Postmortem Fotografie

@Alarmi

Ebenso geben die Schleier das Gesicht frei. Nur Braut- und Witwenschleier wurden tradtitonell übers Gesicht gezogen. Bei Toten egentlich nur, wenn das Gesicht entstellt war.

Das heißt jetzt auf das in Frage kommende verdächtige Foto bezogen, dass dieses Mädchen / die junge Frau enzweder vielleicht unmittelbar vor oder nach ihrer Hochzeit verstarb, und man eben symbolisieren wollte, dass sie eine Braut war.
Oder dass ihr Gesicht entstellt war, was aber eindeutig nicht der Fall ist. Auch trotz dieses Fleckes nicht.
Und Drittes bleibt: Fake, wozu ich tendiere. Gerade, weil neben der unpassenden Schleieranordnung eben auch die gefaltetene Hände fehlen und das Gesicht lebend wirkt.

Dieses Mädchen wirkt doch ehr wie ein Kind. Könnte es nicht sein, dass es ein Unfallopfer ist und so schwere Verletzungen vorliegen, dass nur der Kopf sichtbar ist. Die Haare scheiben ungeordnet oder ungekämmt und ich vermute, dass der Fleck im Gesicht Teil der Verletzung ist.

Wie ich schon sagte, der Fleck sieht nicht tragisch aus. Sehr oberflächlich.

Die ungekämmten Haare fallen mir auch auf. Auch sie erscheinen mir wie Absicht. Ein Unfall alleine hindert ja keinen Bestatter daran, die Haare ordentlich zu kämmen. Im Gegenteil.

Ich bin stille Mitleserin, das Thema fasziniert mich einfach. Aber jetzt muss ich etwas loswerden - vor 3 Wochen ist meine Mutter 79-jährig nach langer Herzkrankheit verstorben. Ich war eine 3/4 Stunde nach ihrem Tod für noch ca. 4 Stunden bei ihr - es hat mich erschreckt, wie schnell sich der Körper in dieser Zeit verändert hat. Hat jemand von euch diese Erfahrung auch gemacht? 
Dass die moderne Thanatopraxie genug 'Chemie' zur Verfügung hat, um diesem Verwesungs-Prozess sehr zu verlangsamen, ist mir klar, aber was tat man früher dagegen - die Fotografen waren ja nicht immer gleich zur Stelle. Weiß das jemand? Vielleicht sogar von Erzählungen von Vorfahren?

@bastlerin

Einmal mein Beileid.

Und zur Frage: Nein, ich habe diese Erfahrung noch nicht gemacht. Nur, was meinst Du mit "schnell verändert"? Soweit ich informiert bin, geht Verwesung nicht so rasant vor sich. Fängt im Durchschnitt erst nach ca 24 h an.
Allerdings lässt die Muskelspannung unmittelbar nach dem Eintritt des Todes nach, was dazu führt, dass sich Gesichtszüge stark verändern können.
Meintest Du eventuell das?

Hallo @off-peak ! Wahrscheinlich meine ich das. Ich hab sie ja noch am Tag zuvor am Nachmittag gesehen, da war sie zwar schon sehr 'wächsern' - das Herz hat sicher nur mehr sehr marginal gearbeitet, ihre Hände und Füße waren schon Tage zuvor kalt, aber die Gesichtszüge waren schon so verändert, natürlich starr, das ist klar, aber irgendwie hat sie nicht mehr ausgesehen, wie sie selbst. Wahrscheinlich hatte ich auch auf diesen 'erlösten' Gesichtsausdruck gehofft, und den hatte sie halt leider nicht. 

@bastlerin

Wahrscheinlich hatte ich auch auf diesen 'erlösten' Gesichtsausdruck gehofft, und den hatte sie halt leider nicht.

Es sind leider viele Mythen im Umlauf, die halt nicht wahr sind.

Es kommt auch darauf an, in welchem körperlichen Zustand der Verstorbene vor seinen Tod war.

Ich hab einige Verstorbene gesehen. Die, welche vorher eine Krankheit mit starken Schmerzen hatten sahen alle nach den Tod friedlich und manche viel jünger aus. Die Mimik von Schmerzpatienten ist oft verspannt und verkrampft. Das löste sich dann teilweise nach dem Tod und so entsteht der erlöste Gesichtsausdruck. Die Verstorbenen, die einfach so gestorben sind wie z.b im Schlaf, haben sich dagegen kaum verändert, außer dass die Haut halt dieses wachsähnliche Aussehen einnahm. Zum Glück hab ich noch keinen Toten gesehen der wie man umgangssprachlich sagt einen schweren Tod gehabt hat, mit verzerrten Zügen.

@Thea6
Danke für die Erklärung.

@AlteTante

Gern. Aber wie gesagt, dass sind meine persönlichen Erfahrungen mit Toten.


@bastlerin

Thanatopraxie wird in Deutschland noch ehr selten benutzt und meine persöhnliche Meinung dazu... es ist auch gut so. Aber das bleibt jedem selbst überlassen. Ich sehe nur keinen Sinn darin, Tote zu konservieren und dadurch zu verhindern, dass sie nach der Beisetzung das tun, was ein Toter eben tun soll. Aus Staub bist du gemacht und zu Staub sollst du wieder werden.

Viele Friedhöfe haben ja bereits jetzt schon enorme Probleme, dass die Gräber nach der normalen Liegezeit nicht ohne weiteres wiederbelegt werden können weil durch diverse Faktoren Tote nicht vergangen sind, sondern die Friedhofsangestellten immer öfter auf unliebsame Entdeckungen stoßen, wenn sie ein Grab ausheben.

Also ich finde diese Fotos nicht schlimm. Der Tod gehört zum Leben wie die Geburt. Noch dazu sind die Verstorbenen meistens wirklich schön hergerichtet worden. Mit viel Liebe und Zuneigung. Auch heute werden noch Bilder von Toten gemacht... Es wird nur nicht mehr so erwähnt. Ich selber habe vor kurzem erst ein Foto meiner verstorbenen Tante bekommen. Im ersten Moment war ich ein bisschen erschrocken weil ich nicht vorbereitet war... Aber da ich nicht zur Beerdigung gehen konnte hat es mir das ermöglicht mich zu verabschieden und die Tatsache anzunehmen dass sie verstorben ist. Dass ich so gut damit umgehen kann liegt möglicherweise daran dass ich ansonsten auch keine Berührungsängste mit dem Tod habe. Das hat aber keinen beruflichen Hintergrund.. das habe ich nur im Laufe der Jahre festgestellt.

Als ich ein Kind war, gab es auf dem Friedhof noch so einen separaten Teil, wo die Kindergräber waren. Dort waren auch sehr oft post-mortem-Fotos von Säuglingen und Kindern angebracht. Als Kind hat mich das sowohl verstört wie auch ein bißchen fasziniert.
Dieses Teil des Friedhofes gibt es heute nicht mehr, die Gräber wurden aufgelassen, und wenn heute ein Kind stirbt, kommt es ins Familiengrab zumeist.
Es ist schon sehr traurig, wenn das einzige Foto, das von von seinem Kind hat, ein post-mortem Foto ist.

Post mortem Bilder auf Gräbern hab ich noch nie gesehen. Bei uns werden eh sehr selten Bilder der Verstorbenen auf dem Grabstein oder dem Grab angebracht. Das kenn ich ehr aus Bayern, wo es ehr die Regel als die Ausnahme ist. Aber das waren Bilder die zu Lebzeiten gemacht wurden.

Aber es gab ja mal eine Zeit, da wurde nicht alles mit dem Handy festgehalten und sicher gab es auch Situationen wo es eben noch keine Bilder der Säuglinge oder Kinder gab. Heute gibt es das erste Bild ja schon in Form eines Ultraschalls.

Thea6 schrieb am 02.09.2017:Zum Glück hab ich noch keinen Toten gesehen der wie man umgangssprachlich sagt einen schweren Tod gehabt hat, mit verzerrten Zügen.

Den wirst Du auch nicht finden, sofern der Tote nicht im Todeskampf eingefroren ist. Nach dem Tod erschlaffen alle Muskeln, und damit entspannen sich auch verzerrte Gesichtszuege. Eine Leiche mit verzerrten Gesichtszuegen ist definitiv die Erfindung diverser Krimi- und Horror-Autoren.

Thea6 schrieb:Post mortem Bilder auf Gräbern hab ich noch nie gesehen.

Das war auch eher frueher ueblich als heute.

Alarmi schrieb: Nach dem Tod erschlaffen alle Muskeln, und damit entspannen sich auch verzerrte Gesichtszuege

Dem ist so. Der "friedlich entspannte" Gesichtsausdruck, der an Verstorbenen hinterher oft zu sehen ist rührt daher.
Natürlich kann ein Bestatter beim Herrichten des Leichnams, sofern die Leichenstarre noch nicht zu weit fortgeschritten ist, entsprechend
gestalterisch nachhelfen.

War das Gesicht des Verstorbenen vor dem Tod extrem ausgemergelt oder abgemagert, so bleibt dieser Eindruck nahezu unverändert.
Der Betrachter nimmt irrtümlich an, das Gesicht sei allein durch den Todeskampf verkrampft und verzerrt.

Wie schon erwähnt, gibt es ein paar Ausnahmesituationen, in denen es zu Muskelverzerrungen,  zB bei neuralen Probleme, kommen kann.
Daneben gibt ein eigenartiges Phänomen, dessen deutschen Namen ich noch nicht gefunden habe, aber im Englischen heißt dieser Zustand "cadaveric spasm" - also, ein Krampf beim Sterben.

Der kann passieren, wenn jemand furchtbar erregt oder/und erschöpft sehr plötzlich, schlagartig, einen sehr schnellen, vor Allem unerwartetenen, Tod stirbt.
Ist selten und fast unbekannt, und ich habe bisher auch nur ein einziges Foto dazu gesehen. Ein Mann, der seine Ehefrau in einem Streit sehr wütend, mit einem Messer in der Hand, durchs Haus verfolgt hatte, wurde von der Gattin, für ihn völlig unerwartet, erschossen (habe jetzt aber vergessen, ob Herz oder Kopf, in letztem Fall käme ja zusätzlich noch ein neurale Ursache hinzu).
Jedenfalls fiel der Mann auf seinen Rücken und sein rechter Arm, der mit dem Messer, erstarrte auf der Stelle -  er stand im beinahe 90° Winkel sofort ab. Das wäre nicht bei einem"normalen" Tod passiert.
Ein Kennzeichen dieses "cadaveric spasm" ist aber, dass meist nicht der ganze Körper, sondern nur ein bestimmter Teil, und zwar der, der in seiner Aktion jäh gestoppt wurde, betroffen ist. In dem Fall war es eben der rechte Arm. Der übrige Körper war typisch tot - völlig erschlaffte Muskeln.

Hab jetzt doch das deutsche Wort gefunden: kataleptische Totenstarre.

Wikipedia: Cadaveric spasm

https://www.gesundheit.de/lexika/medizin-lexikon/totenstarre-kataleptische

https://www.researchgate.net/publication/225108396_Kataleptische_Totenstarre_-_Mythos_oder_Realitat

Also ich finde das absolut nicht krank.
Wenn es eine Möglichkeit ist, so zu trauern und sich von seinen Liebsten zu verabschieden... why not?!
Tut ja niemandem weh... besonders nicht den Toten ;)

@off-peak

Sehr interessant. Ein wohl sehr seltenes Ereignis.