Israel - wohin führt der Weg?
30.12.2008 um 00:11
Eine bekannte jüdische Deutsche mit Gewissen spricht auch klare Worte
Aktion „gegossenes Blei“ - Aktion „vergossenes Blut“
Evelyn Hecht-Galinski
Andauernde Blockade, andauernde Strangulierung, andauernde Abriegelung, ständige Lufthoheit, tägliche Drohnenüberwachung und ein Aufklärungszeppelin, das war der sogenannte Abzug Israels aus dem Gazastreifen.
Die Hamas, die klare Gewinnerin aus den palästinensischen Parlamentswahlen im Januar 2006, sollte, weil es den USA und Israel nicht genehm war, mit der aufgerüsteten Fatah ihres Sieges beraubt werden. Als die misslang und die Hamas die alleinige Kontrolle im Juli 2007 über Gaza übernahm, schlossen Israel und Ägypten daraufhin die Grenzen zum Gazastreifen. Im September 2007 erklärte Israel den Gazastreifen zum feindlichen Gebiet. Das Kabinett beschloss eine Kürzung der Strom- und Treibstofflieferung an die Zivilbevölkerung. Im Januar 2008 ermordete die israelische Armee bei einem Militäreinsatz 19 Palästinenser. Drei Tage später, nach Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen, riegelte Israel den Gazastreifen vollkommen ab. Die Stromversorgung für 800.000 Einwohner brach zusammen. 5 Tage später stürmten hunderttausende Palästinenser über die Grenze nach Ägypten, nachdem Kämpfer der Hamas die Grenzübergänge zerbombt hatten. Eine Woche lang deckte die Bevölkerung sich dort mit Grundnahrungsmitteln ein. Im März 2008 ermordete Israel 125 Palästinenser und die Operation „Heißer Winter“ fordert die höchsten Opferzahlen seit dem Sechstagekrieg von 1967. Im April werden 5 Palästinenser ermordet. Am 19. Juni vereinbart Israel mit 12 Palästinenserfraktionen im Gazastreifen eine sechsmonatige Waffenruhe. Sie läuft am 19. Dezember aus. Am 5. November kommt der erste gezielte israelische Militäreinsatz im Gazastreifen seit der Waffenruhe wegen eines 250 Meter langen Tunnels bis zum Grenzzaun. Sechs Palästinenser werden bei Gefechten ermordet. In den darauf folgenden Tagen werden nochmals 8 Palästinenser ermordet. Am 26. Dezember beginnt, obwohl das Ultimatum erst am 28.12. abgelaufen wäre, mit der Operation „gegossenes Blei“ .
Wer durchbrach die Waffenruhe? Die obige Chronologie zeigt es deutlich auf: Israel, Israel, Israel. Der Mehrheit des jüdischen Staates befindet sich im Blutrausch und ergötzt sich an den „Abbombardierungen“ der Ziele im Gazastreifen, die schon seit Monaten vorbereitet worden sind.
Die schlimmste Aktion seit über 40 Jahren, die Israel über die Palästinenser bringt, darf nicht ungesühnt bleiben. Anstatt sich mit solidarischen Bekundungen mit dem Recht Israels auf Selbstverteidigung anzubiedern und damit grünes Licht für die unmenschlichen Luftschläge und andere Kriegstaten zu geben , sollte unser Außenminister, das EU-Quartett und die amerikanische Regierung israelische Kriegshandlungen als das titulieren, was sie sind, nämlich: Menschenrechts verachtende, völkerrechtswidrige und mörderische Handlungen gegenüber einer beinahe wehrlosen besetzten und ausgehungerten Zivilbevölkerung. Nach den heutigen Äußerungen des tschechischen Außenministers Schwarzenberg, dessen Land demnächst die EU-Präsidentschaft für die nächsten 6 Monate übernehmen wird, ist nichts Gutes zu erwarten. Die EU will die Fackel wieder weiter an die USA reichen. Nach den verständnisvollen Äußerungen von George W. Bush und Condolezza Rice fühlt sich Israel noch sicherer in seiner Kriegslüsternheit. Auch der kommende Präsident Obama ließ aus Hawaii verlauten, dass Bush, der noch amtierende Präsident ist und er sich daher nicht äußern möchte. Klang das bei der Bewältigung der Finanzkrise und den finanziellen Hilfen der amerikanischen Autoindustrie doch ganz anders! Da gab er sofort Statements als kommender Präsident ab. Damit sollten die Hoffnungen der Obama Euphorie einen Dämpfer bekommen. Nach den letzten „Bush Ausläufen“ wenig Neues von Obama! Ist das der erhoffte „Change“ „Yes we can!“? Business as usual.
Liegt nicht der wahre Grund für diesen massiven und blutigsten Krieg seit 1967 in Israels Wahlkampf? Einer der übelsten Wahlkämpfe seit langem. Ablenkungsmanöver korrupter Politiker, einer ehemaligen juristischen Beraterin für „Killings“ des Mossad im Ausland, die für den Wahlsieg alle männlichen Kontrahenten rechts überholen will; außerdem militante Siedlerpolitiker, die sogar laut Noch-Premier Olmert, Pogrome in Hebron veranstalten und andere fanatische Splitterparteien, die alle eigene Interessen vertreten und nur in einem vereint sind – im Hass gegenüber Palästinensern und Arabern und sich an deren Leid ergötzen.
Auch ich als Pazifistin lehne den Abschuss von Raketen ab. Aber war es nicht die unmenschliche Blockade und Totalabriegelung des größten und dicht besiedelsten „Freiluftgefängnisses“, die die Ausgehungerten und Verzweifelten zu diesen selbst gebauten Raketen greifen ließ, um auf ihr Leid und ihr Dasein hinzuweisen? Insgesamt 16 Tote in all den Jahren durch diese Raketen. Jeder Tote ist natürlich einer zu viel. Diese Toten hat aber die israelische Regierung zu verantworten, die die unmenschlichen Zustände gegen das palästinensische Volk angerichtet hat.
Über 300 Tote allein in 48 Stunden. Und über 1000 Verletzte, von denen ein Großteil an ihren schweren „Schrapnell“-Verletzungen sterben wird.
Welche Verhöhnung dieser Ausgehungerten, wenn ihnen heute von Verteidigungsminister Barak propagandistisch gestattet, Lastwagen mit gespendeten Hilfsgütern in den Gazastreifen geschickt wird, während die Luftangriffe und Tötungen weitergehen. Auch die Bodentruppen stehen schon in den Startlöchern, sind aber mit 6700 Reservisten noch nicht genügend ausgestattet, um anzugreifen. Dafür kommt die Marine von der Wasserseite, und Kampjets fliegen auch schon wieder über den Libanon und bedrohen dort die Hisbollah.
Israel als hochgerüstete Militärmacht und „einzige Demokratie im Nahen Osten mit ausgestreckter Hand“ will ihre Bodentruppen erst schicken, wenn Gaza abbombardiert und in Schutt und Asche liegt. Die Hamas als ungleicher und viel schwächerer Gegner soll als Kompensation für das Fiasko des letzten Libanon-Krieges gegen die besser gerüstete Hisbollah herhalten, ohne Rücksicht auf die schutzlosen Menschen im Gazastreifen.
Nicht die gewählte Hamas-Regierung, sondern die brutalen Besatzer, nämlich die Regierung eines radikal-jüdischen Staates gehören vor das Haager Kriegstribunal.
Mein Aufschrei über diese Schande soll alle demokratischen deutschen Bürger und Bürgerinnen wachrütteln und zum Protest, wie auch immer ermutigen.