LeiseWorte schrieb:Dieses kleine konstruierte Beispiel soll verdeutlichen, dass es gesichertes Erfahrungswissen geben kann, nicht durch wissenschaftliche Methodik erworben und jenseits einer wissenschaftlichen Beweisbarkeit. Soweit dà ccord?
Nein.
Erfahrungswerte sind eben genau das, individuelle Erlebnisse.
LeiseWorte schrieb:Hm, ich weiß, dass Herr B. seit 20 Jahren jeden Donnerstag abend exakt um 20 Uhr den Dorfkrrug betreten hat, fünf Bier getrunken hat und dann wieder gegangen ist ... ich weiß es, weil ich der Wirt vom Dorfkrug bin und die letzten 20 Jahre jeden Donnerstag Herrn B. bedient habe. Es ist ein gesichtertes (Erfahrungs-)Wissen, was ich ohne wissenschaftliche Methodik erworben habe
Eigentlich nicht.
Das der Herr B. zum Zeitpunkt x im Dorfkrug war ist belegbar und auch was er konsumiert hat.
Das er "Immer Donnerstags um exakt 20 Uhr im Dorfkrug 5 Bier getrunken hat", dass WEISST Du nur, weil Deine Erfahrung, dass er an einem Donnerstag um 20 Uhr 5 Bier getrunken hat über 20 Jahre hinweg stets reproduzierbar blieb.
LeiseWorte schrieb:m Nachhinein auch nicht wissenschaftlich bewiesen werden könnte.
Das gilt aber für JEDE wissenschaftliche Studie, wenn sie nur durchgeführt, aber nicht in einer Weise protokolliert wird, die Material, Methode und Ergebnisse schlüssig darlegt sodass eine unabhängige Reproduzierbarkeit überhaupt möglich ist.
Meine Mutter hat mir früher oft vorm Schlafengehen etwas vorgelesen.
Da es darüber aber keine Studie gibt ist es kein Fakt von dem ich erwarten kann, dass er für Unbeteiligte bedeutsam ist, genaugenommen kann ich nicht einmal verlangen, dass andere das glauben, denn es handelt sich um meine ganz individuelle Erfahrung.
Hätte meine Mutter Buch darüber geführt wann sie mir was vorgelesen hat und wäre das von meiner Schwester als Zeugin abgezeichnet wurden, dann würde sich zwar die Beweiskraft erhöhen, aber mit dem Wissen das ich erlange, wenn ich ein bestimmtes Antibiotikum auf einen Nährboden der mit einer bestimmten Bakterienkolonie klatsche ist das nicht vergleichbar.
Denn ob Herr B. die letzten 20 Jahre im Dorfkrug war oder meine Mutter mir 10 Jahre lang fast jeden Abend was vorgelesen hat, das sind persönliche Erfahrungen, die mich je nach dem welche Bedeutung sie für mich haben formen, aber es handelt sich nicht um belegbares Wissen, das aufgrund seiner Reproduzierbarkeit auch für mir völlig fremde Menschen von Bedeutung ist.
Das Wissen, dass Antibiotikum x Bakterien y zuverlässig tötet, oder ob Bakterien y gegen Antibiotikum x resistent sind hingegen, DAS ist nicht nur wissenschaftlich nachweisbar, sondern kann auch von Menschen reproduziert werden, die nicht daran glauben.
Das Ergebnis wird sich nicht ändern und zwar unabhängig davon ob die Durchführenden sich wünschen das das Antibiotikum oder das Bakterium "gewinnt" ebenso wie dieser Versuch genau den gleichen Ausgang nimmt, wenn es mehrere Petrischalen mit Bakterienkolonien und mehrere Plättchen mit Antibiotikum gab und die Personen die den Versuch durchgeführt haben gar nicht wussten ob sie überhaupt das gleiche Bakterium mit dem gleichen Antibiotikum "konfrontieren" oder wie bei einer (Doppel)blindstudie üblich nur wissen, dass sie "Antibiotium Nr 1" auf die Platte mit "Bakterienkultur Nr 5" auftragen und keinerlei Einblick haben in die Liste die die Informationen was genau sich hinter den Nummer verbirgt.
Deswegen kann man Erfahrungen auch nicht großartig diskutieren, weil sie individuell sind, denn selbst wenn 3 andere Stammgäste bezeugen, dass der Wirt Recht hat und Herr B. über 20 Jahre hinweg immer dem gleichen Verhaltensmuster gefolgt ist muss ein Fremder diese Schilderung nicht glauben, weil er sie nicht überprüfen kann.
Wissen, also Fakten hingegen sind immer nachprüfbar und deswegen entfällt das "glaube ich" bzw "glaube ich nicht", denn der Wissenschaft ist es egal was ich glaube oder mir wünsche, da sind die Dinge wie sie sind.
Deswegen klärt auch jeder Strafverteidiger seinen Mandanten darüber auf, dass das Anheuern eines Sachverständigen nur dann Sinn ergibt, wenn der Mandant entweder die Wahrheit sagt oder im Falle das er selbst nicht genau weiß was passiert ist bereit ist es hinzunehmen, wenn das entstehende Gutachten ihn nicht entlastet bzw sogar belastet.
Ein guter Sachverständiger ist nämlich nie wirklich für den Staatsanwalt oder dem Angeklagten tätig. Sein Job besteht darin Fakten zu liefern und nachzuweisen.
Was dann wer mit diesen Fakten macht spielt für die Erstellung des Gutachtens keine Rolle.