Umfrage zur DDR
09.02.2006 um 23:32
Zweierlei vorab:
1. Einer der interessanten Threads seit langem!
2. Ich bin geborener Hamburger; mein alter Herr kommt aber aus Röhrsdorf-Königsbrück-Kreis Kamenz-Dresden-Sachsen (für Insider).
Seit meiner Kindheit bin ich regelmäßig (2-4x jährlich) in der DDR gewesen.
Es war sozusagen meine zweite Heimat.
Zu den Fragen:
+ 1. Geborgenheit, Gastfreundschaft, Neugier, Offenheit (!)
- 1. Neid, Angst (der DDR-Bürger), aber beides sehr selten!
2. Ich habe seit jeher immer nur und ausschließlich (2 Ausnahmen) positive Erfahrungen gemacht. Selbst von den "offiziellen" Stellen bin ich niemals (1 Ausnahme) in irgend einer Weise "drangsaliert" worden. Ich habe mich (fast) immer einfach an die bekannten Regeln gehalten. So, wie man es tun sollte, wenn man ins "Ausland" fährt.
3. Bananen...? Nein, hab ich sowieso nie gemocht. Kann ich als Wessi wohl auch nix zu sagen. Da ich sie nicht mag, kann ich auch nicht mal sagen, ob´s welche gab oder nicht.
"An apple a day keeps the doctor away.", sagen die Engländer...
4. Kann ich natürlich auch nur indirekt beantworten. Aber meine Verwandten waren weit gereiste Leute. Die waren am Schwarzen Meer, in Ungarn am Plattensee, zum FKK auf Rügen, auf Kuba, in der Hohen Tatra, in Kasachstan, in Buchara und Samarkand... usw., usw.
Ich kann mich nicht erinnern, Klagen gehört zu haben, dass man nun ausgerechnet nicht nach Spanien, Frankreich oder Italien fahren konnte. Wir haben uns immer Karten geschrieben und uns ausgetauscht, wo es wie war.
5. Stasi... Jo, das ist ein Thema... Ich bin tatsächlich mal angesprochen worden. Als ich mich ordnungsgemäss auf dem Amt angemeldet habe, wo ich meine Urlaubstage wie immer zu verbringen gedachte, in Königsbrück, wartete eines Tages jemand auf mich.
Das ging folgendermaßen vor sich:
Für nicht Eingeweihte: Wenn man in die DDR einreisen wollte, musste man eine "Einladung" vorweisen. Von Freunden, Verwandten, wem auch immer. Es gab auch andere Möglichkeiten, aber die muss ich hier nicht behandeln, weil unwichtig (klassische Hotelbuchung z.B.).
Da ich (wir) fast immer bei den gleichen Verwandten abgestiegen bin, gab´s natürlich eine gewisse Berechenbarkeit. Irgendwann war´s mal wieder soweit. Ich stand also im Amt, wurde schon SEHR freundlich persönlich begrüßt, weil bekannt und erledigte die Formalität mit einfacher Unterschrift.
Die Dame in dem Amt hatte das Formular für mich schon im Vorwege ausgefüllt, dass ich nur noch unterschreiben musste! Wir kannten uns schließlich auch schon einige Jährchen.
Als sie mir einen schönen Aufenthalt wünschte und mich fröhlich verabschiedete, ich das Amtszimmer verließ und auf die Straße trat, stand plötzlich ein netter älterer Herr neben mir und fragte mich, ob ich ein paar Minuten Zeit für ihn hätte...
Ich sagte, natürlich, da man in dem Städtchen praktisch alles zu Fuß erledigte, weil zwischen dem Amt (direkt am Markt) und meinem zweiten zu Hause nur ein paar hundert Meter lagen.
Er stellte sich unverblümt vor, sagte mir, dass er wüsste, wer ich bin und dass ich öfter hier verweilen würde. Dass er von der Stasi war, brauchte er nicht zu betonen, das war offensichtlich. Ansonsten hätte er mich nicht einfach so angesprochen. Er fragte mich, ob ich bereit wäre, mich in den nächsten Tagen einmal in Ruhe mit ihm zu unterhalten.
Da ich definitiv keine konspirativen Tätigkeiten ausübte, hatte ich kein Problem damit, zuzusagen. Ich war auch ausgesprochen neugierig. Und da ich, wie oben erwähnt, zuvor bereits einige zig-Male in der DDR gewesen bin und auch schon diverse Erfahrungen mit verschiedenen offiziellen Stellen gemacht hatte, hatte ich auch weder Angst noch Respekt.
Wir haben uns für zwei Tage später in der Bahnhofsgaststätte verabredet. Am Abend hab´ ich meine Verwandten informiert, dass ich einen Termin mit der Stasi hab´... Die haben aber Augen gemacht.......... War eine Mischung aus Neugier, Angst und Selbstverständlichkeit.
Neugier und Angst muss ich wohl nicht begründen. Aber eigentlich haben wir immer schon mit einer Ansprache gerechnet, einfach auf Grund unserer regelmässigen Reisetätigkeit.
Naja, kurz und gut: Das Gespräch in der Bahnhofskneipe war kurz und freundlich. Er (mit netter Begleiterin...) fragte mich, warum ich so oft meine Zeit hier verbringen würde und ob ich ein Freund der DDR wäre. Ich habe erstes begründet und zweites bejaht. Darauf fragte er mich, "ob ich bereit wäre", "ääh", "unter gewissen Umständen", "gewisse Informationen" usw., usw...
Ich muss betonen, dass ich zu der Zeit bei der Bundeswehr war. Ich sagte einfach, vergessen Sie´s, ich bin "Schütze Arsch". Ich bin sicher, dass er selbst es auch wusste. Ich habe einfach nur meinen 15-monatigen Wehrdienst abgeleistet und bin als OG entlassen worden.
Damit hatte sich das Thema erledigt. Wir haben noch Freundlichkeiten über die DDR im allgemeinen und Königsbrück im speziellen ausgetauscht, unsere Biere geleert und uns nie wieder gesehen.
Ich habe auch später niemals irgendwelche "Probleme" bekommen.
Schlusswort: Ich habe die DDR GELIEBT!!! Für mich war es immer eine Insel der Glückseligkeit, egal, ob als Kind oder als Erwachsener. Dort gab es Dinge, die es in unserer "Freien" und wundervollen marktwirtschaftlichen Demokratie nie gab, s.o.
Als die Mauer fiel, habe ich mich gefreut. Aber ich habe auch Tränen vergossen, weil ich wusste, dass etwas stirbt, was nie wiederkommen wird...
Geborgenheit - Ideenreichtum - Freundlichkeit - Gemütlichkeit - "Kleinheit" - Tauschwirtschaft usw.
Ich könnte noch tausend weitere Gründe anführen....
Es wird jetzt zwei Meinungen geben:
Die Opfer werden sagen: Du Drecksau! Du hast dir immer nur ein paar schöne Tage gemacht und bist dann wieder abgehauen! Recht habt ihr!
Die Ostalgiker werden wehmütig ihr Haupt wiegen und sagen: So war´s...!
Ich möchte keine Urteile; ich wollte einfach nur mal meine Erfahrungen preisgeben!
Gruß pendulum
P.S.: Die zwei o.a. Ausnahmen werde ich noch behandeln. Aber nicht mehr heut...
Aber ihr könnt euch drauf freuen. Sind zwei Döntjes, wie die Hamburger sagen.
Für alle anderen: Anekdoten (Erlebnisse, die auf der Wahrheit beruhen)
;-)))
Was ich nicht vergessen darf: Meine Verwandten waren ganz normale Bürger der DDR! Ohne jedwede Privilegien. Keine Stasi, keine NVA, kein nix! Nur Telefon (nach 12 Jahren endlich...)
1. Alles wird gut! 2. It´s nice to be important, but it´s more important to be nice! 3. Was wert ist, getan zu werden, ist wert, gut getan zu werden! 4. Mehr Sein als Scheinen! 5. Denke, was du sagst und sage nicht, was du nicht denkst! 6. Zu wissen, was man weiß und zu wissen, was man tut, das ist Wissen! 7. Wenn gute Worte nicht genügen, führen auch böse Hiebe nicht zum Ziel! 8. Geld ist ein guter Diener, aber ein böser Herr!