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Räumung des Hambacher Forstes
24.09.2018 um 10:39Seit gut 2 Wochen dominiert die Berichterstattung über die Vorkommnisse im Hambacher Forst die deutschen Medien. Während konservative Politiker und Presse die Methoden und Ideale der Baumbesetzer durch den Dreck ziehen (Welt: "Diese Leute wollen den Staat abschaffen" [1]) warnen Umweltaktivisten vor den unwiederbringlichen Verlusten die durch die Rodung des Waldes entstehen [2]. Mittlerweile gibt es täglich Protestaktionen an denen häufig mehrere tausend Leute teilnehmen. Die Aktionen des Widerstandes sind dabei stark gemischt: Von Solidaritätsbekundungen und Demonstrationen reicht es über passiven Widerstand bis zu vereinzelten militanten Anschlägen, die auch gegen die körperliche Gesundheit der Angestellten von RWE gehen. Teile des Waldes sind bereits seit 6 Jahren besetzt. Die Bewohner haben es sich in Baumhäusern wohnlich eingerichtet. Eine permanente Besetzung der Baumhäuser erschwert die Rodung beträchtlich. Derzeit versucht die Polizei mit hoher Truppenstärke und schwerem Gerät diese durchzusetzen.
Das Recht liegt dabei zweifelsfrei auf der Seite von RWE. Der Konzern verweist auf Verluste in Milliardenhöhe die bei der "Verschonung" des Waldes entstehen würden. Die Erlaubnis zur Rodung hat der Konzern (bzw. Rheinbraun) seit den 80er Jahren. Bisher wurden etwa 90% des Waldes zum Abbau von Braunkohle geholzt, 400 Hektar des 12.000 Jahre alten Waldes verbleiben damit. Doch je weiter die Braunkohlebagger vordringen, desto heftiger wird der Widerstand. Ein starkes öffentliches Interesse am Erhalt des Waldes ist klar erkennbar.
Leider ist es für einen Laien mit den gegebenen Daten so gut wie unmöglich einzuschätzen inwieweit in der verfahrenen Situation im Forst überhaupt noch Spielraum ist.
Folgende offene Punkte ergeben sich mir an dieser Stelle:
1. RWE braucht die Kohle für den Betrieb zweier Kraftwerke. Die modernen Kraftwerke frühzeitig herunterzufahren und mit weniger Leistung zu betreiben bedeutet global betrachtet, dass man den fehlenden Strom an anderer Stelle erzeugen muss. Das würde höchstwahrscheinlich in weniger neuen Kohlekraftwerken geschehen. Dementsprechend erhöht sich die Summe des CO2-Ausstoßes für die selbe Strommenge. Kann man das als Umweltaktivist wollen?
2. Eine Entscheidung inwiefern die beiden Kraftwerke sogar relevant für den Betrieb des Stromnetzes sind, liegt von Seiten der Bundesnetzagentur meines Wissens nach nicht vor.
3. Der Forst existiert seit gut 12.000 Jahren. Es handelt sich damit um einen der ältesten Wälder Europas. Die ältesten Bäume sind etwa 350 Jahre alt. An dieser Stelle stellt sich die Frage wie man die Qualität des Waldes dementsprechend bewertet. Ist der Hambacher Forst ökologisch besser als andere alte Mischwälder? Handelt es sich wirklich um ein Unikat was es unbedingt zu erhalten gilt?
4. Gibt es andere Optionen zur Rodung des Forstes? Wie liegt denn die Kohle im rheinischen Revier? Ist es eventuell möglich den Tagebau in eine andere Richtung fortzuführen? Befindet sich ein weiterer Tagebau in unmittelbarer Umgebung der sich vergrößern ließe?
Ich persönlich kann mir diese Fragen nicht beantworten. Dadurch fällt es mir sehr schwer mir eine Meinung zum Thema zu bilden. Auch könnte ich mir vorstellen dass es noch weitere Aspekte zu diesem Thema gibt, die ich bisher übersehen habe. Gibt es eventuell sogar Lösungsansätze um aus dieser verfahrenen Situation zu kommen? Ich freue mich über eine rege Diskussion zum Thema. Vor allem ist es mir aber erst einmal wichtig die bisherigen offenen Fragen zum Thema halbwegs zu klären.
[1] https://www.welt.de/politik/deutschland/article181436412/Hambacher-Forst-Diese-Leute-wollen-den-Staat-abschaffen.html
[2] https://hambacherforst.org/besetzung/hintergruende/der-wald/
[3]