Der Fall Oskar Gröning

Narrenschiffer schrieb:Dass ein 90jähriger vor Gericht gezerrt wird, ist ein sehr klares Statement, dass alle anderen Täter, die nur das Durchschnittsalter erreichten, unbehelligt ihr Leben führen konnten.

Wenn man es genau nimmt, wird ihm nicht vorgeworfen, damals Täter gewesen zu sein. Ihm wird vorgeworfen, mit den Tätern in einem Boot gesessen zu haben. So etwas wie die bloße Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation.
Nur damit keine Missverständnisse aufkommen, ich bin durchaus dafür, dass die bloße Mitgliedschaft in einer Organisation, die derartige Verbrechen verübt hat, verwerflich ist (oder sein kann, je nach den Umständen). Allerdings ist das ein recht beachtlicher qualitativer Unterschied zu Tätern, die direkt an der Ermordung von Menschen beteiligt waren.

Schlimmer als der von Dir genannte Umstand ist, dass wirkliche Mörder nicht bestraft wurden. z.B. weil sie "gebraucht" wurden. Das ist ein Schlag in die Gesichter deren Opfer.

Ich frage mich, warum sollte man diesen armen alten Mann noch vor Gericht zerren?
-das ist widerwertig und perfide. in den Medien wird er gehetzt, siehe Günter Jauch Sendung.

Mein Mitleid gilt den Opfern, nicht den Tätern.
Beispiel Susan Atkins. Die war ja totkrank u. wurde mit Rollbrett zur Anhörung gekarrt. Sie wollte in Freiheit sterben.
Sie ist im Gefängnis gestorben. Ist das jetzt seitens des Justizsystems moralisch verwerflich, weil es ihr verwehrt wurde, in Freiheit zu sterben?

Ich habe mir immer u. immer wieder Gedanken darüber gemacht u. bin zu dem Schluß gekommen, no mercy für Susan Atkins, wie sie seinerzeit kein Mitleid mit ihren Opfern hatte.

Ich muss jetzt als Unwissende wirklich mal fragen: Hätte es diesem jungen Mann etwas gebracht, wenn er das irgendwo gemeldet hätte? Oder hätte er dort kündigen können/sollen? Ich frage nur weil ich gerne wissen würde, was er damals hätte tun sollen? Oder wurde er vl. bedroht? Ich bin in dem Thema wirklich unwissend, daher meine blöde Frage.

@liaewen

liaewen schrieb:Ich frage nur weil ich gerne wissen würde, was er damals hätte tun sollen?

Das frage ich mich auch. Wenn er nicht aktiv am Morden beteiligt war, sondern dort nur einen Job in der Buchhaltung wahrnahm, verstehe ich diese Hetzkampagne nicht.

@Kältezeit

nur Buchhaltung?

Was denkst du wurde in dieser Buchhaltung festgehalten?

@Kältezeit

Wenn er nicht aktiv am Morden beteiligt war, sondern dort nur einen Job in der Buchhaltung wahrnahm, verstehe ich diese Hetzkampagne nicht.

Einen ähnlichen Vergleich habe ich schon geschrieben, aber bitte, nochmal.

Wir arbeiten zu fünft. Zielobjekte sind Menschen, die viel Geld bei sich tragen. Zwei entführen einen Typen, zwei andere erschlagen ihn im Keller, ich zähle das Geld.

Eine Anklage wegen Beihilfe zum mehrfachen Mord wäre gegen mich also eine Hetzkampagne?

borabora schrieb:Ich frage mich, warum sollte man diesen armen alten Mann noch vor Gericht zerren?

Vielleicht deshalb?

Es geht um den mittlerweile 93 Jahre alten Oskar Gröning, der sich vor dem Landgericht Lüneburg zur Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verantworten muss.

borabora schrieb:-das ist widerwertig und perfide. in den Medien wird er gehetzt, siehe Günter Jauch Sendung.

Widerwärtig und perfide ist lediglich, dass der Gute nicht schon viel früher zur Rechenschaft gezogen wurde.

@DieSache

DieSache schrieb:Was denkst du wurde in dieser Buchhaltung festgehalten?

Weiss ich doch nicht ... ich sage ja auch nicht, dass er nicht darum wusste, was da geschah. Aber mal im ernst: welch deutscher Bürger wusste das damals nicht?! Da haben doch genug die Augen davor verschlossen ...

Eben deswegen auch meine Frage. Wie du sagst glaube ich nicht, dass es still und heimlich passiert ist. @Kältezeit
Meine Frage könnte vl. auch einer beantworten bitte.

Kältezeit schrieb:Weiss ich doch nicht ... ich sage ja auch nicht, dass er nicht darum wusste, was da geschah.

Laut Eigenaussage wusste er ganz genau was dort von statten geht und hatte kein Problem damit was imho reicht um sich mehr als nur etwas schuldig zu machen.
Er sagt ja selbst er hat sich schuldig gemacht, Mitleid ist definitiv nicht angebracht.

@Kältezeit

Das frage ich mich auch. Wenn er nicht aktiv am Morden beteiligt war, sondern dort nur einen Job in der Buchhaltung wahrnahm, verstehe ich diese Hetzkampagne nicht.

Laut dem Wiki Artikel über den Mann ist es erst sei 2011 so, dass jede Tätigkeit in einer Tötungsfabrik als Beihilfe zum Mord gewertet wird.

@Kältezeit

um so wichtiger wäre es die Verantwortlichen und Zeitzeugen noch zu hören um der Frage, warum man schwieg auf den Grund zu gehen und Kausales zu verstehen!

Eine wirkliche Aufarbeitung ist bis heute nicht erfolgt und das macht uns Nachfolgegenerationen so zu schaffen, weil wir nicht verstehen können wie bei soviel Leid nie wirklich aufgestanden wurde um es zu verhindern!

Ich habe mich jetzt mal durch den Wiki-Artikel gelesen ... er hat zu der Zeit, als er in Auschwitz tätig war, mehrere Versetzungsgesuche gestellt...

Und zumindest nimmt er den Holocaustleugnern den Wind aus den Segeln.

Ich sehe hier nicht, dass er direkt und unmittelbar am Töten beteiligt war, wie viele unserer Großväter. Hätte er den Job nicht angenommen, hätte es jemand anderes gemacht...

Aber Mitleid empfinde ich auch nicht.

@Kältezeit

ich denke ganz so überzeugt die richtigen zu unterstützen war er nie, er ist ja auch einer der wenigen, die sich ihrer Verantwortung stellen wollen. Die meisten Helfer zum Massenmord schwiegen ja lieber, oder beteuern ihr Verdrängen damit sie hätten es nicht gewusst.

Wenn du aber in einem Land lebst durch das in solchem Ausmaß gemordet wird, dann kann mir keiner sagen er/sie hätte nicht gewusst wozu die Juden deportiert wurden!

@DieSache
Eben, es wusste ja fast jeder. Blöd hätte man sein müssen um nicht zu wissen was abgeht.
Deswegen habe ich ja gefragt, was er hätte tun können? Ich glaube sogar, ihn hätten sie umgebracht, wenn er augehört hätte. Meinst du nicht?

@liaewen

weiß nicht, gab ja ein paar wenige, die Deutschland verlassen haben, weil sie mit Hitlers Ideologie nicht klar kamen...keinen Plan, aber ich denke hätte ich zu dieser Zeit gelebt und gesehen was da so abgeht, ich glaub ich wäre in den Untergrund zum Widerstand...

@DieSache
Verstehe. Aber viele haben wohl aus Angst einfach weggeschaut. Also könnte man sagen, alle die davon wussten und nichts taten sind Mittäter...
Aber du bist bzw. wärst eine der wenigen gewesen. Die Masse denkt leider anders. Sonst hätte es wohl nie so lange gedauert, leider.

@liaewen

als erstes flohen ja viele Intellektuelle und Künstler, in wie weit es denen gelang, anderen zur Flucht zu verhelfen weiß ich nicht, aber ich glaube Flucht musste man sich auch leisten können!

Und wenn ich durch ein diktatorisches System sterben soll, dann lieber aktiv im Widerstand, dann machts wenigstens noch Sinn!

DieSache schrieb:ich denke ganz so überzeugt die richtigen zu unterstützen war er nie

Doch. War er.

Was haben Sie gedacht, als Sie wussten, dass in Auschwitz Juden vergast werden?

"Dass es ein Mittel der Kriegführung ist. Eines Krieges mit fortschreitenden Methoden."

Aber Sie waren nicht im Krieg, sondern in einer Fabrik, in der Systemmord betrieben wurde.

"Wenn Sie davon überzeugt sind, dass die Vernichtung des Judentums nötig ist, dann spielt es keine Rolle mehr, ob das Töten so oder so passiert. Hitler hat schon 1939 in einer Rede gesagt, dass es den Untergang des Judentums in Europa bedeuten würde, wenn die Juden den Deutschen einen neuen Krieg aufzwingen."

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40325395.html

Interessanter Artikel über ein langes Interview mit Gröning im Jahre 2005.

@DieSache
Bestimmt. Vor allem wenn man erwischt wird, wartet mal der sichere Tod auf einen.

So denken wir vl. Aber wie gesagt, die meisten wollten wohl leben und ihre Familien beschützen. Was ich irgendwo auch verstehe. Na einfach schwierig. Ich hab jetzt auch kein Mitleid mit dem alten Herren, aber ich finde es total schwachsinnig, jetzt - kurz vor seinem Tod - damit anzutanzen. Immerhin sind es nicht nur paar Jahre die vergangen sind.