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Verlernen wir, zu sterben?

98 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Sterben, Medizin, Verlernen ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:03
Moin.

Da ich jüngst zufällig mal zu Routineuntersuchungen in einem Krankenhaus weilte, habe ich mich mal ein wenig in den Untersuchungspausen umgeschaut, wer dort noch so alles mit mir anwesend war.

Natürich gab es da die Leute, die nur kleine Verletzungen oder Krankheiten hatten, jüngere und ältere Menschen.
Jedoch fielen mir auch teils sehr alte Leute auf, die kaum oder gar nicht mehr in der Lage waren, sich zu bewegen, die hilflos in Betten lagen, schwer atmeten, nur vor sich hin starrten, zusammen gesunken im Rollstuhl saßen oder auch direkt an Maschinen angeschlossen waren.
Ohne die Pflegerinnen hätten sie sich wohl nicht selbst versorgen können.


Nun habe ich ja grundsätzlich einen großen Respekt vor dem Leben und bin auch fasziniert davon, was die menschliche Medizin heute schon alles leisten kann an Behandlungen und lebensverlängernden Maßnahmen.

Jedoch habe ich mir angesichts dieser alten Leute, die dort quasi nur noch von einem Tag in den nächsten leben, ohne sich wirklich betätigen zu können, die Frage gestellt, ob diese ganzen Maßnahmen und Behandlungen richtig sind?

Mit medizinischen und technischen Tricks wird versucht, das Leben immer mehr und mehr in die Länge zu ziehen, man versucht, möglichst jeden Menschen möglichst lange am Leben zu erhalten - aber sollten wir uns da nicht auch die Frage stellen, was er von diesem Leben hat?

Ich stelle mir das nicht gerade lebenswert vor, 24 Stunden am Tag an irgendwelche Geräte angeschlossen zu sein, im Wachkoma in meinem eigenen Körper gefangen zu sein oder alles um mich herum zu vergessen, weil ich Altersdemenz habe.

Oder kurz: Man hält, gerade im Alter, Menschen möglichst lange am Leben, die rein vom natürlichen her schon lange verstorben wären. Nun möchte ich natürlich keinem einfach zumuten, dass er das Todesurteil für einen geliebten Großvater oder die Großmutter fällen sollte, auf keinen Fall!


Jedoch möchte ich mal die Fragen zur Diskussion stellen:

Ist es richtig, um jeden Preis möglichst lange den Tod eines Menschen verhindern zu wollen?
Oder verlernen wir nicht eher durch unsere moderne Medizin, zu sterben? Geben wir dem letzlich unausweichlichen Tod dadurch nicht einen viel größeren Schrecken, dass wir geradezu zwanghaft versuchen, ihn immer mehr hinauszuzögern - er aber trotzdem irgendwann kommt?
Greifen wir auf diese Art und Weise nicht viel mehr die Menschenwürde an, als dadurch, beispielsweise einen 90-Jährigen, der nur noch mit allerlei maschinellen und medizinischen Tricks am Leben gehalten wird, in Würde und der Natur gemäß sterben zu lassen?

Wie ist eure Meinung dazu?


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:04
Nein, irgendwann ist auch mal Schluss ;)

Zu deiner Frage , mein ich, bald werden wir alle 100+ .
Durch die Medizin, aber sollen wir das?
Es wird wegen den alten, zu Überbevölkerung kommen....

Ich denk 80 Jahre reichen


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:05
@Kc
Meine Meinung dazu ist - das ist immer die persoenliche Entscheidung des einzelnen. Die Aerzte haben die Pflicht, zu tun was getan werden kann um Leben zu verlaengern. Das Recht, diese "Hilfe" nicht anzunehmen, hat der Patient, und als Mittel dazu die Patientenverfuegung.


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:08
Man sollte bei Zeiten darüber nachdenken und seine Wünsche entsprechend in einer Patientenverfügung hinterlegen.

Was allerdings nicht heisst, das man da gesetzlich nicht noch nachbessern könnte.


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:15
@Jimmybondy
Die Problematik dabei ist auch, dass man seine Meinung eventuell auch noch aendert, wenn man in die Situation kommt! Meine Oma wollte immer sterben...als ihr dann langsam das Herz versagte, hat sie sich aber doch einen Schrittmacher einsetzen lassen! Ist halt doch nicht so toll, langsam zu ersticken!


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:16
@Jimmybondy
@Alarmi

Doch nur vergleichsweise wenige Leute haben die Patientenverfügung.

Und wieviele schreiben wohl hinein: Lasst mich sterben?

Dann muss man sich mit dem eigenen Tod auseinandersetzen und ich habe den Eindruck, dass verlernen immer mehr Menschen.


Na und wenn keine Patientenverfügung zur Verfügung steht, dann versuchen Ärzte trotzdem um jeden Preis, ja sie müssen es sogar, das Leben zu verlängern und aufrecht zu erhalten.
Auch, wenn der Patient gar nicht mehr in der Lage ist, noch ein ,,Nein" von sich zu geben.


Wir scheinen meiner Meinung nach in unserer Gesellschaft das Leben zur höchsten Maxime zu erheben.
Doch verlieren wir damit nicht gleichzeitig auch den Respekt vor einem würdigen Leben und vor dem Tod?


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:17
Zitat von KcKc schrieb:Ich stelle mir das nicht gerade lebenswert vor, 24 Stunden am Tag an irgendwelche Geräte angeschlossen zu sein, im Wachkoma in meinem eigenen Körper gefangen zu sein oder alles um mich herum zu vergessen, weil ich Altersdemenz habe.
Genauso geht es Menschen, die wiederbelebt wurden - man fand sie aber zu spät und sie vegetieren nur noch im Bett rum, bekommen eine Infektion nach der anderen und werden von den Heimen in Abständen immer mal wieder ins Krankenhaus gebracht, weil sie zum Beispiel an Feiertagen "Kein Bock" auf die Pflege von Bettlägerigen haben. <- soll keine Pauschalisierung sein.
Jedenfalls hätte ich auf sowas auch kein bock. bzw. hänge ich an meinem Leben und möchte auch niemals sterben - aber jedenfalls nich im Bett liegen und vegetieren..

Das sage ich jetzt, wer weiss, ob ich nichtmal anders denke, oder ob die Menschen überhaupt Leben wollen, die vor Altersschwachheit nicht mehr so können wie ein junger Mensch, der gesund ist und voll im Leben steht.
Es ist eine Frage der Lebensumstände und qualität.
Zitat von KcKc schrieb:Oder kurz: Man hält, gerade im Alter, Menschen möglichst lange am Leben, die rein vom natürlichen her schon lange verstorben wären. Nun möchte ich natürlich keinem einfach zumuten, dass er das Todesurteil für einen geliebten Großvater oder die Großmutter fällen sollte, auf keinen Fall!
Krankenhäuser sind längst nicht mehr nur da, um gesund zu machen, sondern es ist ein Wirtschaftsunternehmen.
Es werden an "Halb - toten " noch Gefäßprothesen eingesetzt, nur um sie nochmal abrechnen zu können. Das muss alles nicht sein, andersrum, zb. im Falle von Krebs, greift ein jeder nach dem letzten Strohhalm und man "Probiert" nochmal ne Chemo, auch wenn man leise ahnt - auch als Angehöriger, dass es nichts mehr bringen wird - also ist hier auch das Loslassen so eine Sache....


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:22
@lateral

Guter Hinweis auf den Faktor Wirtschaft.

Gerade das erscheint mir aber auch ein sehr respektloser Grund und ein Angriff auf die Menschenwürde, wenn man den Mensch dann nur noch als ein Objekt betrachtet, bei dem man durch irgendwelche Verbesserungen noch etwas abkassieren kann.

Kann man sowas wirklich gutheissen?

Fehlt die Fähigkeit, irgendwann mal loszulassen, aufgrund der immer größeren Möglichkeiten der Medizin? Weil wir immer weniger direkt was mit dem Tod zu tun haben, im Gegensatz zu früheren Zeiten, wenn selbst die Kinder mitbekamen, wie die im Haushalt lebenden Großeltern an Altersschwäche starben?


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:22
Zitat von KcKc schrieb:Wir scheinen meiner Meinung nach in unserer Gesellschaft das Leben zur höchsten Maxime zu erheben.
Doch verlieren wir damit nicht gleichzeitig auch den Respekt vor einem würdigen Leben und vor dem Tod?
Das hat damit nichts zu tun! Der Arzt MUSS alles tun, was geht - das hat er geschworen! Wenn er das nicht tut, kann er rechtlich belangt werden. Ganz simpel und banal! Sterbehilfe ist ein sensibles Thema, bei dem man nie ganz Manipulation durch Erbschleicher ausschliessen kann.

"Halb tot" ist auch ein gefluegelter Begriff - als meine Oma zum Sterben aus dem Krankenhaus heimgeschickt wurde, hat sie noch fuenf Jahre gelebt!


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:24
@Alarmi

Warum sollte man seine Ansichten auch nicht überdenken und ändern dürfen?
Solange man geistig klar ist, kann man das Thema ja bisweilen nochmal aufgreifen.

Ein Schrittmacher scheint mir auch nichts was es zu verhindern gilt, weil er etwa das dahinvegetieren in einem Krankenbettzimmer verlängern würde. Im Gegenteil, er bringt vermutlich Lebensfreude und Kraft zurück.


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:25
was ich viel schlimmer finde, ist, dass wir bereits den tod (gedanklich) verdrängt haben....
lernen loszulassen und jm. in den frieden lassen, den er sich verdient hat. das wäre was. anstatt zwanghaft versuchen, den körper am leben zu halten...


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:26
@Jimmybondy
Das Problem ist aber, dass diese Massnahmen, die das Dahinvegetieren im Krankenbett verlaengern, auch dazu da sind, das Leid der Person zu verringern. Es handelt sich meist um kuenstliche Ernaehrung - ohne die die Person verhungern wuerde - oder Gabe von Sauerstoff - ohne den die Person ersticken wuerde. Also was waere die Alternative?


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:26
@Kc

Wenn immer mehr Menschen dies verlernen sollen, dann würde das ja bedeuten, das es früher mehr Menschen besser verstanden zu sterben.
Ich nehme jedoch an das sie einfach früher starben und diese Krankheiten einfach nicht existierten.

Wer es zu leben versteht, wird sich auch mit dem Tod beschäftigen, das scheint mir gewiss.

Und so möchte ich schreiben, auch wenn es abgedroschen klingt, das wir nur zu Leben lernen brauchen, dann ist der Rest auch kein Prob. :D


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:28
@Alarmi

Die Alternative dazu wäre eine Patientenverfügung. Den man kann sich zurecht die Frage stellen, was nun schlimmer sein solle. Das kurzzeitige ersticken oder das jahrelange verfaulen.


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:29
Schwören tut der Arzt heutzutage nichts mehr.
Auch wenn, es kommt doch nicht raus, ob er im interesse der Gesundheit des Patienten gehandelt hat, oder zum Wohle der schwarzen Zahlen auf dem Konto der Klinik.

Selbst niedergelassene Ärzte überweisen im Falle einer Ambulanten Operation an den Kollegen, der sich beim Weihnachtsessen mit nem Umschlag dafür bedankt.
Zitat von KcKc schrieb:Kann man sowas wirklich gutheissen?
Kann man, die Medizin ist ja nicht "immer" böse ... Viele wäre vermutlich schon früh gestorben, wenn die Medizin nicht so weit wäre wie jetzt und sich stets weiterentwickelt, und viele Krankheiten werden zur "Lapalie" die man gut behandeln kann, dass darf man auch nciht vergessen.

Nur, sich dumm und dusselig zu therapieren, wo im Grunde nichts bzw. nichts gutes mehr bei rauskommt, heisse ich nicht gut.

Und da ist man wieder beim Lebenswille, beim loslassen...
Das muss halt jeder für sich selber entscheiden, wobei, ich denke es kommt sowieso der Punkt, an dem man bereit ist zu sterben.
Und bei manchen zb. muss halt erst der Partner zuerst gehen, dass sieht man oft in Seniorenheimen. Da wundert man sich, wie zäh manche Herrschaften sind, und wenn dann der eine den Anfang gemacht hat, geht der andere Part hinterher.

Also es sind wohl verschiedene Faktoren, die das Sterben hinaus zögern.


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:32
Zitat von JimmybondyJimmybondy schrieb:Die Alternative dazu wäre eine Patientenverfügung. Den man kann sich zurecht die Frage stellen, was nun schlimmer sein solle. Das kurzzeitige ersticken oder das jahrelange verfaulen.
Schonmal keine Luft bekommen? :)


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:35
@Alarmi

Ja kein Prob, ich bin Asmathiker. Aber davon ab musst Du die Frage ja auch nicht so wie ich beantworten.

Auch existiert ein Unterschied zwischen rein lebensverlängernd, und erleichternd.


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:41
Zitat von JimmybondyJimmybondy schrieb:Auch existiert ein Unterschied zwischen rein lebensverlängernd, und erleichternd.
Ich denke mal niemand laesst sich etwas machen, was ihn nur quaelt und nicht auch irgendwie gut tut. Der Patient kann immer nein sagen.


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Verlernen wir, zu sterben?

30.06.2011 um 11:43
@Alarmi

Ja klar, solange er geistig klar und gesund ist, und nicht etwa im Wachkoma oder demenzkrank im Endstadium.


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30.06.2011 um 12:07
Gibt es für sowas nicht extra die formulare die man ausfüllen kann wenn man nach dem und dem geschehen an maschinen gebunden ist?
ich hatte mal so ein ding in der hand und ich fände es besser wenn man sowas als pflicht ausfüllt, damit man weiss was der patient sich gerne wünscht.
Oftmals steht man dann dar, weiss nichtmehr was der patient will da er es nicht äussern kann und die schwere entscheidung ob am leben lassen oder nicht wird an familienmitglieder weitergegeben.
Letztendlich ist aber der wille des patienten wichtig, wenn dieser aber nicht gegeben ist dann müssen die ärzte halt alles möglich tun um diesen menschen am leben zu erhalten, ob er wollte oder nicht.


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