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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

306 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Liebe, Gesellschaft, Psychologie ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

14.12.2016 um 22:05
@Dornröschen
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:Wenn wir nicht "wir selbst" sind, dann sind wir quasi "Irgendjemand". Was im Grunde darauf hinaus läuft "Niemand" zu sein.

Und darum geht es - ein Niemand kann nicht verletzt und auch nicht vernichtet werden. Zurückweisungen und Angriffe perlen an ihm ab.

Es ist also immer eine Frage der Abwägung zwischen dem Niemand und dem Selbst.
Warum der Sprung von irgendjemand zu niemand? Wer ist niemand? Sprichst du von Rollen? Denn das ist es im Grunde: wir spielen mal mehr - mal weniger eine Rolle, und diese Rolle ist angreifbar, und weil wir uns mit ihr identifizieren, sind auch wir angreifbar.
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:Was könnte das bedeuten? Wäre es demanch ganz normal, dass man häufiger mal Niemand ist?
Vielleicht notwendig, denn ohne funktioniert es nicht.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

15.12.2016 um 01:40
Zitat von BunansaBunansa schrieb:Warum der Sprung von irgendjemand zu niemand? Wer ist niemand? Sprichst du von Rollen?
@Bunansa

Nee, mir ging es um Identifikation und Bezug. Ich glaube zwischenmenschliche Bezüge sind sehr wichtig für uns Menschen. Solche können wir aber nur aufbauen und aufrechterhalten, wenn eine gegenseitige Identifikation stattfindet. Indem wir das Gegenüber erkennen in seinem Sein, verstehst Du!?

Wenn ich aber aufhöre ich selbst zu sein, dann können meine Mitmenschen mich nicht mehr erkennen. Das wird mir subjektiv bewusst, wenn ich mich verstelle oder mich (im Extremfall) sogar selbst verleugne.. ich ahne allerdings, dass mich dieses Verhalten in eine Distanz zu meinen Mitmenschen bringt. Daher fühlt es sich ungut an, wenn ich vorgebe jemand anderer zu sein als ich bin.
Zitat von BunansaBunansa schrieb:Denn das ist es im Grunde: wir spielen mal mehr - mal weniger eine Rolle, und diese Rolle ist angreifbar, und weil wir uns mit ihr identifizieren, sind auch wir angreifbar.
Das was Du über das Spielen einer Rolle beschreibst, irritiert mich. Wie kann mich ein Urteil über eine Eigenschaft die mir nicht zugehört oder Kritik über ein Verhalten das mir nicht eigen ist verletzen? - Kannst Du das mal näher ausführen?

Mhh. *grübel*

Wenn ich z.B. als empfindsame Person in die Rolle eines eiskalten und abgebrühten Menschen schlüpfe, dann kränkt es mich doch nicht, wenn andere sich darüber auslassen, was für ein Eisblock ich bin, oder? Es kränkt mich vielmehr ihr Fehlurteil über mich. Ich fühle mich unverstanden und unerkannt, denn ich weiß ja, dass ich nicht so leidenschaftslos bin, wie von meinen Mitmenschen angenommen.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

15.12.2016 um 04:19
@Dornröschen
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:Nee, mir ging es um Identifikation und Bezug. Ich glaube zwischenmenschliche Bezüge sind sehr wichtig für uns Menschen. Solche können wir aber nur aufbauen und aufrechterhalten, wenn eine gegenseitige Identifikation stattfindet. Indem wir das Gegenüber erkennen in seinem Sein, verstehst Du!?
Ja, gewiss
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:Das was Du über das Spielen einer Rolle beschreibst, irritiert mich. Wie kann mich ein Urteil über eine Eigenschaft die mir nicht zugehört oder Kritik über ein Verhalten das mir nicht eigen ist verletzen? - Kannst Du das mal näher ausführen?
Die Begriffe "zugehört" und "eigen" sind wichtig. Angenommen die Eigenschaften und das Verhalten deines Beispiels wären nicht gespielt sondern sind echt:
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:Wenn ich z.B. als empfindsame Person in die Rolle eines eiskalten und abgebrühten Menschen schlüpfe, dann kränkt es mich doch nicht, wenn andere sich darüber auslassen, was für ein Eisblock ich bin, oder? Es kränkt mich vielmehr ihr Fehlurteil über mich. Ich fühle mich unverstanden und unerkannt, denn ich weiß ja, dass ich nicht so leidenschaftslos bin, wie von meinen Mitmenschen angenommen.
Wie gesagt: das Beispiel wird nun so umfunktioniert, das die Person nicht spielt, sondern sie ist sie selbst. Aber sie wurde nicht von selbst zum abgebrühten Eisblock, sondern ihre Umwelt machte sie durch Internalisierung d.h. Aneignung von Eigenschaften, Verhalten, Werten usw. zu eben dieser. D.h. das ihr eine Rolle aufgezwungen wurde, schließlich hat man kaum Einfluss auf seine Entwicklung - zumindest nicht als Kind. Wäre sie anderswo aufgewachsen, dann wäre sie ferner ein anderer "Mensch" geworden. Insofern beschreibt der Begriff "Rolle" das Ich oder die Persönlichkeit.
Mit dieser Rolle kann ich mich nun identifizieren, aber man will nicht die Rolle des Eisblocks spielen.
oder man entfremdet sich und spielt tatsächlich eine Rolle im Sinne von 'anderen etwas vorspielen'. Dazu kann ich deinen Text gut zitieren:
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:Wenn ich aber aufhöre ich selbst zu sein, dann können meine Mitmenschen mich nicht mehr erkennen. Das wird mir subjektiv bewusst, wenn ich mich verstelle oder mich (im Extremfall) sogar selbst verleugne.. ich ahne allerdings, dass mich dieses Verhalten in eine Distanz zu meinen Mitmenschen bringt. Daher fühlt es sich ungut an, wenn ich vorgebe jemand anderer zu sein als ich bin.
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:Mhh. *grübel*
Das tue ich auch gerade, weil ich selbst ein wenig unschlüssig bin, inwiefern sich das auf den Authentizitätsbegriff auswirkt. Ich selbst spiele oft Rollen sowohl meine Ich-Rolle als auch andere Identitäten.
Ich hoffe das war nicht zu abstrakt. :)


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

17.12.2016 um 00:24
Zitat von BunansaBunansa schrieb:Wie gesagt: das Beispiel wird nun so umfunktioniert, das die Person nicht spielt, sondern sie ist sie selbst. Aber sie wurde nicht von selbst zum abgebrühten Eisblock, sondern ihre Umwelt machte sie durch Internalisierung d.h. Aneignung von Eigenschaften, Verhalten, Werten usw. zu eben dieser. D.h. das ihr eine Rolle aufgezwungen wurde, schließlich hat man kaum Einfluss auf seine Entwicklung - zumindest nicht als Kind.
@Bunansa

Die von Dir genannten Faktoren bestimmen wer wir sind. Im Guten wie im Schlechten. Unsere Umwelt macht uns zu großen Teilen zu dem was wir sind - nur ein sehr geringer Anteil an unseren Verhaltensweisen oder Vorlieben sind genetisch bestimmt.
Zitat von BunansaBunansa schrieb:Das tue ich auch gerade, weil ich selbst ein wenig unschlüssig bin, inwiefern sich das auf den Authentizitätsbegriff auswirkt. Ich selbst spiele oft Rollen sowohl meine Ich-Rolle als auch andere Identitäten.
Du fasst verschiedene Dinge unter dem Rollenbegriff zusammen. Ich würde hier differenzieren. Solange wir uns auf der Ebene des uns Zugehörigen und Eigenen, also der - um Dich mal zu zitieren - "Ich-Rolle" bewegen, sind wir ja authentisch. Um authentisch zu sein, muss unser Verhalten ja nicht zwingend statisch sein. Persönlichkeiten können sich durchaus durch Facettenreichtum auszeichen; ja sogar widersprüchlich anmuten. Oft tritt z.B. im Beruf eine ganz andere Facette unseres Ichs zutage, als wenn wir von Freunden umgeben sind. Gegenüber der Familie oder dem Partner kommen möglicherweise wieder ganz andere Seiten von uns zum Vorschein. Sie können dennoch allesamt Teil unseres Ichs sein.

@Bunansa , hast Du denn Freude an der Schauspielerei, dass Du gerne auch in fremde Rollen schlüpfst? Oder bist Du sogar Schauspieler/in?
Ich denke darüber nach, ob das Rollenspielen in solch einem Fall dann in letzter Konsequenz auch wieder Teil Deines Ichs sein könnte. :D


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

17.12.2016 um 13:59
Inwieweit ist man noch authentisch, wenn man sich selbst entfremdet ist?

Welches Ausmaß an Entfremdung vom Eigenen ist noch mit einer Authentizität vereinbar?
Und welche "Qualität" darf eine Entfremdung noch aufweisen, um eine Authentizität zu ermöglichen?

Ein negatives Beispiel: Ein von sich selbst hochgradig Entfremdeter foltert. Ist er jetzt authentisch?
Das Foltern "gelingt" ihm nur, weil er von seinem Eigenen abgespalten ist.
Nach meinem Verständnis ist er dann überhaupt nicht authentisch, weil die Handlung, die er beim Foltern tätigt, voraussetzt, dass er von sich selbst entfremdet ist. Sonst nämlich hätte er nicht foltern können.
Nur wenn er nicht er selbst sein kann, kann er foltern.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

18.12.2016 um 20:17
Zitat von rukuruku schrieb:Inwieweit ist man noch authentisch, wenn man sich selbst entfremdet ist?
Das ist schwer zu beantworten, @ruku ! Bist Du denn nicht der Meinung, dass ein gewisser Hang zur Selbstentfremdung uns alle - zumindest ein Stück weit - ausmacht? Können wir immer 100% authentisch sein?

Ist es nicht gerade ein laufendes Entfernen-von und Wiederannähern-an uns selbst, welches uns ausmacht? Das Entfernen vom Selbst erübrigt vielleicht überhaupt erst die nötige Distanz, um herauszufinden und zu sehen, wer wir eigentlich sind und was unser Selbst eigentlich ausmacht.
Zitat von rukuruku schrieb:Welches Ausmaß an Entfremdung vom Eigenen ist noch mit einer Authentizität vereinbar?
Schwer zu sagen. Ich meine, ein zu großes Ausmaß ist definitiv erreicht, wenn wir uns in der Entfremdung verloren haben. Und wenn wir nicht mehr zu unserem Selbst zurückfinden (wollen).

Dein Folter-Beispiel ist nun sehr extrem, @ruku . Eben weil mit der Selbstentfremdung - so Deine Annahme - ja auch eine Schädigung Dritter einhergeht.

Da stellt sich mir zunächst einmal die Frage: Hat sich der Folterer bewusst oder unbewusst von sich entfremdet? Ist es eine Entfremdung um foltern zu können, oder foltert er, weil er entfremdet ist. *grübel*


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

18.12.2016 um 21:26
@Dornröschen
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:Die von Dir genannten Faktoren bestimmen wer wir sind. Im Guten wie im Schlechten. Unsere Umwelt macht uns zu großen Teilen zu dem was wir sind - nur ein sehr geringer Anteil an unseren Verhaltensweisen oder Vorlieben sind genetisch bestimmt.
Richtig, aber das funktioniert nur auf einem relativ schmalen Grad, denn wenn das "Schlechte" einen gewissen Raum erhält, dann stoßen wir recht fix auf @ruku 's erwähnten Begriff der Entfremdung - also das Gegenteil von Authentizität.
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:Du fasst verschiedene Dinge unter dem Rollenbegriff zusammen. Ich würde hier differenzieren. Solange wir uns auf der Ebene des uns Zugehörigen und Eigenen, also der - um Dich mal zu zitieren - "Ich-Rolle" bewegen, sind wir ja authentisch. Um authentisch zu sein, muss unser Verhalten ja nicht zwingend statisch sein. Persönlichkeiten können sich durchaus durch Facettenreichtum auszeichen; ja sogar widersprüchlich anmuten. Oft tritt z.B. im Beruf eine ganz andere Facette unseres Ichs zutage, als wenn wir von Freunden umgeben sind. Gegenüber der Familie oder dem Partner kommen möglicherweise wieder ganz andere Seiten von uns zum Vorschein. Sie können dennoch allesamt Teil unseres Ichs sein.
Nicht ganz, Jeder Mensch hält sich mehr oder weniger an gesellschaftliche Normen und Regeln und ist um Anpassung bemüht. Im täglichen miteinander gibt es eine Vielzahl sozialer Rituale, denen wir, ohne weiter darüber nachzudenken, folgen. Wir können uns auch gar nicht jederzeit und bei jedem völlig offen und authentisch verhalten. Eine gewisse Zurückhaltung und Tarnung als selbsschutz sind notwendig.
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:@Bunansa , hast Du denn Freude an der Schauspielerei, dass Du gerne auch in fremde Rollen schlüpfst? Oder bist Du sogar Schauspieler/in?
Ich denke darüber nach, ob das Rollenspielen in solch einem Fall dann in letzter Konsequenz auch wieder Teil Deines Ichs sein könnte. :D
Ich wäre gern Schauspieler ^^ aber dieses Rollenspiel dient mir eher als Schutzstrategie gegen die Angst auf Ablehnung zu stoßen, also Freude ist da wenig vorhanden :D
Aber ich glaube, je mehr Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen ein Mensch hat, desto authentischer ist er, auch wenn er nie die höchste Authentizität erreichen kann.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

23.12.2016 um 12:13
@Dornröschen
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb am 18.12.2016: Bist Du denn nicht der Meinung, dass ein gewisser Hang zur Selbstentfremdung uns alle - zumindest ein Stück weit - ausmacht?
Ja.
Ich weiß aber nicht, ob das so sein muss.
"Ein Stück weit" ist nicht unbedeutend. Ich habe den sehr starken Eindruck, dass dieses "Stück" oft sehr groß ist und das hat Folgen, die weit über das Imdividuum hinausgehen, was nur eine "logische" Folge ist.
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb am 18.12.2016:
Können wir immer 100% authentisch sein?
Ich weiß es nicht.

Ich finde es wichtig, an dieser Stelle die Begriffe Entfremdung und Authentizität nicht zu vermischen.

Jemand kann authentisch sein, zumindest so, wie man es im Sinn hat, wenn man von Authentizität spricht, ohne dass er er selbst ist.
Jemand, der hochgradig von sich selbst entfremdet ist, kann z. B. aufrichtig und mit voller Überzeugung für etwas eintreten.
An sich ein Widerspruch in sich und doch etwas, was man täglich beobachten kann.

Ein Mensch, der von sich selbst stark entfremdet ist, kann vollkommen normal aussehen. Er verhält sich vollkommen unauffällig, redet unauffällig, tut das, was man erwarten kann usw.
Meinungen, die er vertritt, kann man teilen oder auch nicht.

Wie kann ein stark von sich selbst Entfremdeter authentisch sein?
Was bedeutet das?

Hier kommt nun die Entfremdung ins Spiel, die ich oben zitiert habe: "Ein Stück weit" und sehr weit verbreitet,
Es ist diese sehr weit verbreitete Entfremdung, die es auch einem stark Entfremdeten ermöglicht, mit seiner starken Entfremdung nicht aufzufallen, weil die Rollen, die er spielt, von den Anderen, die "nur" mäßig entfremdet sind, nicht entlarvt werden.

Man nimmt seine starke Entfremdung nicht wahr, weil man auch selber "ein Stück weit" entfremdet ist.
Das ist der "Schutz", den der stark von sich Entfremdete in der Gesellschaft findet.
Dass man sich nicht traut, wahrzunehmen, hat einen hohen Preis.
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb am 18.12.2016:Ist es nicht gerade ein laufendes Entfernen-von und Wiederannähern-an uns selbst, welches uns ausmacht? Das Entfernen vom Selbst erübrigt vielleicht überhaupt erst die nötige Distanz, um herauszufinden und zu sehen, wer wir eigentlich sind und was unser Selbst eigentlich ausmacht.
Das Entfernen von sich selbst, so wie ich es glaube, verstanden zu haben, wie du es meinst, ist für mich nicht gleichbedeutend mit Entfremdung.
Es sind zwei Zustände, die nicht miteinander zu tun haben. Es ist vielleicht eine Beobachtung, ein Reflektieren. Das hat aber gar nichts mit einer Entfremdung zu tun.
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb am 18.12.2016:Dein Folter-Beispiel ist nun sehr extrem, @ruku . Eben weil mit der Selbstentfremdung - so Deine Annahme - ja auch eine Schädigung Dritter einhergeht.
Das mag so anmuten. Aber die gleich starke Entfremdung kommt häufig vor, auch wenn die Leute nicht immer gleich auffallen müssen.
Das ist ja das Gefährliche: Bei weitem nicht alle stark Entfremdeten fallen überhaupt auf. Das hat, wie gesagt, mit uns selber zu tun.

Das Beispiel mit dem Folterer habe ich nur deswegen gewählt, weil an diesem Beispiel man vielleicht doch leichter nachvollziehen kann, dass es gewisse Voraussetzungen braucht, damit ein Mensch so etwas tun kann.

Die Frage, wie ein von sich stark Entfremdeter leben kann, wird kaum gestellt und dass diese Frage auch kaum gestellt wird, hat ebenfalls mit uns selbst zu tun.
Was bewegt solch einen Menschen? Welche Motive sind für ihn maßgeblich? Wonach trachtet er? Was sucht er. Wie will er leben? Welche Ziele verfolgt so ein Mensch? Hat er Werte? Kann er welche haben? Was können das für Werte sein?

Die Antworten darauf können von Menschen, die ebenfalls von sich selbst entfremdet sind (auch wenn "nur" "ein Stück weit"), nur ziemlich eingeschränkt gegeben werden, weil auch sie ihre Wahrnehmungen fürchten, sie unterdrücken oder abspalten.
Womit wir wieder bei dem Schutz wären, den von sich selbst stark Entfremdete in der Gesellschaft finden.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

23.12.2016 um 21:41
Zitat von BunansaBunansa schrieb am 18.12.2016:Aber ich glaube, je mehr Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen ein Mensch hat, desto authentischer ist er, auch wenn er nie die höchste Authentizität erreichen kann.
Sehr interessant!

Die Hypothese könnte also lauten: "Da viele Menschen eher ein niedriges Selbstwertgefühl bzw. Selbstvertrauen besitzen, sei es mit der Authentizität nur bei den wenigsten gut bestellt."

Um sie zu stützen, könnte man als Beispiel die Mainstream-Hörigkeit heranziehen. Wenn ein bestimmter Kleidungsstil modern wird, werden sich mehr und mehr Menschen diesem Stil anschließen, um...
A) das Gefühl der Zugehörigkeit zu genießen, denn die Stilrepräsentanten werden als soziale Gruppe wahrgenommen, sowie...
B) in dieser Gruppe nicht negativ aufzufallen.

In diesem Fall impliziert B) ein geringes Selbstwertgefühl derjenigen, die sich aus Angst vor Außenseitertum der Masse anpassen müssen und somit deren fehlende Authentizität. Ebenfalls stützen tut dies die mangelnde Individualität, die daraus folgt.

Da wir Menschen allerdings soziale Wesen sind, sind A) und B) gleichsam natürliche Verhaltensweisen. Stellen wir nun die Prämissen um von mangelnder Authentizität auf natürliches Schwarmverhalten, nehmen wir dem Verhalten die pathologische Färbung. Die Schlussfolgerung wäre also, dass die Individuen, die dem Gruppendruck nachgeben, nicht mehr unter niedrigem Selbstvertrauen (quasi dem fehlenden Mut zum Anderssein) litten, sondern gar nicht anders könnten, da ihr Verhalten schlicht und ergreifend normal wäre.

Eine weitere Frage ist die nach der Definition von Authentizität. Wann ist das Individuum authentisch? Wenn es frei ist von sozialen Konventionen und sich antikonformistisch verhält? Falls ja, kann diese Authentizität auch als Defizit im Sozialverhalten interpretiert werden, womit die Hypothese eher widerlegt wäre.

Wenn wir nun aber sagen, dass dieses Selbstvertrauen mit besonderem Blick auf das freie Äußern der eigenen Meinung und des eigenen Geschmacks definiert ist, ergo dem Vermeiden eines konformistischen Opportunismus, folgt daraus, dass Authentizität tatsächlich auf hohem Selbstvertrauen basieren muss.
Selbstvertrauen ist aber kein Attribut, welches sich global auf die Persönlichkeit bezieht, sondern eher auf Fähigkeiten oder Eigenschaften. Ein guter Redner mit fehlendem Modegeschmack hat beim Reden sicherlich enormes Selbstvertrauen, wird sich in modischen Stilfragen allerdings sehr unsicher fühlen und evtl. Hilfe benötigen. Wann ist dieser Mensch authentisch, wann ist er es nicht? Ist er auch dann authentisch, wenn ihm bewusst ist, dass er keine Ahnung von Mode hat und sich deshalb irgendwie nach den anderen richten muss, um nicht mehr dem Gefühl der Hilflosigkeit ausgesetzt zu sein, oder ist er dann nur ein Opportunist, der nicht auffallen möchte?

Ich würde sagen, ein Mensch ist authentisch, wenn er sich mit sich selbst wohlfühlt und das nach außen transportiert. Dafür ist Selbstvertrauen natürlich essenziell. Es gibt jedoch ein Limit, denn ein Zuviel an Selbstvertrauen führt zu Selbstüberschätzung - und darunter leidet die Authentizität erheblich. Je mehr Selbstwertgefühl ein Mensch hat, desto aufgesetzter wirkt er, wenn ein kritisches Maß überschritten wurde. Authentisch zu sein heißt also, die eigene Mitte gefunden zu haben. Ausgeglichenheit (wenn auch nur partielle) ist Authentizität.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

27.12.2016 um 22:44
Man braucht nichts mehr zu sagen, wenn man das Buch "Eine neue Erde gelesen hat" Der Versuch du selbst zu sein ist eine Strategie, die dein Kopf versucht zu konturieren, aber das ist genau der Fehler im Kern und hat nichts mit "Sein" zu tuen. Die Präsens ist alles, einfach Sein.

Du kannst nie zu 100% du selbst sein, weil du dafür dein komplettes Ego auflösen müsstest, aber das ist halt unmöglich. Wir identifizieren uns immer mit etwas, meistens mit der Liebe, weil die Liebe die absolute Wahrheit bei vielen Menschen ist. Aber dann identifiziert man sich, weil man Hass keine Chance geben will.

Die höchste
Form menschlicher Intelligenz
ist die Fähigkeit, zu beobachten, ohne zu bewerten.

…sagt Jiddu Krishnamurti -

Jeder Mensch bewertet, wegen dem Ego. Es ist unmöglich 100% nichts zu sein. Nur Budda oder Jesus konnte dies, so sagt man jedenfalls.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

19.01.2017 um 23:31
Ich möchte Euch gerne einen Aufsatz ans Herz legen, welcher mir selbst schon hilfreiche und bereichernde Denkanstöße zum Thema liefern konnte. Der für einen philosophischen Text entspannend unsperrig zu lesende Text stammt von einem Stuttgarter Philosophie-Professor, umfasst rund 40 Seiten und fordert meiner Meinung nach, nicht zwingend fachspezifische Vorkenntnisse - jedoch etwas Ruhe und Zeit.

http://www.uni-stuttgart.de/philo/uploads/media/luckner/Andreas_Lucknerx_Wie_man_zu_sich_kommt._Versuch_uxber_Authentizitaxt.pdf


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

20.01.2017 um 04:17
Solange man sich nicht verstellt, dann ist man immer man selbst. Will damit sagen, dass jeder Mensch mehrere Seiten an sich hat. Mal ist man zurückhaltender und nachdenklicher, mal extrovertierter, mal noch anders. Naja Ich bin so wie ich gerade bin, wie ich mich gerade fühle. Möchte ich still für mich nachdenken, dann bin ich es in dem Moment, möchte ich mal Scherze machen, weil ich dazu in der Stimmung bin, dann bin ich es dann auch.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

20.01.2017 um 04:25
Das Problem beim "man selbst sein" ist, dass man von Dingen beeinflusst wird, von denen man keine Ahnung hat.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

26.01.2017 um 19:51
Ich denke, am meisten wir selbst sind wir, wenn wir mit Freunden unterwegs sind, die wir von klein auf kennen. Damals gab es als Kind ja kein “Wir müssen so und so sein“ und haben uns natürlich mit Ihnen entwickelt. Wenn die Wege sich nicht getrennt haben und sich am Bund nichts geändert hat, sind wir wir selbst.

Ansonsten doch wohl, wenn man Zuhause ist.

Oder wenn wir endgültig jemanden vertrauen.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

26.01.2017 um 20:37
Wir sind wir selbst, wenn wir uns so ausdrücken, wie wir uns ausdrücken möchten, unser eigenes Naturell leben.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

29.01.2017 um 05:31
Wir spiegeln unseren Gegenüber, verändern uns um ihm zu gefallen oder spielen eine Rolle. Wir sind nur wir selbst wenn wir uns unbeobachtet fühlen; nicht beurteilt werden.
Selbst die mit dem größten Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl werden der menschlichen Natur nach um anderen zu gefallen oder nicht, entweder unbewusst oder bewusst, Teile ihrer Persönlichkeit kurzzeitig anzupassen. Kleine oder große Teile. Das kann man nicht völlig unterdrücken.


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AnGSt ehemaliges Mitglied

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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

29.01.2017 um 13:11
Authentisch wird man, wenn man das innere Kind sprechen lässt, den Menschen der man mal war als man noch nicht Rollen gespielt hat. Dieser Mensch ist jetzt weiter entwickelt aber er ist echt. Das größte Geheimnis ist es, das Herz wieder zu öffnen. Keine Freude wird in der Verbannung bleiben. Und kein Wort mehr, das Gott ist.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

29.01.2017 um 14:54
Wir sind immer wir selbst. Wir können gar nichts Anderes sein. Aber im menschlichen Sinne sind wir wohl am Ehesten wir selbst, wenn wir unser Herz ausdrücken, unsere Wahrheit aussprechen, nicht so leben, wie es andere von uns wünschen etc...


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

29.01.2017 um 14:55
@AnGSt
Die Herzöffnung ist eine ganz wesentliche Sache. Da sagst du was.


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Authentizität - Wann sind wir eigentlich, wir selbst?

29.01.2017 um 14:56
Wir sind alle in einem Gesamtgefüge. Bewusst oder unbewusst passen wir uns oft an die Umwelt oder an das Gegenüber an. Es gibt Menschen, die einen genau so sein lassen, wie man ist. An diese sollte man sich "halten".


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