Warum kann man sich vor Gericht FREIKAUFEN?

@Wolkenleserin

es kommt immer auf die Straftat an und die Abwägung des Staatsanwaltes/des Gerichtes ob es sich lohnt, einen Prozess anzustreben oder ob die Kosten/Nutzen-Rechnung nicht eine Einstellung gegen "Geldstrafe" lohnenswerter ist. Und die "Geldstrafe" richtet sich nach deinem Vermögen bzw Deinem Einkommen, dh als Schüler würdest Du natürlich weniger zahlen als ein Bankmanager für die selbe Tat.

Hier wird jetzt die ganze Zeit darüber diskutiert wegen Freikaufen...

Mag sein, dass es von vielen als Freikaufen verstanden wird und vllt ist es das aus. Was aber in der Realität tatsächlich sehr oft auch mit Hans Wurst von Nebenan gemacht wird beim Gericht.
Was ich nur unverschämt finde, ist, dass die Summe "lächerlich" ist.

Klar für uns Kleinbürgerschaft sind 100.000.000 viiiieeeeeel Geld.

Aber eine Strafe muss Tat und Schuldangemessen sein. Sprich, sie muss die Person "schmerzlich" treffen um eine "nachdenkfunktion" zu erfüllen bzw zu bewirken.

In Relation:
Ein Fall von 2002.
ein Hartz4er bekommt (damals) 300 Euro. (Damals war es noch das Soziamt)
Er klaute 2 Päckchen Zigaretten.
Urteil: 80 Tagessätze zu je 20 Euro. also die Hälfte seines Einkommens war weg.
Der wird sich wohl 2 Mal überlegen ob die Päckchen Kippen sich rentiert haben.

Etwas Fallnäher:
Ein Angestellter im öffentlichen Dienst fälschte eine Krankmeldung um ein Paar Tage.
Vorwurf: Urkundenfälschung
Monatliches Gehalt: ca. 1200 Euro Netto
Verfahren: Eingestellt gegen Zahlung einer Geldstrafe von 1000 Euro
Trifft hart. Wird er sich wohl auch gedacht haben, ob die 2 oder 3 Tage mehr das Wert waren. Ach ja, und Job natürlich verloren. Öffentlicher Dienst und Urkundenfälschung passen nicht so recht.

Wen triffts jetzt härter? Den Ecclestone oder den Urkundenfälscher?

Der Herr Ecclestone besitzt 3.800.000.000.
Sorry, aber der schüttelt sich die 100.000.000 doch aus dem linken Ärmel und Hustet dabei kurz fröhlich.

Ok, andererseits ist auch nie ein Urteil ergangen sondern es ist eine Regelung ein kompliziertes, teures und langwieriges Verfahren zu beenden, bei dem das Ergebnis in jegliche Richtungen fragwürdig war. Denn:
Würde er Herr Ecclestone (auch aus mangel an Beweisen) freigesprochen werden, müsste das Gericht die Anwaltskosten tragen (Nach BRAGO berechnet und je nach Streitwert ist das auch kein geringer Betrag), die Zeugenentschädigungen (und die werden wohl nicht wenig Zeitaufwand gehabt haben und dementsprechend Dienstausfall geltend gemacht haben), der Richter und Staatsanwalt werden auch bezahlt...

Aber als Verfahrenseinstellung mit Lehrfunktion ist 100.000.000 in Relation zum Vermögen ein Witz.

@Saturius

Problematisch ist, das der Herr Ecclestone gar nicht so viel besitzt, da er wie alle cleveren Superreiche sein Geld an Stiftungen, Scheinfirmen oder im Besondern hier an seine Ex-Frau übergeben hat, somit ist sein tatsächliches Vermögen nicht so einfach festzustellen.

Dein erster Fall ist im Übrigen kein guter Vergleichsfall, denn wenn es Tagessätze gibt, dann gab es auch eine Verurteilung. Im Übrigen legen 20EUR Tagessatz nahe, das der Mensch ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 600EUR gehabt haben muss. Und wenn man ganz genau hinschaut, ist es bei einer Erstbestrafung nicht wirklich realitisch, das ein Diebstahl von Gegenständen im Wert von EUR 10,00 eine Strafe mit 80 Tagessätzen zu bekommen.

@cejar

cejar schrieb:Dein erster Fall ist im Übrigen kein guter Vergleichsfall

Deshalb auch der 2. Fall nochmal Fallrelevanter

cejar schrieb:Im Übrigen legen 20EUR Tagessatz nahe, das der Mensch ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 600EUR gehabt haben muss.

Auch wenn das Sozialamt damals wohl die Miete gezahlt hat, wurde es als Einkommen mitberechnet.

cejar schrieb:ist es bei einer Erstbestrafung nicht wirklich realitisch, das ein Diebstahl von Gegenständen im Wert von EUR 10,00 eine Strafe mit 80 Tagessätzen zu bekommen.

Strafbefehl ohne Wiederspruch.
Hier sind 10,00 Euro Tagessätze recht selten. Hier wird meistens mit 20.00 Euro angefangen. Bestenfalls in einer Verhandlung kann und wird der Richter erst runtergehen.
Strafbefehle werden ja nur vom Staatsanwalt "verfasst".
Soweit mir bekannt, war er davor nicht straffällig geworden.

cejar schrieb:Problematisch ist, das der Herr Ecclestone gar nicht so viel besitzt, da er wie alle cleveren Superreiche sein Geld an Stiftungen, Scheinfirmen oder im Besondern hier an seine Ex-Frau übergeben hat, somit ist sein tatsächliches Vermögen nicht so einfach festzustellen.

Und eben genau deshalb und weil Geldstrafen für diese Leute selten wirklich schmerzhaft ausfallen, bin ich dafür, dass die tollen reichen einfach mal 1 - 2 Monate Vollzeit Sozialdienst schieben sollten. 5 Tage die Woche einfach mal Mülltonnen leer machen, öffentliche Klos putzen etc pp. Denke, die werden da so wenig Lust zu haben, dass die sich überlegen, ob sie nochmal sowas machen wollen.

@Saturius

8o Tagessätze - darum geht es mir. Ab 90 Tagessätze gilt man als vorbestraft. Sicher nicht bei 2 Packungen Zigaretten...

Schöner Artikel dazu

http://www.welt.de/debatte/kolumnen/zippert_zappt/article130973650/Uli-Hoeness-kauft-sich-fuer-500-Millionen-Euro-frei.html

So doof ist unser Uli aber nicht, der bekommt irgendwann aus "Gesundheitlichen Gründen" Haftverschonung.

Wolkenleserin schrieb:Kann sich da also jeder frei kaufen? Ich dachte, dies koste immer ziemlich viel Geld, so viel, dass sich das Normalsterbliche gar nicht leisten können?

@cejar hat es auch schon gut erklärt. Es hängt davon ab wie der Fall gelagert ist. Wenn es sehr eindeutig ist das du dreck am Stecken hast dann wirst du wohl auch verurteilt werden, allerdings ist die Lage ja nicht immer so klar oder nicht mehr so genau nachzuvollziehen und da ist es üblich das Verfahren gegen eine bestimmte Summe einzustellen.

Vielleicht erstmal Informationen einziehen, bevor man dem Stammtisch in sich laut werden lässt.

Nach dem Gesetz kann ein Prozess bei kleineren und mittleren Straftaten eingestellt werden, wenn der Angeklagte keine schwere Schuld auf sich geladen hat und mit einer Geldzahlung "das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung" beseitigt. Mit diesem Freispruch zweiter Klasse gilt Ecclestone als unschuldig und die Justiz vermeidet einen langwierigen Rechtsstreit, an dessen Ende nach ihrer aktuellen Einschätzung kein schweres Urteil stehen dürfte.

[...]

Bei Ecclestone hatte sich die Staatsanwaltschaft aber bereits seit Prozessbeginn im April schwergetan, dem 83-Jährigen an den bislang 20 Verhandlungstagen Bestechung und Anstiftung zur Untreue nachzuweisen.

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bestechungs-prozess-in-muenchen-richter-beraten-ueber-ecclestone-deal-1.2077395

Wenn sich Reiche so einfach frei kaufen können, wie mancher meint, bleibt die Frage, ob Uli Hoeneß zu doof oder zu arm war sich frei zu kaufen.


TTIP macht mir deutlich mehr Sorgen als Paragraph 153

@Groucho

Groucho schrieb:ob Uli Hoeneß zu doof oder zu arm war sich frei zu kaufen.

Ne der war zu clever, der ist eh bald Haftunfähig.
Schon cool wie er die HerzOp aus dem Ärmel geschüttelt hat, das muss man ihm lassen.

Freikaufen hätte er sich bestimmt auch können, aber das hätte zu viele Fragen aufgeworfen.

Sone Herz OP ist da eleganter, da kann man wenigstens noch auf die Tränendrüse drücken.

Heijopei schrieb:Sone Herz OP ist da eleganter

Wir reden hier von Hoeneß, ich glaub dem ist es eher wichtig, dass das vor allem eines ist: billiger. :D

@Groucho
Die OP war schon lange geplant, und glaubst du das er in dieser Klinik auch nur irgendwas bezahlt?

http://www.schoen-kliniken.de/ptp/partner/ (Archiv-Version vom 29.07.2014)

Wenn ich in dem Fall Ermittler wäre würde ich da weiterermitteln,
Oder glaubst du die andern Jungs aus dem Trupp haben nichts zu verbergen in der Hinsicht?

Was glaubst du wieso Mollath solange weggesperrt war?

Nicht auszudenken wenn bei solchen Affären mal weitergeforscht werden würde wie das alles zusammenhängt.

@Saturius

Saturius schrieb:Etwas Fallnäher:
Ein Angestellter im öffentlichen Dienst fälschte eine Krankmeldung um ein Paar Tage.
Vorwurf: Urkundenfälschung
Monatliches Gehalt: ca. 1200 Euro Netto
Verfahren: Eingestellt gegen Zahlung einer Geldstrafe von 1000 Euro
Trifft hart. Wird er sich wohl auch gedacht haben, ob die 2 oder 3 Tage mehr das Wert waren. Ach ja, und Job natürlich verloren. Öffentlicher Dienst und Urkundenfälschung passen nicht so recht.

Wen triffts jetzt härter? Den Ecclestone oder den Urkundenfälscher?

Der Herr Ecclestone besitzt 3.800.000.000.
Sorry, aber der schüttelt sich die 100.000.000 doch aus dem linken Ärmel und Hustet dabei kurz fröhlich.

Das ist haargenau das, was ich auch gesagt habe.

http://der-abendkurier.de/news/offizielle-Preisliste-fuer-Straftaten

Umfragezwischenstand:

Recht hat der, der am meisten zahlt?
Ist das Gerechtigkeit?

Ja, mit Geld kann man sich von jeder Schuld befreien (51.40%)

Nein, niemand sollte sich von Strafen freikaufen können (48.59%)

( PS: Ist die Zeitung ernst gemeint? )

@Gurkenhannes

Warum sollte es denn ungerecht sein? Solange es sich nicht um Mord und Totschlag handelt, warum sollte man das nicht mit Geldstrafen begleichen können? Das einzige was beknackt ist ist das er dadurch nicht vorbestraft ist, das sollte er meiner Meinung dennoch sein.
Aber was soll dann wieder das Gejammer von wegen der böse böse Reiche Mann kann alle möglichen "Verbrechen" begehen ohne dass er in den Knast wandern muss... Ganz im gegensatz zum gemeinen Mittelständler...Das Geld Vorteile mit sich bringt ist halt so, oder wollen wir jammern: "Der böse Reiche Mann kann sich eine Villa kaufen und ich nur in einer unfassbar kleinen Mietwohnung leben. Wie unfaiiiiiiiiiirrrrr *schluchz* *heul* *jammer* "
Also ich finde ist doch gerecht, du hast doch die gleichen Möglichkeiten genug Geld zu verdienen, Steuern zu hinterziehen und anschliessend die Ermittlungen gegen Geldzahlung einstellen zu lassen, was ist daran unfair?