@kleinundgrün kleinundgrün schrieb:Aber das habe ich doch. was genau meinst Du?
Wenn Du Dir den Anfang dieser Diskussion anschaust, dann stellst Du fest, dass mein Beispiel sich auf diesen Post bezog: Diskussion: Extreme Polizeigewalt (Beitrag von krampedes) und diesen
Diskussion: Extreme Polizeigewalt (Beitrag von Regenerate)
Der Fall aus Lübeck sollte nur verdeutlichen, zu was dieses "Aussetzen" führen kann. Dass hier deswegen so ein Fass aufgemacht wird...
Mein Beispielfall sollte halt verdeutlichen zu was dieses (nicht von mir) angesprochene Aussetzen auf Landstraßen führen kann.
kleinundgrün schrieb:Die Polizisten schätzen die Situation falsch ein
Das halte ich für gewagt, aber schauen wir mal, was der Zeit-Artikel dazu sagt (alle kursiven Stellen aus
http://www.zeit.de/2008/02/Fall-Robert ):
Weil sich die B.s mit ihrem offensichtlich verwirrten Gast keinen anderen Rat wissen, wählen sie die Nummer, die jedem deutschen Bürger im Notfall Hilfe verspricht: 110. Daraufhin erscheinen Hans Joachim G. und Alexander M., zwei erfahrene Polizisten. Von der Einsatzleitstelle wissen sie bereits, dass eben gerade schon ein Polizeifahrzeug bei Robert Syrokowski gewesen ist. Mit dem Auftauchen der Beamten nimmt die Sache in den Augen der Eheleute B. eine befremdliche Wendung. »Ich bin der Präsident der Vereinigten Staaten«, stellt M. sich dem inzwischen unruhig hin und her trippelnden Robert vor, »und das«, er weist auf den Kollegen, »ist Micky Mouse.« Robert lächelt. Er scheint das Abwertende dieser Ansprache nicht zu begreifen. Die Beamten weisen ihn vom Gelände der B.s, und als Robert sich zum Gehen wendet, fahren auch sie ab.[...]Die Polizisten hatten von anfang an keinen Bock auf den Einsatz oder wie erklärst Du Dir das nicht hinnehmbare Verhalten von Polizist M.?
Alexander M. erwischt Robert am Arm: »Jetzt ist Schluss, Freundchen, du kommst jetzt mit und kannst dich ausnüchtern.« Sie setzen den Jungen in den Fond des Polizeiwagens und fahren ab.[...]Die Polizisten hatten also vor, ihn in eine Ausnüchterungszelle zu stecken?
Diese fürsorgliche Version hat das Landgericht Lübeck den Beamten nicht geglaubt. Die Richter waren vielmehr davon überzeugt, dass Alexander M. und Hans Joachim G., die zur Polizei Ratzeburg gehören, den orientierungslosen Jungen aus ihrem Zuständigkeitsbereich heraus auf Lübecker Stadtgebiet transportieren wollten, um ihren Platzverweis durchzusetzen und »einen Störer los zu sein«. Sie hätten den geistig Beeinträchtigten, lediglich mit einem Pullover Bekleideten in der Winternacht im Stich gelassen, ohne zu prüfen, ob sein Handy funktioniert, ob er Geld dabei hat und ob er überhaupt weiß, wo er sich befindet.[...]Hört sich für an wie "aus den Augen aus dem Sinn". Das Schicksal des Jugendlichen scheint die beiden Polizisten nicht wirklich interessiert zu haben.
Fest steht, dass Robert noch im Polizeiauto sitzend auf seinem Handy vier Mal die Notrufnummer 110 gewählt hat – hatte er Angst? Fest steht auch, dass Robert – war er wirklich an der von den Beamten bezeichneten Stelle ausgesetzt worden – zwei Kilometer gelaufen sein musste, um zum Ort seines Todes zu gelangen. Und zwar zwei Kilometer in die falsche Richtung, weg von Lübeck durch den ganzen Ort Kronsforde hindurch und hinein in die pechschwarze Finsternis der Krummesser Heide. Darf man das glauben? Und warum haben ihn die Beamten – angenommen, er wollte wirklich selbst aussteigen –, nicht mitten in einer Ortschaft abgesetzt? Drei Dörfer haben sie mit Robert im Auto durchquert. Entweder man ist schwer besoffen, wenn man aus dem Polizeiauto heraus viermal 110 wählt, oder aber man hat wirklich Angst vor den Polizisten.
Um 5.30 Uhr knallt der VW-Golf einer jungen Frau, die mit 90 Stundenkilometern über Land unterwegs ist, in den auf dem Asphalt sitzenden Gymnasiasten. Er stirbt noch am Unfallort. Robert trägt weder Schuhe noch Strümpfe, wahrscheinlich Folge der sogenannten Kälte-Idiotie. Gerichtsmediziner kennen dieses Phänomen bei unterkühlten Betrunkenen: In eisiger Umgebung drängt es sie – von Hitzehalluzinationen irregeführt –, sich auszuziehen. Kälte-Idiotie ist ein Zeichen des nahenden Erfrierungstodes.Wahrscheinlich wäre der Jugendliche erfroren, wenn er nicht totgefahren worden wäre oder man ihn noch rechtzeitig entdeckt hätte.
Die Syrokowskis erfuhren von den Umständen, die zum Tode ihres Kindes geführt hatten, zunächst gar nichts. »Ihr Sohn ist bei einem Autounfall umgekommen«, teilte die Polizei ihnen am Morgen mit. Sie begruben den Toten im Glauben an ein tragisches Unglück. Und vielleicht wären sie heute noch dieser Meinung, hätten nicht plötzlich die Eheleute B. aus Groß Weeden vor ihrer Haustür gestanden: Sie hatten von Roberts Unfall im Radio gehört und berichteten nun den Eltern Syrokowski von dem merkwürdigen Polizeieinsatz in ihrer Grundstückseinfahrt.Wollte man hier etwas unter den Teppich kehren? Aber die Syrokowskis haben wenigstens von den Eheleuten B. die genaueren Umstände und die Vorgeschichte erfahren.
Und dann hat es noch über 4 Jahre gedauert, bis der Fall endlich vor Gericht kam.