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Erste Tote bei Protesten gegen Mohammed-Karikaturen
Demonstration vor der Dänischen Botschaft in Jakarta am Montag
Bei Protesten gegen die Veröffentlichung der umstrittenen Mohammed-Karikaturen sind in Afghanistan zwei Demonstranten getötet worden. Die Proteste gingen in mehreren Ländern auch am Montag weiter.
Demonstrant vor der brennenden Dänischen Botschaft am Sonntag In mehreren Ländern haben am Montag (6.2.2006) Muslime erneut gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen protestiert. In Kandahar und Mihtarlam in Afghanistan gingen hunderte Menschen auf die Straße. Bei Zusammenstößen mit der Polizei wurde in Mihtarlam nach offiziellen Angaben mindestens ein Mensch getötet, vier weitere wurden verletzt. Dem britischen Sender BBC zufolge starb ein weiterer Demonstrant später im Krankenhaus. Wie ein Sprecher des Innenministeriums erklärte, feuerte die Polizei auf die Demonstranten, nachdem ein Mann aus der Menge heraus auf die Beamten geschossen hatte. Andere warfen Steine und Messer.
Dänische Soldaten beschossen
Die Zeichnungen "sollten uns beleidigen", sagte einer der rund 300 Demonstranten in Indonesiens Hauptstadt Jakarta. Bei einer Kundgebung im Irak forderten schiitische Demonstranten eine Fatwa gegen die dänischen Zeichner. Rund 2000 Menschen demonstrierten am Montag nach einem Aufruf des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr im Zentrum der 175 Kilometer südlich von Bagdad gelegenen Stadt Kut. Auf einem Transparent forderten sie ihre religiösen Führer zum Erlass einer Fatwa auf, welche die Ermordung der Karikaturisten gestattet.
Nahe der irakischen Stadt Basra wurden dänische Soldaten nach einem Verkehrsunfall aus einer aufgebrachten Menge heraus beschossen. Wie Verteidigungsminister Sören Gade am Montag in Kopenhagen weiter mitteilte, soll untersucht werden, ob Hintergrund des Angriffes vom Vortag möglicherweise Proteste gegen die dänischen Mohammed- Karikaturen waren. Dies sei aber völlig ungewiss, erklärte Gade.
Reisewarnungen für 16 Staaten
Nach Demonstrationen im Irak hatte das Transportministerium in Bagdad am Wochenende erklärt, die Regierung wolle alle Aufträge an dänische Unternehmen bis auf weiteres einfrieren. Dänemark hat etwa 500 Soldaten im südlichen Irak stationiert. Unterdessen hat Dänemark seine Reisewarnung auf 16 islamische Länder ausgeweitet. Das Außenministerium in Kopenhagen nannte am Montag 14 Länder, die dänische Staatsbürger meiden sollten.
Dutzende Palästinenser attackierten erneut das seit Tagen geschlossene EU-Büro in der Stadt Gaza. Augenzeugen berichteten, die Randalierer hätten eine Fahne mit den Emblemen der Europäischen Union verbrannt. Sie bewarfen das Bürogebäude mit Steinen und Flaschen und schleuderten Eisenstangen. Polizei drängte sie nach einiger Zeit ab.
Im indischen Teil Kaschmirs legte ein Streik gegen die Karikaturen am Montag das öffentliche Leben in der Stadt Srinagar lahm. Läden und mehrere Schulen blieben geschlossen. Muslimische Gruppen und islamistische Separatisten hatten zu dem Ausstand aufgerufen.
Libanesische Regierung entschuldigt sich
Die libanesische Regierung entschuldigte sich unterdessen bei Dänemark für den Brandanschlag auf die Botschaft in Beirut. Das Kabinett verurteile die Gewalt und entschuldige sich, erklärte Informationsminister Ghasi Aridi. Mehrere tausend Demonstranten hatten die dänische Landesvertretung gestürmt und Feuer gelegt. Mindestens ein Mensch wurde getötet, 30 weitere erlitten Verletzungen. Auch eine Kirche und Privathäuser im christlichen Stadtviertel Aschrafieh wurden angegriffen. Innenminister Hassan Sabei bot am Sonntag seinen Rücktritt an, die Regierung entschied darüber zunächst nicht.
Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan riefen gemeinsam zu Besonnenheit auf. "Wir werden alle Verlierer sein, wenn es uns nicht gelingt, die Situation sofort zu entschärfen, die in ihrem Sog nur einen Pfad von Misstrauen und Missverständnis zwischen beiden Seiten hinterlassen kann", schreiben die beiden Regierungschefs in einem am Montag veröffentlichten Artikel für die englischsprachige Zeitung "International Herald Tribune". Es sei notwendig, Ruhe und Respekt anzumahnen und die Stimme der Vernunft zu hören. Meinungsfreiheit sei ein Eckpfeiler des demokratischen Systems und werde niemals aufgeben, hieß es weiter. Aber es gebe keine Rechte ohne Verantwortung und Respekt für verschiedene Empfindungen: "Die Veröffentlichung der Karikaturen mag ganz und gar legal sein, aber sie ist nicht gleichgültig und sollte folglich von einem moralischen und politischen Standpunkt abgelehnt werden."
Aufruf zur Besonnenheit
Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel rief zur Besonnenheit auf. Vor einer Sitzung des CDU-Präsidiums sagte die Parteichefin am Montag in Berlin, sie verstehe, dass, wenn religiöse Gefühle verletzt worden seien, dies auch zum Ausdruck gebracht werde. Gewalt aber sei nicht akzeptabel und dürfe kein Mittel der Auseinandersetzung sein. Das Prinzip der gewaltlosen Auseinandersetzung gelte weltweit, betonte Merkel. Deshalb hoffe sie, dass in den Staaten, in denen es jetzt zu Gewaltanwendung gekommen sei, die Vernunft wieder einziehe und gewaltlos demonstriert werde.
Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Ayyub Axel Köhler, verurteilte die Ausschreitungen scharf. Die Ausschreitungen hätten unter anderem in Syrien und im Libanon "Entsetzen bei den Muslimen in Deutschland ausgelöst", sagte er am Montag im Bayerischen Rundfunk. Sie seien ein Zeichen dafür, dass sich Frustration entlade, der sich lange aufgestaut habe, "das ist die Entwürdigung, das ist die Missachtung, das ist die Hilflosigkeit der islamischen Welt, aber all das entschuldigt nicht derartige Ausschreitungen". Der neue Zentralratschef betonte, die Gewalt habe nichts mit dem Islam an sich zu tun.
"Wir müssen jetzt an alle Muslime der Welt appellieren, sich nicht provozieren zu lassen."
Quelle:
http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,1893498,00.htmlCredendo Vides
E nomine patre
et fili et spiritu sancti
Amen