Ich gehe zusammenfassend auf die Vermutung ein, die Person habe möglicherweise rassistisch gehandelt (wegen Nazivorwurf) und beleuchte kurz die Ausbildungsmethodik in den US Polizeien im Sinne der Dauer. Kurzzusammenfassung nochmal am Ende.
leakim schrieb:Bei uns werden solche Menschen Nazis genannt und bei den Amis kriegen die nen Orden.
Auch wenn das nun ggf. thematisch wieder eher in den anderen Thread passt, aber konnte man ein rassistisches Motiv nachweisen oder vermutet man es einfach? Ansonsten tut man sich keinen Gefallen mit wilden Spekulationen. Oder zumindest mit einem Nazi-Vorwurf. Wieso? Weil er dann deplatziert wirken würde.
Eine kurze Sichtung von Artikeln deutet bisher soweit ich das sehen kann, keine allgemeine rassistische Grundhaltung des ex-Polizisten an, die natürlich bestehen könnte, aber durch gewisse Dinge entkräftet wird. Ich sehe primär schlechte Ausbildung oder schlechte Einschätzung / kurze Hutschnur als Grund, sowie im weiteren Sinne wohl das Problem, dass neben einer beschissenen Verkettung von Ereignissen im Sachverhalt diese Methode des Fixierens ja scheinbar in örtlichen Polizeigesetzen erlaubt ist. Ich frage mich, wäre das passiert wenn es gar nicht erlaubt gewesen wäre? Und selbst wenn man das situationsbedingt als legitimes Mittel anwenden kann, hier war er fast 10 Minuten so dauerfixiert, dass es selbst bei rechtlicher Möglichkeit einfach zu viel war.
https://www.cbsnews.com/news/derek-chauvin-arrested-george-floyd-death-third-degree-murder-manslaughter/Dieser englische Artikel greift den Sachverhalt noch einmal auf, beschreibt ferner dass man zwar im übersetzten Sinne trainiert / hingewiesen wird, dass diese Fixierungsform gefährlich ist. Aber basierend auf Informationen aus irgendeinem anderen Kommentar dessen Quelle ich nicht mehr weiß klang es so, als wäre es gesetzlich möglich und Ermessensfrage. Ferner werden im Artikel Aussagen von den Polizisten die vor Ort und nun gefeuert wurden wiedergegeben. Wären rassistische Schlüsselaussagen gefallen, so wurden sie hier zumindest nicht genannt.
https://www.de24.news/2020/05/die-ehefrau-des-polizisten-von-minneapolis-derek-chauvin-meldet-sich-fuer-den-tag-der-scheidung-an-an-dem-er-wegen-mordes-an-george-floyd-angeklagt-ist.htmlIn diesem deutschsprachigen Artikel geht es primär um die Partnerin, die die Scheidung beantragt hat, sowie weitere Einblicke ins Leben. Ich denke mal, der Artikel und das Bild der Person zeigen deutlich, dass die Person (Derek Chauvin) die das Knie auf dem Nacken oder Hals hatte zumindest kein lupenreiner "white supremacist" ist wenn er eine Person heiratet die als Kind als Flüchtling aus Laos in die USA kam.
Warum schreibe ich diese Zeilen? Will ich irgendwas relativieren? Oder unter den Teppich kehren, dass schwarze Personen in den USA Probleme mit der bzw. Teilen der Polizei haben und es da ein Problem gibt? Will ich ihn schützen / verteidigen?
Nein! Das war natürlich ein Unding, unfassbar und falsches Handeln! Das dürfte klar sein. Aber ich halte auch nichts davon, gewisse Motive herbeizukonstruieren wenn nichts handfestes dafür spricht, weil ... der Täter helle Haut und der Verstorbene schwarze Haut hatte. Das treibt natürlich auch viele Demonstranten an, aber ich sehe nüchtern betrachtet eher die folgenden Aspekte:
- Schlechte generelle Methodiken / Trainingsformen der US-Polizeien (Neuling war er als 'Polizeiveteran' nicht)
- Situative krasse Fehleinschätzung
- Quasi überzogene nicht mehr legitime Polizeigewalt und / oder begünstigende rechtliche Möglichkeiten die diese Fixierungsform grundsätzlich erlauben
- Sonstige, nachteilige Charaktereigenschaften oder verlorene Selbstkontrolle
NAZI Assoziation / Rassismus-Motive muss ich schon ohne weitere solide Indikatoren in dem Sachverhalt herbei konstruieren oder kann darüber mutmaßen. Klar, kann man. Aber wenn ich auf dieser Grundlage auf die Straße renne und Dinge anzünde, tut man sich damit einen Gefallen? Ich glaube, im Kern nicht wirklich. Es verzerrt die Thematik und treibt andere emotionale Blüten zutage, als wenn ich (eher aus meiner Sicht nachvollziehbar) gegen Polizeigewalt oder schlechte Methodik demonstriere. Denn das unter der Rassismusprämisse zu führen, führt in ganz andere (auch emotionale) Thematiken und Probleme und Konflikte wie "race wars" bzw. "race riots". Ich denke, man sollte eher die Polizeiausbildung oder das Handeln der Polizei in den Vordergrund stellen. In dem Fall zumindest und bis zum Beweis des Gegenteils. Wie es ein Demonstrant, der sich wenige Posts weiter oben im CNN Lobbyvideo festnehmen lässt, hörbar für alle sagt. Bei 2:57: "Officers need to be trained better".
Das wird deutlich wenn man mit anderen Polizeien oder unserer vergleicht, sowohl im Sinne der Aufnahmevoraussetzungen als auch des Trainings. Ich kenne mich nicht sehr gut mit der Ausbildungsmethodik aus, habe aber immer gehört, dass im Vergleich zu z.B. Deutschland die Ausbildungszeiten signifikant kürzer sind. Eine Kurzrecherche bestätigt die Implikation: Auf der Webseite
https://www.learnhowtobecome.org/police-officer/ wird beispielhaft von 6 Monaten Training / Akademie gesprochen. Jetzt mal Butter bei die Fische: In unseren Länderpolizeien bzw. der Bundespolizei dauert im mittleren Dienst die Ausbildung allein zwei bis zweieinhalb Jahre. Das entsprechend für "Polizeimeister". Im gehobenen Dienst auf akademischem Niveau mit dualem Studium 3 Jahre für die Kommissare.
Setze 2-3 Jahre (DE) 6 Monaten (US) gegenüber. Da erscheint es logisch, dass man da einfach nicht eine Fülle an Thematiken abdecken kann EHE man auf die Straße gelassen wird, und generelle Methodik kann auch heißen, dass man gewisse Methodiken nie anwendet weil nicht in einer gewissen Fülle trainiert. Kurzum kann sich die generelle Trainingsmethodik also sowohl auf neue Abgänger auswirken wie auch perspektivisch auf langjährige Mitglieder die in ihren Methodiken halt festgefahren sind.
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Lange Rede kurzer Sinn: Wäre es irgendwo durch Aussagen oder visuelle Implikationen belegt, würde ich bei der Bezeichnung "Nazi" sofort nicken und zustimmen - bisher habe ich keine soliden Indikatoren finden können und halte auch nichts davon, möglicherweise falsche Motive zu unterstellen, quasi "falsch zu labeln", und dann deswegen noch emotionsgeladener die Nachbarschaften in Brand zu stecken.
Ich kann als nicht-Betroffener nur erahnen wie sich die oft berechtigte Wut vieler anfühlen kann, doch glaube ich zumindest auf diesen Sachverhalt bezogen, dass es besser wäre auf die Straße zu gehen um eher oder primär das Handeln der Polizei zu betrachten und nicht primär rassistische Gründe, weil das auf eine andere Art sehr schnell und unschön eskalieren kann durch situative Eigendynamik - auch wenn es natürlich rassistische Polizisten geben wird die unterschiedliche Leute anders angehen oder behandeln.
Ich halte im Kern das generelle Training und Methodiken der US-Polizeien für verbesserungswürdig. Vielleicht wäre das immer noch so tragisch passiert, aber es würde abstrakt gesehen weniger passieren und somit eine Besserung für so ziemlich alle darstellen. Das bedingt aber auch einen längeren Mentalitätswandel. Ich glaube, gesamtgesellschaftlich.
Vielleicht liegt es an Armut, den vielen Waffen und mehr. Solange die Mentalität "Auf den Straßen herrscht Krieg" nicht gesenkt oder neutralisiert wird, wäre eine verlängerte bzw. intensivere Ausbildung sicherlich ein Meilenstein, aber nicht alles.