Darf man noch "russlandfreundlich" sein?

Am 24. Februar 2022 begann der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Machthaber Wladimir Putin befahl, seine Truppen, das Nachbarland anzugreifen, bombardieren. Die russische Soldaten erschießen Zivilisten, misshandeln und vergewaltigen ukrainische Bürger: innen...
Mehr brauche ich darüber nicht erzählen, ist ja bekannt.
Es gab und es gibt wenige Bürger in Russland und russische Staatsbürger,die im Ausland leben, die auf die Straßen gehen und gegen das Krieg und gegen Putin demonstrieren. Im Gegenteil, es gibt mehr prorussische Demos in Deutschland und in anderen Ländern in Europa.
Da frag ich mich, darf man da noch "russlandfreundlich" sein? Die Menschen dort noch sympathisch finden? Sich für das Land selbst zu loben, dort irgendwann wieder Urlaub machen zu wollen?
Ich bin in einem Eisenbahnforum. Schon allein über deren Züge in diesem Land zu diskutieren, zu interessieren, gefallen zu finden, oder eine Modellbahn nach russischem Vorbild zu erbauen, reicht bei manchen aus um politische Diskussionen gegen dieses Land anzufangen, da wird geschrieben, wie man sich nur für diese Bahnen interessieren kann, wenn dieses Land die Ukraine überfällt....
Es geht schon so weit, dass die Moderation dort einen Thread geschrieben hat: "Hinweise von der Moderation zu Ukraine- und Russland-Beiträgen", dort heißt es unter anderem:

Politische Statements oder Provokationen führen, auch wenn sie mit irgendwelchem bahnrelevanten Zeugs getarnt sind, zur Sperrung des betreffenden Users. Die Sperrung gilt dann DSO-weit; überlegt es euch also lieber vorher.

Wir sind mit unserem Forum in der Bundesrepublik Deutschland angesiedelt. Im Zweifelsfall gilt die in unserem Land offizielle „Weltanschauung“ hinsichtlich Anerkennung von Ländern, Territorien etc. Wer damit nicht klar kommt, darf sich selbstverständlich ein anderes Forum suchen. Wir werden dabei gern mit sehr „dünnhäutiger“ Sperrung unterstützen. Anders ist es für uns nicht mehr händelbar.

Quelle: https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?030,10465718

Ist es verpönt, wenn man trotz allem noch russlandfreundlich ist, darf man in dieser Zeit das noch sein und auch in der Zukunft,wenn der Krieg hoffentlich bald vorbei ist?
Wie sieht ihr das?

ProjectSerpo schrieb:Ist es verpönt, wenn man trotz allem noch russlandfreundlich ist,

Ich persönlich sehe einen Unterschied zwischen russlandfreundlich und Putinfreundlich. Russlandfreundlich (die Menschen und Kultur sympathisch finden, die Sprache mögen, die Landschaften faszinierend finden) zu sein, heißt nicht automatisch, auch das restriktiv-autoritäre System von Putin befürworten zu müssen.

@martenot
So sehe ich das auch. Leider reicht es wohl bei einigen Leuten,wie es scheint, wenn man Russlandfreundlich ist, dass es gegen die Ukraine und deren Menschen ist. Ich selbst bin, wie du es schreibst, auch so russlandfreundlich, ich mag das Land, es ist sehr schön dort, war in den 90'ziger Jahren in St. Petersburg und würde wieder dort Urlaub machen und da reicht es bei einigen schon, wenn man davon erzählt, wie man nur dort hin reisen kann,den Staat noch Geld gibt... Auch höre ich gerne russische Musik (Elektromusik von Arrival) usw usf.... Kommt jedoch nicht bei jedem gut an, wie ich im persönlichen Bereich mitbekommen habe.

ProjectSerpo schrieb:und würde wieder dort Urlaub machen

Obwohl mich das Land Russland immer fasziniert hat, würde ich auf absehbare Zeit dort nicht Urlaub machen wollen. Zu groß wäre mir das Risiko, mit öffentllichen Institutionen (z.B. bei Polizeikontrollen) in Schwierigkeiten zu kommen, zumal man als westlicher Ausländer anscheinend oft ohnehin misstrauisch beäugt wird.

Man sollte Russland - so lange Putin an der Macht ist meiden. Ich meide aus diesen Gründen auch die Türkei, Dubai, Saudi-Arabien, Nordkorea, Iran usw.

Russen dagegen, sind immer unterschiedlich. Sind die schön brav gegen Putin, hab ich nichts gegen Russen und meide sie nicht.

martenot schrieb:Obwohl mich das Land Russland immer fasziniert hat, würde ich auf absehbare Zeit dort nicht Urlaub machen wollen. Zu groß wäre mir das Risiko, mit öffentllichen Institutionen (z.B. bei Polizeikontrollen) in Schwierigkeiten zu kommen, zumal man als westlicher Ausländer anscheinend oft ohnehin misstrauisch beäugt wird.

Russland ist ein typisches zweite Welt Land mit Atomwaffen.
Die Großstädte und Touristen Hochburgen werden gepflegt und der Rest ist Not gegen Elend.
Russland ist Sumpfgebiet und hat seine schönsten Regionen nach dem Zerfall der UdSSR verloren.
Einige Steppenregionen und die Tundra haben allerdings ihren Reiz.

Anfimia schrieb:Einige Steppenregionen und die Tundra haben allerdings ihren Reiz.

Mich haben auch immer die großen Ströme in Sibirien, sowie z.B. der Baikalsee und Kamtschatka fasziniert. Aber ich würde mich da derzeit nicht trauen hinzureisen. Ich möchte nicht in einem Straflager enden.

Ich habe stets zwischen Menschen und ihren Regierungen unterschieden. Das galt und gilt für die USA, Russland (bzw. UdSSR), Israel und alle anderen.

ProjectSerpo schrieb:Ist es verpönt, wenn man trotz allem noch russlandfreundlich ist, darf man in dieser Zeit das noch sein und auch in der Zukunft,wenn der Krieg hoffentlich bald vorbei ist?
Wie sieht ihr das?

Ich würde den Unterschied machen wie beim Islam... Islamfreundlich ja, politischer Islam nein.
Übertragen auf Russland kann man natürlich russlandfreundlich sein..im Lichte der Ereignisse kann ich das politische Russland jedoch nur noch ablehnen.
Man muss da imo wirklich scharf trennen zwischen Land und Politik.

Klar kannst das sein.
Man sollte halt zwischen Land und Politik trennen.
Mich fasziniert dieses Land, und die Leute dort sind sehr gastfreundlich.

@ProjectSerpo

Es ist schon ein paar Wochenenden her, da fand in unserer Küche ein Gemeinschaftsbacken mit „internationaler Beteiligung“ statt. Meine jüngste Tochter hatte ihre beiden Mitbewohnerinnen mitgebracht. Sie lebt mir einer russischstämmigen Frau zusammen und sie haben in ihrer Wohnung eine Geflüchtete aus der Ukraine einziehen lassen. Die verstehen sich prächtig. Menschen verstehen sich - Regierungen nicht immer. Schlimm wird es erst, wenn sich Menschen von Regierungen aufhetzen lassen.

In meinem Leben gehörte es während des Vietnamkrieges zum „guten Ton“, gegen „die Amis“ zu sein. Das hat mich und andere nicht davon abgehalten, Bob Dylan zu hören, Jeans zu tragen, die Black Panthers gut zu finden und „fahnenflüchtigen“ GIs, die aus Deutschland in den Vietnamkrieg verfrachtet werden sollten, bei der Flucht nach Schweden zu helfen.

martenot schrieb:Russlandfreundlich (die Menschen und Kultur sympathisch finden, die Sprache mögen, die Landschaften faszinierend finden) zu sein, heißt nicht automatisch, auch das restriktiv-autoritäre System von Putin befürworten zu müssen.

Die Menschen welche den Krieg entweder unterstützen oder zu feige sind aufzubegehren und/ oder es Achselzuckend hinnehmen?
Die darf man natürlich sympathisch finden…. Muss dann aber eben auch mit entsprechender Ablehnung rechnen.

V8Turbo schrieb:Die Menschen welche den Krieg entweder unterstützen oder zu feige sind aufzubegehren und/ oder es Achselzuckend hinnehmen?

Ich hoffe mal, dass du damit nicht mich meinst.

Wenn ich beispielsweise schreibe "die Menschen sympathisch finden", dann steckt da durchaus der Gedanke dahinter, die Menschen differenziert wahrzunehmen und zu bemerken, dass nicht alle gleich ticken. Man kann Russen sympathisch finden und trotzdem die Unterscheidung treffen, wie sie zu Putin und seinem Regime stehen.