Kindermörder Gäfgen verlangt 15 000 Euro Schmerzensgeld
28.03.2011 um 07:27
Schon erstaunlich, mit welcher Unverfrorenheit manche versuchen, aus begangenen Straftaten anderer das Privileg abzuleiten, ihre persönlichen Gewaltfantasien straffrei an ihnen völlig unbekannten Verdächtigen ausleben zu können.
Meines Erachtens sind solche Äusserungen Ausdruck einer Störung einer Qualität, die fallweise schon als ausreichender Grund für eine lebenslange Sicherungsverwahrung angesehen wird.
Mir kann kein des Schreibens in einem Forum mächtiger Mensch weismachen, daß er den Unterschied zwischen einem Verdächtigen und einem Täter nicht begreifen würde. Wer das tatsächlich nicht begreifen kann, ist ein Kandidat für eine Entmündigung.
Auch wenn man rückwirkend feststellt, daß ein Verdächtiger tatsächlich Täter ist, was aus gutem Grund einem Richter vorbehalten bleibt, ändert das nichts daran, daß Ermittlungsbeamte grundsätzlich nicht mit Tätern zu tun haben, sondern ausschliesslich mit Verdächtigen.
Dass ein Ermittlungsbeamter das Ergebnis der Ermittlungen durch Gewaltanwendung verfäscht, und damit erstens die Rechte von uns allen aufhebt, weil wir alle als Verdächtige in Frage kommen, und zweitens die Aufklärung von Straftaten zu verhindern riskiert, indem er durch sein Fehlverhalten zu falschen Geständnissen beiträgt, wie bekanntlich aufgrund von Drohungen häufig abgegeben werden, ist absolut untragbar.
Wenn ein Beamter meint, sich der Schuld eines Verdächtigen derart sicher sein zu können, und glaubt, durch solche Maßnahmen ein Menschenleben retten zu können, dann kann man dies nur ernst nehmen, wenn er bereit ist, nicht nur die Rechte des Verdächtigen in die Waagschale zu werfen, sondern seine eigenen ebenfalls und die Konsequenzen zieht, d. h. seinen Job niederlkegt, weil er kompromitiert ist, und eine Selbstanzeig schreibt, um die gerechte Strafe auf sich zu nehmen. Handelt er nichts so, sind seine Motive nicht ehrenhaft, und seine Begründungen billige Ausflüchte. Da könnte ja jeder kommen und machen was er will. Der Preis für solche Fehlleistungen hat hoch zu bleiben.
Insoweit hätte da etwas passieren müssen, und ich bedaure, daß die Geschichte stattdessen zu einer allgemeinen Folterdiskussion führte, mit der sich die gesamte Gesellschaft eher ins Abseits stellte. Das würde auch ein Schmerzensgeld für Gäfgen nicht rückwirkend korrigieren, von dem ich angesichts der geringen Belastungen, die bisher geschildert wurden, nichts hielte.
Fallweise wurden Menschen in deutschem Polizeigewahrsam schon ganz andere Dinge angetan, und üblicherweise wird den Vorwürfen weder strafrechtlich noch disziplinarisch nachgegangen. Das Zivilrecht kann keinen Ersatz für die von den zuständigen Dienststellen zu leistende Dienstaufsicht und Regelkontrolle darstellen, und ändert ja nichts an der Neigung zu Dienstpflichtverweigerungen im Umgang mit unverzichtbaren Kontrollfunktionen.
Wer selbst schon ein mal 72 Stunden in einem auf Verdacht begründeten Gewahrsam kontinuierlich mißhandelt* wurde, um damit ein Geständnis zu erzwingen, was nicht jeder gleich gut verkraftet, kann nur staunen, mit welcher Verve sich manche dafür einsetzen, Rechtsprinzipien abzuschaffen, die noch nicht mal flächendeckend verwirklicht sind.
* Bisweilen nur Psychoterror, aber das kann der Betroffene unter Stress schlecht abschätzen. Ich bin mal alle 40-50 Minuten (72 Stunden lang) etwa aus dem Schlaf gerissen worden, von mehreren Beamten an eine Wand geknallt, wurde geschlagen, und einer der Beamten schlug dabei regelmäßig mit einem Schlagstock haarscharf an meinem Kopf vorbei an die Wand. Anlass war ein Verdacht auf Fahrzeugdiebstahl infolge einer Anzeige eines offenbar geistig verwirrten. Der Diebstahl hatte nicht mal wirklich stattgefunden, ich sollte aber ein Geständnis unterschreiben. Insoweit kann ich mir einiges vorstellen, von dem wir nie erfahren.