Guten Morgen
@CurtisNewtonJetzt schon von Annektion zu sprechen, so wie Du es argumentierst, ist doch wohl sehr sehr verfrüht,
Finde ich nicht.
@SanSiro hat da (versehentlich?) einen durchaus interessanten und wichtigen Punkt angesprochen.
Von einer Annexion des Westens zu sprechen ist sicherlich nicht korrekt, da die wesentliche Merkmale einer Annexion fehlen und der Westen heutzutage eigentlich nicht mehr annektiert. Man besetzt, übt militärische Gewalt aus, gibt das Territorium aber wieder zurück, nachdem.... Ja, wonach eigentlich? Nachdem man die Staaten an sich gebunden hat, nachdem man ihnen Vertragskorsetts überstülpte, nachdem man abgesehen von diplomatischen auch wirtschaftliche Verbindung geschnürt hat (letzteres möglichst eng), nachdem der IWF "gerettet" hat und ein stinkendes Häufchen, namentlich eiserne Haishaltsdisziplin, hinterlassen hat, nachdem - und jetzt kommt's - man indirekte Gewalt ausüben kann.
Woher kommt das?
"Ich behaupte, daß wir die erste Rasse in der Welt sind und daß es um so besser für die menschliche Rasse ist, je mehr von der Welt wir bewohnen... Darüber hinaus bedeutet es einfach das Ende aller Kriege, wenn der größere Teil der Welt in unserer Herrschaft aufgeht... Da (Gott) offenkundig die englisch sprechende Rasse zu seinem auserwählten Werkzeug formt, durch welches er einen Zustand der Gesellschaft hervorbringen will, der auf Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden gegründet ist, muß er offensichtlich wünschen, daß ich tue, was ich kann, um jener Rasse so viel Spielraum und Macht wie möglich zu geben." Das stammt nicht vom Bush-Clan oder Obama, sondern von Cecil Rhodes, einem der Schmiede des britischen Empire im 19. Jahrhundert.
Man erkennt in dieser Aussage einige verdächtige Schlagworte und diesen seltsam anmutende Gott-Bezug. Gott, Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit und erwünschter Gesellschaftszustand?! Was soll das? Woran erinnert das?
1. Neoliberalismus und 2. NWO.
Nun gut, gemeint ist nicht die NWO, wie sie gern von Verschwörungshysterikern proklamiert wird, sondern eine imperiale Weltordnung, was damit gemeint ist, wird gleich klar.
Was steckt dahinter?
Dieser inhärente Moralaspekt und Gottbezug liegt an der der Entstehungszeit, Ort, Umständen des Liberalismus und der starke Einfluss des Calvinismus. Das tut nichts weiter zur Sache, daher möchte das nicht weiter vertiefen, andere Aspekte sind entscheidender.
Die Inbesitznahme fremder Länder, die Kolonialisierung, Ausbeutung, Versklavung ist ein Merkmal des imperialen Liberalismus.
Kapitalismus (der hässliche, nicht der der angeblich hier und heute herrscht, tut er nämlich nicht) braucht Märkte, Waren, Arbeitskräfte, Rohstoffe. Und das möglichst günstig und möglichst ununterbrochen.
Basierend hierauf entstand die Kolonisation, die, anders als antike Weltmächte, die einfach nur riesige Weltreiche erschufen, weil damals Größe gleich Macht und Herrschaftssicherung bedeutete (und natürlich weil die größenwahnsinnig waren), auf ihren Profit auswaren.
Um Riesenreiche ging es während des Kolonialismus schon längst nicht mehr. Da wusste man schon, dass Riesenreiche zur Sezession neigen und kaum erfolgreich verteidigt werden können. Man hatte kein Interesse mehr daran andere Länder und Völker erst zu besiegen und dann einzunehmen (auf dass das Empire wachse), man wollte die Eroberten unterwerfen, versklaven und das Land ausbluten. Nicht mehr und nicht weniger.
Was früher die Versklavung bewerkstelligt, die Sicherung von billigen Arbeitskräften, macht heute der Wettbewerb.
Was frühere Aneignung der Rohstoffe in den Kolonien war, bewerkstelligt heute der Markt, ebenfalls unter Kostendruck durch Wettbewerbsbedingung.
Heute - anders als zu Kolonialzeiten - expandiert der Markt durch Verträge. Wächst der Markt, wächst das Kapital.
Jedes einzelne Land, das in einen Wirtschaftskreis eintritt, verstärkt den Druck auf die anderen, gleichzeitig steigen Renditechancen durch die Kapitalausdehnung.
Daraus lässt sich unschwer die These ableiten, dass eine starke Ungleichverteilung des Vermögens zu beobachten sein müsste. Viele sind arm und bleiben.arm, wenige sind superreich und werden zusehends reicher. Die Schicht dazwischen kämpft gegen Inflation und Geldentwertung um irgendwie ihren Standard halten zu können. Wenig überraschend beobachten wir genau das in einer Vielzahl westlicher Länder (je weniger sozial die Staaten ausgerichtet sind, desto stärker die Ungleichverteilung)
Das nenne ich Annexion durch Schreibtischtäter. Die Methoden haben sich völlig geändert, nicht aber die Absichten.
Die westliche Welt, die vornehmlich liberal orientiert ist, neigt zur Expansion. Ihre Märkte benötigen diese Expansion, andernfalls drohen sie kollabieren.
Ruhe wird erst einkehren, wenn die ganze Weltkugel befreit, befriedet - liberalisiert wurde. Insofern denke ich, dass SanSiro nicht so falsch liegt, auch wenn er/sie womöglich keine Wirtschaftsordnung im Sinn hatte.
Denn man muss sich als Westeuropärer doch folgendes fragen (und auch beantworten).
Was um alles in der Welt hatten wir (unsere Politiker) auf dem Maidan verloren? Wie kam es überhaupt zu den Demonstrationen und welche Rolle spielten dabei die Unsrigen?
Und welche Absicht lag dahinter?
Der Ukraine den Frieden bringen? Hmmm, wohl kaum.
Wer mehr zum Thema imperialer Liberalismus lesen möchte:
http://www.ag-friedensforschung.de/search.html