgliedern der Najibullah-Regierung (einer Allianz aus Tajiken, Uzbeken undHazara).
Am 14. 4. nehmen Mujaheddin Masuds und desertierte Soldaten derRegierungsarmee Charikar und Jabal-as-Siraj ein;
Am 16. 4 wird der durch die Generaleinitiierte Staatsstreich bekannt; als Schlüsselfigur gilt der tajikische OffizierMuhammad Nabi Azimi. Najibullah will fliehen, wird aber am Flughafen abgefangen.
Dietreten in unmittelbare Verhandlungen mit den Mujaheddin-Kommandanten Hikmatyars undMasud, um eine militärische Auseinandersetzungen zu vermeiden. Masud versichert, er werdeKabul nicht angreifen, Hikmatyar aber droht mit Angriff, sofern die Macht nicht sogleichan die Mujaheddin übergeben werde.
17.4. marschieren Milizionäre unter General Dostumin Kabul ein.
18.4. Verbände Ahmad Masuds legen Verteidigungsring um Kabul
20.4.Putschisten setzen auf eine Koalitionsregierung mit Mujaheddin; Masud und Hikmatyarlehnen ab.
21./22.4. Übergangs-Präsident Hatif erklärt sich zur endgültigenMachtübergabe an die Mujaheddin bereit;
24.4. Mujaheddin einigen sich in Peshawar aufeinen 51-köpfigen Übergangsrat [IJC] unter Leitung von Mujaddidi* und ernennt Masud zumVerteidigungsminister, Hikmatyar lehnt Beteiligung ab.
25. 4. Hikmatyars und MasudsTruppen treffen in Kabul ein.[siehe auch Extrafenster*]
Hikmatyar erhält Unterstützungvon Watan-Mitgliedern im Innen- und Verteidigungsministerium.
28.4. Masud und seineAlliierten haben die Oberhand. Hikmatyar und seine Verbündeten müssen ihren letztenStützpunkt, das Innenministerium, aufgeben. Mujaheddin von Masuds Shura-i-Nazar besetzenes und üben Vergeltung am zurückbleibenden Personal [siehe Photos* (RAWA)]
Unterpakistanischer und saudi-arabischer Vermittlung wird Waffenruhe zwischen Masud undHikmatyar ausgehandelt.
Hikmatyar lenkt ein und erklärt, daß einer seinerKommandanten, Ustad Farid, Rabbanis Interimsregierung als Premierminister dienenwird.
Offizielle Übergabe der Regierung durch den Vizepräsidenten Abdul Wahid Sarabi*an den Rat der Mujaheddin [IJC] im Gebäude der des Außenministeriums. Mujaddidi, der mit20 IJC-Mitgliedern aus Peshawar angereist ist, wird formell zum Oberhaupt der IslamischenRepublik ernannt.
Unter dieser Regierung wird die ausschließliche Anwendung derIslamischen Rechtssprechung (Sharia) beschlossen.
Bei den erneuten Machtkämpfen, diebald schon wieder ausbrechen, engagiert er sich zunächst an der Seite Hikmatyars* und derHizb-i Islam, dann wechselt er zu Dostum*; dennoch ist er an der dritten Regierung, dieim
Dezember von Rabbanis Führungsrat eingesetzt wird und den Islamischen StaatAfghanistan ausruft, formell immer noch beteiligt.
1993
7. 3. Friedensabkommenvon Islamabad: Nach Verhandlungen zwischen Rabbani, Hikmatyar und anderen Parteiführernunter Vermittlung Pakistans wird Rabbani für weitere 18 Monate im Amt bestätigt. DieRegierungsbildung mißlingt jedoch, u.a. weil Masud sich weigert, alsVerteidigungsminister zurückzutreten.
17. 5. Neue Regierung unter Hikmatyar vereidigt.Der tritt sein Amt jedoch nicht an, sondern residiert in Char-Asyab, südlich von Kabul,und bombardiert die Hauptstadt, um seinen Rivalen Masud zu treffen.
20. 5. Treffen vonJalalabad. Masud soll von einer Kommission unter Führung von Rabbani abgelöst werden.Masud aber hält an seinem Posten fest, und der Krieg geht weiter.
1994
JanuarDer Usbeke Dostum kämpft an der Seite des Pashtunen Hikmatyar gegen die Tajiken Masud undRabbani.
Herbst Die Taliban-Milizen* erobern und befrieden Kandahar und benachbarteProvinzen.
März 1995 Masuds Truppen entreissen den rivalisierenden Mujaheddin dieKontrolle über Kabul.
Sept. 1996 verliert Masud Kabul an die Taliban. Er ziehtsich zurück ins Gebiet nördlich von Kabul und in seine Hauptbasis in Panjshir.
Seitdemengagiert er sich als Kommandant der Nordallianz an den militärischenAuseinandersetzungen mit den Taliban nördlich von Kabul, im nördlichen Afghanistan und inden Provinzen Kunduz, Takhar und Baghlan. (Über die Nordallianz*, siehe Text in extraFenster: auf Englisch von RAWA).
1997
13. Juni Die "United Islamic Front forSalvation of Afghanistan" (UIFSA) wird ins Leben gerufen.
An der Spitze stehen Rabbaniund Masud, hinter ihnen die
"Jami'at-i Islami"* (Rabbani),
"Ittihad-i-Islami"*(Sayyaf),
"Junbish-i Mily-i Islami"* (Dostum)
sowie einige Kommandanten der "Hizb-iIslam"* (Hikmatyar) und die Reste der shiitischen "Hizb-i Wahdat"* (Khalili*).
Dieseunter dem Namen "Nordallianz" bekannte lose Koalition von Tajiken-, Usbeken- undHazara-Kriegsherren, ist ein gegen die Taliban gerichtetes Zweckbündnis rivalisierenderund weiterhin intriganter und allenfalls formell loyaler Mujaheddinfraktionen. DieNordallianz kontrolliert hauptsächlich den tajikisch besiedelten Nordosten sowie einGebiet nördlich Kabuls, repräsentiert jedoch ganz Afghanistan in den VereintenNationen.
Ihr militärischer Führer ist Masud. Rabbani (dessen Amtszeit 1994 abgelaufenist) wie die "warlords" Khalili, Malik*, Hikmatyar sind nur noch Randfiguren und befindensich weitgehend im Ausland.
1997ff Die Nordallianz verliert zunehmend anTerrain.
Zuletzt kontrollieren die Truppen Masuds im Nord-Osten Afghanistans nur noch5 bis 10 % des Staatsgebietes. Die russischen Feinde von einst, der NachbarstaatTajikistan sowie der Westen sind jetzt seine Verbündeten. Daß über sein Gebiet ein regerDrogenschmuggel läuft, verringert die Solidarität der Genannten nicht.
1998 Masudkämpft um Kabul ohne Rücksicht auf dieZivilbevölkerung.
1999
März
Friedensverhandlung in Ashghabad/Turkmenistanzwischen Delegierten Masuds und der "Taliban".
April Masud verliert Fayzabad, dieHauptstadt Badakhshans. Damit ist ein wichtiger Nachschubweg blockiert.
August
DieTaliban erobern den Flughafen Bagram, rund 50 km nördlich von Kabul, und bringen dieProvinzen Kapisa und Parwan unter ihre Kontrolle.
September 2000 die Talibanbringen eine weitere Hochburg ihres Gegners Masud, die Stadt Taluqan (Provinz Takhar imNorden des Landes), unter ihre Kontrolle;
Masud hält nur noch das Panshirtal, das nureinen gangbaren Zugang hat, schmal genug, um leicht verteidigt zu werden. Als letzter imLand verbliebener Mujaheddin-Führer sitzt er hier mit einem Waffenarsenal, groß genug,noch jahrelang durchzuhalten, Raketen auf Kabul abzufeuern und das eine und andere Gebietzurückzuerobern.
September 2001
Sonntag, den 9.9. Bombenattentat aufMasud
Zwei Selbstmordattentäter, getarnt als saudi-arabische Journalisten, bringeneine Sprengladung in einer Fernsehkamera zur Explosion. Einer der Täter soll Marokkaner,der andere Tunesier gewesen sein.
Einige Tage gibt es widersprüchliche Berichte überden Zustand des schwerverletzten Masud. Zu seinem Nachfolger wird Mitte der Woche GeneralFahim Khan ernannt. In der Nacht vom
11. zum 12. 9. vergilt die Nordallianz dasAttentat mit einem Bombenangriff auf Kabul. Die Taliban antworten am
Freitag, 14. 9.offensiv und rücken mit Panzern und Artillerie gegen die Nordallianz in der ProvinzTakhar vor und erobern den Bezirk Dasht-i-Wiba.