@Amsivarier Zuallererst muß ich sagen, daß ich Theologie studiert habe, was nach der Definition einiger (Wissenschaftler) streng genommen selbst in den Bereich "Grenzwissenschaften" gehört. Insofern könnte sich jeder, der mit dem von Dir angesprochenen Argument daherkommt, sich also irgendwie rausreden, daß meine Erfahrung ja nicht zählt. Auch wenn ich noch so beteuere, daß im Theologiestudium die Maßstäbe der Wissenschaftlichkeit hochgehalten werden, auch aus historischen Gründen (Mutter der Universität) - und schon allein aus Rechtfertigungsgründen (Was hat Theologie an den Unis verloren)
;) Vor allem aber ist das Theologiestudium kein "Vermitteln von Dogmen", sondern das Erlernen von Handwerkszeug, und dieses Handwerkszeug das gleiche ist wie in Geschichtswissenschaften, Editionswissenschaft, Semitistik usw. usf.
Wenn einer bei uns mit ner abseitigen These ankommt, nun, im Ernstfall machen Lehrkörper und Kommilitonen diesen nieder. Ist mir selbst schon passiert, bei mir nur durch die Studierenden im Seminar. Is eigentlich ganz normal, denn eine neue oder randständige These hat nun mal die Bringschuld und wird entsprechend von allen auf Herz und Nieren geprüft, mit anderen Worten: in der Luft zerrissen, wenns sich machen läßt. Je lustiger die These ist, desto mehr Spott gibts, aber das ist gratis.
Klar gibt es auch Profs, die einem über den Mund fahren und den Scheiß gar nicht erst hören wollen, nachdem sie das Thema erfahren haben oder die ersten Ausführungen dazu. "Jede Klinik hat einen Dr. House." Da muß man sich halt nen anderen Prof suchen, oder, wenn die eigene Uni keinen fachlich passenden hat, sucht man sich einen raus (man sollte ja Erfahrung mit Fachliteratur haben, kann also nen Autoren raussuchen, der z.B. auch Uniprof ist), am besten einen mit ner gewissen Affinität zur eigenen These, und nimmt Kontakt zu dem auf, schreibt nen Brief, schickt seine kommentierte These hin. Jedenfalls muß man seine These sowieso selbst unterfüttern, der Prof ist nicht dazu da, Deine These aufzugreifen und die Arbeit für Dich zu erledigen. Also muß man so oder so seine These die ganze Zeit selbst verfolgen, ausbauen, mit Fakten usw. unterfüttern, korrigieren, ergänzen, dauerhaft machen. Da isses völlig egal, ob ein Prof Deine These mal beschissen gefunden hat. Jedenfalls wurde bei uns keiner wegen sowas exmatrikuliert oder auch nur aus dem Seminar geschmissen, wofür ich immerhin noch ein gewisses Verständnis hätte, wenn es an die Kompatibilitätsgrenzen ginge.
Beim Staatsexamen jedenfalls wollen die Leutz nicht Deinen Scheiß hören, sondern ihren Scheiß. Bis dahin solltest Du den auch verdammtnochmal gelernt haben. Wenn Du fit bist, kannst Du den dann sogar in der Prüfung verreißen. Solang die Argumente zählen, due diese belegen kannst, völlig in Ordnung (Obwohl ich gern ne Eintrittskarte und ne große Tüte Popcorn hätte, wenn ein Jungphysiker in der Prüfung die RT verreißen will). In dem Zusammenhang könnteste dann auch Deinen Scheiß anbringen und herleiten. Bei der Prüfung zählt ja eh nur, wie gut Du das herleitest und belegst und so. Nur mit Unwissen zum Mainstream, da gewinnt keiner nen Blumentopf - und das zu recht! Ein Kommilitone hatte seine schriftliche Hauptprüfung zu seinem Steckenpferd ausgewählt und verteidigte seine Arbeit dann vor der Kommission. Thema "Die Ursprünge der historischen Friedenskirchen (also Mennoniten, Quäker und sowas) im 17.Jh.". Der wurde dann zum 16.Jh. gefragt, also zur Vorgeschichte. Denn die Friedenskirchen entstanden aus den Schwärmerbewegungen (Täufer, Müntzer...) zur Zeit Martin Luthers und der Reformation. Dieser Depp, ein Lutheraner, sagte doch glatt "Ähm, tut mir leid, mit Luther und seiner Zeit hab ich mich nicht beschäftigt". Ein Lutheraner, der sagt, daß Lutheram Arsch vorbeigeht! Wo er ein ganzes Studium Zeit hatte, und wo Luther direkt mit seinem Lieblingsthema zu tun hat!!! Der Student bekam eine volle Note schlechter, und das zu mindestens 90% aus dem Grund, daß die Schwärmerbewegung als Vorgeschichte des Entstehens der Friedenskirchen eigentlich unerläßlich zu wissen ist. Der hätt womöglich auch mit nem "F*ck Luther"-T-Shirt kommen können. Geprüft werden Inhalte, nicht Thesen.
Warum werden so viele Grewi-Themen von der Wissenschaft nicht ernst genommen, geradezu ignoriert? Warum gibt es keine Fachpublikation über EvDs Thesen, in der diese gewürdigt oder wenigstens verrissen werden? Eben weil keine These richtig vorgebracht wird. Ne These erzählt nicht nur irgendwelchen Quark, wie etwas gewesen sein könnte, sondern sauber und wissenschaftlich nachvollziehbar, lückenlos. Und vor allem erklärt sie, wieso die bisherigen Erklärungen nicht griefen. Dazu aber sollte der Thesenaufsteller erst mal wissen, wie das bisher erklärt wurde. Und zwar nicht so, wie ein Baubudenrülps einem am Stammtisch in der Eckkneipe die große Weltpolitik erklärt. Dazu braucht man schon ein bisserl Ahnung und wissenschaftliche Kompetenz. Etwas, das jedes Studium bereitstellt, scheiß egal, für welche inhaltliche Richtung der Studierende sich letztlich entscheidet. Denn auch innerhalb der Wissenschaft gibt es in den diversesten Themenbereiche bestimmte "Schulen", also abweichende, ja sogar einander widersprechende Lehrmeinungen, etwa die synthetische Evolutionstheorie und die hydraulische, oder in Sachen Menschwerdung (Homo sapiens) die Multiregionalentstehungshypothese und "Out of Africa", um nur mal zwei Fälle zu benennen. Ein Multiregionalist kann auch unter nem Out-of-Afrika-ner studieren und von dem geprüft werden, ohne daß er dafür seine Multiregionalentstehung aufgeben muß. Hier wird nicht unterdrückt, wieso sollte also die These "Sapiens das Ergebnis vorzeitlicher gentechnischer Manipulation" unterdrückt werden! Wer sagt, weil das ja noch viel abgefahrener erscheint für den Mainstream, der weiß nichts von der wirklich heftigen Auseinandersetzung zwischen Multiregionalentstehung und Out-of-Africa, die selbst in Wissenschaftskreisen belächelt und mit Spott bedacht wurde. Die sind sich aber sowas von verbal an die Gurgel gegangen!
Ein Wissenschaftler, der nicht mit Spott und beißender Kritik leben kann, sollte Blümchen gießen gehen. Warum sollte es Grewi-Thesenerstellern besser ergehen, wo sie noch nicht mal die Hausaufgaben machen, die jeder zu machen hat, der der Wissenschaftsmeute ne These zum Verreißen hinhält? In der Tat gibt es sogar unter Wissenschaftlern solche, die von Verschwörung, Vertuschung, Pfründesichern reden, wenn ihre These nicht geliked wird. Aber die sind dann Lachnummern, die sich selbst ins Aus kicken. Und vor allem: Die verlieren nicht ihre Professur; dazu müssen sie der Uni schon erheblichen Renommee-Schaden zuführen, daß die einen vor die Tür setzen. So gibt es derzeit durchaus Profs, die über Ufos und wasweißich publizieren und Profs bleiben.
Wenn die Lieblingsmannschaft verliert, isses leicht, den Schiri zu beschuldigen und "Schiebung" zu schreien. Im Allgemeinen ist nun aber das Spiel das Spielentscheidende.
Tschuldigung, is nich grad kurz...
Pertti