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Unruhen in der Ukraine - reloaded
23.07.2014 um 15:11Amerika zeigt seine Beweise
Satellitenaufklärung, Radardaten, Zeugenaussagen, Bilder im Internet: Die USA legen eine ganze Reihe an Erkenntnissen vor, die beweisen sollen, dass Separatisten das malaysische Flugzeug abschossen. Russland gerät in die Defensive.
Wesentlich detailreicher als bislang haben die US-Geheimdienste nun dargelegt, warum sie den prorussischen Separatisten die Verantwortung für den Abschuss von Malaysia Airlines Flug MH17 in der vergangenen Woche geben. Damit will Washington auch den Versuchen Moskaus entgegentreten, der Ukraine die Schuld zuzuweisen.
Die Geheimdienste haben Fotos, Nachrichten auf sozialen Netzwerken und Stimmanalysen von in der Ukraine abgefangenen Gesprächen ausgewertet, um zu untermauern, dass das Flugzeug von dem von den Separatisten kontrollierten Gebiet aus mit einem SA-11 Flugabwehrraketensystem abgeschossen wurde. Alle 298 Menschen an Bord der Passagiermaschine kamen beim Absturz ums Leben.
Die vorgelegten Beweise stützen allerdings nicht die These, dass Russland in den Abschuss verwickelt war. Die Geheimdienste erklärten aber, sie arbeiteten immer noch an den Beweisen und könnten in den kommenden Tagen auch neue vorlegen.
Andere US-Vertreter, auch aus dem Pentagon, hatten sich in den vergangenen Tagen deutlicher geäußert, dass Russland wahrscheinlich das bei dem Abschuss verwendete Raketensystem bereitgestellt hat. Die Geheimdienste zeigten sich dagegen vorsichtiger.
Zeugen sind sich angeblich sicher
Es sei ziemlich sicher, dass eine "SA-11 von der Ostukraine aus unter von Russland geschaffenen Bedingungen" verwendet wurde, sagte ein hochrangiger Geheimdienstvertreter. Die USA hätten zum Zeitpunkt des Abschusses eine Boden-Luft-Rakete entdeckt, die grob in dem von Separatisten kontrollierten Gebieten abgefeuert wurde. Russland habe die Rebellen unter anderem an Luftabwehrwaffen ausgebildet, und die Separatisten hätten im Laufe des Konflikts bereits mehr als ein Dutzend Flugzeuge abgeschossen.
US-Vertreter, die nicht bei der Lagebesprechung beteiligt waren, sagen, dass amerikanische Radar- und Satellitenanlagen die Rakete kurz nach ihrem Start im von Separatisten kontrollierten Gebiet erfasst und bis zur Detonation in Nähe der Passagiermaschine von Malaysia Airlines verfolgt hätten. Auf Grundlage dieser Daten sei die Flugbahn der Rakete und ihr Abschussort im Gebiet um die Stadt Snischne von Analysten ermittelt worden, heißt es von den Vertretern.
Snischne liegt in unmittelbarer Nähe des Gebiets, wo sich ukrainische Streitkräfte und pro-russische Separatisten Gefechte um die Kontrolle der Grenze zu Russland liefern, über die die Separatisten hauptsächlich an Waffen kommen. Die Separatisten hinderten Journalisten daran, die Stadt zu betreten, als das Interesse an dem mutmaßlichen Abschussort der Rakete stieg.
Bewohner der von Separatisten kontrollierten Stadt Tores sagten, dass sie am Tag des Absturzes von MH17 eine SA-11 oder Boden-Luft-Rakete an Bord eines Lasters gesehen hätten, der durch das Stadtzentrum in Richtung der mutmaßlichen Abschussstelle der Rakete fuhr.
Ein Bewohner, der in Nähe der Hauptstraße von Tores arbeitet, sagte, dass die SA-11 ihm ins Auge fiel, da er zuvor nie solch ausgeklügelte Raketensysteme auf den vielen Militärfahrzeugen gesehen haben, die seit Beginn der Kämpfe durch Tores gerollt seien. Laut seiner Aussage fuhr derselbe Laster später ohne die Rakete an Bord wieder durch die Stadt in umgekehrte Richtung.
Stimmanalysen von NSA und CIA
Ein anderer Bewohner sagt, dass er gesehen habe, wie das Raketensystem durch Tores in Richtung Snischne am Donnerstagmittag transportiert wurde, mit einer Eskorte aus mindestens zwei Jeeps dahinter und einem weiteren Fahrzeug als Vorhut. Anhand eines Fotos, das von der SA-11 von einer Tankstelle an der Hauptstraße gemacht wurde, identifizierte er das Raketensystem als jenes, was er an dem Tag des Flugzeugabsturzes gesehen hatte. Auch US-Vertretern ist dieses Foto, das in den sozialen Medien kursierte, bekannt.
Eines der neuen Erkenntnisse: Die durch Granatsplitter verursachten Schäden am malaysischen Flugzeug, die auf Fotos zu sehen sind, wirken wie solche, die eine Boden-Luft-Rakete verursacht – etwa das Buk-System mit der Nato-Bezeichnung SA-11. Die Vertreter sagten weiter, sie hätten einige der Mitschnitte der Ukraine, auf denen die Separatisten über den Abschuss sprechen, in ihrer Echtheit bestätigt, indem sie eine Stimmanalyse der NSA und CIA benutzten. Sie fügten hinzu, dass sie ihre Datenbanken durchforsten würden, um weitere Belege zu finden – und dass das Zeit in Anspruch nehmen könne.
Vertreter der US-Regierung sehen auch die Äußerungen des russischen Botschafters bei den Vereinten Nationen als Hinweis auf eine mögliche Schuld der Russen. In seiner Erklärung ließ der Vertreter Russlands die Möglichkeit offen, dass der Abschuss ein Fehler war.
Auch Äußerungen auf sozialen Medien ziehen die Vertreter als Belege heran. So habe es verschiedene Einträge darüber gegeben, dass Leute den Transport des Buk-Systems in den von Separatisten kontrollierten Städten Tores und Snischne sahen – nahe dem Absturzort und dem Punkt, von dem US-Vertreter glauben, dass die Rakete abgeschossen wurde. Die SA-11 sei in Punkto Höhe und Weite leistungsfähig genug, um das Malaysia-Airlines-Flugzeug aus dieser Gegend abzuschießen, sagten sie. Als Teil ihrer Argumentation zeigten die Geheimdienstvertreter eine Karte und Fotos sowie ein Video aus sozialen Medien, die das SA-11-System nach dem Absturz beim Transport durch die Ostukraine in Richtung der russischen Grenze zeigen.
Die US-Vertreter zeigten Fotos aus der Luft, die ein Schulungszentrum im Südwesten Russlands zeigen. Dort sollen die Separatisten in der Bedienung der Luftabwehrsysteme trainiert. Die Geheimdienstvertreter zeigten auch eine zuvor vom US-Außenministerium veröffentlichte Karte, welche die Flugbahn und den mutmaßlichen Abschussort der Rakete zeigt.
Ukraine als Täter "nicht glaubwürdig"
Mehr Erkenntnisse darüber, was bei Flug MH17 passierte, soll die Untersuchung des Unfallorts bringen. Die Niederlande teilten mit, sie würden die Ermittlungen führen. Die Überreste von hunderten von Opfern wurden in fünf grauen Tiefkühlwaggons aus dem Rebellengebiet in die von der Regierung kontrollierte Stadt Charkiw transportiert, wo sie in die Obhut einer internationalen Truppe von Forensikern kamen. Die Leichen wurden von den Experten zunächst in ein improvisiertes forensisches Labor in einer ehemaligen Panzerfabrik gebracht. Von dort sollen sie in die Niederlande geflogen werden, wo sie dann identifiziert werden sollen.
Der russische Präsident Wladimir Putin sagte, dass Russland versuchen würde, die Separatisten in der Ostukraine dazu zu bewegen, bei den Ermittlungen zu helfen. Gleichzeitig kritisierte Putin die westlichen Politiker dafür, das Land zu "destabilisieren".
Moskau würde mit aller Kraft versuchen, eine russische Version des Geschehenen zu verbreiten, dass die Ukraine als Täter hinstellt, sagt ein hoher US-Geheimdienstvertreter. Das ist "für uns nicht glaubwürdig". Zwar hätten die Ukrainer auch SA-11-Raketen, doch diese seien zu der Zeit nicht in der Nähe des Abschussortes gewesen. Die Annahme, dass die ukrainische Armee sich durch das Gebiet der Separatisten kämpfen, eine Rakete auf ein Zivilflugzeug abschießen, und sich dann wieder zurückziehen könne, sei außerdem nicht glaubwürdig. Ein wichtiges Ziel der Präsentation sei es daher gewesen, eine Verbreitung der russischen Version der Ereignisse zu verhindern, sagte ein hochrangiger US-Geheimdienstvertreter.
Russland hat die Separatisten auch nach dem Absturz des Flugzeugs unterstützt, etwa mit Panzern und Raketenwerfern, sagen US-Geheimdienstvertreter. "Wir glauben nicht, dass sie aufgehört haben", sagte einer von ihnen. "Wir glauben, dass sie weitermachen".
Wann das SA-11-System in die Ostukraine gebracht wurde, konnten die US-Vertreter nicht sagen. Sie vermuten, dass die von Russland unterstützten Separatisten es schon hatten, als ein ukrainisches Frachtflugzeug am 14. Juli in geringerer Höhe abgeschossen wurde. Allerdings haben die US-Geheimdienstvertreter noch nicht bestätigt, dass dieses Frachtflugzeug von einer SA-11 abgeschossen wurde.
Quelle: http://www.n-tv.de/politik/Amerika-zeigt-seine-Beweise-article13282771.html