THX1138 schrieb:was meinst Du zu z.b.: Bioinformatik?
Auch Die Begriffe "Codon", "codierend", ...?
Das sind alles Begriffe aus einem anderen wissenschaftlichen Bereich, die auf biologische Sachverhalte übertragen worden sind, um sie auf eine effiziente Weise beschreiben zu können, ohne dabei jedoch das, was damit beschrieben wird, auf adäquate Weise abzubilden. Man gibt sich mit der metaphorischen Umschreibung als Analogie zufrieden, weil es sich seit den 1950er Jahren so etabliert hat, als der molekularbiologische Teil der Biologie entstanden ist.
THX1138 schrieb:Ist dem so, oder meinst Du die Kreationisten unterstellen dies?
Ich meine, dass dem nicht so ist, dass das aber in der Regel so behauptet wird (und man so auch in diversen Lehrbüchern und populärwissenschaftlichen Beiträgen nachlesen kann) und Kreationisten das als willkommene Steilvorlage nutzen, um daran ihre Interpretation von Information zu knüpfen, die man dann dort nachlesen kann. Ich hatte ja das Beispiel einer dieser Webseiten hier kommentiert. Da wird dann vom vermeintlichen Empfänger auf einen Sender zurückfabuliert.
THX1138 schrieb:Der grossteil der DNA besteht doch aus Basentriplets welche Aminosäuren codieren?
Die DNA ist ein Doppelstrang, der über Wasserstoffbrücken zwischen komplementären Basen zusammengehalten wird. Die Komplementarität der Basen ergibt sich über die Form der Moleküle dieser Basen sowie über die Ladungsverteilungen innerhalb der Basen. Adenin z.B. kann sich nur mit Thymin zu einem Basenpaar zusammenfügen, weil Cytosin als andere Pyrimidinbase am "oberen" Ende eine Aminogruppe aufweist - eben dort, wo auch Adenin eine Aminogruppe aufweist. Beim Zusammenkommen beider Basen würden sie sich also sowohl von der Form her "im Wege stehen" wie auch von der Polarität her (zwei positive Ladungen) abstoßen.
Analog ergibt sich die Basenpaarung zwischen Guanin und Cytosin - Guanin hat "oben" eine Ketogruppe und "unten" eine Aminogruppe, während Cytosin "oben" eine Aminogruppe hat und "unten" eine Ketogruppe. Aminogruppen sind positiv geladen (wirken als Protonen-Donor) und Ketogruppen negativ (wirken als Protonen-Akzeptor). Folglich ergeben sich die Zusammensetzungen der Basenpaare in der DNA über Form und Ladungsverteilung der beteiligten Moleküle.
Die mögliche Abfolge der Basen auf einem Einzelstrang hingegen kann beliebig sein, so dass die über DNA produzierte RNA mit ihrer Basensequenz ebenfalls beliebig sein kann. Was dann mit der produzierten RNA geschieht - ob sie zur Proteinsynthese als mRNA herangezogen wird oder als tRNA mit einer Aminosäure verknüpft wird oder als rRNA für den Zusammenbau von Ribosomen verwendet wird oder selber regulativ im Umfeld der DNA tätig ist, ergibt sich über den Zustand der Zelle, in den die produzierte RNA entlassen wird.
Was nun die Basentripletts betrifft, ergibt sich diese Zuordnung über den Teil einer beladenen tRNA, der mit einer mRNA in Kontakt kommt und dann auf die schon beschriebene Weise komplementäre Basenpaare bilden kann. Nehmen wir eine mit Glycin beladene tRNA, die an einem Ende des Moleküls drei Cytosin-Reste aufweist. Dieses Ende gelangt dann im Rahmen der Proteinsynthese an einem Ribosom mit der komplementären Sequenz einer mRNA in Kontakt, die demzufolge an dieser Stelle drei Guanin-Reste aufweist.
Über die passenden Molekülformen und Ladungsverteilungen ergibt sich dann die zeitweilige Verknüpfung beider Moleküle über Wasserstoffbrücken. Da die tRNA mit Glycin beladen worden ist, wird in der Folge der bis dahin synthetisierte Aminosäuren-Strang an das Glycin gebunden und das Glycin danach von der tRNA abgetrennt, wenn der nächste Syntheseschritt ansteht. Die Zuordnung von Glycin zum Triplett GGG ergibt sich also nicht über die DNA, sondern über den mechanischen Vorgang der zeitweiligen Bindung von tRNA an mRNA.
Das Verknüpfen der Aminosäure Glycin an die entsprechende tRNA hingegen ergibt sich über die Bindung eines Proteins, welches in seiner Form so beschaffen ist, dass es eine unbeladene tRNA und eine Aminosäure spezifisch binden kann. Erst nach der Bindung beider Moleküle an das Enzym erfolgt über Formveränderung (allosterische Bindung) die Verknüpfung von z.B. Glycin an eine tRNA mit einem CCC-Rest an einem Molekülende.
Der sogenannte genetische Code ist also nichts weiter als ein Effekt der spezifischen Bindung von Enzymen an tRNA-Moleküle und Aminosäuren, ohne dass das irgendwo als "Botschaft" oder "Nachricht" zuvor in der DNA hätte stehen müssen. Darum ist die Zuschreibung von informationstheoretischen Begriffen zwar einerseits praktisch, weil heuristisch eingängig und aus operativer Sicht praktikabel, andererseits aber irreführend hinsichtlich eines adäquaten Verständnisses, was da tatsächlich als molekulare Mechanik abläuft.
THX1138 schrieb:Wenn ich z.b.: dazu lese: Mehrere Syntaktische Zeichen codieren eine Semantische Einheit...
dann ist das Terminologie aus der Informatik und eigentlich sehr passend.
Praktikabel ja, aber passend eben nicht, weil es in der DNA keine Zeichen und keine semantischen Einheiten gibt, sondern nur spezifische Molekülformen, die erst im Rahmen der molekularen Mechanik ihre Eignung für den Erhalt dieser Mechanik erweisen und keine vorab festgeschriebene Eignung enthalten, die man als Text aus der DNA herauslesen könnte.