zaeld schrieb:Ah ja, danke. Erstaunlich, daß die Wirtschaft da überhaupt noch funktionierte
Damals war es ja für die "kleinen Leute" noch viel üblicher im Laden anschreiben zu lassen, d.h. auf Kredit zu kaufen, und die allermeisten hatten entweder gar kein Bankkonto oder nur ein Sparbuch, die Alltagsgeschäfte regelte man mit Kleinkredit und Bargeld, das war also in gewisser Hinsicht alles etwas einfacher als es das heute wäre.
Umgekehrt hatte die "große" Wirtschaft aus den vorrangegangenen Kriegen, häufigen Finanzkrisen und auch häufigen Herrschaftswechseln, Zwangsanleihen an den Staat und allerlei Bankrotts auch weniger Probleme, mit Buchgeld, Fremdwährungen und anderen Optionen zu arbeiten, die nicht direkt von der Inflation betroffen waren.
Richtig hart getroffen hat die Inflationswelle zuallererst die Menschen, diie fixe Markbeträge bezogen haben, d.h. vor allem Rentner und Invalide und in zweiter Linie Staatsbedienstete und kleine Beamten sowie Kleinvermieter und dergleichen die direkt von den Mieteinnahmen "von der Hand in den Mund" gelebt haben. Später dann die Handelsunternehmen die zahlungskräftiges Bargeld brauchten, und Unternehmer die keine realistische Möglichkeit mehr hatten Löhne auszuzahlen.
uatu schrieb:Einer der vielen krassen Aspekte der Hyperinflation 1923 war, dass es Kommunen und Grossunternehmen teilweise gestattet war, selbst Geld zu drucken, dessen Einlösung von der Reichsbank garantiert wurde:
Notgeld ist ein gut dokumentierter Sammlermarkt, am Ende hatte selbst kleine Landkommunen eigene Notgeldscheine oder -Marken, größere Städte hatten oft sogar mehrere weil verschiedene Großbetriebe direkt eigenes Geld ausgegeben haben.
http://sammler.com/mz/notgeld.htmAuch das übrigens nicht so abwegig wie es auf den ersten Blick scheint, weil selbst kleinere Betriebe wie z.B. Brauereien schon Jahrzehnte vorher regelmäßig an Bedienstete oder auch als Geschenk oder Trinkgeld eigene Verzehrmarken und solche Dinge ausgegeben haben, die für ein Kantinenessen, einen Liter Bier oder auch einen Zentner Kohle für den Hausbrand eingelöst werden konnten. Diese wurden auch schon vor der Krise in begrenztem Umfang, hauptsächlich vor Ort, als alternatives Zahlungs- und Tauschmittel genutzt.