Aldaris schrieb:Seltsam ist für mich diese pro-amerikanische und pro-imperialistische Einstellung sowie diese bedingungslose Solidarität mit Israel. Das sind für mich Positionen, die zumindest klassisch nicht zu den Linken passen. Offensichtlich gab und gibt es da ja auch große Kontroversen. Einerseits laufen Linke auf antisemitischen Demos mit und auf der anderen Seite stehen Antideutsche mit USA-Flaggen.
Für "Klassisch links" werden häufig leider nur die Positionen des Leninismus und den davon inspirierten Hauptströmungen gehalten. Den meisten ist nichtmal klar, das selbst der Marxismus in seiner Gesamtheit nur EINE linke Strömung ausmacht. Obwohl bereits die 68er in Teilen vom Neomarxismus und Anarchismus beeinflusst waren, gab sich ein Großteil doch dem leninistischen Antiimperialismus hin (siehe RAF, RZ und co.). Die dort kultivierte personifizierte Kapitalismuskritik korrelierte mit dem nicht überwundenen Antisemitismus in Deutschland. Viele Antideutsche Aussagen erscheinen manchen möglicherweise grotesk, jedoch fußt dies meistens in Unkenntnis der dahinterstehenden Theorien und Grundsätze.
Israel wird (und das ist zum Glück auch in der "undogmatischen" Linken so) als historisch notwendiger Schutzraum gegen Antisemitismus gesehen. Der "Pro-Amerikanismus" hat allerdings ambivalentere Ursachen und wird von mir in seiner Reinform auch kritisch betrachtet. Einerseits wird die USA als garant für die Existenz Israels betrachtet, andererseits werden die Ressintements der linken in Bezug auf die USA bekämpft. Zu diesem Zweck wird der dialektische Anspruch leider häufig fallen gelassen und man gibt sich reiner Kritiklosigkeit hin. Diese (ins Gegenteil des eigentlichen Vorhabens) umgeschlagene Position findet man sowohl bei einzelnen Antideutschen, als auch beim Dunstkreis der ehemals Antideutschen Bahamas. Diese "umgeschlagene Position" kann von außen schnell mit Neo-Konservatismus verwechselt werden (wobei hier zudem meist noch eine recht dümliche Islamkritik hinzu kommt).
Das ganze ist ein ziemlich komplexes Thema, da 99% der Leute gar nichts von den (häufig akademischen) Konflikten innerhalb der deutschen linken mitbekommen. Daher hab ich jetzt nur einen minimalen Abriss geliefert.
Aldaris schrieb:Gibt es dazu Quellen?
Das ist mehr eine Beobachtung die sich ergibt, wenn man sich mit linker Literatur etwas auseinandersetzt. Allerdings findet man dies als Randnotiz auch im Wiki Artikel:
Gemäßigtere antideutsche Positionen, die aus Debatten in der antinationalen Bewegung und Teilen der undogmatischen Linken hervorgehen, orientieren sich unter anderem lose an Zeitschriften wie der Phase 2. Die Wochenzeitung Jungle World, das Internetportal Indymedia und die Monatszeitung konkret lassen neben Antideutschen auch Nicht-Antideutsche bzw. Kritiker der Antideutschen zu Wort kommen. Dies führte zu deutlicher Kritik von Antideutschen und es wurde z. B. von der Bahamas mindestens ein Abschalten von Indymedia gefordert.[9]