Israel - wohin führt der Weg?
16.11.2012 um 08:34http://www.spiegel.de/politik/ausland/israel-fuehrt-twitter-krieg-in-gaza-gegen-die-hamas-a-867436.html
Twitter-Krieg um Gaza
Von Raniah Salloum
Israelische Armee auf Twitter: Die Online-Krieger verbreiten ihre Sicht der Dinge
Der jüngste Konflikt zwischen Israel und der Hamas eskaliert auch im Web. Nach dem Angriff auf den Gaza-Streifen liefern sich die Kontrahenten eine Propaganda-Schlacht auf Twitter. Jerusalem hat aus Fehlern gelernt und kämpft jetzt gezielt um Bilder und Schlagzeilen.
Gaza-Stadt - Es ist das erste Mal, dass die neue PR-Abteilung der israelischen Armee zeigen konnte, was sie zu bieten hat. Auf Twitter setzten die Militärs am Mittwoch den Krieg fort, kurz nachdem eine israelische Rakete ein Auto in die Luft jagte, in dem der Militärchef der Hamas, Ahmed al-Dschabari, saß. Es folgte ein Link zum Video, das den Raketenangriff zeigen soll, und die Erklärung: "Wir empfehlen Hamas-Mitgliedern, egal ob niedrig- oder hochrangige Chefs, ihren Kopf in den kommenden Tagen unten zu halten."
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IDF ✔@IDFSpokesperson We recommend that no Hamas operatives, whether low level or senior leaders, show their faces above ground in the days ahead.
14 Nov 12 AntwortenRetweetenFavorisierenÜber ihren Twitter-Account antworteten Hamas-Kämpfer ebenso martialisch: "Unsere gesegneten Hände werden eure Anführer und Soldaten erreichen, wo auch immer sie sein mögen (Ihr habt euch selbst die Tore zur Hölle geöffnet)." Tweet
IDF ✔@IDFSpokesperson 14 Nov 12 We recommend that no Hamas operatives, whether low level or senior leaders, show their faces above ground in the days ahead.
Alqassam Brigades @AlqassamBrigade @IDFSpokesperson Our blessed hands will reach your leaders and soldiers wherever they are (You Opened Hell Gates on Yourselves)
14 Nov 12 AntwortenRetweetenFavorisieren
Stundenlang hielten beide Seiten ihre Follower live über den Fortgang des Krieges auf dem Laufenden. Um drei Uhr morgens Ortszeit legte sich der Hamas-Twitterer offenbar schlafen, während in Israel wohl die Nachtschicht übernahm - strategisch geschickt, schließlich steuerte man in den USA erst noch auf die Abend-Fernsehsendungen und den Druckschluss der Zeitungen zu.
Israels PR-Debakel
Es ist eine alte Maxime, dass die Wahrheit im Krieg als Erstes stirbt. Daran haben auch die Zeiten des Sofort-Journalismus im Internet nichts geändert, im Gegenteil. Für die Konfliktparteien ist es essentiell, mit ihrer Sichtweise der Dinge sofort auf allen Kanälen präsent zu sein - und da hatte Jerusalem einiges aufzuholen.
Beim Einmarsch in den Libanon 2006 musste Jerusalem zusehen, wie der Hisbollah-Fernsehsender al-Manar rund um die Uhr die Bilder von verletzten libanesischen Zivilisten zeigte und die Zahl der getöteten israelischen Soldaten live nach oben aktualisierte.
Von der Gaza-Offensive 2008 blieben die Bilder verletzter palästinensischer Zivilisten und ihrer zerstörten Häuser in Erinnerung.
Und dann war da auch noch das Debakel der Gaza-Flotille 2010: Israelische Soldaten stürmten ein Boot mit Aktivisten, die offenbar nur mit Messern und Stöcken bewaffnet waren. Mehrere von ihnen wurden von den Israelis erschossen. Die Aktivisten stellten anschließend Videos des Militärzugriffs ins Internet. Im Gedächtnis blieb, dass Israel Menschenrechtler erschoss.
Seitdem hat die israelische Armee aufgerüstet an der Medienfront. Eigene Kameramänner sollen die Soldaten im Krieg begleiten. 2009 wurde eine neue Einheit gegründet - besetzt anfangs mit knapp einem Dutzend junger Leute, die als computerbegeistert galten. Rund um die Uhr twittert, bloggt und postet die neue Einheit für soziale Netzwerke der israelischen Armee - und das auch noch mehrsprachig.
Fotostrecke
10 BilderAngriff auf Gaza-Streifen: Feuerball in der Nacht
Sie befüttern Blog, Facebook-Seite, Tumblr, Twitter-Accounts und YouTube-Seite der israelischen Armee. Hin und wieder sind ihre Tweets auch grenzwertig. "James Bond hat ein paar nette Gadgets, aber unsere sind besser. Bond, schau dir das an und du wirst heulen", hieß es neulich mit einem Link auf Militärgerät der israelischen Armee.
Junge Online-Krieger
Während der aktuellen Gaza-Attacke agieren die jungen Online-Krieger allerdings ganz wie alte PR-Hasen. Im Minutentakt wird scheinbar objektive Hintergrundinformation geliefert, etwa eine Kurzbiografie zum getöteten al-Dschabari, in der er als Terrorist bezeichnet wird und in der die Verfasser ausblenden, dass man den Hamas-Militärchef jahrelang als zuverlässigen Verhandlungspartner akzeptierte.
Auch werden Fotos von Flugblättern getwittert, die man im Gaza-Streifen abgeworfen hat, um Zivilisten zu warnen. Die Botschaft: Die israelische Armee schaltet mit chirurgischer Präzision Bösewichte aus und tut alles, um Unschuldige zu schützen.
Die Hamas-Kämpfer zeigten unterdessen auf Twitter kommentarlos Fotos, auf denen Babys zu sehen sein sollen, die bei den israelischen Angriffen ums Leben kamen. Sie twitterten, ihre eigenen Raketen-Angriffe richteten sich ausschließlich auf militärische Ziele in Israel. Die Israelis konterten mit Meldungen über zivile Opfer auf ihrer Seite.
Wie erfolgreich die neue israelische Internet-Offensive ist, muss sich erst noch zeigen. Einen ersten kleinen Sieg konnten die Palästinenser einfahren: Das Video der israelischen Armee, das den Raketen-Angriff auf den Hamas-Militärchef zeigte, wurde inzwischen von YouTube entfernt. Offenbar gingen Beschwerden ein, das Video verstoße gegen die Nutzungsbedingungen - Gewaltszenen will die Plattform nicht zeigen.
Twitter-Krieg um Gaza
Von Raniah Salloum
Israelische Armee auf Twitter: Die Online-Krieger verbreiten ihre Sicht der Dinge
Der jüngste Konflikt zwischen Israel und der Hamas eskaliert auch im Web. Nach dem Angriff auf den Gaza-Streifen liefern sich die Kontrahenten eine Propaganda-Schlacht auf Twitter. Jerusalem hat aus Fehlern gelernt und kämpft jetzt gezielt um Bilder und Schlagzeilen.
Gaza-Stadt - Es ist das erste Mal, dass die neue PR-Abteilung der israelischen Armee zeigen konnte, was sie zu bieten hat. Auf Twitter setzten die Militärs am Mittwoch den Krieg fort, kurz nachdem eine israelische Rakete ein Auto in die Luft jagte, in dem der Militärchef der Hamas, Ahmed al-Dschabari, saß. Es folgte ein Link zum Video, das den Raketenangriff zeigen soll, und die Erklärung: "Wir empfehlen Hamas-Mitgliedern, egal ob niedrig- oder hochrangige Chefs, ihren Kopf in den kommenden Tagen unten zu halten."
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IDF ✔@IDFSpokesperson We recommend that no Hamas operatives, whether low level or senior leaders, show their faces above ground in the days ahead.
14 Nov 12 AntwortenRetweetenFavorisierenÜber ihren Twitter-Account antworteten Hamas-Kämpfer ebenso martialisch: "Unsere gesegneten Hände werden eure Anführer und Soldaten erreichen, wo auch immer sie sein mögen (Ihr habt euch selbst die Tore zur Hölle geöffnet)." Tweet
IDF ✔@IDFSpokesperson 14 Nov 12 We recommend that no Hamas operatives, whether low level or senior leaders, show their faces above ground in the days ahead.
Alqassam Brigades @AlqassamBrigade @IDFSpokesperson Our blessed hands will reach your leaders and soldiers wherever they are (You Opened Hell Gates on Yourselves)
14 Nov 12 AntwortenRetweetenFavorisieren
Stundenlang hielten beide Seiten ihre Follower live über den Fortgang des Krieges auf dem Laufenden. Um drei Uhr morgens Ortszeit legte sich der Hamas-Twitterer offenbar schlafen, während in Israel wohl die Nachtschicht übernahm - strategisch geschickt, schließlich steuerte man in den USA erst noch auf die Abend-Fernsehsendungen und den Druckschluss der Zeitungen zu.
Israels PR-Debakel
Es ist eine alte Maxime, dass die Wahrheit im Krieg als Erstes stirbt. Daran haben auch die Zeiten des Sofort-Journalismus im Internet nichts geändert, im Gegenteil. Für die Konfliktparteien ist es essentiell, mit ihrer Sichtweise der Dinge sofort auf allen Kanälen präsent zu sein - und da hatte Jerusalem einiges aufzuholen.
Beim Einmarsch in den Libanon 2006 musste Jerusalem zusehen, wie der Hisbollah-Fernsehsender al-Manar rund um die Uhr die Bilder von verletzten libanesischen Zivilisten zeigte und die Zahl der getöteten israelischen Soldaten live nach oben aktualisierte.
Von der Gaza-Offensive 2008 blieben die Bilder verletzter palästinensischer Zivilisten und ihrer zerstörten Häuser in Erinnerung.
Und dann war da auch noch das Debakel der Gaza-Flotille 2010: Israelische Soldaten stürmten ein Boot mit Aktivisten, die offenbar nur mit Messern und Stöcken bewaffnet waren. Mehrere von ihnen wurden von den Israelis erschossen. Die Aktivisten stellten anschließend Videos des Militärzugriffs ins Internet. Im Gedächtnis blieb, dass Israel Menschenrechtler erschoss.
Seitdem hat die israelische Armee aufgerüstet an der Medienfront. Eigene Kameramänner sollen die Soldaten im Krieg begleiten. 2009 wurde eine neue Einheit gegründet - besetzt anfangs mit knapp einem Dutzend junger Leute, die als computerbegeistert galten. Rund um die Uhr twittert, bloggt und postet die neue Einheit für soziale Netzwerke der israelischen Armee - und das auch noch mehrsprachig.
Fotostrecke
10 BilderAngriff auf Gaza-Streifen: Feuerball in der Nacht
Sie befüttern Blog, Facebook-Seite, Tumblr, Twitter-Accounts und YouTube-Seite der israelischen Armee. Hin und wieder sind ihre Tweets auch grenzwertig. "James Bond hat ein paar nette Gadgets, aber unsere sind besser. Bond, schau dir das an und du wirst heulen", hieß es neulich mit einem Link auf Militärgerät der israelischen Armee.
Junge Online-Krieger
Während der aktuellen Gaza-Attacke agieren die jungen Online-Krieger allerdings ganz wie alte PR-Hasen. Im Minutentakt wird scheinbar objektive Hintergrundinformation geliefert, etwa eine Kurzbiografie zum getöteten al-Dschabari, in der er als Terrorist bezeichnet wird und in der die Verfasser ausblenden, dass man den Hamas-Militärchef jahrelang als zuverlässigen Verhandlungspartner akzeptierte.
Auch werden Fotos von Flugblättern getwittert, die man im Gaza-Streifen abgeworfen hat, um Zivilisten zu warnen. Die Botschaft: Die israelische Armee schaltet mit chirurgischer Präzision Bösewichte aus und tut alles, um Unschuldige zu schützen.
Die Hamas-Kämpfer zeigten unterdessen auf Twitter kommentarlos Fotos, auf denen Babys zu sehen sein sollen, die bei den israelischen Angriffen ums Leben kamen. Sie twitterten, ihre eigenen Raketen-Angriffe richteten sich ausschließlich auf militärische Ziele in Israel. Die Israelis konterten mit Meldungen über zivile Opfer auf ihrer Seite.
Wie erfolgreich die neue israelische Internet-Offensive ist, muss sich erst noch zeigen. Einen ersten kleinen Sieg konnten die Palästinenser einfahren: Das Video der israelischen Armee, das den Raketen-Angriff auf den Hamas-Militärchef zeigte, wurde inzwischen von YouTube entfernt. Offenbar gingen Beschwerden ein, das Video verstoße gegen die Nutzungsbedingungen - Gewaltszenen will die Plattform nicht zeigen.