Putins Auftritt in Sotschi veranlasste die westlichen Partner erneut dazu, von einer Personifizierung der Macht in Russland zu sprechen. Doch für die russische Gesellschaft war es eher ein Signal dafür, dass der Staat trotz zunehmender Wirtschaftsprobleme Herr der Lage ist und die negativen Auswirkungen für Russland steuern will.
Die Zuspitzung zwischen Russland und dem Westen wird von vielen auf die Ukraine-Krise zurückgeführt. Doch viele irren sich, wenn sie behaupten, dass sich die Beziehungen mit dem Westen normalisieren, weil jetzt an einer Lösung der Ukraine-Krise gearbeitet wird. Sie denken, dass die strategische Partnerschaft in diesem Fall wiederaufgenommen sowie die auf Eis gelegten Energie- und High-Tech-Projekte und ein normaler Dialog über die globale Sicherheits- und Finanzarchitektur wiederbelebt werden.
Doch ein Blick auf die Geschichte des Dialogs zwischen Russland und dem Westen in den vergangenen 20 Jahren genügt, um zu verstehen, dass die kurzfristigen Perioden einer erzwungenen Zusammenarbeit nur Silberstreifen in der dauerhaft und gezielten Zerrüttung der Beziehungen waren, mit der Russland ohne Beachtung seiner Interessen langfristig an den Rand gedrängt werden sollte. Die Bosnien-Krise (1995), die Bombenangriffe auf Belgrad und die erste Nato-Erweiterung (1999), die Aufkündigung des Raketenabwehrabkommens aus den 1970er- Jahren (2001-2002), die Kontroversen um die Irak-Invasion (2003), die Überschreitung des Mandats der UN-Resolution zu Libyen trotz der Proteste Russlands und Chinas (2011), die Syrien-Krise (2013) und die Ukraine-Krise (2014). Das sind die markantesten Punkte der kontinuierlichen Verschlechterung der Beziehungen.
Mit der Rückkehr Putins in den Kreml betonen die Eliten der westlichen Politik und Medien immer wieder, dass ein vollwertiger Dialog mit den russischen Behörden unter Putin unmöglich sei. Es stellt sich die Frage, ob die westlichen Entscheidungsträger von Putin als durchsetzungsfähigem und charismatischem Politiker angesichts des Mangels an starken Köpfen im eigenen Lager beeindruckt sind, wodurch die Wahrnehmung Putins verzerrt wird? Oder handelt es sich um eine bewusste Diskreditierung Putins, um Russland zu schwächen und die Legitimität seiner Macht zu untergraben? Es geht wohl eher um die zweite These.
Das realpolitisch absolut verständliche resolute Vorgehen Moskaus zur Verteidigung seiner Interessen auf der Krim sorgte für weitere Spannungen im russisch-westlichen Dialog. Doch es handelt sich in der Tat um eine Krise zwischen Russland und dem Westen, die seit der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre andauert.
Mit der Ausweitung der Ukraine-Krise reagierten viele westliche Medien mit Hysterie auf die Person Putin. Seit März gehört Putin zu den Dauerthemen von renommierten Zeitungen und Magazinen wie „Time“ bis „The Independent“ über „The Economist“. In dem Informationskrieg gegen Russland ist es jedoch schwer möglich, die Realität zu sehen. Die Russen, die seit jeher an äußere Bedrohungen gewöhnt sind, wollen immer willensstarke Politiker an der Machtspitze. Auch im Westen standen ähnliche durchsetzungsfähige Persönlichkeiten an der Macht (Roosevelt, Churchill, De Gaulle). Später kamen die Bürokraten in Mode, weil es im Westen keine Aufgaben mehr gab, bei denen Willensstärke entscheidend ist.
http://de.ria.ru/zeitungen/20141029/269897044.html (Archiv-Version vom 30.10.2014)