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Teuerung und Inflation

695 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Politik, Wirtschaft ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Teuerung und Inflation

09.02.2022 um 22:02
Ah ja, danke. Erstaunlich, daß die Wirtschaft da überhaupt noch funktionierte - "Guten Tag, ich möchte eine Lok kaufen, was kostet das?" "Ach, wissen wir noch nicht, der Preis steht erst am Ende fest"...


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Teuerung und Inflation

09.02.2022 um 22:07
Einer der vielen krassen Aspekte der Hyperinflation 1923 war, dass es Kommunen und Grossunternehmen teilweise gestattet war, selbst Geld zu drucken, dessen Einlösung von der Reichsbank garantiert wurde:
Während vor dem Kriege die Druckerei der Reichsbank alle Noten gedruckt hatte, mußten im Jahre 1923 133 Druckereien mit 1783 Maschinen zusätzlich arbeiten. Mehr als dreißig Papierfabriken arbeiteten im vollen Betrieb lediglich für das Papier der Reichsbanknoten. Doch selbst mit einem so ungeheuren Apparat war die Reichsbank nicht imstande, eine ausreichende Menge von Geldscheinen für den Verkehr zu liefern. Sie mußte oft selber den Ländern, Kommunen und einzelnen privaten Großunternehmern die Anregung geben, ihr eigenes Notgeld zu drucken und in Umlauf zu setzen. Sie gab dabei die Versicherung ab, daß sie dieses Notgeld genau so einlösen würde wie ihre eigenen Noten. Ende 1922 betrug der Notgeldumlauf schon zehn Prozent des Reichsbanknotenumlaufs, und gegen Ende 1923 lief wohl ebenso viel Notgeld um wie Reichsbankgeld.

(Hjalmar Schacht: "Die Magie des Geldes")



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09.02.2022 um 22:11
Zitat von zaeldzaeld schrieb:Ah ja, danke. Erstaunlich, daß die Wirtschaft da überhaupt noch funktionierte
Damals war es ja für die "kleinen Leute" noch viel üblicher im Laden anschreiben zu lassen, d.h. auf Kredit zu kaufen, und die allermeisten hatten entweder gar kein Bankkonto oder nur ein Sparbuch, die Alltagsgeschäfte regelte man mit Kleinkredit und Bargeld, das war also in gewisser Hinsicht alles etwas einfacher als es das heute wäre.

Umgekehrt hatte die "große" Wirtschaft aus den vorrangegangenen Kriegen, häufigen Finanzkrisen und auch häufigen Herrschaftswechseln, Zwangsanleihen an den Staat und allerlei Bankrotts auch weniger Probleme, mit Buchgeld, Fremdwährungen und anderen Optionen zu arbeiten, die nicht direkt von der Inflation betroffen waren.

Richtig hart getroffen hat die Inflationswelle zuallererst die Menschen, diie fixe Markbeträge bezogen haben, d.h. vor allem Rentner und Invalide und in zweiter Linie Staatsbedienstete und kleine Beamten sowie Kleinvermieter und dergleichen die direkt von den Mieteinnahmen "von der Hand in den Mund" gelebt haben. Später dann die Handelsunternehmen die zahlungskräftiges Bargeld brauchten, und Unternehmer die keine realistische Möglichkeit mehr hatten Löhne auszuzahlen.
Zitat von uatuuatu schrieb:Einer der vielen krassen Aspekte der Hyperinflation 1923 war, dass es Kommunen und Grossunternehmen teilweise gestattet war, selbst Geld zu drucken, dessen Einlösung von der Reichsbank garantiert wurde:
Notgeld ist ein gut dokumentierter Sammlermarkt, am Ende hatte selbst kleine Landkommunen eigene Notgeldscheine oder -Marken, größere Städte hatten oft sogar mehrere weil verschiedene Großbetriebe direkt eigenes Geld ausgegeben haben.

http://sammler.com/mz/notgeld.htm

Auch das übrigens nicht so abwegig wie es auf den ersten Blick scheint, weil selbst kleinere Betriebe wie z.B. Brauereien schon Jahrzehnte vorher regelmäßig an Bedienstete oder auch als Geschenk oder Trinkgeld eigene Verzehrmarken und solche Dinge ausgegeben haben, die für ein Kantinenessen, einen Liter Bier oder auch einen Zentner Kohle für den Hausbrand eingelöst werden konnten. Diese wurden auch schon vor der Krise in begrenztem Umfang, hauptsächlich vor Ort, als alternatives Zahlungs- und Tauschmittel genutzt.


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09.02.2022 um 22:14
Sie mußte oft selber den Ländern, Kommunen und einzelnen privaten Großunternehmern die Anregung geben, ihr eigenes Notgeld zu drucken
Mit der Inflation damals habe ich mich nicht großartig beschäftigt, deshalb muss man mir das nicht unbedingt hier alles nachtragen - aber merkt man nicht irgendwann, daß diese ganze Gelddruckerei doch irgendwie keinen Sinn mehr ergibt und irgendwann "Stop" sagt? Wie kann man ein totes Pferd denn so weiterreiten?

Daß irgendwelche afrikanischen Diktatoren das aus persönlichen Motiven noch so machen, kann ich ja noch verstehen. Aber staatliche Angestellte?

Kann ich mich ja mal genauer mit beschäftigen, hört sich ganz interessant an.


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09.02.2022 um 22:24
@bgeoweh: Es ging mir weniger um das Notgeld an sich -- lokales Notgeld hat es ja in den verschiedensten Szenarien, wie Du auch geschrieben hast, immer wieder mal gegeben -- sondern darum, dass es in diesem Fall von der Zentralbank anerkannt wurde. Das ist absolut aussergewöhnlich.


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10.02.2022 um 09:25
@uatu
Du hast dich offenbar ins Thema eingelesen. Ich gehe stark davon aus, dass es auch sowas wie einen Schattenmarkt gab, auf dem man Ware und Dienstleistung einfach nach Tagesbedarf tauschte. Kannst du vllt ne Quelle empfehlen, die sich etwas ausführlicher damit beschäftigt?


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28.02.2022 um 17:54
Könnte man eigentlich einen Staat nicht prinzipiell so organisieren, dass im Regelfall unterm Strich etwas übrig bleibt? Das könnte man dann nicht nur als Katastrophenvorsorge, sondern auch als Regelreserve zur Inflationsbekämpfung nutzen!


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28.02.2022 um 18:46
@Marfrank

Natürlich. Man könnte im Sozial- und Bildungsbereich so viel sparen. Aber das will ja mal wieder keiner.


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28.02.2022 um 20:09
So meinte ich das nicht. Aber könnte man das nicht bei den Verwaltungen tun? Kann man nicht manche Ämter zusammenlegen, wie Gewebeaufsichtsamt und Gesundheitsamt und manche Verwaltungen zentralisieren und rationalisieren?


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28.02.2022 um 20:14
Zitat von MarfrankMarfrank schrieb:Kann man nicht manche Ämter zusammenlegen, wie Gewebeaufsichtsamt und Gesundheitsamt und manche Verwaltungen zentralisieren und rationalisieren?
Da muss ich schmunzeln - Du glaubst doch nicht dass die Beamten und Angestellten sich selbst rationalisieren damit sie dann mehr Arbeit haben.
Eher andersrum :D


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01.03.2022 um 22:13
@Marfrank
Es verdienen zu viele daran, wenn ein Staat regelmässig Defizite schreibt und sich verschuldet. Mit erhöhten Ausgaben kriegen Auftraggeber mehr Aufträge (höherer Umsatz) und Arbeitnehmer eher Jobs (niedrigere Arbeitslosigkeit). Mit niedrigerer Steuerlast können sich auch alle ganz gut anfreunden.
Es besteht also imho von kaum einer Seite die Motivation nachhaltig zu wirtschaften.
Optimal wäre es, wenn ein Staat in wirtschaftlichen Aufschwung- und Boom-Phasen unterm Strich im Plus ist, um sich in Phasen der Rezession und Depression zur Untersützung der Wirtschaft Defizite zu leisten zu können. Leider klappt dies in vielen Staaten nicht.


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29.04.2022 um 00:49
Satte 7,4 Prozent Inflationsrate im April. Höchster Wert seit 1981. Das wird noch richtig spannend in den kommenden Monaten.
Was habt ihr schon so für Maßnahmen getroffen, um den Geldbeutel zu schonen?


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29.04.2022 um 15:09
Zitat von ReinekeReineke schrieb:Satte 7,4 Prozent Inflationsrate im April. Höchster Wert seit 1981.
Und das ist nur der Verbraucherpreisindex, der ist nicht unbedingt realitätsgetreu weil er bestimmte besonders inflationsanfällige Güter bewusst nicht abbildet und außerdem technich bedingt stark nachläufig ist. Bei den Erzeugerpreisen sind wir schon einige Monate mittel-zweistellig, da kannst du schon absehen wohin die Reise bei den Verbraucherpreisen noch gehen wird.


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29.04.2022 um 15:14
Zitat von MarfrankMarfrank schrieb am 28.02.2022:Könnte man eigentlich einen Staat nicht prinzipiell so organisieren, dass im Regelfall unterm Strich etwas übrig bleibt?
Doch, könnte man. Andere Länder machen es doch vor.
Aber so lange hier Parteien an der Macht sind, die Gesetze verhindern, die ca. 80% der Bevölkerung zugute kämen, wird daraus leider nichts.
Daher werden die reichen immer reicher, die armen immer ärmer und die Schere klafft jedes Jahr weiter auseinander. Kapitalismus im Endstadium sagte Volker Pispers einmal und der Mann hat(te) Recht.
Zitat von MarfrankMarfrank schrieb am 28.02.2022:So meinte ich das nicht. Aber könnte man das nicht bei den Verwaltungen tun?
Mann müsste nur dafür sorgen, dass die, welche hier steuerpflichtig sind, diese auch bezahlen und dass das Geld der 10-15% reichsten wieder in Umlauf kommt und nicht irgendwo auf Nummernkonten, etc. liegt und von den ärmeren mittels z.T. harter Arbeit vermehrt wird. Das allein würde vieles ändern, aber auch das passiert leider nicht.

Gucky.


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29.04.2022 um 15:58
Zitat von Gucky87Gucky87 schrieb:diese auch bezahlen und dass das Geld der 10-15% reichsten wieder in Umlauf kommt und nicht irgendwo auf Nummernkonten, etc. liegt und von den ärmeren mittels z.T. harter Arbeit vermehrt wird.
Verlinke das mal, wo gibt es denn solche Konten? Ich verstehe überhaupt nicht was Du meinst.


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29.04.2022 um 16:28
@Gucky87:
Zitat von Gucky87Gucky87 schrieb:... dass das Geld der 10-15% reichsten wieder in Umlauf kommt ...
Das könnte katastrophale Auswirkungen haben. Die Euro-Zentralbank-Geldmenge hat sich seit 2008 ungefähr verachtfacht (die Zahl ist nicht ganz aktuell, inzwischen dürfte es noch mehr sein). Die Euro-Gesamt-Geldmenge dürfte in einem ähnlichen Verhältnis gestiegen sein. Wäre dieses Geld in vollem Ausmass im Umlauf, wäre ein Euro nur noch ungefähr ein Achtel dessen wert, was er 2008 wert war. Die Hortung von Geld ist einer der wenigen Faktoren, die dieser Geldentwertung entgegenwirken.


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29.04.2022 um 16:39
Zitat von uatuuatu schrieb:Die Euro-Zentralbank-Geldmenge hat sich seit 2008 ungefähr verachtfacht
Ja eben. So pervers muss man erstmal denken können.
Banken dürfen das ca. 10 fache ihres Barkapitals verleihen, also Geld quasi aus dem Nichts schöpfen, sog. Buchgeld.
Wir zahlen dann Zinsen für Kredite, zu denen es nicht einen € Bargeld gibt.

Gucky.


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29.04.2022 um 16:52
Zitat von Gucky87Gucky87 schrieb:also Geld quasi aus dem Nichts schöpfen, sog. Buchgeld.
Wir zahlen dann Zinsen für Kredite, zu denen es nicht einen € Bargeld gibt.
Ok, also keine Belege zu Arbeiter die hart für Nummernkonten arbeiten und dann noch VT's dazu.
Alles klar! (das gesuchte Lösungswort lautet Mehrwert ;) ).


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01.05.2022 um 18:32
Zitat von MarfrankMarfrank schrieb am 28.02.2022:So meinte ich das nicht. Aber könnte man das nicht bei den Verwaltungen tun? Kann man nicht manche Ämter zusammenlegen, wie Gewebeaufsichtsamt und Gesundheitsamt und manche Verwaltungen zentralisieren und rationalisieren?
Du meinst so eine Art "Gesundheitsreform" von "Jeder-kann-von-150-Euro-im-Monat-leben" - Beate Hartinger-Klein? :ask:
Freilich gab es auch harsche Kritik von unverdächtiger Seite: So hatte etwa Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker bemängelt, dass der Nachweis zum Einsparen der von der Regierung behaupteten Milliarde fehle. "
https://www.derstandard.at/story/2000089987710/hartinger-klein-es-ist-gelungen?ref=article


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01.05.2022 um 18:51
@Abahatschi
@Gucky87

Nummernkonto sind nicht erlaubt, da sie der "Kontowahrheit" widersprechen.

Wikipedia: Pflicht zur Kontenwahrheit
Zitat von Gucky87Gucky87 schrieb:Ja eben. So pervers muss man erstmal denken können.
Banken dürfen das ca. 10 fache ihres Barkapitals verleihen, also Geld quasi aus dem Nichts schöpfen, sog. Buchgeld.
Das ist mir ehrlich gesagt neu. Ich weiß nur, dass Banken gewisses Eigenkapital haben müssen.
Oder spielst du auf die Barkapitalerhöhung an?


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