Tripane schrieb:Absolut deiner Meinung, wobei in Russland viele Frauen selbst einer recht traditionellen Rolle anhängen. Aber auch da könnte man ja mal bei den vermutlich am wenigsten strittigen Dingen anfangen, z.B. Gewaltanwendung (sexualisiert oder auch nicht)
Das kommt oft vor das Individuen ihre eigene Unterdrückung annehmen und sogar verteidigen. Von islamisch sozialisierten Frauen kennt man das zB auch, die machen das sogar sehr selbstbewusst. Das ist eine Form der Partizipation und gewissermassen Emanzipierung, aber nur in einem streng vorgegebenem Rahmen als Erfüllungsgehilfin der Männer. Der ganze angestaute Lebensfrust über die unerfüllten Träume, die man früher selber hatte, lässt sich auch prima an renitenten Töchtern ausleben.
Gewalt gegen Frauen ist in Russland auch gar nicht einmal umstritten, sondern wird als normal angesehen. Ein grosses Problem ist auch die Macht der Orthodoxie, kulturell und politisch. Die haben in der Vergangenheit schon politische Initiativen für mehr Frauenrechte abgewehrt und werden das auch in Zukunft wieder tun.
Tripane schrieb:Freut mich, dass du mich da richtig verstanden hast.
Letztlich schwächt sich der Westen mit diesem ganzen Schmarrn nur selbst. Wie das Kaninchen vor der Schlange lassen wir uns von irrationalen Diskursen von realen eigenen und externen Problemen paralysieren. Das Erfinden immer neuer Minderheiten bzw. die Fokussierung auf solche korrespondiert hervorragend mit dem Neoliberalismus, ist praktisch seine kulturelle Entsprechung, indem es die Atomisierung der Gesellschaft vorantreibt. Identitätspolitik verstellt den Blick auf das tatsächliche Problem ökonomischer Ungleichheit, die unabhängig von Hautfarbe oder Geschlecht Millionen Menschen alltäglich diskriminiert. Mit Quotierungen hilft man ein paar vereinzelten Erfolgreichen und Angepassten, die große Mehrheit der angesprochenen Gruppierungen zieht daraus kaum einen Nutzen - Lohnungleichheit und Altersarmut sind für Frauen nach wie vor ein ernstzunehmendes Problem. Die Verherrlichung des Opfers signalisiert den Xi's und Putin's dieser Welt nicht zu Unrecht die Schwäche eines mit seiner Abschaffung beschäftigten Westens, die sehen ihre Chance jetzt natürlich gekommen.
Mal sehen, ob man sich noch besinnt.