Politisch engagiert, Ja oder Nein?
24.11.2008 um 21:49
"Dein Imperator hat nichts, was nicht auch alle anderen haben. Er hat keine Basis fuer eine Anhaeufung an Besitz, weil es keinen persoenlichen Besitz gibt."
Wege, mein lieber ch4nc3, entstehen dadurch, dass man sie geht. Diese Weisheit Franz Kafkas soll dir als Erklärung dafür dienen, dass auch in einer besitzlosen Gesellschaft irgendjemand etwas als sein Eigentum deklariert und damit ein neues System begründet. Wie sonst hätte man den die bekannten altertümlichen Strukturen schaffen können in den Anfängen der Menschheit, wenn nicht irgendjemand als erstes ein Grundstück abgezäunt und es für sich allein beansprucht hätte?
Sobald er mehr Gold oder Rohstoffe oder sonstige Produkte besitzt, als alle Reichtümer der Gemeinschaft zusammen aufbieten können, ist es für ihn ein leichtes, die Abhängigkeit der anderen von ihm zu erreichen oder zumindest manche, die ebenfalls an mehr interessiert sind, als sie durch das übliche System erhalten, zu bestechen und darauf seine neue Herrschaft zu fußen.
"Was der Bankraeuber vom Supermarkt, der in das Dorf expandiert und die Existenz aller lokalen Lebensmittelhaendler vernichtet, unterscheidet, ist der legale Aspekt. Nicht der moralische. Nur Konkurrenz in ihren vielen Farben und Formen."
Ich seh kein Problem darin, um der Preise für die Kunden und des größeren Angebots willen ein paar vereinzelte Tante Emma Läden zu plätten und einen Supermarkt zu errichten, in dem dann die Verkäuferinnen der kleinen Lebensmittelgeschäfte arbeiten können. Solange die Löhne fair und die Arbeitsbedingungen gerecht gehalten sind, spricht nichts dagegen.
"Was daher in deinem egoistischsten Interesse sein sollte, ist die Abschaffung von Konkurrenz."
Nein sollte es nicht. Durch eine einzige Staatsbank und den proportionalen Anstieg der Steuern zur Höhe des Einkommens kann verhindert werden, dass ein Einzelner so viel besitzt, dass er mühelos Schmiergelder aufzubringen vermag. Dass zu deinem Einwand der Korruption. Und daher bleibt die Gültigkeit des Gesetzes erhalten und sorgt dafür, dass niemand auf verbrecherischem Wege das eigene Unternehmen stärken kann. Es entscheiden nur noch Leistung und Innovation und zwar - damit es keine Verlierer gibt, denn in diesem Punkt ist deine Kritik an der Konkurrenzgesellschaft berechtigt - in einem begrenzten Rahmen, um den Firmen kämpfen dürfen, allerdings nicht um ihre totale Existenz, soll heißen es wird kein totaler Kampf zwischen den Konzernen geführt werden können, damit dem einmal unterlegenen Unternehmen immer noch genügend bleibt, um ordentliche Löhne zu zahlen. Trotzdem besteht somit der Anreiz, sich wieder ins Zeug zu legen und dem momentanen Sieger des Wettstreits mit neuen Ideen die Stirn zu bieten. Alles im Sinne der Kunden.
"Deine Errungenschaften bringen die persoenlich das Gefuehl etwas erreicht zu haben. Wenn du schon einmal hart fuer etwas gearbeitet und dein Ziel dann endlich erreicht hast, kennst du dieses Gefuehl."
Ich kenne aber auch das Gefühl danach, wenn ich nicht den Lohn für mein Werk einstreichen darf. Weißt du wie es in der von dir vorgeschlagenen Gesellschaft zuginge?
Da schreibe ich meinetwegen ein Buch, investiere viel Mühen hinein, reiche es an einen Verlag weiter, und dessen Chef setzt seinen Namen unter den Titel und erntet meinen Ruhm. Nennst du das gerecht?
"Deine Errungenschaften geben dir das Gefuehl etwas nuetzliches getan zu haben."
Nein, das Lob anderer gibt mir dieses Gefühl, das Verspüren von Achtung und Anerkennung für meinen Dienst, doch woher soll es rühren, wenn nicht ich, sondern ein anderer von meiner Arbeit profitiert?
"Dein Anteil am Allgemeinwohl ist verschwindend gering, so oder so. Schliesslich sind wir ein paar Milliarden Allgemeinwohler oder?"
Im Kapitalismus erkennst du den Wert deiner Bemühungen in deinem Einkommen, was im Blick auf den Gesamtbetrag aller Gelder gering sein mag, aber für dich sehr viel bedeutet, da es deinen Lebensunterhalt sichert.
In der von dir favorisierten Gesellschaft, würde man das was man getan hat sehen, als jener geringe Teil am Erzeugnis aller, verschwindend und ohne jede Bedeutung (so wie die monatlichen 3000 Euro des normalen Angestellten, die in Bill Gates Brieftasche nun auch nicht wirklich ins Gewicht fallen), da überlegt man sich: Hey warum strengst du dich so an, warum opferst du deine Zeit, falls du stattdessen Fernseh guckst und eine lockere Zeit verbringst, ändert das auch nichts. Im Kapitalismus dagegen würdest du dann feststellen: Wenn ich darauf verzichte, meine Aufgabe im Uhrwerk der Gesellschaft zu erfüllen, dann kann ich mir keinen Luxus mehr leisten und müsste ein Dasein in Armut fristen. Und ein solcher Gedanke, nämlich der das die eigene Arbeit wichtig ist, hält eine Zivilisation am Leben, nicht aber der, der besagt, dass es gleich ist ob man morgens aufsteht oder liegen bleibt.
Ich möchte deine Theorien nicht ganz vewerfen, das mit der Sicherung der Unternehmen vier Absätze höher geht auf deine Anregung zurück. Aber dennoch wäre ein Kompromiss ratsamer, als eine Variante, die nur von einem Ideal bestimmt wird. So wie es einer Mixtur aus Sozialismus und Kapitalismus erfordert, um eine gute Gesellschaft zu entwickeln, so ist ein einziges Extrem nie vielversprechend.