@keyshan Ein verurteilendes Verhalten wird heute viel zu schnell als Hetze ausgelegt. Es ist im Grunde nichts anderes als soziale Kontrolle. Ich finde es gut und richtig, sich über bestimmte Dinge öffentlich zu empören und diese auch anzuprangern. Das ist in einer sozialen Gesellschaft essentiell. Dass sich daraus durch eventuell soziale Medien neue Probleme ergeben, weil einzelne mit ihrer Empörung über die Stränge schlagen könnten, sollte kein Argeument darstellen, um soziale Kontrolle komplett zu unterbinden.
Wie sollen die nachfolgenden Generationen ein moralisches Bewusstsein entwickeln, wenn wir gleichmütig alles hinnehmen, verzeihen und vorsichtig kommentieren, damit ja nicht das Risiko einer Hetze entsteht? Nene, das ist schon gut und richtig, dass so ein Verhalten ordentlich laut und öffentlich negativ bewertet wird.
Und die Frage zur Schuld: Ja, wer ist mehr schuld als jemand, der freiwillig und wissentlich zu gewissen moralischen Standards beiträgt?
Wir sind alle Schuld. Wenn wir Salami beim Aldi kaufen, wenn wir im Naturschutzgebiet Pflanzen raus reißen, wenn wir Firmen unser Geld angedeihen lassen, die moralisch fragwürdig agieren. In dem Leben, das wir führen, können wir uns einer gewissen Schuld fast gar nicht entziehen, wir können sie höchstens minimieren. Und das, was er da getan hat, ist eine direkte und offene und wissentliche Beteiligung an Völkermord. Das ist nicht um die Ecke, nicht indirekt, es war keine große intellektuelle Leistung notwendig, um die direkten Folgen für andere Menschen zu überblicken. Es waren sinnvolle Alternativen vorhanden. Es war eine Entscheidung, die wissentlich zu Ungunsten anderer getragen wurde. Kein Hinnehmen bestimmter Faktoren. Ja das ist Schuld. Wenn nicht das, was dann? Über Schuld kann man viel philosophieren und klar, kann man sich über Grenzen streiten. Wenn man nicht selber geschossen hat, ist man unschuldig? XY hat die Menschen nur in die Kammer geführt, er hat den Hahn nicht aufgedreht. Ist er schuldig? YZ hat nur den Zug gefahren, ist er schuldig?
Jeder hat eine moralische Entscheidungsfreiheit und sofern wir in einer Gesellschaft leben, haben wir die Pflicht uns damit auseinander zu setzen und moralische Entscheidungen zu treffen. Wenn wir das nicht oder nur unzureichend tun, machen wir uns unter Umständen mehr schuldig, als andere Menschen. Und um das zukünftig zu verhindern, ist die soziale Kontrolle ein extrem wichtiges Element.