Türken ein Teil von Deutschland?
29.10.2010 um 02:08
Naja was soll ich da erzählen, es war einfach eine doofe Kindheit. Als wir nach Deutschland kamen 1990/91, war ich 7. Als Asylanten in Eisenhüttenstadt angekommen, an der Grenze zu Polen. Dann nach paar Monaten waren wir in Mögelin, Brandenburg nähe Rathenow. Dann in ein anderes Asylheim, danach für die längste Zeit nach Heidefeld bis 1995. Alles Asylheime in Rathenow, ausser Eisenhüttenstadt.
Ich hatte oft probleme mit rassistischen Schüler und Neonazis in der Stadt. Es war für mich Altag das ich beschimpft und angespuckt wurde. Ich hatte in der Schule einen guten Freund und ich kenne nur noch seinen Vornamen, Manuel. Ich und Manuel haben uns damals gut verstanden und waren in den pausen oft zusammen. Es war eine Grundschule und Gesamtschule zusammen. Ich war (glaube ich) der einzige Ausländer und wurde in den Pausen oft fertig gemacht.
Es gab ein Zwischenfall, das habe ich bis Heute nicht vergessen. Ich stand auf dem Schulhof und hab mein Pausenbrot gegessen, da kamen 3 Jungs aus höheren Klassen und haben mich beschimpft und rum geschuppst. Mein Essen genommen, auf den Boden geworfen. Dann kam Manuel und hat mich verteidigt. Hat den einen Typen zurück geschuppst und hat die angeschrien "lasst ihn in Ruhe, er ist mein Freund! Wieso macht ihr das, nur weil er ein Ausländer ist"? Das habe ich noch vor meinen Augen als wäre das Gestern gewesen. Ich suche diesen Manuel aber finde ich nicht. Ich war nur bis zur 3. Klasse dort denn 95 kamen wir nach Berlin.
Naja wie gesagt doofe Kindheit in Rathenow. Einmal waren ich, mein Bruder und 3 andere Freunde aus Asylheim auf einer Kinderdisco (zwischen 12 -16 Jahren), Eintritt war 2 Mark. :-) Als wir rein kamen wurden wir gleich schief angeguckt und dann ging es wieder los. "Ey schaut euch mal diese scheiss Kanaken an", "scheiss Türken", "scheiss Ausländer" und so weiter. Es war Sommer und als es 20 uhr/21 Uhr wurde wollten wir nach Hause. Wir hatten alle Fahrräder, aber als wir unsere Fahrräder abholen wollten, waren die Sitze bzw Sättel weg und man hat die Reifen zerstochen. Also mussten wir laufen. Es war schon eine lange Strecke. Als wir ins Heim gekommen sind, haben wir gesehen das Unser Eltern und fast alle Asylbewohner im Hof standen und auf uns gewartet haben, immerhin wurde es Spät und die haben sich alle Sorgen gemacht. :D
Ich und 2 andere haben mal auf einem Schrottplatz unsinn gemacht, gespielt und so weiter. Dann kamen aufeinmal eine Gruppe von ungefähr 6-8 Jugendliche die uns durch den ganzen Schrottplatz gejagt haben, aber zum glück haben wir es geschafft abzuhauen. Als wir dann auf der Straße waren und Richtung Heim gelaufen sind, kamen aufeinmal 2 Männer (Rumänen und auch Asylbewohner) angerannt und meinten zu uns rennt schnell rennt um euer Leben. Er meinte "schnell da komen viele Menschen die uns töten wollen". Dann sind wir gerannt ins Heim und haben die Leute gewarnt und haben alles dicht gemacht. 10 Minuten später habe ich dann aus dem Fenster geschaut und da waren 100-120 Männer und paar Frauen mit Baseballschläger und andere Sachen. Ich weiß nicht woher die kamen oder wieso, aber das waren Neonazis mit Springerstiefel u.s.w..
Die wollten unser Heim angreifen. Ich stand da im Treppenhaus zwichen Männer die hektisch waren und hörte nur verzweifelte Stimmen und sehe wie mein Vater und paar andere versuchen die Tür zu barrikadieren. Kennt ihr die Bilder von Rostock 1992, als eine Menschenmenge versuchte ein Asylheim anzuzünden? Genau das selbe war be uns los, selbe Jahr und glaube schon fast gleiche Zeitraum. Kann sein, das die das nachmachen wollten was in Rostock passiert ist. Ich schwör es euch, von der Polizei keine Spur! Das ging fast 2 Stunden so, Steine flogen durch die Fenster, Aussenwände besprüht und so weiter. Erst nach über 2 Stunden kamen die ersten Polizisten. Paar Tage später wurde unser Heim mit Zaun und Gitter komplett abgeriegelt um beim nächsten mal etwas mehr Schutz zu haben.
Bei der Zeugnisausgabe hatten wir früher Schluss und so haben mich meine 2 Brüder abgeholt und waren auf dem Weg nach Hause bzw. Heim. 10:30 war es gerade. Naja mit Geld war es ja immer knapp, aber mein großer Bruder hatte paar Mark und er wollte unsere Eltern mit einem Frühstück überraschen. Also holte er Brötchen, Wurst, Milch, Butter, Salat etc.. hmm Wie alt war ich da? 9, mein mittlerer Bruder 12, großer Bruder 15. Die haten ihre Fahhräder bei aber wir sind gelaufen, jeder eine Tüte in der Hand. Das war ein Weg wo man nicht viele Leute trifft, zwischen Bäume und Plattenbau.
Dann kamen uns 5 Jugendliche entgegen, waren aber älter so zwischen 17 -20. Die haben uns umkreist und bespuckt, beschimpft und getreten. Was sollten wir machen? Wir 9,12 und 15. Mein großer Bruder hat uns beiden hinter sich gestellt und sein Arm um uns, damit er alles abbekommt. Dann hat einer sein Messer rausgeholt und mein Bruder bedroht, ihm das Messer ans Hals gelegt. Dann hat er die Reifen von den Fahrrädern zerstochen. Die Tüten wurden von uns entrissen alles was drinn war, aufgemacht und auf dem Bod geworfen, auf die Brötchen getreten bzw. zertrampelt.
Mein Bruder war einfach nur verzfeifelt weil er nix machen konnte. Seine Augen, man das werde ich nie vergessen. Ich konnte in seine Augen sehen wie verletzt und erniedrigt er war. Man großer Bruder hat dann einfach nur geschrien und brach in Tränen aus. Langsam haben die uns in ruhe gelassen und wir sind weiter nach Hause gelaufen. Mein Bruder war damals schon und bis Heute, ein stolzer Mensch. Egal was war, ob er schläge bekommen hat, traurig war oder Sauer, er hat nie geweint. Heute ist er 31 und ich schwöre es euch, das war damals das erste und das letzte mal, das ich und mein mittlerer Bruder ihn weinen gesehen haben. An diesem Tag wussten wir wie es ist, wenn die eigene Würde genommen wird.
Ich bin mir sicher, wenn er damals alleine wäre, dann hätte er nicht geweint. Aber weil ich und mein mittl. Bruder das miterlebt haben wie er bespuckt und getreten wurde und er nix machen konnte, hat ihn das noch mehr erniedrigt. Er dachte wohl das er für uns kein Vorbild mehr wäre oder die Achntung weg wäre, aber das ist quatsch. Wir hatten mehr Achtung und Respekt vor ihm als je zuvor. Diesen Tag werde ich nie vergessen.
Jaja es war wirklich schlimm damals. Mein Vater hat ein 30cm Messer, eine Mischung aus Machete und Messer, meinem großen Bruder gegeben. Er hatte das dann immer in seinem Rucksack, damit es raus holt wenn es mal wirklich sclimm wird und er keine andere Lösung findet. Aber zum Glück kam es nie dazu. Wir haben ja auch eine Schwester, die älteste von uns war sie. Um ihr hat mein Vater sich die meisten sorgen gemacht. Er hat von irgendwelchen Rumänen eine kleine Waffe besorgt und meine Schwester hatte die immer in der Tasche. Da könnt ihr euch vorstellen wieviel sorgen sich ein Vater machen muss, bis er auf sowas kommt. Aber auch davon musste sie zum Glück nie gebrauch machen.
Wie gesagt das sind paar Geschichten die ich so erlebt habe. Denke meine Brüder haben auch ihre Geschichten.
Jo das wars lol. Wie gesagt, es war eine miese zeit. Alles lange her, 1995 wie gesagt endlich die hochverdiente unbefristete Aufenthalterlaubnis bekommen und dann nach Berlin gezogen. Die Waffe von meiner Schwester wurde längst von der Polizei konfisziert und das Messer liegt im Wohnzimmer von meinem Bruder als Erinnerung.
So Merlina, du wolltest ja paar Sachen wissen. Sorry das es gedauert hat, aber war komisch alles so zu schreiben. Ich habe jetzt zum ersten mal darüber geschrieben.
Falls ich Schreibfehler habe oder so, dann sorry! Ist ja schon 2 Uhr. :D
Schöne Grüße
SaifAliKhan