Realo schrieb:Naja, ganz kurz gesagt: Die Deutschen übernehmen erst mal das für die Eingliederung Notwendige: Beschaffung von Wohnraum, Sozialhilfeeventuelle weitere Kosten wie z.B. für Sprachunterricht und Sicherheit (dem Asylanten die Nazis vom Leib halten). Der Asylant nimmt Sprachunterricht, lernt seine Religion als Privatsache aufzufassen, die niemanden etwas angeht, und lässt Anträge schreiben, vielleicht schon früher als erlaubt auf Jobsuche gehen zu können. So würde aus meiner Sicht eine erste bilaterale Integration aussehen.
Hast du Erfahrungen aus der Praxis, die deine Ansichten stützen?
Realo schrieb:Sehr sehr schwach und bis auf die Antifa nahezu sprachlos. Und wie ich schon sagte, gehen Xenophobie und Rassismus durch alle Parteien und kennen keine besondere Vorliebe nach altem Muster. Die Linken mögen Araber-freundlicher sein als die Rechten, dafür sind sie antizionistischer. Die politischen Standorte werden neu gemischt und Merkel steht plötzlich "links", obwohl sie nur eine von christlicher Ethik gelenkte humanistische Politik macht in Sachen Flüchtlinge, während der größte Teil der CDU/CSU das C im Namen schon lange nicht mehr verdient hat.
Okay, deckt sich so ungefähr mit meinem Eindruck.
In Bezug auf Flüchtlinge möchte ich dennoch einwenden, dass wir im Deutschland 2015 eine große Spendenbereitschaft vieler Deutscher haben, ein Großteil der Bevölkerung hat viel Verständnis für Flüchtlinge. Da wären zum Beispiel die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer/innen genannt. Und ein großer Teil der Bevölkerung macht ohne zu Murren teilweise die skurrilsten aber auch viele nicht akzeptable Geschichten mit. Ich weiß nicht, ob du zum Beispiel schon ehrenamtlich für Flüchtlinge unterwegs warst, wer das aber tun möchte, muss davon zutiefst überzeugt sein.
Zum Beispiel: Es gibt Helfer/innen, die haben sich in einem Raum eingeschlossen während Flüchtlinge versucht haben die Tür einzutreten. Es ging simpel um ne Ausgabe von Kleidern, so wie ich das verstanden hab, die völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Wer will denn da noch ehrenamtlich unterwegs sein. Aber wir reden/schreiben von einer Minderheit bei Flüchtlingen, die so behämmert ist. Das ist aber trotzdem eine unangenehme Erfahrung.
Als ich selber bei der Kleiderausgabe geholfen hab gab es ein Codewort für alle Helfer/innen, dass sie anfangen zu einem bestimmten Ausgang zu rennen, wenn das Wort gerufen wird. Es kommt vor, dass eine Halle, ein Raum im wahrsten Sinne des Wortes gestürmt und die Helfer/innen bedrängt werden. Dann muss es ein Fluchtpunkt geben, in das sich die Helfer/innen zurückziehen können. Das ist auch glaube ich mittlerweile ein Credo in der Flüchtlingsarbeit, hab hinter deinem Rücken möglichst immer ein Fluchtpunkt, ein Ausgang. Also wenn du grade mit vielen Flüchtlingen arbeitest oder halt ne Veranstaltung ist.
Ich würde im Moment die Anpassungsleistung von Flüchtlingen an das neue Leben in Deutschland höher bewerten als die Anpassungsleistung von Deutschen. Viele Flüchtlinge sind dankbar und kooperativ, gewöhnen sich an die neue Umgebung. Alles toll, die Arbeit mit jenen macht wirklich Spaß und man kann sehr, sehr viel lernen. Kann ich persönlich nur empfehlen.
Aber wiederum sind manche entweder charakterlich nicht in Ordnung oder (bzw. beides vielleicht) sind mit absolut falschen Vorstellungen nach D gekommen und sind dann sauer bis aggressiv und verhalten sich auch so. Ihre Vorstellungen haben sich nicht erfüllt. Also bei einzelnen wohl gemerkt. Ich weiß in dem Punkt nicht, wie man als Deutscher oder deutsche Gesellschaft da noch entgegenkommen soll. Aus einer toleranten Sicht, da stimmt mir
@Doors vielleicht zu, wissen wir, dass viele dieser Menschen in ihrem Leben Mangel kennen gelernt haben. Ein Kumpel von mir nennt das sich anschließende Phänomen survival of the fittest, in gewisserweise ne Straßenkämpfermentalität. Nur die Harten kommen in den Garten, sozusagen.
Das bemerken wir auch schon zum Teil bei Kindern. Ich hab auf ner Veranstaltung für Flüchtlingskinder einen guten Freund von mir, bei dem ich die Eigenschaft nie kannte, rüpelhaft zu sein. Du musst anscheinend für die Flüchtlingsarbeit (falls es nötig ist) ne Spur Aggression mitbringen. Der Kumpel hat ein Kind angepflaumt, angeschriehen. Aber im Endeffekt war es quasi die einzige Methode, sich durchzusetzen. Obwohl, das Kind hat sich eh erst bewegt, als der arabische Helfer mit bösem Blick und wedelnd mit ausgstreckt flacher Hand das Kind sozusagen herrisch und dominant weggescheucht hat. Es ging simpel nur darum, dass das Kind (etwa 10?) nicht das bekommen hat als Spielzeug, was es wollte bei der Vergabe von Spielzeugspenden ("No good"). Hat sich geweigert, den Platz zu verlassen, hat diskutiert und war einfach nur uncool. Am Auto eines Helfers war der Reifen nachher zerstochen, vielleicht war es, vielleicht auch nicht. Hoffentlich nicht.
In diesem Sinne wird die wichtigste Anpassungsleistung von vielen Flüchtlingen überhaupt sein, dass sie hier in D low machen können mit Überlebenskampf oder Straßenkämpfermentalität. Also das eine Kind muss den Kopf des anderen Kindes nicht auf den Boden schlagen oder gegen die Wand hauen, um was abzubekommen. Sie müssen auch nicht versuchen hart im Umgang mit Helfer/innen zu sein, um nicht benachteiligt zu werden. Erwachsene müssen weder LKW´s belagern noch auf ne andere Form rabiat werden.
Insofern, dass beide Seiten für Integration sorgen müssen, hast du recht. Dass der Kampf gegen Neonazis dazu gehört, hast du auch recht. Punktuell auch der Kampf gegen Konservative, die gegen Flüchtlinge hetzen oder zu Gewalt gegen jene ausrufen.
Beide Seiten sind aber auch im Endeffekt beide Seiten. Jeder muss seinen Beitrag zu einem gelingenden Miteinander leisten.