Laura_Maelle schrieb:Ich habe das eher so verstanden, dass Putin in einem solchen Fall davon ausgeht, dass Russland existenziell bedroht ist. Das entspricht wiederum der russischem Atomdoktrin. Es ist also kein Muss, aber die Frage ist halt, wann sich Putin als Oberhaupt Russlands existenziell bedroht fühlt. Da die 4 annektierten Gebiete der Süd-Ukraine nun nach seiner Auffassung russisches Staatsgebiet darstellen, so wie auch die Krim, wird er dieses Argument sicher eher hervorholen, um einen atomaren Angriff begründen zu können.
Wie du schon schreibst, ist es eine - genauer seine - Auslegungssache, wo die existentielle Bedrohung beginnt. Bei der Rückeroberung der annektierten Gebiete? Wenn Russland vom scharzen Meer abgeschnitten ist? Bei einem (false-flag?) Vorstoß auf kernrussische Provinzen? Bei einem Alptraum von seinen Eltern, die ihm ein Geschichtsbuch schenken? Er hat sich ja nicht unabsichtlich über die exakten Absichten bedeckt gehalten und es so formuliert (formulieren lassen), dass damit
auch die eiligst vollzogene Annexion gemeint sein könnte.
Eben diese KGB-Spielchen der Unklarheiten, vagen Andeutungen und vermuteten Atomtests (oder medialen Demonstration der Möglichkeit dazu, an der Grenze auffahren zu lassen) dient ja schließlich der Einschüchterung, wobei ich denke, dass sein Anliegen sein wird, dem
wenn dann einen Anstrich von "Angriff auf das Völkerrecht" zu verleihen, um sich rhetorisch rechtfertigen zu können, ohne dabei schlicht sagen zu müssen, "weil die Gefechtsführung scheiße läuft".
Dass die Auslegung dabei, was konkret eine existentielle Bedrohung ist, einerseits ziemlich flexibel gestaltet wird, um sich nicht selbst die Pistole von deutlichen, roten Linien auf die Brust zu setzen leuchtet mir ebenso ein, wie der Druck, dieser Drohung nichts folgen zu lassen, wenn es sich ergeben sollte, dass das russische Militär in sämtlichen Gebieten neutralisiert wurde.
Ein unbeantwortetes, mit dem Stiefel aus der Ukraine hinausbefördert werden (also mit Mann und Maus), ist mMn der Risikofaktor in der Gleichung. Ihm muss ja bei aller machiavellistischer Persönlichkeitsstörung bewusst sein, dass je mannstärke & kapitaltechnisch-intenstiver sich Russland in diesen Konfikt grindet und auf die Schnauze bekommt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass er sich ungefragt in Den Haag wiederfindet, weil sich a) die Anhänger & b) die Investionen der Oligarchen verflüchtigt haben, die ihm
noch zur Seite stehen, weil sie vllt. noch Angst davor haben, die nächsten zu sein, denen beim Suizid vom FSB unter die Arme gegriffen wird.
Ein Krieg, bei dem am Ende aus Sicht derer, die sich finanziell daran bereichern wollten, nichts verdient wird, um die Spekulationen zu versilbern ist für den Rückhalt in einem Staat, der sich auf mafiöse Struturen der Vetternwirtschaft stützt weniger hilfreich als unzählbare Leichensäcke. Da wird ihm sein vaterländischer Patriotismus auch nichtmehr viel helfen, wenn er mit leeren Taschen nach Hause kommt.