Der Fall Oskar Gröning

@Narrenschiffer
Ich finde es auch reichlich spät, aber lieber zu spät als nie. Grade jetzt mit dem ganzen Pegida etc. finde ich es wichtig, solche Dinge auch nochmal öffentlich zu bewerten. Unabhängig davon, wie ernst der Prozess als Strafprozess jetzt geführt wird ist das ein klares Statement.

FF schrieb:Er bekommt die Strafe, muss sie aber nicht antreten.

Das leuchtet mir jetzt auch nicht wirklich ein, obwohl ich es geahnt habe. Da kann man doch eher von einer moralischen Verurteilung seitens des Gerichts sprechen?

@Narrenschiffer

finde ja auch, dass man sich da nicht wundern muss, dass es noch immer und immer wieder Leute gibt, die am braunen Süppchen munter weiter köcheln, ich denke überlebende Täter, wie Helfer haben da schön untertauchen können, wenn man bedenkt wo es die alten Nazis nach Kriegsende überall hin verschlagen hat...das Schweigen vor dem Entsetzen hat das sogar noch begünstigt, dass Gedankengut dieser kranken Ideologie bis heute überleben konnte!

DieSache schrieb:Zivilier Widerstand scheint etwas zu sein, wozu der Mensch nur bedingt fähig ist, sich gegen Autoritäten wie z.B. Diktaturen zu stellen scheint wirklich verdammt schwer...

Es ist verdammt schwer, wenn nich gar unmöglich. Man muss sich ja mit anderen Menschen organisieren und ich wüsste nicht, wie das im dritten Reich erfolgreich hätte sein können...

Was man halt nicht vergessen darf ist das da damals Leute waren die wussten was sie tun und auch Karriere oder so gemacht haben und das es welche gab die da hineingeworfen / gezwungen waren.

Meine Oma musste am Bahnhof dieses telefon dings bedienen. Die war da 15 Jahre alt. Da kamen leider auch solche Züge durch aber was hätte sie machen sollen? Sich erschießen lassen?
Sind fand diese Zeit genauso furchtbar wie wir jetzt

@nananaBatman
Naja, er wird ja nun nicht verurteilt, weil er nicht im Widerstand war, sondern weil er aktiv am Völkermord teilgenommen hat. Das ist ein Unterschied. Sich dagegen zu stellen mag einigen schwer erscheinen, aber wäre es auch so schwer gewesen, sich einfach eine andere Arbeit zu suchen? Einfach, weil man nicht dran teilhaben möchte? Ich denke doch schon.

@Wolters
Der Beitrag bzog sich nicht auf Oskar Gröning, sondern auf zivilen Widerstand im Allgemeinen.

Ich habe gelesen das er recht stolz auf seinen Job war.

Wolters schrieb:wie ernst der Prozess als Strafprozess jetzt geführt wird ist das ein klares Statement

Dass ein 90jähriger vor Gericht gezerrt wird, ist ein sehr klares Statement, dass alle anderen Täter, die nur das Durchschnittsalter erreichten, unbehelligt ihr Leben führen konnten.

So wie auch die Entschädigungszahlungen ab ca. 2000 sicher stellten, dass nur mehr sehr wenige überlebende Opfer überhaupt noch am Leben waren.

Diese Verspätung kotzt.

borabora schrieb:Da kann man doch eher von einer moralischen Verurteilung seitens des Gerichts sprechen?

Zunächst ist das eine rein juristische Frage, und dann wird man in der Urteilsbegründung sicher auch moralische Aspekte finden können.

@Narrenschiffer
Das stimmt allerdings.
Aber vielleicht ja auch genau richtig zur nächsten Generation, die das Ganze schon fast wieder vergessen hat. Heutzutage hat keiner mehr was damit zu tun. AN mir, meinen Eltern ist das viel zu nah dran, als dass es uns als Geschichte, als nicht zu uns gehörig wahrgenommen werden könnte.
Und wie gesagt, wenn ich mir junge Menschen teilweise anhören, die Entwicklung erst mit Sarrazin und dann Pegida etc. Das ist alles gruselig, ich habe kein gutes Gefühl dabei und von daher finde ich solche Diskussionen grade jetzt auch wichtig.

@FF

wenn ich es richtig weiß, Anläufe ihm den Prozess zu machen gab es schon mehr, aber erst jetzt kam es zur Anklage!

@Wolters

man sollte sich auch noch mehr mit denen befassen um die es mit geht!

Viele der Überlebenden der KZs sind heute leider nimmer zu finden, aber wenn man sich mehr damit befassen würde, was und wie es diese Menschen erlebt, durchlitten und überlebt haben. Der klägliche Rest damals war zu tiefst traumatisiert, man hätte ihnen viel früher die Möglichkeit geben müssen, zu verarbeiten und zur Verarbeitung brauchst du auch das verantwortliche Gegenüber...da verstehe ich Frau Mozes Kor sehr gut, dass keiner aus dem gepflegten Opfertum entkommen und genesen kann, wenn man dazu keine Möglichkeit schafft!

nananaBatman schrieb:Es ist verdammt schwer, wenn nich gar unmöglich. Man muss sich ja mit anderen Menschen organisieren und ich wüsste nicht, wie das im dritten Reich erfolgreich hätte sein können...

Man konnte einiges tun. Der Major Plagge hat über 200 Menschen das Leben gerettet, ohne einmal gegen eine Dienstvorschrift zu verstoßen. Und das unter den Augen der SS.
Mein Opa hat Papiere und Informationen für den Wiederstand in Norwegen transportiert und sagte immer, dass das das allermindeste war, was er tun konnte, ohne seine Familie zu gefährden. Eine Großtante trat den angebotenen Job in einem Lebensborn-Heim (wo zu Auslese-Zwecken Säuglinge vernachlässigt wurden) als Kinderärztin nicht an.
Nicht wenige Soldaten ergaben sich beim ersten Feindkontakt den Amerikanern (möglichst nicht den Russen, denn wie es den Kriegsgefangenen dort erging, das wusste man ebenso gut). Andere versteckten Verfolgte ... ca. 3000 Juden überlebten so in Berlin. Auch dazu brauchte man gute Netzwerk, um an Lebensmittelmarken, Kleidung, falsche Papiere zu kommen. Macht also mehrere Tausend Personen, die alleine in Berlin von Versteckten wussten.

Wolters schrieb:wenn ich mir junge Menschen teilweise anhören, die Entwicklung erst mit Sarrazin und dann Pegida etc. Das ist alles gruselig

Sehr gruselig sogar, aber leider immer auch unterlegt mit den Argumenten, dass die heutige Generation ja nichts dafür könne.

Die fünf Mark pro Internierungstag in der BRD (50er Jahre) war ja schon sehr skurril, in Österreich wurde gar nichts gemacht (bis in die 2000er Jahre) ... "man" war ja nicht zuständig. Wie's die DDR handhabte, weiß ich nicht. Aber die fühlte sich vermutlich ja auch nicht verantwortlich.

Und so wurde alles verschleppt.

Wenn in den ersten 15 Jahren alles geregelt worden wäre (Lebensrente für Opfer mit Beteiligung aller Nachfolgestaaten des "Dritten Reichs", Gerichtsurteile gegen Täter), dann wäre diese Diskussion schon längst gegessen.

@Narrenschiffer

die Erben des Nachkriegstraumas können für die damaligen Verbrechen an der Menschheit tatsächlich nichts, aber sie sollten sich bewusst sein, dass wir künftig nicht davor gefeit sind, dass ähnliches nicht wieder aufkommt!

Auch wenn immer behauptet wird, dass man heute aufgeklärter sei, ich fürchte wenn der richtig charismatische Typ auftaucht, der den Nerv in schwerer Not trifft...nein so was wie im 1. WK mit den Armeniern, oder im 2. dann mit den Juden darf nie wieder passieren und dafür tragen wir Bürger Europas, die wir Wählen gehen dürfen mit Verantwortung!

@DieSache

so was wie im 1. WK mit den Armeiniern, oder im 2. dann mit den Juden darf nie wieder passieren und dafür tragen wir Bürger, die wir Wählen gehen dürfen mit Verantwortung

Als Österreicher mit Umfragewerten von nicht ganz 30% für eine rassistische rechtspopulistische Partei grabe ich mir jetzt lieber ein Loch, in das ich verschwinden kann. Denn damit hast du sowas von recht.

@DieSache

DieSache schrieb:finde ja auch, dass man sich da nicht wundern muss, dass es noch immer und immer wieder Leute gibt, die am braunen Süppchen munter weiter köcheln, ich denke überlebende Täter, wie Helfer haben da schön untertauchen können, wenn man bedenkt wo es die alten Nazis nach Kriegsende überall hin verschlagen hat...das Schweigen vor dem Entsetzen hat das sogar noch begünstigt, dass Gedankengut dieser kranken Ideologie bis heute überleben konnte!

die rattenlinie ist ein beispiel dafür und der vatikan hat da massgeblich mit gewirkt.

Wikipedia: Rattenlinien

Da die BRD-Justiz es in ihren Anfangsjahren (aus guten Grund) versäumt hat, all die kleinen willigen Vollstrecker vor Gericht zu stellen, kommt die Gerechtigkeit zwar meist zu spät, aber warum sollte sie dann nicht kommen.

Die Mörder durften in Frieden alt werden - ihre millionenfachen Opfer nicht.

Narrenschiffer schrieb:Als Österreicher mit Umfragewerten von nicht ganz 30% für eine rassistische rechtspopulistische Partei grabe ich mir jetzt lieber ein Loch, in das ich verschwinden kann.

Nicht zu vergessen, dass die anderen Parteien so viel Schwachsinn produzieren und den blauen da möglicherweise auch in die Hände spielen. :/