Gibt es Zufälle? Haben wir die freie Entscheidung über uns selbst?
13.02.2019 um 00:50Im gewöhnlichen Leben wird das Wort "Zufall" meist für ein Ereignis verwendet, das eingetreten ist, ohne daß man es beabsichtigt hat. Wenn man z.B. sagt "ich habe heute zufällig den N.N. getroffen", so will man damit sagen "ich habe ihn getroffen, ohne daß ich oder er dies beabsichtigt hätten". Hingegen wird das Wort nicht verwendet, wenn ein Ereignis eintritt, das wir ausdrücklich vermeiden wollten. Wenn jemand zum Beispiel beim Eislaufen während der Ausführung einer komplizierten Figur umfällt, so wird er kaum sagen: "ich bin zufällig umgefallen", wohl wird er sich aber so ausdrücken, wenn er über ein nichtgesehendes Hindernis stürzt. Wenn ein Projektil abgeschossen wird und das Ziel verfehlt, weil ein plötzlicher Windstoß dazwischengekommen ist, so sagen wir, daß ein Zufall den Fehlschuß verursacht hat.
Wenn wir uns weniger anthropomorph, ohne Einführung psychologischer Begriffe ausdrücken wollen, so müssen wir sagen: ein Zufall ist ein Ereignis, das eintritt, obwohl es nach dem verwendeten Kausalgesetz nicht vorhergesehen werden konnte. Wenn das Geschoß nicht dorthin fällt, wo es nach dem verwendeten Wurfgesetz zu erwarten war, sprechen wir von einem Zufallstreffer. Damit ist aber nicht gesagt, daß es überhaupt unmöglich gewesen wäre, das Erreichen des Zieles vorherzusagen. Nur wäre diese Vorhersage nicht mit Hilfe der Wurfgesetze, sondern vielleicht aus den Gesetzen der Luftströmungen vorzunehmen gewesen. Es gibt also nur einen Zufall "in Bezug auf ein bestimmtes Kausalgesetz". Ein Zufall schlechthin, also gewissermaßen ein absoluter Zufall wäre dann ein Ereignis, das in bezug auf alle Kausalgesetze ein Zufall ist, das also nirgends als Glied eines Kausalgesetzes auftritt.
Die Aussage aber, daß ein bestimmtes Ereignis A n keinemKausalgesetzt als Glied auftritt, hätte offenbar nur dann einen Sinn, wenn man ein Verzeichnis sämtlicher Kausalgesetze besäße. Dann würde man daraus ersehen, ob es Ereignisse gibt, die in diesem Verzeichnis gar nicht vorkommen; diese wären dann absolut zufällige Ereignisse. Diese sind also nur innerhalb eines sämtliche Naturgesetze umfassenden Systems definiert. Nur die Annahme einer höheren, alles umfassenden Intelligenz könnte daher dem Begriff des absoluten Zufalls einen wirklichen Sinn geben. Für den forschenden Menschengeist ist aber nur der folgende Tatbestand feststellbar: es treten manchmal Ereignisse auf, die in den Kausalgesetzen, die wir anzuwenden pflegen, nicht vorkommen.
Man kann nun zwei Hypothesen machen, wenn wir das Wort "Hypothese" in dem Sinn anwenden, wie es in der exakten Wissenschaft brauchbar ist, also zwei Annahmen über unsere kommenden Erlebnisse. Erstens: das Ereignis A ist kein "absolut zufälliges", d.h. wir werden noch einmal ein Kausalgesetz kennenlernen, in dem A als Glied auftritt; diese Annahme kann einmal von der Erfahrung bestätigt werden. Die entgegengesetze aber "das Ereignis A ist absolut zufällig", d.h. A wird niemals als Glied ein Kausalkette auftreten, ist grundsätzlich keiner Prüfung durch die Erfahrung zugänglich; denn wir können die Grenzen dessen, was wir noch ein "Gesetz" nennen, niemals im vorhinein genau abstecken. Wir können von "Gesetz" nur dann sinnvoll sprechen, wenn die Art des Gesetzes irgendwie näher bezeichnet wird.
*Philipp Frank*
Indeterminismus wäre ein Gegenargument
Wenn wir uns weniger anthropomorph, ohne Einführung psychologischer Begriffe ausdrücken wollen, so müssen wir sagen: ein Zufall ist ein Ereignis, das eintritt, obwohl es nach dem verwendeten Kausalgesetz nicht vorhergesehen werden konnte. Wenn das Geschoß nicht dorthin fällt, wo es nach dem verwendeten Wurfgesetz zu erwarten war, sprechen wir von einem Zufallstreffer. Damit ist aber nicht gesagt, daß es überhaupt unmöglich gewesen wäre, das Erreichen des Zieles vorherzusagen. Nur wäre diese Vorhersage nicht mit Hilfe der Wurfgesetze, sondern vielleicht aus den Gesetzen der Luftströmungen vorzunehmen gewesen. Es gibt also nur einen Zufall "in Bezug auf ein bestimmtes Kausalgesetz". Ein Zufall schlechthin, also gewissermaßen ein absoluter Zufall wäre dann ein Ereignis, das in bezug auf alle Kausalgesetze ein Zufall ist, das also nirgends als Glied eines Kausalgesetzes auftritt.
Die Aussage aber, daß ein bestimmtes Ereignis A n keinemKausalgesetzt als Glied auftritt, hätte offenbar nur dann einen Sinn, wenn man ein Verzeichnis sämtlicher Kausalgesetze besäße. Dann würde man daraus ersehen, ob es Ereignisse gibt, die in diesem Verzeichnis gar nicht vorkommen; diese wären dann absolut zufällige Ereignisse. Diese sind also nur innerhalb eines sämtliche Naturgesetze umfassenden Systems definiert. Nur die Annahme einer höheren, alles umfassenden Intelligenz könnte daher dem Begriff des absoluten Zufalls einen wirklichen Sinn geben. Für den forschenden Menschengeist ist aber nur der folgende Tatbestand feststellbar: es treten manchmal Ereignisse auf, die in den Kausalgesetzen, die wir anzuwenden pflegen, nicht vorkommen.
Man kann nun zwei Hypothesen machen, wenn wir das Wort "Hypothese" in dem Sinn anwenden, wie es in der exakten Wissenschaft brauchbar ist, also zwei Annahmen über unsere kommenden Erlebnisse. Erstens: das Ereignis A ist kein "absolut zufälliges", d.h. wir werden noch einmal ein Kausalgesetz kennenlernen, in dem A als Glied auftritt; diese Annahme kann einmal von der Erfahrung bestätigt werden. Die entgegengesetze aber "das Ereignis A ist absolut zufällig", d.h. A wird niemals als Glied ein Kausalkette auftreten, ist grundsätzlich keiner Prüfung durch die Erfahrung zugänglich; denn wir können die Grenzen dessen, was wir noch ein "Gesetz" nennen, niemals im vorhinein genau abstecken. Wir können von "Gesetz" nur dann sinnvoll sprechen, wenn die Art des Gesetzes irgendwie näher bezeichnet wird.
*Philipp Frank*
Indeterminismus wäre ein Gegenargument