Netzwerkdurchsetzungsgesetz - Eingriff in die Meinungsfreiheit?
24.04.2017 um 20:11meddl Loide,
Das Netzwerkduchsetzungsgesetz, na klingelts? Wer davon noch nichts gehört haben sollte, muss sich nicht wundern. In der Öffentlichkeit erfährt dieser umstrittene Gesetztesentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas, wenig bis kaum Aufmerksamkeit. Durch diesen Thread fällt der Begriff sogar zum erstem Mal in diesem Forum.
Begründung und Narrativ zum Gesetzesentwurf formuliert Maas folgendermaßen: Gesetzesentwurf PDF (Archiv-Version vom 05.04.2017)
Ziel des Gesetzes ist es also, Hatespeech, Fake-News und andere rechtswidrige Inhalte im Netz erfolgreicher und vor allem schneller entgegenzutreten.
Intention und Absicht dahinter klingen vernünftig und nachvollziehbar, da sind wir uns vermutlich Alle einig.
Weiterer Kontext:
Kurzgesagt verpflichtet das NetzDG die Betreiber sozialer Netzwerke mit mindestens zwei millionen Nutzern dazu, offenkundig rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden (nicht offenkundige - sieben Tage) zu löschen oder zu sperren. Andernfalls drohen Bußgelder, von bis zu 50 millionen Euro.
Außerdem sind die Betreiber dazu verpflichtet, einen regelmaßigen (vierteljährig) Bericht über den Umgang mit Beschwerden von rechtswidrigen Inhalten zu erstellen, der öffentlich einsehbar sein soll. Auch hier drohen Bußgelder bei Nichterfüllung.
Betroffene soziale Netzwerke wären z.B. Youtube, Facebook, Twitter, aber auch Whatsapp etc. (Definition der Anwendungsbereiche: Spoiler(1) Dieses Gesetz gilt für Telemediendiensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht Plattformen im Internet betreiben, die es Nutzern ermöglichen, beliebige Inhalte mit anderen Nutzern auszutauschen, zu teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (soziale Netzwerke). Plattformen mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, die vom Diensteanbieter selbst verantwortet werden, gelten nicht als soziale Netzwerke im Sinne dieses Gesetzes.
(2) Der Anbieter eines sozialen Netzwerks ist von den Pflichten nach den §§ 2 und 3 befreit, wenn das soziale Netzwerk im Inland weniger als zwei Millionen Nutzer hat. )
Folgende Straftatbestände sind bisher im Gesetzesentwurf implementiert:
aus folgenden Gründen:
- Angesichts der Größe der Social-Media-Seiten, ist die bereitgestellte Bearbeitungszeit (24 Stunden) nach eingegangener Meldung zu gering, um die immense Menge an angeblichen Rechtsverstößen adäquat juristisch einzuordnen. Die Folge wäre ein vorsogliches Löschen kontroverser Inhalte, weil die Unternehmen keine hohen Geldstrafen riskieren wollen.
- Beurteilungen von Straftatbeständen werden auf Social Media Seiten übertragen, was bisher Aufgabe von Staatsanwatschaften und Gerichten war (wisst ihr, wie das bisher im Detail vonstatten ging?). Die Durchsetzung von Recht wird also Privatisiert.
- Das Löschen von rechtmäßigen Inhalten wird nicht sanktioniert.
- Erweiterte Vorratsdatenspeicherung. SpoilerDie in Nummer 4 vorgeschriebene Sicherung zu Beweiszwecken vor der Entfernung eines rechtswidrigen Inhalts dient in erster Linie der Sicherung der Strafverfolgung gegen den Absender einer Nachricht mit strafbarem Inhalt. Die Frist für die im Inland vorzunehmende Speicherung beträgt zehn Wochen. Die Länge der Speicherfrist orientiert sich an der Speicherfrist für Verkehrsdaten in § 113b Absatz 1 Nummer 1 TKG. Mit dieser kurzen Speicherfrist wird einerseits dem Gebot einer möglichst grundrechtsschonenden Regelung Rechnung getragen. Diese Speicherungsdauer ist andererseits ausreichend, um die Verfügbarkeit der maßgeblichen Daten des Absenders eines strafbaren Inhalts zum Zweck der Strafverfolgung gewährleisten zu können.
Desweiteren soll eine Änderung des Telemediengesetzes in Artikel 2 vorgenommen werden: Opfer von Persönlichkeitsrechtsverletzung und Verletzung anderer absoluter Rechte, können zukünftig die Bestandsdaten der Verfasser erhalten.
Das gilt für sämtliche Anbieter (auch Allmystery bspw.). Um das zu verdeutlichen. Wenn ihr euch gerade wieder in einer emotional-aufgeladenen Disskussion in die Haare kriegt, dabei persönlichkeitsrechtsverletzende Äusserungen getätigt werden. Kann das Opfer euren Realnamen inklusive Bestandsdaten vom Anbieter anfordern. Eure Anonymität wäre also aufgehoben. Das Opfer (angenommen ein "verrückter Radikaler") hat nun Euren Namen usw. Wenn ihr Pech habt, kann er nun Druck auf euch ausüben, euch stalken oder Schlimmeres.
Heiko Maas sieht zum NetzDG keine Alternative.
Alexander Sander von der Digitalen Gesellschaft sagt dazu folgendes:
Da ich als Nichtjurist Schwierigkeiten habe, juristische Texte, immer in voller Gänze zu verstehen, bitte ich um Nachsicht, sollten sich Fehler im EP eingeschlichen haben. Es sind also teilweise keine gesicherten Aussagen meinerseits. Im Zweifelsfall müssten wir den Gesetzestext im Detail durchgehen um absolute Gewissheit zu haben.
Des Weiteren konnte ich nicht im Detail in Erfahrung bringen, wie bisher bei rechtswidrigen Inhalten im Internet gehandelt worden ist im direkten Vergleich zum Gesetzesentwurf, vielleicht wisst ihr mehr, am besten mit einem Beispiel illustriert.
Ich habe mir bisher noch kein abschließendes Urteil darüber bilden können.
Was meint Ihr dazu? Viel Tohuwabohu um Nichts- das Gesetz ist Sinnvoll, endlich unternimmt jemand etwas gegen Hatespeech un Co, oder gerechtfertigte Sorge um Einschränkungen in die Meinungsfreiheit und Zensur?
weitere Quellen:
http://www.zeit.de/digital/internet/2017-04/heiko-maas-netzdg-allianz-meinungsfreiheit
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Warnung-vor-Zensur-Immer-mehr-Protest-gegen-Netzwerkdurchsetzungsgesetz-3690855.html
http://www.deutschlandradiokultur.de/netzwerkdurchsetzungsgesetz-warum-man-gegen-hass-im-netz.1005.de.html?dram:article_id=384158
https://netzpolitik.org/tag/netzwerkdurchsetzungsgesetz/
https://digitalegesellschaft.de/2017/04/kabinett-netzdg/ (Archiv-Version vom 08.05.2017)
https://www.wbs-law.de/internetrecht/neuer-gesetzentwurf-gegen-hass-und-hetze-in-sozialen-netzwerken-ra-solmecke-sieht-verbesserungsbedarf-2-72064/
Das Netzwerkduchsetzungsgesetz, na klingelts? Wer davon noch nichts gehört haben sollte, muss sich nicht wundern. In der Öffentlichkeit erfährt dieser umstrittene Gesetztesentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas, wenig bis kaum Aufmerksamkeit. Durch diesen Thread fällt der Begriff sogar zum erstem Mal in diesem Forum.
Begründung und Narrativ zum Gesetzesentwurf formuliert Maas folgendermaßen: Gesetzesentwurf PDF (Archiv-Version vom 05.04.2017)
Gegenwärtig ist eine massive Veränderung des gesellschaftlichen Diskurses im Netz und insbesondere in den sozialen Netzwerken festzustellen. Die Debattenkultur im Netz ist oft aggressiv, verletzend und nicht selten hasserfüllt. Durch Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte kann jede und jeder aufgrund der Meinung, Hautfarbe oder Herkunft, der Religion, des Geschlechts oder der Sexualität diffamiert werden. Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte, die nicht effektiv bekämpft und verfolgt werden können, birgt eine große Gefahr für das friedliche Zusammenleben einer freien, offenen und demokratischen Gesellschaft. Nach den Erfahrungen im US-Wahlkampf hat überdies auch in der Bundesrepublik Deutschland die Bekämpfung von strafbaren Falschnachrichten („Fake News“) in sozialen Netzwerken hohe Priorität gewonnen. Es bedarf daher einer Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken, um objektiv strafbare Inhalte wie etwa Volksverhetzung, Beleidigung, Verleumdung oder Störung des öffentlichen Friedens durch Vortäuschen von Straftaten unverzüglich zu entfernen.
Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Tagesschau vom 05. April 2017
Externer Inhalt
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Ziel des Gesetzes ist es also, Hatespeech, Fake-News und andere rechtswidrige Inhalte im Netz erfolgreicher und vor allem schneller entgegenzutreten.
Intention und Absicht dahinter klingen vernünftig und nachvollziehbar, da sind wir uns vermutlich Alle einig.
Weiterer Kontext:
Kurzgesagt verpflichtet das NetzDG die Betreiber sozialer Netzwerke mit mindestens zwei millionen Nutzern dazu, offenkundig rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden (nicht offenkundige - sieben Tage) zu löschen oder zu sperren. Andernfalls drohen Bußgelder, von bis zu 50 millionen Euro.
Außerdem sind die Betreiber dazu verpflichtet, einen regelmaßigen (vierteljährig) Bericht über den Umgang mit Beschwerden von rechtswidrigen Inhalten zu erstellen, der öffentlich einsehbar sein soll. Auch hier drohen Bußgelder bei Nichterfüllung.
Betroffene soziale Netzwerke wären z.B. Youtube, Facebook, Twitter, aber auch Whatsapp etc. (Definition der Anwendungsbereiche: Spoiler(1) Dieses Gesetz gilt für Telemediendiensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht Plattformen im Internet betreiben, die es Nutzern ermöglichen, beliebige Inhalte mit anderen Nutzern auszutauschen, zu teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (soziale Netzwerke). Plattformen mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, die vom Diensteanbieter selbst verantwortet werden, gelten nicht als soziale Netzwerke im Sinne dieses Gesetzes.
(2) Der Anbieter eines sozialen Netzwerks ist von den Pflichten nach den §§ 2 und 3 befreit, wenn das soziale Netzwerk im Inland weniger als zwei Millionen Nutzer hat. )
Folgende Straftatbestände sind bisher im Gesetzesentwurf implementiert:
StGBProblem: Es hagelt gewaltig viel Kritik Global Network Initiative, Deklaration für Meinungsfreiheit (Archiv-Version vom 24.04.2017) . Es ist von einem massivem Untergraben der Meinungsfreiheit, auf zumindest mittelbarer Ebene (nicht direkt) die Rede.
§ 86 Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen
§ 86a Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
§ 89a Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
§ 90 Verunglimpfung des Bundespräsidenten
§ 90a Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole
§ 90b Verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen
§ 91 Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
§ 100a Landesverräterische Fälschung
§ 111 Öffentliche Aufforderung zu Straftaten
§ 126 Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten
§ 129a Bildung krimineller Vereinigungen
§ 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Erweiterter Verfall und Einziehung
§ 130 Volksverhetzung
§ 131 Gewaltdarstellung
§ 140 Belohnung und Billigung von Straftaten
§ 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
§ 184b Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften
§ 184d Zugänglichmachen pornographischer Inhalte mittels Rundfunk oder Telemedien; Abruf kinder- und jugendpornographischer Inhalte mittels Telemedien
§ 185 Beleidigung
§ 186 Üble Nachrede
§ 187 Verleumdung
§ 241 Bedrohung
§ 269 Fälschung beweiserheblicher Daten
aus folgenden Gründen:
- Angesichts der Größe der Social-Media-Seiten, ist die bereitgestellte Bearbeitungszeit (24 Stunden) nach eingegangener Meldung zu gering, um die immense Menge an angeblichen Rechtsverstößen adäquat juristisch einzuordnen. Die Folge wäre ein vorsogliches Löschen kontroverser Inhalte, weil die Unternehmen keine hohen Geldstrafen riskieren wollen.
- Beurteilungen von Straftatbeständen werden auf Social Media Seiten übertragen, was bisher Aufgabe von Staatsanwatschaften und Gerichten war (wisst ihr, wie das bisher im Detail vonstatten ging?). Die Durchsetzung von Recht wird also Privatisiert.
- Das Löschen von rechtmäßigen Inhalten wird nicht sanktioniert.
- Erweiterte Vorratsdatenspeicherung. SpoilerDie in Nummer 4 vorgeschriebene Sicherung zu Beweiszwecken vor der Entfernung eines rechtswidrigen Inhalts dient in erster Linie der Sicherung der Strafverfolgung gegen den Absender einer Nachricht mit strafbarem Inhalt. Die Frist für die im Inland vorzunehmende Speicherung beträgt zehn Wochen. Die Länge der Speicherfrist orientiert sich an der Speicherfrist für Verkehrsdaten in § 113b Absatz 1 Nummer 1 TKG. Mit dieser kurzen Speicherfrist wird einerseits dem Gebot einer möglichst grundrechtsschonenden Regelung Rechnung getragen. Diese Speicherungsdauer ist andererseits ausreichend, um die Verfügbarkeit der maßgeblichen Daten des Absenders eines strafbaren Inhalts zum Zweck der Strafverfolgung gewährleisten zu können.
Desweiteren soll eine Änderung des Telemediengesetzes in Artikel 2 vorgenommen werden: Opfer von Persönlichkeitsrechtsverletzung und Verletzung anderer absoluter Rechte, können zukünftig die Bestandsdaten der Verfasser erhalten.
Das gilt für sämtliche Anbieter (auch Allmystery bspw.). Um das zu verdeutlichen. Wenn ihr euch gerade wieder in einer emotional-aufgeladenen Disskussion in die Haare kriegt, dabei persönlichkeitsrechtsverletzende Äusserungen getätigt werden. Kann das Opfer euren Realnamen inklusive Bestandsdaten vom Anbieter anfordern. Eure Anonymität wäre also aufgehoben. Das Opfer (angenommen ein "verrückter Radikaler") hat nun Euren Namen usw. Wenn ihr Pech habt, kann er nun Druck auf euch ausüben, euch stalken oder Schlimmeres.
Heiko Maas sieht zum NetzDG keine Alternative.
Alexander Sander von der Digitalen Gesellschaft sagt dazu folgendes:
Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Interview mit Alexander Sander am 05.04.2017
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Da ich als Nichtjurist Schwierigkeiten habe, juristische Texte, immer in voller Gänze zu verstehen, bitte ich um Nachsicht, sollten sich Fehler im EP eingeschlichen haben. Es sind also teilweise keine gesicherten Aussagen meinerseits. Im Zweifelsfall müssten wir den Gesetzestext im Detail durchgehen um absolute Gewissheit zu haben.
Des Weiteren konnte ich nicht im Detail in Erfahrung bringen, wie bisher bei rechtswidrigen Inhalten im Internet gehandelt worden ist im direkten Vergleich zum Gesetzesentwurf, vielleicht wisst ihr mehr, am besten mit einem Beispiel illustriert.
Ich habe mir bisher noch kein abschließendes Urteil darüber bilden können.
Was meint Ihr dazu? Viel Tohuwabohu um Nichts- das Gesetz ist Sinnvoll, endlich unternimmt jemand etwas gegen Hatespeech un Co, oder gerechtfertigte Sorge um Einschränkungen in die Meinungsfreiheit und Zensur?
weitere Quellen:
http://www.zeit.de/digital/internet/2017-04/heiko-maas-netzdg-allianz-meinungsfreiheit
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Warnung-vor-Zensur-Immer-mehr-Protest-gegen-Netzwerkdurchsetzungsgesetz-3690855.html
http://www.deutschlandradiokultur.de/netzwerkdurchsetzungsgesetz-warum-man-gegen-hass-im-netz.1005.de.html?dram:article_id=384158
https://netzpolitik.org/tag/netzwerkdurchsetzungsgesetz/
https://digitalegesellschaft.de/2017/04/kabinett-netzdg/ (Archiv-Version vom 08.05.2017)
https://www.wbs-law.de/internetrecht/neuer-gesetzentwurf-gegen-hass-und-hetze-in-sozialen-netzwerken-ra-solmecke-sieht-verbesserungsbedarf-2-72064/