@SomayyehDie Wahl von Donald J. Trump zum Präsidenten der USA ist das Ergebnis einer weitgehenden Abkopplung politischer Prozesse von der Machbarkeit der Gestaltung einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung. Es ist schlechterdings unerheblich, wer im Weißen Haus sitzt, denn einer demokratisch legitimierten und an Gesetze gebundenen Regierung muss es fast zwangsläufig an Mitteln fehlen um eine wirkliche Transformation in Gang zu bringen, angesichts einer weitgehend von Algorithmen und den sich aus Kapitalmarktgesetzen ergebenen Notwendigkeiten bestimmten Wirftschaft.
Danke für deinen Beitrag! Ich bin da ganz bei dir. Die heutige, moderne Gesellschaft ist einfach zu komplex, als das man sie "steuern" könnte. Die Wirtschaft, die Politik, die Wissenschaft, die vielen Teilbereich der Gesellschaft unterliegen den unterschiedlichsten Bedingungen und haben untereinander
nur noch schwer zu erfassende Verschränkungen. Es wird häufig gerufen, dass das "Volk" dies oder jenes wolle, aber genau hier liegt das Problem: Ein Volk gibt es nicht. Die Bedürfnisse der einzelnen Individuen lassen sich aus meiner Sicht nicht mehr gut auf Volk oder Nation abbilden. Die Gesellschaft ist zerfasert in viele Interessensbereich und Moralräume, die sich heute diametral gegenüber stehen. Das war vielleicht immer schon so, aber wird dank den neuen Medien sehr stark vergrößert und sichtbar. Gesellschaftlicher Konsens herzustellen wird zunehmend schwieriger. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Demokratie unter diesen Umständen noch funktioniert. Denn anders als viele hier oft gepostet haben, ist die Demokratie eben nicht die Herrschaft der Mehrheit, sondern ein System, dass unbedingt auf Konsens baut. Irgendwann muss man, wenn man gestalten will, sich mit den politischen Gegner an einem Tisch setzen. Und auch die Bevölkerung muss nach einer Wahl, ihre Wunden lecken können und zueinander finden. Das gelingt Amerika immer schlechter. Und es gibt für mich kein Anzeichen, dass sich dies in Zukunft ändert.
Man kann auch nicht sagen, das es überraschend kommt. Kein Schurke der jemals an die Macht gekommen ist, hatte je eine Hidden Agenda, alle haben bereits im Vorfeld angekündigt wo die Reise hingeht. Erdogan, Chomeini, die Muslimbrüder in Ägypten, Trump, Orban, Pinochet, Pol Pot, etc. alle haben im Vorfeld angekündigt, wie ihr Masterplan aussieht und es war stets abzusehen, wo es endet. Selbst Adolf Hitler hat in seinem Buch dargelegt,was er mit Slawen und Juden zu tun gedenkt.
Viele wollen das nicht wahr haben. Am Montag bei Hart aber Fair meinte der Publizist Wolfram Weiter am Ende, das vieles vielleicht doch nicht schlimm komme und argumentierte ausgerechnet mit Trumps Satz "die Nato ist obsolet". Und da sich Trump bei Theresa May hinter die Nato gestellt hat, interpretiert Wolfram Weimer dies als Sinneswandel. Das ist aber Quatsch. Trump hat die Nato so nie in Frage gestellt. Trump hat nur klar gemacht, dass die Nato sich verändern müssen (vor allem die Mitgliedstaaten sollen ihre finanziellen Zusagen einhalten). Daher das obsolet. Ich frage mich sowieso, warum recht viele Medien nur diesen einen Satzfetzen zitierten (und damit absichtlich Trump eine falsche Intention unterstellten), aber die beiden Sätze danach nicht auch. Lückenpresse eben ;-). Trump wird wahrscheinlich die europäischen Staaten erpress... *hustl* bitten ihre Ausgaben im Militärbereich zu steigern. Ich finde anstatt zu hoffen, dass sich Trump ändert, sollte man die Realität akzeptieren und sich endlich sowas wie eine Strategie überlegen, wie man mit diesen Präsidenten umgehen kann. Und man sollte auch das Worst Case Szenario durchspielen (Bürgerkrieg in die USA, kriegerische Auseinandersetzung USA vs. China/Russland). Stünden wir eigentlich zur USA, wenn diese von China "angegriffen" werden? Sind wir überhaupt bis in aller letzter Konsequenz bündnistreu? Sollten wir das sein?
Was wir aber begreifen sollten, dass es nicht mehr nur um Westen vs. Islam geht, oder Arme vs. Reiche. Zwar ist der rhetorische Feind der Neo-Nationalisten der Islam, aber das ist nur ein Feigenblatt. Denn wie schon bei so mancher AfD oder Geert Wilders Veranstaltung bröckelt doch der Lack. Es geht um ein Kreuzzug gegen die Moderne: Nein zu Homosexuellen. Nein zu Karrierefrauen. Nein zu kinderlosen Familien. Nein zu freien Medien. usw. Und in diesem Kreuzzug können sich dann wieder die Rechten mit den Islamisten die Hand geben, denn beide haben ein autoritäres Gesellschaftsbild. Einzig das Narrativ ist ein anderes. Übrigens ist das die Pointe von Michel Houellebecq Roman "Unterwerfung". Rechte und Islamisten wollen beide Unterwerfung (die einen ihren supergeilen Führer, die anderen ihren Wüstenschlächter-Propheten), beide stellen das Kollektiv vor das Individuum. Auch die Feindesbilder sind ähnlich. Und weil beide sich in ihrer geistigen DNA so ähnlich sind, verstehen sich die beiden Gruppen in dem Roman am Ende hervorragend. (Von daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sich der IS bei seinem Außendienstler Trump bedankt.)