Wofür sterben unsere Soldaten in Afghanistan?
23.05.2007 um 00:38
Ich muß einfach mal etwas zum Thema allgemein loslassen.
Da unsereNachkriegsgeneration( also wir fast alle hier) gar keine kriegerischen Handlungen mehrkennt , ausser aus dem Fernsehen und dem Schießen mit Platzpatronen auf demTruppenübungsplatz, ist es für uns doch besonders schwer, sich in Ländern emotionalzurechtzufinden, wo die Einwohner ganz andere Erfahrungen gesammelt und Mentalitätenangenommen haben und vorallem für uns nicht vorausschaubar reagieren.
Die Afghanen"wissen" , bzw "kennen das Gefühl", durch die Gegend zu laufen, und irgendwo könnteplötzlich jemand abdrücken. Sie leben schon seit vielen Generationen mit einem "Unterbewußtseins-Warnsystem". Und wenn man als Deutscher da hinkommt, muß man erst malverarbeiten, daß vor dem Beobachtungsstand, indem man mit Säcken und Betonklötzengeschützt auf Lauer liegt vor dem Warehouse, ganz plötzlich ein realer Angreifer mitrealen Tötungsabsichten auf einen zukommt.
Das Gefühl kann man nicht antrainieren,weil hier in Deutschland soetwas reelles einfach weder täglich passiert, noch inirgendwelchen Übungslagen vorgespielt wird.
Man sitzt hier auf Vorbereitungslehrgangund hat seine Sinne gar nicht beisammen, denn man weiß, daß vor einem nur eineFeinddarstellung aus Kameraden in Verkleidungen mit Platzpatronen agiert.( der selbstsehnsüchtig auf Freitagmittag 11:30-Dienstschluss wartet)
Reality-Krieg...
Daskann man nicht üben. Im echten Einsatz herrscht ständige Todesangst im Hinterkopf bishinzur Annahme, daß jeder den Kontrollpunkt passierende Mensch ob, Mann , Frau oder Kind injeder Sekunde einen Knopf drückt und sich sprengt oder plötzlich eine Pistole zückt undschießt.
Und viele der Soldaten, die dann plötzlich in Kampfhandlungen verwickeltwurden, kommen damit anschließend nicht mehr klar. In ihrem Kopf wurde ein Alarmschaltergedrückt , den unser normales Bewußtsein von alleine nicht ausschalten kann.
Auchnach der Rückkehr vom Einsatz:
Selbst hier in Deutschland fühlt man sichanschließend dann auf der Strasse verfolgt, bekommt Panik beim Autofahren, weil derHintermann plötzlich dicht auffährt.
Der Magen und Kehlkopf drückt, man versuchtgegenzusteuern, man versucht ruhig zu atmen, wie man es gelernt hat. das nützt abernichts . Man verkrampft total Es wird tierisch heiß im Kopf um die Schultern herum,überall.Panik...Angst..
Irgendwann ( bei Fehlender Rückzugsmöglichkeit)wird der Druckso groß, daß die Arme zittrig werden und man ist mitten im Krieg, obwohl keiner im Gangeist. Man kann völlig die Kontrolle verlieren. Und manche springen oder fahren vor einenBaum oder anderes.
Und ganz kritisch kann es auch werden , wenn man dann auf derStrasse zu dicht an fremde Araber gerät, oder irgendwie glaubt, daß diese einen blödeanmachen oder reitzen wollen.
Zur Zeit machen es viele sehr gerne besonders gegenBundeswehrsoldaten, die im Grünzeug vom Dienst nach Hause kommen. Sie wissen ja, daßihnen nichts passiert. Da macht das Provuzieren mehr Spaß.
Am besten noch werdenErinnerungen aufgescheucht, wenn diese Leute ihre kulturelle Kleidung tragen, ihre Musikherumdödelt oder ähnliches..
Dann macht es noch schneller Klick im Kopf!
Alsobleiben vielle Heimkehrer einfach zuhause sitzen und sind krank.
Posttraumatisches Kriegssyndrom nennt man das.
Ich weiß nicht, wie es unsere Großväterverarbeitet haben??
Damals muß es dieses Syndrom doch auch gegeben haben? Oder wardamals das Bewußtsein ganz anders ausgeprägt, weil man ja praktisch immer vonirgendwelchen Kriegen betroffen war??
Ich weiß es nicht.
Aber ich weiß,daß inzwischen schon mindestens 2000 Bundeswehrsoldaten in psychatrischer Behandlungsind. Wieviele aus Angst vor sozialer Mißachtung nicht zum Arzt gegangen sind, bleibt eingefährliches Fragezeichen.
Es ist eigentlich scheißegal, wen man nach Afghanistanschickt und in eine Uniform steckt.
Ausser antrainiertes Verhalten in derÖffenlichkeit in normalen friedlichen Situationen, oder bestimmteDurchführungsvorschriften für irgendelche Dinge kann man den Leuten eigentlich nichtsneues mitgeben.
Na gut, sie müssen natürlich den Status eines Soldaten haben,damit sie rechtlich korrekt auftreten.
Im Ernstfall reagiert dann jeder Mensch,wie die Natur es ihm gegeben hat.
Und scheißegal ob du einen Bäcker oder Lehrer, oderPostboten mit Gewehr da hinstellst, oder einen Zeitsoldaten, der vorher 12 Jahre inDeutschland durch den Wald geglitten ist. Alle erleben ihr erstes Mal.
Und das stehtin keinem Lehrbuch geschrieben.
Und alle können nicht verhinderen, daß ihr Körperaufeinmal selbständig von "Naturinstinkten-Erhaltungstrieben usw.." gesteuertwird.
Also wir stellen uns das Kriegführen immer so einfach, technisch überragendund toll vor und kennen dabei nicht die Realität, denn wir können unsere Psyche nichtsteuern.--ausser durch Drogen und Medikamente beinflussen.
Ich wünsche eine guteNacht und dem einen oder andern mal einen richtig schönen Traum, in dem er sich live ander Front befindet..