Der US-Präsident mischt sich direkt in die Aufklärung der Russlandaffäre ein: Er will die Rolle eines FBI-Informanten durchleuchten lassen, das Justizministerium folgt der Order. Was steckt dahinter?Die Drohung des Präsidenten war klar und unmissverständlich. Die Ermittlungen des FBI und das Verhalten seines eigenen Justizministeriums in den Russland-Ermittlungen seien ungerecht, polterte er. Das ganze System sei "verkommen". Bald werde ihm keine andere Wahl mehr bleiben. Dann müsse er seine Macht nutzen - und eingreifen.
So verkündete es der Präsident am 2. Mai via Twitter.
Nun...ist es so weit: Donald Trump gibt eine Order und das US-Justizministerium folgt. Es lässt prüfen, ob das FBI das Wahlkampfteam von Trump im Jahr 2016 möglicherweise aus politischen Motiven mit einem Spion oder Informanten "infiltriert" haben könnte. Die angeblichen Auftraggeber: Mitarbeiter des damaligen Präsidenten Barack Obama.
.....
Trumps Tabubruch
Trumps direkter Eingriff in die Arbeit der Ermittler widerspricht allen Gepflogenheiten in Washington: Normalerweise mischen sich Präsidenten nicht in derartige Ermittlungen unter der Aufsicht des Justizministeriums ein. Vor allem dann nicht, wenn sie selbst davon betroffen sind. Formal ist der Präsident zwar der oberste Chef des Ministeriums und des FBI, doch spätestens seit dem "Watergate"-Skandal gelten diese politischen Eingriffe als Tabu.
Nicht so für Trump. Er zwingt dem Ministerium um den zuständigen Vizejustizminister Rod Rosenstein seinen Willen auf. Der Beamte steckt in einem Dilemma: Er könnte die Trump-Order verweigern und zurücktreten. Doch damit würde er dem Präsidenten erst recht einen Gefallen tun.
Bislang stellt Rosenstein als Oberaufseher sicher, dass der Sonderermittler in der Russlandaffäre, Robert Mueller, ungehindert seiner Arbeit nachgehen kann. Sollte Trump die Möglichkeit bekommen, einen anderen, genehmeren Aufseher als Rosenstein einzustellen, wäre die Mueller-Ermittlung wohl in Gefahr.
Also bleibt Rosenstein - und bringt die Untersuchung der Spionage-Vorwürfe durch einen internen Ermittler auf den Weg. Der Vorteil für Trump liegt auf der Hand. Selbst wenn bei den internen Ermittlungen zu dem angeblichen FBI-Spion in seinem Wahlkampfteam am Ende nicht viel herauskommt, könnte er so seinem Ziel wieder ein Stückchen näherrücken. Gemeinsam mit seinem Anwalt und Vertrauten Rudolph Giuliani versucht er derzeit praktisch alles, um die Aufklärung der Russlandaffäre durch Sonderermittler Mueller zu diskreditieren. Die Wähler sollen am Ende der Ermittlungen nicht mehr unterscheiden können, wer in der Sache die Wahrheit sagt und wer lügt.
Die Geschichte um den angeblichen "FBI-Spion" in seinem Wahlkampfteam kommt Trump da wie gerufen. Die Episode soll die Ermittlungen als einzige große Verschwörung einer Demokraten-Clique in den Sicherheitsbehörden gegen Trumps Wahlkampf und seine Präsidentschaft erscheinen lassen.
..........
Im Kongress versuchen einige Trump-Getreue wie der Abgeordnete Devin Nunes bereits seit Wochen, das FBI zur Herausgabe von Informationen über den Wissenschaftler zu zwingen. FBI-Chef Christopher Wray und Vizejustizminister Rosenstein lehnten dies bislang unter Hinweis auf den Informantenschutz und die nationale Sicherheit strikt ab.
Nun werden sie aber offenbar auf Trumps Geheiß ihren Widerstand aufgeben: Ende der Woche sollen ausgewählte Kongressmitglieder, darunter wohl auch Nunes, Einblick in streng geheimen Unterlagen der Ermittler zu dem Fall erhalten. Auch Vertraute von Trump aus dem Weißen Haus wären dabei. Gut für Trump: So könnte er womöglich ebenfalls Zugang zu diesen Informationen erhalten, bei der Ausarbeitung seiner eigenen Verteidigungsstrategie ist das sicherlich kein Schaden.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/donald-trump-zwingt-russland-ermittlern-seinen-willen-auf-a-1208842.html